3. Unterricht fördern durch Methodenvielfalt: das »Methodenatelier« Stephan Gerhard Huber und Sigrid Hader-Popp Unterricht ist das Kerngeschäft der Schule: Gute Schulqualität ohne gute Unterrichtsqualität gibt es nicht. Von den Merkmalen guter Schulen, die die Schulqualitätsforschung (school effectiveness research) gefunden hat, ist laut Scheerens' Meta-Analyse (1992) das Merkmal »klar strukturierter Unterricht« empirisch gut bestätigt. Unterricht ist die zentrale Aufgabe der Lehrkräfte: Er ist ihr hauptsächlicher Interaktionsraum mit den Schülern, in dem Stoffvermittlung, Stofferarbeitung, aber auch ein großer Teil der Erziehungsarbeit stattfinden, fachliches und soziales Lernen möglich sein sollen. Gelingender Unterricht kann auch als die bedeutendste Quelle für die Berufszufriedenheit der Lehrkräfte angenommen werden. Das »Methodenatelier« als Fortbildungskonzept ist ein Baustein zur Unterrichtsentwicklung. Es kann sich zum einen an Multiplikatoren richten (etwa in einer schulübergreifenden Veranstaltung für Steuergruppenmitglieder) und zum anderen, so wie hier beschrieben, direkt an die Lehrkräfte einer Schule im Sinne einer schulinternen Fortbildung. Sein Ziel ist, im Rahmen von Unterrichtsentwicklung 1. die Methodenkenntnisse der Lehrkräfte durch das Kennenlernen neuer methodischer Bausteine zu erweitern und die vorhandenen Kenntnisse zu vertiefen, 2. die Reflexion über diese Methoden Anwendungsbezug und Machbarkeit betrifft, für Lehr-Lern-Arrangements anzuregen, was 3. einen kollegialen Dialog und kollegiumsinternen Austausch zu Unterrichtsmethoden und zur Unterrichtsentwicklung institutionell anzuregen bzw. zu fördern, 4. einen Einstieg in ein schulinterne Fortbildungsreihe zu geben und damit einen Beitrag zu systematischer Unterrichtsentwicklung zu leisten, 5. einen Beitrag zur Vernetzung des Wissens der Teilnehmer zu leisten, der über die Fortbildung hinausgeht und dadurch das Wissensmanagement in Bezug auf Unterrichtsmethodik und Unterrichtsentwicklung innerhalb von Kollegenteams bzw. der Organisationseinheit Schule insgesamt zu initiieren oder auszubauen. 3.1. Begründung: Warum Methodenvielfalt? 3.1.1. Methodenvielfalt als ein Merkmal guten Unterrichts Unterricht in rein lehrerzentrierter Form verteilt die Aufgaben recht einseitig: Die Lehrkraft ist höchst aktiv. Sie trägt vor, fragt, informiert, erklärt, korrigiert, demonstriert, experimentiert vielleicht. Bestimmt bewertet sie, plant, organisiert, entscheidet, weist an, strukturiert, visualisiert, problematisiert, löst Probleme. Sie übernimmt Verantwortung, zeigt Initiative etc. Und die Schülerinnen und Schüler? Sie sollen zuhören, aufpassen, aufnehmen, notieren, im Gedächtnis speichern, reproduzieren, dabei Durchhaltevermögen zeigen, angepasst lernen usw. Die Frage, die z.B. Klippert (2002) in diesem Zusammenhang stellt, ist berechtigt: »Wer lernt hier eigentlich (was)?« (S. 18). Dabei wäre eine einseitige Verurteilung eines lehrerzentrierten, überwiegend frontal organisierten Unterrichts nicht haltbar – und eine einseitige Propagierung eines offenen Unterrichts auch nicht. Auch Meyer (2004) betont nach dem Sichten entsprechender Untersuchungen: »Eine Überlegenheit einer bestimmten Unterrichtskonzeption vor anderen ist nicht nachgewiesen. Kein Konzept ist von sich aus besser oder schlechter, es kommt darauf an, was man daraus macht.« Uneingeschränkt zustimmen kann man wohl seiner Folgerung daraus, die er in der griffigen These formuliert: »Mischwald ist besser als Monokultur« (Meyer, 2004, S. 9). Zu den »Merkmalen guten Unterrichts«, die aus einschlägigen Studien herausgefiltert wurden, gehört folglich Methodenvielfalt unbedingt dazu: »1. Klare Strukturierung des Unterrichts (Prozessklarheit; Rollenklarheit, Absprache von Regeln, Ritualen und Freiräumen). 2. Hoher Anteil echter Lernzeit (durch gutes Zeitmanagement, Pünktlichkeit; Auslagerung von Organisationskram). 3. Lernförderliches Klima (durch gegenseitigen Respekt, verlässlich eingehaltene Regeln, Verantwortungsübernahme, Gerechtigkeit und Fürsorge). 