Exportland Schweiz - Jugend und Wirtschaft

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Input
Aktuelles aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
für Schülerinnen und Schüler
Exportland Schweiz
Andreas Hieber
JUGEND UND WIRTSCHAFT
JEUNESSE ET ECONOMIE
GIOVENTÙ ED ECONOMIA
Übersicht
Kapitel 3:
Die Exportbranchen im Überblick
Das Exportgeschäft ist je nach Branche
sehr wichtig oder eher weniger bedeutsam. In diesem Kapitel werden diejenigen Branchen vorgestellt, die stark vom
Export leben – darunter die Chemie- und
Pharmabranche sowie die Maschinen-,
Metall- und Elektronikindustrie.
Kapitel 1:
Ist die Schweiz ein Exportland?
Seite 10
Wirtschaft, Technologie
Schweizer Unternehmen verdienen
einen beträchtlichen Teil ihres Umsatzes
im Ausland. In diesem Kapitel wird die
Bedeutung der Exportwirtschaft für die
Schweiz beleuchtet und eine Definition
geliefert, was unter Export zu verstehen ist.
Seite 4
Wirtschaft
Kapitel 2:
Gründe für die Exportstärke
der Schweiz
Trotz relativ hoher Produktionskosten
sind Schweizer Unternehmen international erfolgreich. Die wichtigsten Gründe
für diesen Erfolg als Exportnation
werden in diesem Kapitel analysiert.
Seite 7
Wirtschaft, Politik
Kapitel 4:
Die Handelspartner der Schweiz
Interview
mit Daniel Küng
Schweizer Unternehmen exportieren
ihre Waren nicht nur ins europäische
Ausland, sondern auch nach Nord- und
Südamerika, Asien und Afrika. In diesem
Kapitel wird die aktuelle und zukünftige
Bedeutung der verschiedenen Wirtschaftsregionen als Absatzmärkte für
die Exportindustrie beleuchtet.
CEO Osec
Seite 14
Wirtschaft
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 3
Interview
mit Ivo Zimmermann
Leiter Kommunikation, Swissmem
Seite 16
Ist die Schweiz
ein Exportland?
c Exportiert
die Schweiz eigentlich mehr Waren ins Ausland, als sie
Welchen Beitrag leistet das Exportgeschäft zu unserem
Wohlstand? Wer sammelt und wertet die Daten zum Warenexport
aus? In diesem Kapitel geht es um diese Fragen.
c importiert?
Ist die Schweiz überhaupt ein Exportland? Auf den ersten Blick spricht
vieles dafür, dass die Schweiz mehr
c Güter ein- als ausführt. Sie ist ein
rohstoffarmes Land, in dem man vergeblich nach grösseren Mengen Erdöl, Erdgas oder Metallvorkommen
sucht. Die Löhne sind im internationalen Vergleich hoch, was für die
Konkurrenzfähigkeit scheinbar von
Nachteil ist. Als Land ohne Meer­
anschluss liegt es geografisch nicht
gerade auf der Hand, sich auf andere
Länder und Kontinente auszurichten.
Und schliesslich: 70% der Schweizer
Bevölkerung arbeiten im Dienstleistungssektor, während nur 26% der
Arbeitskräfte in der Industrie tätig
sind.
Viel importieren, …
In der Tat: In unserem Alltag umgeben uns unzählige Produkte, die nicht
in der Schweiz hergestellt werden,
z.B. Autos aus Deutschland, Frankreich, Italien oder Japan; Elektronik-
Die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie ist mit rund 330’000
Beschäftigten die grösste industrielle Arbeitgeberin der Schweiz und
bestreitet 35% der Güterexporte.
Was heisst Export?
Woher stammen die
Export- und Importdaten?
In der Schweiz obliegt der Eidgenössischen Zollverwaltung die Aufgabe, die c Aussenhandelsstatistik
zu führen. Unter «Aussenhandelsstatistik» ist die systematische Darstellung des grenzüberschreitenden
Güterverkehrs zu verstehen, wobei zwischen Ein-,
Aus- und Durchfuhr unterschieden wird. Folgende
Aspekte werden unter anderem erhoben und statistisch ausgewertet:
j Art der Ware, Menge und Gewicht
j Herkunftsland, Reiseroute und Transportmittel
j Wert der Ware in Schweizer Franken
j Postleitzahl der Empfängerin/des Empfängers
(beim Import)
j Postleitzahl des Absenders/der Absenderin
(beim Export)
Millionen Tonnen von Gütern verlassen jedes Jahr unser Land (Güter­
export). Schweizer Unternehmen und Finanzinstitute investieren im Ausland (Kapitalexport). Ausländische Touristen und Touristinnen besuchen
die Schweiz und geben hier Geld aus (Dienstleistungsexport).
Die drei Beispiele illustrieren, was unter Export zu verstehen ist. Und sie
machen deutlich, dass man grundsätzlich die drei Formen von Export –
nämlich Güterexport, Kapitalexport und Dienstleistungsexport – unterscheidet.
Dieses Input konzentriert sich auf die Darstellung des Exports von Gütern. Einerseits gibt es aktuelle Publikationen aus der Input-Reihe zu den
beiden anderen Themen (vgl. Input 2/2011 zum Tourismus und Input
3/2010 zum Finanzplatz Schweiz), in denen auch aussenwirtschaftliche
Fragen eingehend behandelt werden. Anderseits erlaubt die Konzentration auf die produzierenden Unternehmen eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Erfolgsfaktoren und Herausforderungen des Werkplatzes
Schweiz.
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 4
Kurzporträt Schweizer Aussenhandel 2010
Beschreibung
Kennzahl
Bevölkerung der Schweiz in Mio. Personen
7,8
Bruttoinlandprodukt BIP (2009) in Mrd. CHF
536
Exporte in Mrd. CHF
193
Importe in Mrd. CHF
173
Handelsbilanzüberschuss (Exporte – Importe) in Mrd. CHF
geräte aus China, Taiwan oder Südkorea; Kleidungsstücke aus Vietnam
oder Indien; Lebensmittel aus Ländern der Europäischen Union und
vieles mehr. Ein Blick in die Statistik
zeigt, dass die Schweiz im internationalen Vergleich viele Güter und
Dienstleistungen importiert.
… noch mehr exportieren
Und doch: Die Schweiz exportiert seit
Jahrzehnten mehr, als sie importiert.
Mehr noch: Unser Land gehört trotz
seiner Kleinheit zu den wichtigsten
Exportländern. Aktuell befindet es
sich auf Rang 20 der weltweiten
­Exportnationen – zwar weit hinter
China, Deutschland, den USA oder
Japan, aber vor Australien, Indien,
Brasilien, Indonesien oder Thailand,
deren Bevölkerungszahl jene der
Schweiz je um ein Vielfaches übersteigt.
Für unseren Wohlstand ist der
­Export von Gütern von höchster
­Be­deutung: Jeder dritte Franken, der
in der Schweiz verdient wird, stammt
aus dem Aussenhandel. (Bezieht man
den Dienstleistungssektor, insbesondere die Finanz- und Versicherungsbranche, sowie den Tourismus in
die Rechnung mit ein, kommt sogar
jeder zweite Franken aus dem Ausland.)
Schweizer Produkte
sind gefragt
Die Exportquote (Exporte in Prozent
des c BIP) für das Jahr 2010 beträgt
36%. Weltweit kaufen Menschen offenbar sehr viele Schweizer Produkte
– und zwar nicht nur die «Klassiker»
wie Uhren, Schokolade und Käse (die
manche Leute fast gleichsetzen mit
der Schweiz), sondern vor allem auch
Produkte der chemischen Industrie
oder der Maschinen-, Elektro- und
Metallindustrie.
20
Wichtigste Handelspartner Export in Mrd. CHF (Anteil in Prozent)
– Deutschland
– USA
– Italien
37 (19,4%)
19 (10,1%)
16 (8,0%)
Wichtigste Handelspartner Import in Mrd. CHF (Anteil in Prozent)
– Deutschland
– Italien
– Frankreich
57 (32,9%)
18 (10,6%)
15 (8,8%)
Die drei grössten Exportbranchen in Mrd. CHF (Anteil in Prozent)
– Chemie und Pharma
– Präzisionsinstrumente, Uhren und Bijouterie
– Maschinen, Apparate, Elektronik
76 (39,3%)
37 (19,1%)
36 (18,9%)
Nominale Wachstumsrate
– Exporte
– Importe
7,1%
8,4%
Jährliche nominale Wachstumsrate (Durchschnitt 2000–2010)
– Exporte
– Importe
4,8%
3,4%
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung
Bruttoinlandprodukt, Importe und Exporte,
1990–2010, nominal
Index 1990 = 100
400
Bruttoinlandprodukt
Warenexporte*
Dienstleistungsexporte
Warenimporte*
Dienstleistungsimporte
300
200
100
0
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
2008
2010
Quelle: Credit Suisse Economic Research (Hg.),
Exportindustrie Schweiz – Erfolgsfaktoren und Ausblick (2011), S. 6
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 5
Die Zahlungsbilanz der Schweiz 2009
in Mrd. CHF
Zahlungsbilanz
Dienstleistungsbilanz
Ertragsbilanz
Saldo 63.8
Warenexporte
188,4
Warenimporte
171,7
Saldo
16,7
Dienstleistungsimporte
37,9
Saldo
42,3
Dienstleistungsbilanz
Dienstleistungsexporte
80,2
Bilanz der Arbeits- und Kapitaleinkommen
Traditionsreiche grosse Firmen wie
ABB, Nestlé, Novartis, Roche, Holcim
leben ebenso vom Export wie Tausende von kleinen und mittelgrossen
­Firmen – sogenannte KMU –, die
sich auf bestimmte Produkte oder
c Marktnischen spezialisiert haben.
÷
Kapitalverkehrsbilanz
Saldo –26,6
÷
Laufende Übertragungen
Vermögensübertragungen und Restposten
Saldo –37,2
Wachstumsmotor
Exportindustrie
In der Zahlungsbilanz werden sämtliche Transaktionen erfasst, die im Laufe eines Jahres
zwischen dem Inland und dem Ausland getätigt werden. Unter «Transaktion» versteht man
dabei den Fluss von Waren, Dienstleistungen, Einkommen und Vermögensübertragen sowie
die Entstehung und Tilgung von finanziellen Forderungen und Verpflichtungen.
Die Zahlungsbilanz besteht aus der Ertragsbilanz, der Kapitalverkehrsbilanz und der
Komponente «Vermögensübertragungen und Restposten». Die Ertragsbilanz wiederum
setzt sich aus der Dienstleistungs- und der Handelsbilanz zusammen. Die Handelsbilanz
erfasst den grenzüberschreitenden Warenverkehr und stellt den bei Weitem wichtigsten
Posten der Schweizer Ertragsbilanz dar. Da sich dieses Input vor allem mit dem Warenexport
beschäftigt, ist die Handelsbilanz in diesem Zusammenhang der wichtigste Teilbereich der
Zahlungsbilanz.
Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse Economic Research
Die grosse Bedeutung der Exportindustrie für die Schweizer Wirtschaft
zeigt sich auch im Beitrag der Warenexporte zum Wirtschaftswachstum.
Betrachtet man den Zeitraum von
1990 bis 2010, so lässt sich feststellen, dass ohne Exporte die Schweizer Wirtschaft um jährlich durchschnittlich 0,3% geschrumpft wäre;
dank dem gewichtigen Beitrag der
Exportindustrie war jedoch ein durchschnittliches jährliches Wachstum
des realen BIP von 1,5% zu verzeichnen.
j
Begriffe
Repetitionsfragen
c Aussenhandelsstatistik: systematische Darstellung des grenz­
überschreitenden Güterverkehrs. Kapitaltransfers ins Ausland und
Dienstleistungen werden darin nicht erfasst.
c BIP (Bruttoinlandprodukt): bezeichnet die Summe aller erbrachten
wirtschaftlichen Leistungen innerhalb eines Landes für eine Mess­
periode (meistens ein Jahr).
c Export: Ausfuhr von Gütern, Dienstleistungen und Kapital. Zum
Export werden auch Güter und Dienstleistungen gerechnet, die von
Ausländerinnen und Ausländern im Inland konsumiert werden.
c Gut/Güter: im wirtschaftlichen Sinn ein Mittel zur Befriedigung
menschlicher Bedürfnisse (Nahrungsmittel, Kleider, Erdöl usw.)
c Import: Einfuhr von Gütern, Dienstleistungen und Kapital. Hier gilt
es, dasselbe zu beachten wie beim Export.
c Marktnische: Als Marktnische wird ein Produkt oder ein Dienstleistungsangebot bezeichnet, das von den anderen Anbietern noch
nicht oder unzureichend angeboten wird.
1. Erklären Sie knapp in eigenen Worten, was
unter «Exportquote» zu verstehen ist.
2. Machen Sie je ein Beispiel für die drei Formen
von Export: Güterexport, Dienstleistungsexport
und Kapitalexport.
3. Welche Informationen werden von der Eidge­
nössischen Zollverwaltung bei der Einfuhr und
Ausfuhr von Gütern erfasst?
4. Erklären Sie in eigenen Worten, was mit der
folgenden Aussage gemeint ist: «Die grosse
Bedeutung der Exportindustrie zeigt sich auch
im Beitrag der Warenexporte zum Wirtschaftswachstum.»
5. Erfassen Sie in einer Tabelle je fünf Produkte, die
typischerweise in die Schweiz importiert werden,
und solche, die exportiert werden.
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 6
Gründe für die Exportstärke der Schweiz
Wie lässt sich die starke Bedeutung des Exports für unser Land erklären?
Wie kommt es, dass Schweizer Firmen trotz vergleichsweise hoher Lohnkosten
international konkurrenzfähige Produkte verkaufen können? Wie ist es möglich,
dass das Dienstleistungsland Schweiz eine nicht unbedeutende Rolle auf dem
Weltmarkt spielt? In diesem Kapitel werden einige Gründe für die Exportstärke
der Schweizer Wirtschaft näher betrachtet.
Qualitätsbewusstsein
und Ausbildung
Wenn eine Firma international verkaufen will, ist es wichtig, dass sie
entweder ein sehr preisgünstiges oder
ein exklusives Produkt anbieten kann.
Während chinesische oder vietnamesische Unternehmen tendenziell dafür
bekannt sind, den Weltmarkt mit
preisgünstigen Produkten zu beliefern, konzentrieren sich die meisten
Schweizer Firmen auf exklusive Güter.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser
Exklusivität ist oft die gute Qualität
der in der Schweiz hergestellten Produkte. Entsprechend geniessen sie
auch einen hervorragenden Ruf. Das
c Label c «Made in Switzerland» gilt
seit Langem als Synonym für Qualitätsbewusstsein und handwerklichindustrielle Solidität.