4. Inhaltliche Klarheit (durch Verständlichkeit der Aufgabenstellung, thematischen Gangs, Klarheit und Verbindlichkeit der Ergebnissicherung). Plausibilität des 5. Sinn stiftendes Kommunizieren (durch Planungsbeteiligung, Gesprächskultur, Sinnkonferenzen und Schülerfeedback. 6. Methodenvielfalt (Reichtum an Inszenierungstechniken; Vielfalt der Handlungsmuster; Variabilität der Verlaufsformen und Ausbalancierung der methodischen Großformen). 7. Individuelles Fördern (durch Freiräume, Geduld und Zeit; durch innere Differenzierung; durch individuelle Lernstandsanalysen und abgestimmte Förderpläne; besondere Förderung von Schülern aus Risikogruppen). 8. Intelligentes Üben (durch Bewusstmachen von Lernstrategien, passgenaue Übungsaufträge und gezielte Hilfestellungen). 9. Transparente Leistungserwartungen (durch ein an den Richtlinien oder Bildungsstandards orientiertes, dem Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler entsprechendes Lernangebot und zügige Rückmeldungen zum Lernfortschritt).« Zusammenfassend ist zu betonen: Methodenvielfalt ist sinnvoll, weil gerade das Zusammenspiel von so genannter direkter Instruktion und von Varianten so genannten offenen Unterrichts für Schülerinnen und Schüler wertvoll und hilfreich ist. Lehrkräfte sollten folglich über ein möglichst breites Methodenrepertoire verfügen. Methodenvielfalt erhöht die Lernchancen der Schüler, vor allem wenn man von einem erweiterten Lernbegriff ausgeht, zu dem neben inhaltlich-fachlichem Lernen methodisch-strategisches, sozial-kommunikatives und affektives Lernen hinzukommen: Abb. 27: Erweiterter Lernbegriff (aus: Klippert, 2002, Teamentwicklung im Klassenraum, S. 16) 3.1.2. Methodenvielfalt aus lernpsychologischer und neurowissenschaftlicher Sicht Zusätzliche Bestätigung, warum Lernen besser im »Mischwald« als in der »Monokultur« funktioniert, liefert der Pädagogik eine Reihe von Bezugswissenschaften. Darunter sind bekanntermaßen die Psychologie, vor allem die Kognitionspsychologie 12, die sich mit der Informationsverarbeitung des Gehirns hinsichtlich Wahrnehmung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Denken beschäftigt und dafür Modelle aufstellt, und neuerdings zunehmend die Neurowissenschaften13 als interdisziplinärer wissenschaftlicher Bereich, der den Aufbau und die Funktionsweise des biologischen Nervensystems untersucht, eben auch des Gehirns. Hier soll es allerdings nicht um diese Modelle und Erkenntnisse selbst gehen, sondern es sollen zentrale Fragen für die Unterrichtsentwicklung fokussiert werden: Welche Konsequenzen haben die bislang bekannten Modelle und Vorstellungen für Lernen und Lehren? Und: Wie können Lehrende die Verstehens-, Verarbeitungs-, Speicherungs- und Transferprozesse, die in den Gehirnen der Lernenden beim Lernen ablaufen, wirkungsvoll unterstützen? Einige Konsequenzen sollen ganz knapp angedeutet werden: Für so viele »Anschlussmöglichkeiten« wie möglich an das »Vorwissen« sorgen: Bekannt ist: Lernen bedeutet, neuronale Verknüpfungen zu schaffen, zu festigen oder zu löschen. Dabei ist Lernen immer Anschlusslernen. Das heißt: Neue Informationen werden an bereits gespeichertes Vorwissen »angedockt«, in dieses Vorwissen integriert. Das Vorwissen wird dabei ständig umorganisiert, umstrukturiert und erweitert. So entsteht »neues Wissen« – in einem Konstruktionsprozess. Konsequenz für den Unterricht bzw. für die Lernarrangements, die von Lehrkräften erstellt werden, ist, für so viele »Anschlussmöglichkeiten« an das »Vorwissen« zu sorgen wie möglich. Das heißt, es sollten möglichst unterschiedliche und vielfältige Zugänge als Anschlussmöglichkeiten an den Lehrstoff angeboten bzw. unterschiedliche Lernwege durch ein entsprechend vielfältiges didaktisches Arrangement angeregt werden. Bei unterschiedlichen Herangehensweisen an einen Lehrstoff ergibt sich eine höhere Wahrscheinlichkeit für den Lernenden, für ihn oder sie passende Anschlussmöglichkeiten zu finden. Das bedeutet unter anderem, die Schüler den Lerngegenstand aus verschiedenen Perspektiven