Qualitätsarbeit stellt sich nicht von
alleine ein. Es braucht dazu gut ausgebildete und motivierte Arbeitskräfte. Dazu leistet die Bildung einen sehr
wichtigen Beitrag. Viele Fachleute
­sehen insbesondere im c dualen Bildungssystem eines der Erfolgsgeheimnisse der Schweiz. Die starke
Stellung der Berufslehren in unserem
Bildungssystem ist in der Tat nicht zu
unterschätzen: Lernende kommen
dank der starken Mitwirkung der
­Betriebe in der Berufsbildung in inten­
sive Berührung mit dem fachspezifischen Know-how und den Besonderheiten einer Branche.
Gelingt es nicht, genügend Fachkräfte für bestimmte Berufe in der
Schweiz zu finden, sind die Unternehmen gezwungen, diese im Ausland
zu suchen. Entsprechend spielt auch
die Einwanderungs- und Ausländerpolitik eine wesentliche Rolle für die
Sicherung der Qualitätsarbeit.
Die Chemie- und Pharmabranche ist nicht nur die gewichtigste
Exportbranche der Schweiz (40% der Exporte), es wird hier auch
am meisten in die Forschung und Entwicklung investiert.
Innovation durch c Forschung
und Entwicklung
Einen weiteren Erfolgsfaktor für die
Exportstärke der Schweizer Wirtschaft finden wir bei der Forschung
und Entwicklung. Ein exklusives Produkt kann sich nicht nur durch Qualität, sondern auch durch Innovation
auszeichnen – das heisst durch neue
Technologien, Materialien Produk­
tionsverfahren oder Wartungsmöglichkeiten. Doch auch hier gilt: Innovative Lösungen ergeben sich nicht
von alleine. Voraussetzung dafür sind
Investitionen in Forschung und Entwicklung. Die Schweiz erbringt in
diesem Bereich Überdurchschnittliches: Einerseits leisten Universitäten
und Fachhochschulen einen unschätzbaren Beitrag, anderseits fallen
auch die firmeneigenen Ausgaben für
Forschung und Entwicklung ins Ge-
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 7
wicht. Die privaten Unternehmen in
der Schweiz haben im Jahr 2008
­nahezu 12 Milliarden Franken (bzw.
2,2% des BIP) für Forschung und Entwicklung im Inland aufgewendet.
Dies bedeutet eine Zunahme von
2,3 Milliarden (+24,0%) gegenüber
2004, als diese Zahl letztmals erhoben wurde (9,6 Milliarden). Die gesamten Ausgaben für Forschung und
Entwicklung – also sowohl der Beitrag
der Hochschulen als auch jener der
Unternehmen – machten im Jahr
2009 knapp 3% des Bruttoinlandprodukts aus. Mit diesem Wert belegt die
Schweiz im internationalen Vergleich
einen absoluten Spitzenplatz (vgl. Tabelle zu den Forschungsausgaben).
Ein guter c Indikator für die Innovationskraft einer Volkswirtschaft ist
die Anzahl erteilter c Patente im Verhältnis zur Bevölkerungszahl. Wenn
Forschungsausgaben ausgewählter
OECD-Länder und BIP
BIP/Kopf
Land
(2010)
Ausgaben Forschung
und Entwicklung in
Prozent des BIP (2008)
Finnland
44’492
3,72
Schweden
43’986
3,68
Japan
39’731
3,44
Schweiz
67’560
3,00
Dänemark
56’115
2,87
USA
46’381
2,77
Deutschland
30’600
2,68
Österreich
33’900
2,67
Frankreich
42’747
2,11
Grossbritannien
35’334
1,77
Niederlande
48’223
1,76
Norwegen
79’085
1,64
Spanien
31’946
1,35
Italien
35’435
1,23
Türkei
Griechenland
Bulgarien
8’723
0,73
29’635
0,58
6’223
0,47
Quelle: Eurostat, Bezugsjahr: Japan und Griechenland 2007; übrige Länder 2008
Privatpersonen oder Unternehmen
eine Erfindung tätigen, können sie
diese national und international
­patentieren lassen. Durch das Patent
bleibt die Erfindung während einer
bestimmten Zeit (z.B. 25 Jahre) geschützt: Nur der Erfinder oder die
­Erfinderin darf davon Gebrauch
­machen und z.B. ein auf der Erfindung basierendes Produkt auf den
Markt bringen. Erfindungen bezeich-
net man auch als «geistiges Eigentum». Im internationalen Vergleich
schneidet die Schweiz in dieser Hinsicht sehr gut ab. Im Jahr 2005 belegte sie hinter Japan den zweiten Platz
in der OECD-Patentstatistik (vgl. Tabelle).
Auch KMU innovativ
Im Zusammenhang mit der Innova­
tionsfähigkeit der Schweizer Wirt-
Wichtige Basis für den Erfolg der Schweizer Exportindustrie sind
hervorragende Ausbildungsangebote sowohl in der Berufsbildung als
auch an Hochschulen.
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 8
schaft ist es interessant, zu sehen,
dass nicht nur Grossunternehmen viel
Geld in Forschung und Entwicklung
investieren. Auch die KMU melden
regelmässig Patente an und bringen
neuartige Produkte auf den Markt.
Kleiner c Binnenmarkt und
Währungsrisiko
Ein weiterer wichtiger Grund für die
Exportstärke ist der kleine Binnenmarkt der Schweiz. Generell ist es für
eine Firma einfacher und vor allem
günstiger, hohe Stückzahlen zu produzieren. Da in der Schweiz etwas
weniger als acht Millionen Menschen
leben, ist der Markt insbesondere für
Industrieprodukte zu klein, als dass
sie zu einem konkurrenzfähigen Preis
hergestellt werden könnten. Viele
Unternehmen versuchen deshalb,
­ihre Produkte auch im Ausland zu
­verkaufen. Die Kleinheit des Binnenmarkts stellt exportierende Unternehmen jedoch auch vor Herausforderungen: So müssen sie bei den Verkaufspreisen die internationale Währungsentwicklung beachten. Steigt
der Wert des Schweizer Frankens
­gegenüber anderen Währungen, z.B.
gegenüber dem Dollar oder dem
­Euro, müssen Preisabschläge in Kauf
genommen werden, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dies, ohne dass die
Produktionskosten gesunken sind,
denn in der Schweiz müssen Löhne,
Miete usw. in Schweizer Franken bezahlt werden. Die zunehmende Stärke des Schweizer Frankens seit der
Finanzkrise von 2008 ist ein aktuelles
Beispiel hierfür. Viele Industrieunternehmen waren alleine aufgrund des
anhaltend teuren Frankens gezwungen, ihre Produktionsprozesse kostengünstiger zu gestalten.
Einige Unternehmen, die stark
vom Export leben – wenn auch längst
nicht alle –, gehen im Verlauf ihrer
Geschichte noch einen Schritt weiter:
Sie expandieren auch die Produktion
in andere Länder. Nestlé zum Beispiel
ist insofern eine Schweizer Firma, als
ihre Wurzeln hier liegen und der Firmensitz sich in Vevey (Kt. Waadt) befindet. Doch der grösste Teil der weltweit verkauften Lebensmittel wird
nicht mehr in der Schweiz produziert.
Zum Export werden aber ausschliesslich jene Güter gezählt, die ganz oder
teilweise in der Schweiz hergestellt
wurden.
j
Unit Value im Branchenvergleich
in CHF/kg, 2010
Exporte
Importe
500
400
300
200
Übrige Branchen
Nahrungsmittel
Metall
Kunststoff
Chemie
Total
Fahrzeugbau
Textil und Bekleidung
Maschinenbau
Elektroindustrie
Mess- und
Kontrollinstrumente
Pharma
0
Medizintechnik
100
Uhren
Unit Value im internationalen Vergleich
12
4,0
Exporte
Importe
Verhältnis Unit Value Exporte/
Unit Value Importe (rechte Skala)
10
8
6
3,5
3,0
2,5
Frankreich
USA
0,5
Next 11*
1,0
EU-15
0
–2
EU-Ost**
1,5
Grossbritannien
2,0
2
Italien
4
Deutschland
Ein moderner Indikator, der feststellen hilft, welche
Qualität ein Produkt aufweist, ist der sogenannte
Unit Value (= Wert pro Einheit). Gemessen wird
dabei der durchschnittliche Preis der Güter pro
Gewichtseinheit (Kilogramm). Hoher Arbeitseinsatz, eine bessere Technologie, höherwertige
Materialien oder zuverlässigere Produktionsprozesse verbessern die qualitativen Eigenschaften
eines Gutes und rechtfertigen einen entsprechend
höheren Preis. Die höhere Qualität eines Produktes
widerspiegelt sich somit in einem höheren Unit
Value.
Im Mittel über alle Exportgüter weist die Schweiz
nicht nur die höchsten Unit Values auf, auch das
Verhältnis zwischen dem Wert der importierten
Güter gegenüber jenem der Exporte ist rekordhoch. Dass die Schweiz so gut dasteht, ist nicht
zuletzt darauf zurückzuführen, dass der durchschnittliche Unit Value der Exporte deutlich weniger als in anderen Ländern durch Branchen mit
tiefen Werten nach unten gezogen wird. So ist die
Fahrzeugindustrie beispielsweise in Deutschland
sehr wichtig. Sie gehört zwar zu den technologie­
intensiven Wirtschaftszweigen, erreicht jedoch bei
Weitem nicht die Werte der Hightechindustrien
Präzisionsinstrumente, Pharma oder Uhren. Auch
hohe Anteile der Nahrungsmittelproduktion
(Frankreich, USA, Grossbritannien) wirken sich ungünstig auf die Durchschnittswerte aus.
9932 1081
600
Schweiz
«Unit Value» als
Indikator für Qualität
* Südkorea, Mexico, Türkei
** Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn
Begriffe
Repetitionsfragen
c Binnenmarkt: bezeichnet den Markt innerhalb eines Landes. Ist dieser sehr
klein, neigen Firmen dazu, ihre Güter und Dienstleistungen auch im Ausland zu
verkaufen.
c Duales Bildungssystem: Die Berufsbildung ist in der Schweiz grundsätzlich
dual organisiert: Zum einen findet eine berufspraktische Ausbildung in einem
Lehrbetrieb statt. Zum andern findet eine berufskundlich-theoretische und
allgemein bildende Ausbildung im Umfang von circa einem bis zwei Tagen pro
Woche an einer Berufsfachschule statt.
c Forschung und Entwicklung: umfasst alle planvollen und systematischen
Aktivitäten, deren Ziel der Erwerb neuen Wissens ist. Neues Wissen ist für
Firmen die Grundlage für Innovation.
c Indikator: eine Kennzahl für konjunkturelle Entwicklungen oder wirtschaftliche
Situationen.
c Label: Als Label bezeichnet man einen Markennamen oder einen Herkunfts­
namen, welcher einem Produkt zu einem bestimmten Image verhelfen soll.
Schweizer Käsesorten haben typischerweise ein Herkunftslabel (Emmentaler,
Gruyère, Appenzeller usw.).
c Patent: vom Staat erteiltes gewerbliches Schutzrecht für eine Erfindung. Der
Inhaber oder die Inhaberin des Patents ist berechtigt, anderen die Benutzung
der Erfindung zu verbieten.
c Swiss Made: ein geschützter Name, der nur für in der Schweiz hergestellte
Waren benutzt werden darf.
1. Erklären Sie, weshalb sich die meisten
exportorientierten Firmen in der
Schweiz auf exklusive Güter konzentrieren.
2. Das Bildungssystem der Schweiz gilt
als Fundament für die Qualitätsarbeit,
weshalb?
3. Wer leistet in der Schweiz einen
Beitrag zu Forschung und Entwicklung? Suchen Sie Beispiele aus Ihrem
Umfeld.
4. Weshalb ist es in der Regel kostengünstiger, hohe Stückzahlen zu
produzieren? Was hat dieser Zusammenhang mit der Exportstärke der
Schweiz zu tun?
5. Studieren Sie die Tabelle zu den
Forschungsausgaben ausgewählter
OECD-Staaten. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus den Angaben
zum BIP und zu den Ausgaben für
Forschung und Entwicklung?
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 9
Die Exportbranchen
im Überblick
Welches sind die wichtigsten Export c branchen? Welche Art Güter stellen sie
her, welche Besonderheiten zeichnen sie aus? Und: Wie entwickelten sich
die verschiedenen Exportbranchen in der Vergangenheit; mit welchen Herausforderungen dürften sie in Zukunft konfrontiert sein? In diesem Kapitel
werden Antworten auf diese Fragen gegeben.
Bei einer Exportquote von 36% liegt
es auf der Hand, dass praktisch alle
Branchen, die Waren produzieren –
von der Landwirtschaft bis zur Maschinenindustrie –, nicht nur im Inland, sondern auch ins Ausland verkaufen. Nichtsdestotrotz gibt es beträchtliche Unterschiede zwischen
den Branchen in Bezug auf das Exportvolumen. In diesem Kapitel werden insbesondere jene Branchen näher vorgestellt, die im grösseren Stil
exportieren.
Schweizer Exportgeschäft aufweist
(ca. 40%). Ein genauerer Blick auf diese Branche verdeutlicht, dass vor
­allem die Exporte der Pharmabranche
(Medikamente, Vitamine, und Impfstoffe) hier ins Gewicht fallen. Die
Tatsache, dass mit Novartis und Roche
zwei der weltweit grössten Pharmaunternehmen nicht nur ihre Hauptsitze,
sondern auch wichtige Produktionsstätten in der Schweiz haben, schlägt
sich in diesen Zahlen nieder.
Die Bedeutung der Pharmabranche für den Schweizer Export wird
unterstrichen, wenn man die langfristige Entwicklung betrachtet. 1988
führte diese Branche Waren im Wert
von 6,5 Mrd. CHF aus, 2009 betrug
der Wert 58 Mrd. CHF. Mit anderen
Worten: Im Zeitraum von gut 20 Jahren verfünffachten sich die Exporte
Chemie- und Pharmabranche
Betrachtet man die verschiedenen
­exportorientierten Branchen, so fällt
auf, dass die Chemie- und Pharmabranche mit Exporten im Wert von
über 70 Mrd. CHF (2009) den mit
­Abstand gewichtigsten Anteil am
Schweizer Warenexporte nach Branchen
30%
20%
Anteil 1990
Anteil 2010
Durchschn. jährliche Wachstumsrate (rechte Achse)
24%
16%
Übrige
Branchen
Textil und
Bekleidung
Kunststoff
Fahrzeugbau
–4%
Mess- und
Kontrollinstr.
–6%
Nahrungsmittel
0%
Medizinaltechnik
0%
Metall
4%
Elektroindustrie
6%
Uhren
8%
Chemie
12%
Maschinenbau
12%
Pharma
18%
Anteile am Total Warenexporte in Prozent; durchschnittliche jährliche
Wachstumsrate in Prozent, 1990–2010; orangefarbene Linie: durchschnittliche
jährliche Wachstumsrate der gesamten Warenexporte in Prozent, 1990–2010.