sehen und ihre Beziehung zum jeweiligen Inhalt formulieren zu 12 13 Vgl. kognitionspsychologische Modelle der Verarbeitung und Speicherung von Informationen. Vgl. neuropsychologische Vorstellungen von der Struktur und dem Funktionieren des Gehirns. lassen. Um Verknüpfungen mit dem Vorwissen zu erleichtern bzw. bewusst dazu aufzufordern, lassen Lehrkräfte z.B. Schüler im Unterricht oft komplexe Sachverhalte mit »eigenen Worten« versprachlichen, regen durch die Suche nach konkreten Beispielen eine Verknüpfung mit Alltagserfahrungen an, induzieren bewusst Diskrepanzen, Widersprüche zum vorhandenen Wissen etc. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Studien, die die Vorteile untermauern, die vorstrukturierende Lernhilfen – die bekannten Advance Organizers – in diesem Zusammenhang haben. Es geht dabei darum, durch früh im Lernprozess angebotene Themenvernetzungen Neues in die vorhandenen Vorkenntnisse »einzupflanzen« (vgl. Wahl, 2005). All das ermöglicht – kognitionspsychologisch gesprochen – dichte Elaborationsprozesse (Durcharbeitungsprozesse, eine aktive Auseinandersetzung mit dem Lehrinhalt) und dabei kann Schritt für Schritt eine Verknüpfung mit dem Vorwissen erfolgen. Folge ist eine Modifizierung und Erweiterung des Vorwissens und das meint ja im Grunde »Aufbau neuen Wissens«. Zu aktivem, selbst gesteuertem Lernen anregen: Dieser Verknüpfungsprozess mit dem Vorwissen ist allerdings etwas sehr Individuelles. Zu folgern ist also: Wir sollten für Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit schaffen, sich selbst einen (individuellen) Zugang zum Lerngegenstand zu legen, sie zumindest durch ein entsprechendes didaktisches Arrangement dazu auffordern, aktiv und selbstgesteuert zu lernen. Eine Möglichkeit bieten z.B. Formen wechselseitigen Lehrens und Lernens der Schüler untereinander. Für hilfreich wird auch gehalten, solche Phasen subjektiver Aneignung einzubetten in gemeinsame, kollektive Lernphasen, die Orientierung bieten. Eine Methode, die dies leisten will, ist zum Beispiel das Sandwich-Prinzip. Zweck ist, dass wir Schülern helfen, »Wissen bewusst zu strukturieren mit kognitiven Landkarten« (Wahl, 2005). Intelligentes Üben ermöglichen: Eine weitere Konsequenz aus den Modellen der Kognitionspsychologie und den Erkenntnissen der Neurowissenschaften ist, der großen Bedeutung, die Üben hat, Rechnung zu tragen und daher intelligente Möglichkeiten zum Üben zu schaffen. Das Gedächtnis, in dem das gelernte Wissen gespeichert werden soll, ist bekanntlich kein im Gehirn irgendwo lokalisierbarer Ort. Man geht vielmehr davon aus, dass jede Erinnerung in komplexen Synapsenverbindungen verschiedener Neuronen sozusagen abgebildet ist bzw. abgelegt wird. Werden diese Verbindungen oft »benutzt«, wird also das Gespeicherte immer wieder abgerufen, werden die Synapsenverbindungen oft von Aktionspotenzialen durchlaufen, werden sie schneller und stabilisieren sich. Bleiben sie unbenutzt, sind sie nur schwer wieder zu aktivieren oder verschwinden regelrecht. Üben aktiviert diese Verbindungen immer wieder, aber nicht immer genau gleich, sondern immer wieder in neuen Kontexten. Durch das Abrufen werden neue Verbindungen zu weiteren Punkten gelegt und damit wird deren Inhalt auch schneller abrufbar. Intelligentes Üben in vielfältiger Weise und Anregen von Wiederholungslernen sind wichtig und notwendig. Lernen als Selektion verstehen: Die Informationsmenge, die die Sinnesorgane an das Gehirn leiten, wird (wenn man auf Mehrspeichermodelle des Gedächtnisses mit Ultrakurzzeitgedächtnis, Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis zurückgreift) stark gefiltert. Scheunpflug (2001) z.B. führt an, dass das Kurzzeitgedächtnis nur etwa 1/30 der Informationen des Ultrakurzzeitgedächtnisses aufnimmt. Davon wiederum erreicht dann nur noch etwa 1/300 das Langzeitgedächtnis. Der Informationsverlust ist also extrem. Kriterien der Selektion sind die Ähnlichkeit von Mustern, Wiederholungen und (!) Anknüpfungsmöglichkeiten an Vorwissen, an bereits bestehende Informationen. Da