Quelle: Credit Suisse Economic Research (Hg.),
Exportindustrie Schweiz – Erfolgsfaktoren und Ausblick, S. 9
der Pharmaindustrie! Dies entspricht
einer durchschnittlichen jährlichen
Wachstumsrate von 11%, was einen
absoluten Spitzenwert darstellt. Der
weltweit steigende Bedarf nach Gesundheitsleistungen wird wohl auch
in Zukunft anhalten, entsprechend
bedeutend ist diese Branche für den
Forschungs- und Werkplatz Schweiz.
Maschinen- und
Elektronikindustrie
Der zweite gewichtige Pfeiler des
schweizerischen Exports ist die Maschinen- und Elektronikindustrie. Mit
einem Exportvolumen von 33 Mrd.
CHF verzeichnete die Branche im Jahr
2009 einen Anteil von 22% an den
Gesamtexporten. Dabei ist anzumerken, dass 2009 von der Weltwirtschaftskrise geprägt war, die insbe-
Exportentwicklung
nach Branchen 2009
Branche
Mio. CHF
Nahrungsmittel- und Genussmittelindustrie 7’088
Textilindustrie
1’605
Bekleidungsindustrie
1’805
Papier- und grafische Industrie
2’938
Kunststoffindustrie
3’418
Chemische Industrie
71’771
Metallindustrie
10’489
Maschinen- und Elektroindustrie
33’741
Präzisionsinstrumente
13’835
Uhrenindustrie
13’229
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 10
Quelle: Eurostat, Bezugsjahr: Japan und
Griechenland 2007; übrige Länder 2008
Stückpreis mechanisch betriebener Uhren
2002–2009, in CHF
2700
2600
2500
2400
2300
2200
sondere die Maschinen- und Elektronikindustrie sehr stark traf. Der Maschinenbau und die Herstellung von
Elektronikgeräten weisen in der
Schweiz eine lange Geschichte auf.
Traditionsreiche Konzerne wie ABB,
Ammann, Georg Fischer, Schindler
Aufzüge, OC Oerlikon oder Sulzer
zählen ebenso zu dieser Branche wie
Dutzende von weiteren Unternehmen, die aufgrund ihres spezialisierten Sortiments vor allem in Fach­
kreisen bekannt sind. Wer weiss z.B.,
dass das Familienunternehmen Bühler AG mit Sitz in Uzwil (SG) weltweit 7500 Mitarbeitende hat (davon
3000 in der Schweiz) und bei Lebensmittelmaschinen, insbesondere bei
Grossmühlen, im Weltmarkt führend
ist?
Über die letzten 20 Jahre betrachtet, durchlief die Maschinen- und
Elektronikindustrie eine wechselvolle
Zeit. 1990 war der Maschinenbau die
mit Abstand bedeutendste Exportbranche. In den 1990er-Jahren geriet
diese Branche jedoch in eine starke
Krise. Ein Grund hierfür lag darin,
dass mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und mit billigen Produktionsmöglichkeiten in China der Produk­
tionsstandort Schweiz zu teuer wurde. Erst tief greifende strukturelle
Veränderungen, verbunden mit einer
drastischen Reduktion von Arbeitsplätzen und technologischen Erneuerungen, machten die Schweizer Unternehmen wieder konkurrenzfähig.
Mit einem hohen Automatisierungsgrad, der vor allem Fachkräfte erfordert, scheint die Branche nun für die
Zukunft gerüstet zu sein.
Uhrenindustrie
Die Uhrenindustrie ist zwar nicht die
umsatzstärkste, dafür aber die be-
2100
2000
1900
1800
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung
kannteste Exportbranche der Schweiz
(Umsatz 2009: 13 Mrd. CHF, Exportanteil 7%). Berühmte Marken wie
Rolex, Patek Philippe, Omega, IWC,
Blancpain oder Swatch werden überall auf der Welt in Verbindung gebracht mit dem Werkplatz Schweiz;
in allen grossen Städten der Welt finden sich Showrooms und c FlagshipStores dieser Uhrenmarken. Keine
Branche ist übrigens so stark export-
orientiert wie die Uhrenindustrie:
95% sämtlicher Produkte werden ins
Ausland verkauft. Der seit mehr als
20 Jahren anhaltende Boom der
Schweizer Uhrenindustrie mit ständig
wachsenden Umsatzzahlen (ausgenommen 2009) darf nicht darüber
hinwegtäuschen, dass der Erfolg dieser Branche nicht von alleine kommt.
Nachdem die Hersteller in den
1960er-Jahren den Anschluss an den
95% aller Uhren, die von Schweizer Unternehmen produziert werden,
sind für den Export bestimmt. Die Uhrenindustrie ist Inbegriff von
Schweizer Qualität und Präzision.
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 11
Präzisionsinstrumente 1990–2009
nach Produktgruppen, Exporte in Mio. CHF
9000
7500
Mech. Mess-, Prüf-, Regelapparate
Med. Instrumente und Apparate
6000
Optische Geräte
Vermessungsinstrumente
4500
3000
1500
0
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
2008
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung
technologischen Wandel verpasst
hatten, wäre es beinahe zum Niedergang der Schweizer Uhrenindustrie
gekommen. Erst mit der Erfindung
der Swatch und einem radikalen Konsolidierungs- und Modernisierungsprozess in den 1980er-Jahren gelang
die Wende. Der Grundstein für den
aktuellen Erfolg war damit gelegt.
Diese Neulancierung der Schweizer
Uhrenindustrie ist eng verknüpft
mit dem kürzlich verstorbenen Unternehmer Nicolas G. Hayek, der in vielerlei Hinsicht diese kritische Phase
der Schweizer Industriegeschichte
geprägt hat.
Präzisionsinstrumente
Die Schweiz exportiert viel Käse und Schokolade, aber nicht nur:
Nestlé als einer der grössten Lebensmittelproduzenten der Welt
verfügt über ein breites Angebot (Bild: Produktion von Smarties).
Nahrungs- und Genussmittelexporte 2009
Mio. CHF
Veränderung zum Vorjahr in %
Tabak
Sparte
723
–3,0
Käse
567
–5,2
Schokolade
743
–7,5
Kaffee
1209
20,7
Getränke
1562
–3,9
348
20,9
Zuckerwaren
Backwaren
183
–4,9
Verschiedene Nahrungsmittel
1754
11,7
Total
7088
–0,2
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 12
Eng verwandt mit der Uhrenindustrie
in Bezug auf Produktionsverfahren
und -anforderungen ist die Präzisionsinstrumenteindustrie. (In vielen Statistiken werden Uhren und Präzisions­
instrumente daher auch im gleichen
c Aggregat zusammengefasst.) Vier
Produktgruppen werden unterschieden: optische Geräte, Vermessungsinstrumente, Prüf- und Messgeräte
und schliesslich medizinische Geräte
und Apparate.
Gerade Unternehmen aus der
letztgenannten Produktgruppe, sogenannte Medizinaltechnikfirmen,
waren in den letzten 15 Jahren äusserst erfolgreich. Eine Detailanalyse
macht deutlich, dass im Jahr 2009
65% des Exportvolumens dieser
Branche (9,1 von 13,8 Mrd. CHF)
durch die Ausfuhr medizinischer Geräte und Apparate zustande kam (vgl.
Grafik). In gewissen Regionen der
Schweiz, etwa rund um Biel und
Burgdorf im Kanton Bern, rund um
Basel und Zürich sowie in der Nähe
von Genf, haben sich richtiggehende
Firmencluster zur Medizinaltechnik
gebildet. Die wichtigsten Produktgruppen der Medizinaltechnik
sind übrigens Hörgeräte (z.B. von
Phonak/Sonova), orthopädische Geräte und Geräte zur Behandlung von
Knochenbrüchen. Zusammen mit der
Konjunkturabhängigkeit der Exportbranchen
Pharmabranche stellt die Medizinaltechnik eine wichtige Zukunftsindustrie dar, die ihr Wachstum wohl auch
in den nächsten Jahren fortsetzen
wird.
Metallindustrie
Zur Metallindustrie gehören Unternehmen, die sich mit der industriellen
Verarbeitung von Metall beschäftigen. In der Schweiz ist diese Branche
eng verwandt mit der Maschinenindustrie, denn oft produzieren Unternehmen aus der Metallindustrie Waren, die dann wiederum für die Herstellung von Maschinen und Anlagen
verwendet werden. Typische Beispiele von Produktgruppen dieser Branche sind: Draht- und Kabelwaren,
Maschinenelemente, Beschläge, Haken und Schlösser, Schrauben, Nägel
und Nieten. Vor der Weltwirtschaftskrise belief sich das Exportvolumen
immerhin auf 15 Mrd. CHF. Im Krisenjahr 2009 brach es auf rund 10 Mil­
liarden ein, was etwa einem Anteil
von 6% am Gesamtexportvolumen
entspricht.
Nahrungs- und
Genussmittelindustrie
Die Schweiz ist bekanntlich kein bedeutendes Agrarland, doch hat sie
eine lange Tradition bei der Verarbeitung von Nahrungs- und Genussmit-
Die verschiedenen Exportbranchen unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer
Produktpaletten. Auch in Bezug auf die Konjunkturanfälligkeit gibt es grosse Unterschiede. Betrachtet man etwa das Krisenjahr 2009 unter diesem Gesichtspunkt, so
lassen sich folgende Beobachtungen anstellen:
j Praktisch unberührt vom weltweiten Konjunktureinbruch war eigentlich nur die
Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Das lässt sich insofern leicht erklären, als
Menschen unabhängig von der Wirtschaftslage immer Lebensmittel nachfragen.
j Einen geradezu dramatischen Einbruch ihrer Exporte erlebten die Metall-,
­Maschinen- und Elektronikindustrie sowie die Textilindustrie. Mit Ausnahme der
Textilindustrie stellen diese Branchen vor allem Investitionsgüter her. Gerade in
wirtschaftlich schwachen oder unsicheren Zeiten beschränken sowohl Unternehmen als auch Staaten ihre Investitionen. Auch die Uhrenindustrie war sehr stark
von der Krise betroffen: In unsicheren Zeiten verzichten die Menschen auf Luxusgüter, wozu auch Schweizer Uhren gehören.
j Einen zwar spürbaren, aber deutlich geringeren Einbruch erlebten die chemische
Industrie sowie die Präzisionsinstrumentenindustrie. Denn Gesundheitsleistungen werden auch in Krisenzeiten nachgefragt.
Fazit: Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist ein guter Branchenmix in Bezug auf das
Exportgeschäft wünschenswert. Denn dadurch lässt sich die Krisen- und Konjunkturanfälligkeit der Wirtschaft etwas begrenzen.
teln. Schokolade und Käse sind dafür
die berühmtesten Beispiele. Doch
auch Tabakwaren, Kaffee und andere
Getränke werden in grösserem Umfang ausgeführt. Das bekannteste
Unternehmen dieser Branche ist sicherlich Nestlé, der weltweit grösste
Lebensmittelkonzern, der nach wie
vor gewisse Produkte exklusiv in der
Schweiz herstellt (etwa sämtliche
Nespresso-Kapseln). Aber auch der
aus Luzern stammende Milchverarbeitungskonzern Emmi ist inzwischen
ein bedeutender Akteur beim Export
von Lebensmitteln. Schliesslich schlägt
auch zu Buche, dass zwei der drei
grössten Tabakkonzerne der Welt
(nämlich Philipp Morris International
und Japan Tobacco International)
in der Schweiz ihre Hauptsitze sowie wichtige Produktionsstandorte
haben.
Die Exportperspektiven der Nahrungs- und Genussmittelindustrie
hängen unter anderem davon ab,
welche Handelsverträge die Schweiz
in Zukunft abschliessen wird. Bisher
waren die Exporte und Importe von
landwirtschaftlichen
Erzeugnissen
von den bestehenden Freihandelsabkommen (sowohl mit der EU als auch
im Rahmen der WTO) ausgenommen.
Seit mehreren Jahren sind jedoch Verhandlungen im Gang mit dem Ziel,
auch im Landwirtschaftsbereich freien Handel zu ermöglichen.
j
Begriffe
Repetitionsfragen
c Aggregat: Messgrösse bei der Daten­
erfassung im Hinblick auf eine statistische
Auswertung.
c Branche: Gruppe von Unternehmen, die
gleiche oder ähnliche Produkte herstellen.
Innerhalb einer Branche bewegen sich
Unternehmen im gleichen Geschäftsumfeld.
c Flagship-Store: Markenladen zu einer
bestimmten Marke (Uhren, Kleider usw).
Ein Flagship-Store hält oft ein breites und
exklusives Sortiment der betreffenden
Marke.
1. Betrachten Sie die beiden Exportbranchen Chemie und Pharma
einerseits, die Maschinen- und Elektronikindustrie anderseits
im Hinblick auf folgende Aspekte: prozentualer Anteil am
Exportvolumen; Entwicklung seit 1990; Konjunkturanfälligkeit.
Halten Sie Ihre Ergebnisse in einer Tabelle fest.
2. Führen Sie aus, weshalb die Uhrenindustrie ein gutes Beispiel
dafür ist, dass Exporterfolge nicht selbstverständlich sind.
3. Weshalb gilt die Präzisionsinstrumentenindustrie als Zukunftsbranche für die Schweiz?
4. Studieren Sie die Grafik zum Stückpreis mechanisch betriebener Uhren 2002 bis 2009. Wie erklären Sie sich den rück­
läufigen Trend im Jahr 2009?
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 13
Die Handelspartner
der Schweiz
In welche Länder exportieren die Schweizer Unternehmen ihre Waren? Welche
Märkte sind zentral – heute und in Zukunft? Welche internationalen Verträge
gibt es? Und: Welchen Beitrag leistet der Staat an die exportierenden Unternehmen? Das sind die Fragen, die in diesem Kapitel im Zentrum stehen.
Die Schweiz unterhält mit vielen Ländern der Welt rege Handelsbeziehungen. Nicht alle Länder werden jedoch
gleich stark mit Waren aus der
Schweiz bedient. Besonders auffällig
ist, dass rund 77% der Exporte in die
Industrieländer (Westeuropa, USA
und Japan) gehen. Dieser Wert unterscheidet sich jedoch sehr stark von
Branche zu Branche. Der mit Abstand
wichtigste Absatzmarkt für Uhren ist
beispielsweise weder Europa noch die
USA, sondern China (inkl. Hongkong).
Umgekehrt exportieren die Pharma-,
Textil-, Metall- und Nahrungsmittel­
industrie überdurchschnittlich hohe
Anteile in die «alten» EU-Länder (sogenannte c EU-15).
Eine genaue Analyse der Exportzahlen macht deutlich, dass sich die
Exportanteile der verschiedenen
Weltregionen und Wirtschaftsräume
in den letzten 20 Jahren nach und
nach verändert haben. Aus diesen
Verschiebungen lassen sich Trends
für die Zukunft ablesen.
Europa – noch immer der
wichtigste Absatzmarkt
Europa (insbesondere die EU-15) ist
der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für Schweizer Unternehmen.