dies aber, wie angedeutet, höchst individuell ist, folgert Scheunpflug daraus: »Da die Schülerinnen und Schüler in ihrem individuellen Erfahrungshintergrund immer unterschiedlicher werden, wird es immer schwieriger, diese [Anknüpfungs-]Möglichkeiten über die Präsentation von Inhalten zu bieten. Vielmehr scheint es häufig erfolgversprechender, über Unterrichtsmethoden einen individuellen Zugang zum Unterrichtsinhalt legen zu wollen« (S. 85). Der Bedeutung der Gefühle für das Lernen Rechnung tragen: Als fünfte Konsequenz ist eine altbekannte pädagogische Erfahrung zu nennen: Es sollte der Bedeutung der Gefühle für das Lernen Rechnung getragen werden. Was Pädagogen schon lange wissen, wird jetzt durch die Hirnforschung in verschiedenen Studien untermauert: Stress erschwert Lernen, Angst erschwert Lernen. (Das hat u.a. zu tun mit dem Hormonausstoß von Adrenalin und Noradrenalin, den das Zwischenhirn in einer Situation, die mit Gefahr assoziiert wird, auslöst.) Andererseits werden Erfolge auch über eine hormonale Ausschüttung belohnt (etwa durch einen Anstieg des Testosterons). Konzentrierte, angstfreie Anstrengung, die zum Erfolg (etwa beim Lösen einer Aufgabe) führt, macht zufrieden und macht Lust, weitere Aufgaben anzupacken. Bemühen um ein gutes Schul- und Klassenklima, eine entspannte Lernatmosphäre, erhält von daher eine weitere Begründung. Arbeitsformen, die Erfolgserlebnisse wahrscheinlich machen, ebenfalls. Scheunpflug (2001) folgert hier: »Aus dieser Perspektive wird auch die Bedeutung vielfältiger unterschiedlicher Lernangebote durch die Schule erkennbar. Die Vielfalt schulischer Unterrichtsfächer und schulischer Sozialerfahrungen streut das Risiko rein negativer Erlebnisse« (S. 111). Zu ergänzen ist sicher: die Vielfalt methodischer Zugänge auch! 3.2. Zur Auswahl der vorgeschlagenen Methoden Für die Leser soll kurz erklärt werden, wie die Autoren »Methode« verstehen und wie sie zu ihrer Auswahl an Methodenbausteinen kamen. 3.2.1. Was wird unter Methode verstanden? Der Terminus »Methode« wird in der Literatur durchaus vielfältig und uneinheitlich verwendet. Verstanden werden unter »Methoden« zum Beispiel (vgl. Peterßen, 1999): Konzepte: Umfassendere didaktische Konzepte, deren integrierende Bestandteile dann Methoden sind; Gesamtkonzepte von Unterricht (z.B. Frontalunterricht, Offener Unterricht). Arrangements: Sie umfassen neben Methodenentscheidungen auch die Entscheidungen über Medien und Sozialformen. Methoden im engeren Sinn: Sie sind klar umreißbar, lassen sich begrifflich herauslösen, sind selbstständige, wenn auch integrierende Bestandteile eines Unterrichts; haben einen engen (wechselseitigen) Zusammenhang mit Zielsetzungen und Inhalten; besitzen unterschiedliche Komplexität (z.B. einfach: Vier-StufenMethode; komplex: Freiarbeit). Techniken: Integrative Bestandteile des Unterrichts insgesamt und auch des jeweiligen methodischen Arrangements, begrenzte Steuerungsmaßnahmen für Lernprozesse, z.B. für bestimmte Phasen des Unterrichts geeignet (z.B. Impulsreferat als Einstieg) oder allgemeiner für die Auslösung und Gestaltung von einzelnen Lernaktivitäten, z.B. Kugellager für die soziale Annäherung in Lerngruppen; also dann einsetzbar, wenn die jeweilige Lernaktivität ausgelöst werden soll; andere verstehen darunter allerdings alle zur Geltung kommenden Aktivitäten, also etwa Reden, Schreiben, Vorzeigen etc. Prinzipien: Grundsätze für die methodische Gestaltung von Unterricht, etwa das Unterrichtsprinzip freie Arbeit; situationsgerecht aktualisieren muss das dann der Lehrer. Organisationsformen des Unterrichts: Etwa Fachunterricht versus fächerübergreifender Unterricht; Jahrgangsklassenunterricht etc. Im Methodenatelier, wie hier vorgestellt, wird unter Methode ein klar umreißbarer, begrifflich herauslösbarer, selbstständiger, wenn auch integrierter Bestandteil des Unterrichts verstanden. Der Begriff wird nicht abgesetzt von »Techniken«. Zugegeben werden muss allerdings, dass von dieser Begriffverwendung bei einigen wenigen Beispielen abgewichen wird. 3.2.2. Was leisten Methoden nicht? Klar festgehalten werden muss allerdings, dass Methoden kein Allheilmittel sind (vgl. Gugel, 1997): Methoden können fehlende Inhalte nicht ersetzen. Methoden können bestehende Konflikte nicht überspielen. Methoden können mangelnde Kompetenz nicht ausgleichen. Methoden sind kein Selbstzweck. 