Insbesondere Deutschland mit einem
Anteil von 19,4%, aber auch Frankreich (7,8%), Italien (8%) und Grossbritannien (4,7%) sind bedeutende
Exportdestinationen. Vergleicht man
die Entwicklung seit 1990, so fällt
­jedoch auf, dass die EU-15 als Wirtschaftsraum nicht mehr so überragend ist wie vor 20 Jahren. Der Gesamtanteil der Exporte ging nämlich
in diesem Zeitraum um 10% von
64,8% auf 54,8% zurück. Dagegen
erhöhte sich der Exportanteil in die
neuen EU-Länder (Polen, Ungarn,
Tschechien, Slowakei usw.) etwas.
Vor allem aber stiegen die Exportanteile in andere Weltregionen. Gemäss
Prognosen von Fachleuten dürfte dieser Trend anhalten. Europa wird mit
grosser Wahrscheinlichkeit noch in
20 Jahren (also 2030) der wichtigste
Absatzmarkt sein, aber vermutlich
mit geringerem Anteil im Vergleich zu
den übrigen Wirtschaftsräumen. Der
Exportanteil in Richtung USA hat zwischen 1990 und 2010 zugenommen,
und zwar um 2,5% auf 10,1%. Doch
der langfristige Trend dürfte in eine
andere Richtung gehen: Prognosen
gehen davon aus, dass das wirtschaftliche Gewicht der USA in Zukunft
geringer wird, was auch einen sinkenden Exportanteil zur Folge haben
dürfte.
c BRIC- und c Golfstaaten
als Zukunftsmärkte?
Zwischen 1990 und 2010 sind neben
den USA zwei Wirtschaftsregionen
für die Schweizer Exportwirtschaft
bedeutender geworden: die sogenannten BRIC-Staaten (Brasilien,
Russland, Indien und China) einerseits, die Golfstaaten (Dubai, SaudiArabien, Irak usw.) anderseits. China
hat gegenwärtig knapp drei Mal so
viele Einwohner und Einwohnerinnen
wie ganz Europa. Und auch in Indien
leben mehr als eine Milliarde Menschen. Hält das Wirtschaftswachstum
in diesen Ländern an – und davon ist
auszugehen –, so werden in den
nächsten Jahrzehnten Hunderte von
Millionen Menschen in den Mittelstand aufsteigen und einen zunehmend ähnlichen Lebensstil pflegen,
wie wir ihn in den Industrieländern
kennen. Zu erwarten ist also eine
stark zunehmende Nachfrage nach
Mobilität, Kommunikation, Konsum,
Freizeit und Kultur.
Nahrungs- und Genussmittel, Exporte 2009
Sparte
Exporte der Uhrenindustrie 2009
Absatzland
Mio. CHF
Veränd. zum Vorjahr in %
Tabak
723
–3,0
Käse
567
–5,2
Mio. CHF
Anteil in %
743
–7,5
Honkong
2’168
16,4
Kaffee
1209
20,7
USA
1’471
11,1
Getränke
1562
–3,9
969
7,3
Zuckerwaren
348
20,9
Frankreich
Schokolade
Italien
900
6,8
Backwaren
183
–4,9
Deutschland
794
6,0
Versch. Nahrungsmittel
1754
11,7
13’229
100
Total
7088
–0,2
Total aller Länder
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 14
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung
Aus Sicht der Schweizer Exportunternehmen ist diese Entwicklung mit
enormen Chancen verbunden. Gelingt es nämlich, in diesen sogenannten Zukunftsmärkten Fuss zu fassen,
dürfte der Erfolg der Schweizer Unternehmen im Exportgeschäft auch in
Zukunft anhalten. Umgekehrt gilt aber
auch, dass der Markteintritt in Wirtschaftsräume, die geografisch und
kulturell weit entfernt liegen, auch mit
gewissen Risiken verbunden ist. Das
politische und rechtliche System, das
wirtschaftliche Umfeld sowie Handelsgepflogenheiten und Mentalitäten
unterscheiden sich zum Teil erheblich
von jenen in Europa oder in den USA.
Entsprechend sorgfältig müssen
Markteintritte geplant werden.
Welchen Beitrag
leistet der Staat?
Der Welthandel ist in einer Vielzahl
von internationalen Abkommen und
Verträgen geregelt. Die wichtigste
Institution für die Sicherstellung eines
möglichst freien Handels ist die
c Welthandelsorganisation (WTO) mit
Sitz in Genf. Im Rahmen von c mul­
tilateralen Verträgen wird festgelegt,
auf welchen Gütern und in welchem
Umfang c Zölle erhoben werden dürfen. Die Schweiz ist Mitglied der WTO
und profitiert dadurch von den WTOAbkommen. Auch technische Handelshemmnisse werden von der WTO
nach Möglichkeit beseitigt. Darüber
hinaus hat die Schweiz mit anderen
Nationen eine ganze Reihe von Freihandelsabkommen abgeschlossen,
die eine noch weiter gehende Handelsfreiheit sicherstellen sollen. Insbesondere mit der EU besteht inzwischen ein umfassendes Vertragsgeflecht. Namentlich das Freihandelsabkommen von 1972 und eine Serie von
c bilateralen Abkommen gilt es in
diesem Zusammenhang zu erwähnen.
Die Schweiz hat aufgrund der
enormen Bedeutung des Exports ein
grosses Interesse am Weiterbestehen
und Weiterentwickeln der Freihandelsverträge. Daneben leistet der
schweizerische Staat in weiteren Bereichen Unterstützung zuhanden der
Exportunternehmen:
j c OSEC: Mit der OSEC (Organisation für Schweizer Aussenwirtschaftspromotion) unterhält der
Bund eine Organisation, die
Schweizer Firmen, insbesondere
KMU, den Gang ins Ausland
e­ rleichtert. Die OSEC betreibt in
aktuell 22 Ländern (darunter die
wichtigen europäischen Handelspartner sowie Singapur, China,
Russland, Brasilien oder SaudiArabien) sogenannte Business
Hubs. Fachleute vor Ort unterstützen die Schweizer Firmen beim
Einstieg ins Exportgeschäft, sei es
durch Kontakte, Wissen oder Beratungsleistungen.
j Exportrisikogarantie: Diese Garantie ist sozusagen eine Versicherung für den Fall, dass einer
Schweizer Firma im Ausland ein
unerwartetes Problem (z.B. politische Unruhen) begegnet und sie
dadurch in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Damit verringert sich
das Risiko für Schweizer Unternehmen, die sich im Auslandgeschäft engagieren.
j Investitionsrisikogarantie:
Der
Bund bietet auch Versicherungen
für Investitionen in osteuropäischen Ländern und in Entwicklungsländern an. Versichert werden politische und staatliche
Massnahmen im Anlagestaat,
welche von der Investorin oder
vom Investor nicht beeinflussbar
sind. Darunter fallen unter anderem das Verstaatlichungs- und
Beschlagnahmungsrisiko oder das
Kriegsrisiko.
j
Begriffe
Repetitionsfragen
c Bilateraler Vertrag / Bilaterales Abkommen: Vertragswerk zwischen zwei Vertrags­
parteien, hier Ländern.
c BRIC-Staaten: Bezeichnung für die aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland,
Indien und China.
c EU-15: Bezeichnung für die EU vor der Osterweiterung der 1990er-Jahre mit Belgien,
Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Italien,
Irland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien.
c Golfstaaten: Bezeichnung für die ölreichen Staaten in der Golfregion, nämlich Arabische
Emirate, Bahrein, Kuweit, Iran, Irak, Jemen, Katar, Oman, Saudi-Arabien.
c Multilaterale Abkommen: Vertragswerke zwischen mehreren Ländern. Das WTORahmenabkommen ist ein multilateraler Vertrag. Die Länder entscheiden, das ganze
Vertragswerk anzunehmen oder abzulehnen.
c OSEC: staatliche Organisation zur Exportförderung. Die OSEC unterstützt Schweizer
Unternehmen beim Export, insbesondere durch Beratung, Kontakte und organisatorische
Hilfe.
c WTO: Die World Trade Organisation WTO (deutsch: Welthandelsorganisation) regelt für
die Mitgliedsländer den internationalen Handel. Ziel der WTO ist es, für möglichst viele
Länder und Waren die Zölle weitgehend zu reduzieren und auch sonstige Handels­
hemmnisse abzubauen.
c Zoll/Zölle: an der Landesgrenze erhobene Steuern auf Waren, um einheimische Produkte
zu schützen und Staatseinnahmen zu erzielen.