3.2.3. Wie und nach welchen Kriterien wurden die angebotenen Methoden ausgewählt? Methodische Einzel-Bausteine für den Einsatz in Klassenzimmer oder Seminarraum gibt es bekanntlich in Hülle und Fülle, so dass suchende Lehrkräfte sich fast erschlagen fühlen oder versucht sein mögen, deprimiert aufzugeben und auf die vertrauten und geläufigen zu rekurrieren. Zur Vorbereitung des Methodenateliers wurde eine große Anzahl von Sammlungen solcher Einzelmethoden gesichtet und zunächst eine Übersicht angefertigt. Auf diese Weise wurden ca. 400 Methoden gefunden. Diese Übersicht mit den entsprechenden Quellenangaben ist online unter www.Bildungsmanagement.net einzusehen. Diese Übersicht ist gedacht als Arbeitserleichterung für Unterricht und Fortbildung. Aus dieser Fülle wurden etwas über 50 Methoden ausgewählt. Das Verzeichnis der von den Autoren ausgewählten Methoden enthält Abbildung 28, die Quellen Abbildung 29, dazu bietet Abbildung 30 jeweils einen knappen Hinweis, was unter der Methode zu verstehen ist. Die Auswahl möchte erreichen, dass das Methodenatelier vielseitig ist, es sollte Methoden bieten für unterschiedliche Schulstufen und solche für alle. Zudem sollten Methoden mit der Akzentsetzung auf unterschiedlichen Facetten des erweiterten Lernbegriffs (vgl. Klippert, 2002) enthalten sein, solche mit Einsatzmöglichkeit in verschiedenen Phasen des Unterrichts bzw. des Lernprozesses (als Einstieg, zum Kennenlernen, zur Planung, Erarbeitung, Information, Auflockerung, Sensibilisierung, Anwendung von Gelerntem, Ergebnissicherung) und in unterschiedlichen Sozialformen (als Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Arbeit im Plenum). Die ausgewählten Methoden sollten umsetzbar sein unter pragmatischen Gesichtspunkten, ihr Einsatz sollte »niederschwellig sein«. (Das ist – zugegeben – bei einigen wenigen nicht ganz der Fall.) Letztendlich sollten die Methoden natürlich Mindeststandards erfüllen, was den Gehalt, die Substanz betrifft: auf fachlicher Ebene (Möglichkeiten bieten, sinnvoll Inhalte zu transportieren), auf pädagogischer Ebene (z.B. Eigeninitiative und selbst organisierte Lernprozesse fördern, es erlauben, an das Vorwissen oder die Lebensvollzüge der Lernenden anzuknüpfen etc.) und auf methodenkritischer Ebene. Gugel (1997) nennt dabei u.a. das Prinzip der Anschaulichkeit, das Prinzip des eigenen Tuns sowie das der Handlungsorientierung als Mindeststandards. Peterßen (1999) misst die Wirksamkeit einer Methode daran, inwieweit sie »vollständiges Lernen« unterstützt. »Vollständigkeit« wird dabei zum einen am Ziel, d.h. am Produkt des Lernens gemessen (inwieweit fördert die Methode entweder Sachkompetenz oder/und Sozialkompetenz oder/und Moralkompetenz oder/und Methodenkompetenz), und zum anderen am Prozess auf das Ziel hin (inwieweit unterstützt die Methode Arbeitsschritte, etwa Planung, Information, Ausführung, Evaluation, Bewertung). Keine Methode ermöglicht alles. Peterßen bietet ein »Methodometer« an, auf dem der Nutzer/der Unterrichtende die individuelle Methode einschätzen kann. Nur in Ansätzen eingegangen sind Lern- und Arbeitsmethoden im Sinn von Arbeitstechniken wie beim Methodentraining à la Klippert bzw. einem Lernen-lernen-Training, die Schülern direkt vermittelt und von ihnen selbstständig eingesetzt werden sollen (wie oben im erweiterten Lernbegriff unter »methodisch-strategischem Lernen« aufgeführt, also Techniken des Exzerpierens etc.). 3.3. Ablauf des »Methodenateliers« als schulinterne Fortbildung Im Rahmen einer schulinternen Fortbildung zur Erweiterung des methodischen Repertoires der Lehrkräfte, an der ein ganzes Kollegium teilnimmt (bei kleineren Schulen vielleicht die Kollegien zweier oder mehr Schulen), sind zwei Nachmittage oder – besser – ein voller Fortbildungstag anzusetzen. Die Autoren haben dieses »Methodenatelier« bereits in mehreren Varianten durchgeführt. Eine Handreichung dazu mit der Gesamtübersicht, den ausgewählten Methoden, einer umfangreichen Sammlung an Quellen für Methodenbeschreibungen und Vorschlägen für die Moderation finden Interessierte ebenfalls online unter www.Bildungsmanagement.net/Steuergruppe. 3.3.1. Vorbereitung der schulinternen Fortbildung »Methodenatelier« Die Vorbereitungsgruppe der schulinternen Fortbildung »Methodenatelier«, zum Beispiel die Steuergruppe(n) der Schule(n), trifft eine Auswahl an Methodenbausteinen, die einbezogen werden sollen. Sie kann einerseits die von den Autoren vorgeschlagene Auswahl übernehmen oder andererseits natürlich eigene Schwerpunkte setzen, stärker die Belange der eigenen Schule (schon allein die Altersspanne von deren Schülern) fokussieren. Ziel ist jedenfalls, vielfältige methodische Bausteine für Unterricht und Erwachsenenbildung (Fortbildung, Elternseminare etc.) zum Kennenlernen oder »Wiedererkennen« in übersichtlicher und »handlicher« Form anzubieten. Konkret vorbereitet werden müssen das Material für die »Expertengruppen« (Arbeitsblätter mit den Methodenbeschreibungen in angemessener Stückzahl) und genaue Informationen über den Ablauf des »Methodenateliers« (Overheadfolien, Plakate oder Powerpoint). Die Beschreibungen der Methoden werden für die Wissenserarbeitung in den Expertengruppen in alphabetischer Reihenfolge im Raum gut zugänglich ausgelegt (etwa als Stationen auf Stühlen die Wände entlang). Deutlich sichtbare Blätter mit den Bezeichnungen der Methoden, die darüber gehängt sind, erleichtern das Auffinden. Da in der Regel Fotokopien benutzt werden, ist der Hinweis wichtig, dass die Kopie nur zur persönlichen Information verwendet werden darf. Stellwände, Flipcharts, entsprechende Stifte und die üblichen Utensilien aus dem Moderationskoffer sind bereitgestellt. Ein Moderator (z.B. ein Mitglied der Steuergruppe) hat sich entsprechend eingearbeitet und führt schrittweise durch die Veranstaltung. Anregung für einen möglichen Ablauf des Methodenateliers als eintägige schulinterne Fortbildung oder als schulinterne Fortbildung an zwei Nachmittagen sowie für die einzelnen Arbeitsphasen geben die Ablaufpläne in den Abbildungen 31 bis 34, die für ähnliche Veranstaltungen erstellt wurden. 3.3.2. Ablauf Das hier vorgestellte »Methodenatelier« läuft selbst in der Art eines modifizierten GroßGruppenpuzzles in Kombination mit Stationenlernen ab. Grundlegendes Prinzip eines Gruppenpuzzles ist der Wechsel zwischen der Wissenserarbeitung in themengleichen Expertengruppen und der Wissensvermittlung in Stammgruppen. Stammgruppe (fünf Personen): Absprache über Auswahl der Methoden: Der Stammgruppe des klassischen Gruppenpuzzles entspricht im Methodenatelier eine Gruppe, in der sich die Lehrkräfte zusammentun, die unterschiedliche Fächer in derselben Klasse oder in derselben Jahrgangsstufe unterrichten. Diese Gruppen (etwa fünf Kollegen) treffen zunächst eine Absprache über die Auswahl der Methoden, die sie interessieren. Jeder Kollege wählt zwei Methoden aus. Als Anregung dienen die Fragen: Welche Methoden sind für uns besonders interessant? Welche Methoden wählen wir aus? Was könnte die Auswahl der teilnehmenden Kollegen leiten? Die teilnehmenden Lehrkräfte könnten eine Auswahl treffen nach der Zielgruppe, also nach der Schulstufe, für die sich die Methode besonders eignet, sei es Sekundarstufe II/Erwachsenenbildung, Primarstufe oder Sekundarstufe I. Einzuwenden ist allerdings: Eigentlich sind fast alle Methoden für alle Altersgruppen adaptierbar. Eine eindeutige klare Zuordnung ist nicht möglich. Ein anderes Auswahlkriterium könnte die Verwendung der Methode für einzelne Phasen des Unterrichts/Lernprozesses sein. So finden sich einige für den Einstieg bzw. den Beginn eines Lehrgangs, eines Seminars, der Arbeit mit einer Klasse. Nach einer Phase der Informationsaufnahme etwa durch einen Lehrervortrag, ein Referat oder intensive Einzelarbeit bieten sich andere an, wieder andere helfen, eine Reflexion des Gehörten anzuregen und auf die weitere Arbeit in Gruppen überzuleiten. Es gibt auch geeignete Methoden zur Ergebnissicherung, der schnellen Visualisierung von Meinungsbildungsprozessen in Schlussphasen des Unterrichts (aber durchaus auch am Anfang oder vergleichend am Anfang und am Schluss) etc. Konkrete Vorschläge finden Interessierte www.Bildungsmanagement.net/Steuergruppe. ebenfalls online unter Einzelarbeit 1: Kennenlernen einer ersten Methode: Jedes Gruppenmitglied wendet sich nun der Methode zu, die es ausgewählt hat, und liest die ausgelegte Beschreibung. Expertengruppe 1: Austausch dazu: In der sich durch Zufall vor der Station bildenden Expertengruppe 1 folgt ein erster Austausch zu der Methode. Als Anregung dienen die Fragen: Ist die Methode im Unterricht anwendbar? Wie steht es mit ihrer Machbarkeit? Wie ist der Aufwand für die Vorbereitung (z.B. Zeit, Material, Kosten)? Braucht man besondere Hilfsmittel? Für welche Fächer bzw. Stoffgebiete, Altersstufen und Schulformen eignet sich die Methode? Wird der Einsatz dieser Methode die Unterrichtsqualität verbessern oder ist sie nur spielerischer Schnickschnack? Wie finde ich diese Methode (persönliche Einschätzung)? Wie werden meine Kolleginnen und Kollegen vermutlich diese Methode finden? Ist diese Methode leicht weiteren Kollegen vermittelbar, sind die Kollegen leicht für sie zu gewinnen? Einzelarbeit 2: Kennenlernen einer zweiten Methode: Jedes Gruppenmitglied wendet sich nun der zweiten Methode zu, die es ausgewählt hat, und liest die ausgelegte Beschreibung. Expertengruppe 2: Austausch dazu: s. Expertengruppe 1. Rückkehr in die Stammgruppe: gegenseitige Vorstellung der Methoden und Austausch dazu: Mindestens genauso wichtig wie das Kennenlernen (oder oft: Wiederauffrischen) von methodischen Bausteinen ist die Chance, sofort in den Dialog mit Kollegen und Kolleginnen einzusteigen, dabei die Methoden auf ihre Verwendbarkeit im eigenen Unterricht hin abzuklopfen. Als Anregung dienen die Fragen: Waren uns diese Methoden schon bekannt? Haben wir sie schon ausprobiert bzw. eingesetzt? Wie waren unsere Erfahrungen damit? Sind die vorgestellten Methoden gleichermaßen interessant? Welche sind interessanter? Welche sind leichter handhabbar? Bei welchen scheint das Aufwand-Nutzen-Verhältnis günstig zu sein (Nutzen für wen?)? Welche sollten unsere Kolleginnen und Kollegen kennen lernen? Arbeit in der Fachgruppe: Entwicklung von Unterrichtsskizzen bzw. von konkreten Beispielen zur Anwendung der Methoden im Unterricht: Die »Fachgruppen« bestehen aus etwa fünf Fachlehrkräften gleicher oder verwandter Fächer (etwa »Mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer«, »Sprachlich-künstlerische Fächer«, »Gesellschaftswissenschaftliche Fächer« o.Ä.). In der folgenden fachbezogenen Gruppenarbeit werden der Methodeneinsatz und dessen Umsetzung diskutiert. Als Anregung dienen die Fragen: Wo kann ich als (Fach-)Lehrer die vorgestellten Methoden in meinem Unterricht konkret in den nächsten Wochen einsetzen? Welche Beispiele fallen mir für welche Klassen ein? In diesem Prozess kann ein professioneller Dialog entstehen, in dem sogar konkrete Einsatzmöglichkeiten für kommende Unterrichtsstunden entworfen werden. Dadurch wird die Gefahr zumindest verringert, dass das Kennengelernte (oder Aufgefrischte) »träges Wissen« (Renkl, 1996) wird, das nicht in Handeln übergeht, und die Chance einer Sicherung der Nachhaltigkeit von Fortbildung wird vergrößert. Gerade dies macht das Methodenatelier auch für Lehrkräfte sinnvoll, die selbst sich bereits viel Wissen über Unterrichtsmethoden angeeignet haben. Der Unterschied vom Lesen von Methodenbüchern im eigenen Arbeitszimmer und der hier intendierten gemeinsamen Erarbeitung im Fachgespräch sowie der kooperativen Planung der Umsetzung (plus Möglichkeiten, gegenseitige Unterstützungen zu besprechen), ist entscheidend. Idealerweise können kollegiale Unterstützungsformen und Kooperationen gebildet werden, die durchaus weit über die Fortbildungsveranstaltung hinaus Früchte tragen können. Ziel ist, dass sich dabei das Kollegium als lernende Gemeinschaft von Experten erlebt, die etwas mit nach Hause tragen, das sie in den folgenden Unterrichtsstunden einsetzen können und die so Kooperation tatsächlich als Arbeitsbelastung reduzierend erfahren. Schulinterne Fortbildungsplanung zur Unterrichtsentwicklung: In den Ablauf kann eine Arbeitsphase integriert werden, in der Ideen zur weiteren schulinternen Fortbildungsplanung zu Unterrichtsmethoden und Unterrichtsentwicklung entstehen und diskutiert werden können. Ziel der Fortbildungen sollte sein, eine möglichst hohe Bedarfsorientierung mit klarer Anwendungsorientierung und Erleichterung des Transfers zu erreichen, um Nachhaltigkeit zu erzeugen. Methodisch könnte man zum Beispiel die Stammgruppen in dieser Phase ein individuelles »Brainwriting« durchführen lassen, bevor sie in die Diskussion einsteigen. Die Ergebnisse der Gruppen sollten präsentiert werden. Wichtig ist, dass diese Ideen sorgfältig gesammelt und – etwa von der Steuergruppe und natürlich der Schulleitung – wirklich als Grundlage für die weitere schulinterne Fortbildungsplanung genommen werden. Als Anregung dienen die Fragen: Welche Wünsche haben wir für die schulinterne Fortbildung zur Unterrichtsentwicklung? Was »brauchen« wir? Was interessiert uns? Wie können wir die von uns gewünschten Kompetenzen erwerben? Wie können wir uns kollegial unterstützen? Wie können wir voneinander lernen? Wissensmanagement im Team und in der Schule: Ein weiterer Schritt könnte sein, sich zum Thema Wissensmanagement im Hinblick auf Unterrichtsmethoden in Fachgruppen bzw. in der Schule insgesamt auseinanderzusetzen. Wissensmanagement stellt eine anspruchsvolle und komplexe Aufgabe dar. Huber und Krey (in diesem Buch) weisen auf die Bedeutung einer Transformation des individuellen, personalen Wissens zu organisationalem Wissen hin. Diese systematisch zu gestalten sei das Ziel eines Wissensmanagements. Es geht darum, Informationen für Personen handlungsrelevant werden zu lassen. Ein Einstieg dazu soll im kollegialen Austausch gefunden werden. Dann muss der weitere Ablauf um ein weiteres Zeitfenster ergänzt werden (siehe »Möglicher Ablauf des Methodenateliers als eintägige schulinterne Fortbildung« und »Möglicher Ablauf des Methodenateliers als schulinterne Fortbildung an zwei Nachmittagen«, auch online unter www.Bildungsmanagement.net). Als Anregung dienen die Fragen: Wie sichern wir die Weitergabe des Kennengelernten, hier also der Methoden und Verfahren, in unserem Kollegium? Wie unterstützen wir die Umsetzung in den schulischen Alltag? Wie sichern wir die Nachhaltigkeit? 3.4. Weitere Einsatzmöglichkeiten Bereits angedeutet wurde, dass sich das Methodenatelier auch gut für einen Fortbildungstag der Kollegien mehrerer (kleinerer) Schulen eignet. Die klare Strukturierung erleichtert eine ergebnisorientierte Zusammenarbeit. Regional können etwa die Steuergruppen oder die Fachbereichsleiter (Fachbetreuer) oder die Schulleitungsmitglieder mehrerer Schulen auf diese Weise zusammenarbeiten und sich dann als Multiplikatoren verstehen. Was bei einer schulinternen Fortbildung die Stammgruppen waren, könnten bei schulübergreifenden Fortbildungsarrangements die Steuergruppen bzw. »Schulteams« sein. Besonders interessant dürfte dann der Teil »Schulinterne Fortbildungsplanung« sein, denn hier können Erfahrungen aus den Kollegien verschiedener Schulen eingebracht und ausgetauscht werden. Abb. 28: Übersicht über die ausgewählten Methoden Abb. 29: Übersicht über die Quellen der ausgewählten Methoden Abb. 30: Kurzbeschreibungen zu den ausgewählten Methoden im Methodenatelier Abb. 31: Möglicher Ablauf des Methodenateliers als eintägige schulinterne Fortbildung Abb. 32: Möglicher detaillierter Ablauf des Methodenateliers als eintägige schulinterne Fortbildung Abb. 33: Möglicher Ablauf des Methodenateliers als zweitägige Fortbildung, Ablaufplan 1. Nachmittag Abb. 34: Ablaufplan 2. Nachmittag