1. Europa und die USA sind die wich­
tigsten Absatzmärkte für Schweizer
Produkte. Wird dies in 20 Jahren
noch der Fall sein?
2. Weshalb nimmt die Bedeutung der
BRIC-Staaten als Destinationen für
die Exportindustrie in Zukunft sehr
wahrscheinlich zu?
3. Wo liegen die Risiken und Heraus­
forderungen beim Export in die
BRIC- Staaten?
4. Die Welthandelsorganisation (WTO)
ist für den internationalen Handel
von zentraler Bedeutung. Erklären
Sie in eigenen Worten die Ziele
der WTO.
5. Der schweizerische Staat leistet im
Rahmen der OSEC Unterstützungs­
leistungen für die exportierenden
Unternehmen. Was sind hierbei die
wichtigsten Massnahmen?
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 15
Interview mit
Daniel Küng
CEO Osec
Welche Bedeutung hat die
Herkunftsbezeichnung Swiss Made
für die Schweizer Unternehmen?
Küng: Exportorientierte Schweizer
KMU geniessen weltweit ein ausgezeichnetes Renommee, sind äusserst
wettbewerbsfähig und innovativ und
verfügen über ein sehr breites An­
gebot an Produkten und Dienstleistungen, die überdurchschnittlich viele
Nischenmärkte abdecken. Das macht
Swiss Made im Ausland begehrt und
krisenresistent. Und für Qualität, Präzision und Langlebigkeit – alles Eigenschaften, die für Swissness stehen –
besteht auch im Ausland die Bereitschaft, einen höheren Preis zu bezahlen.
Welches sind die grössten Herausforderungen für ein Unternehmen,
das exportieren möchte.
Küng: Am wichtigsten ist es, dass ein
exportorientiertes Unternehmen die
Vorbereitung seriös und sorgfältig an
die Hand nimmt. Bei einer Expansion
ins Ausland stellen sich oft grund­
legende Fragen: Welcher Art ist die
Strategie – und wie soll sie umgesetzt
werden. Stehen ausreichend Knowhow sowie personelle und finanzielle
Ressourcen zur Verfügung? Ist das zu
vermarktende Produkt im Ausland
konkurrenzfähig und innovativ genug? Wie steht es um die Kenntnisse
über den Zielmarkt? Welche Über­
raschungen hält die Geschäftskultur
bereit? Jeder Markt hat seine eigenen
Regeln. Und mit denen sollte man gut
vertraut sein – dies schon, bevor die
ersten Investitionen im Ausland getätigt werden.
Ein «starker» Schweizer Franken ist
eine Herausforderung für Schweizer
Unternehmen: Welche Massnahmen
ergreifen die Unternehmen?
Küng: Ein Wundermittel gegen den
starken Franken gibt es leider nicht,
dafür aber ein paar empfehlenswerte
Rezepte:
j Qualität rechtfertigt den Preis
Mit einer stärkeren Ausrichtung
auf Qualität und Swiss Premium
kann in einzelnen Branchen das
Preisniveau gehalten oder gar
­erhöht werden. Swissness ist in
der Regel ein gutes Verkaufsargument, aber die Leistung dafür
muss stimmen.
j Auf Sparkurs trimmen
Um den Auswirkungen des starken
Frankens die Spitze zu nehmen,
überprüfen derzeit viele KMU ihre
Kostenstrukturen, die Optimierung logistischer Strukturen, die
Optimierung der Wertschöpfungskette – und sie prüfen beim Einkauf alternative Herkunftsländer
und testen kostensparendere Produktionsmöglichkeiten.
j Richtiges Produkt
für richtigen Markt
Um die angestrebten Margen zu
halten, sollte das eigene Produktportfolio im Ausland kritisch überprüft werden. Gleichzeitig ist zu
prüfen, ob sich eine Verlagerung
des Exportschwerpunkts in neue
Märkte, z.B. in wachstumsstarke
Schwellenländer, lohnen würde.
Die Präsenz in Märkten mit tiefen
Gewinnmargen muss kritisch hinterfragt werden.
j Lieferung in der
bevorzugten Währung
In Gesprächen mit Lieferanten und
auf der Suche nach einer Optimierung der Beschaffungsprozesse
stehen preisliche Anpassungen bei
den Zulieferprodukten und alternative Abrechnungsmodi in Euro
oder US-Dollars im Vordergrund.
j Absicherung mit System
Währungsrisiken lassen sich auch
über Bankgeschäfte absichern
oder über andere finanztechnische Massnahmen.
Küng: Die Schweizer Exportindustrie
hat nach wie vor eine sehr gute Ausgangsposition, um sich auf dem Weltmarkt zu behaupten. Denn Schweizer
Unternehmen sind breit diversifiziert,
was ihre Produkte und Dienstleistungen angeht. Zudem sind sie in den
Wachstumsmärkten gut positioniert.
Sorgen bereiten mir einzig die Konjunkturaussichten: Zwei Probleme –
Konjunktureinbruch und unvorteilhafte Wechselkursrelationen – gleichzeitig zu Schultern, wird zu einer
grossen Herausforderung, vor allem
für die kleineren und mittleren Unternehmen.
j
Daniel Küng ist seit 2004 CEO der Osec, dem Kompetenzzentrum für Schweizer Aussenwirtschaftsförderung. Nach Abschluss seines Studiums an der HSG
St. Gallen war Küng ab 1980 bei der Mercedes-Benz
do Brasil in São Paulo tätig. 1982 beteiligte er sich
als geschäftsführender Partner an der Gründung
der Dienstleistungsgesellschaft Agrosuisse Lda. Fünf
Jahre später folgten der Wechsel nach Portugal und
die Gründung der Response Group in Lissabon.
Die Osec ist das Kompetenzzentrum für Schweizer Aussenwirtschaftsförderung und informiert, berät und begleitet Schweizer KMU bei ihren interna­
tionalen Geschäftsvorhaben. Neben der Exportförderung nimmt die Osec auch die nationale Standort­
promotion der Schweiz sowie die Importförderung
zugunsten von ausgewählten Entwicklungs- und
Transitionsländern wahr.
Wie schätzen Sie die Perspektiven
für den Schweizer Export in den
nächsten Jahren ein?
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 16
Interview mit
Ivo Zimmermann
Leiter Kommunikation, Swissmem
Welche Bedeutung hat die
Herkunftsbezeichnung Swiss Made
für die Schweizer Unternehmen?
Zimmermann: Die Herkunftsbezeichnung Swiss Made ist wichtig für
die Schweizer Unternehmen, da von
jeher Produkte der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie für
hohe Qualität stehen und das Label
als Gütesiegel wahrgenommen wird.
Insbesondere in den neuen Wachstumsmärkten in Asien hat die Herkunftsbezeichnung einen grossen
Glanz. Swissmem achtet darauf, dass
bei Auftritten und Messen in Asien
die Hersteller die Swissness in den
Vordergrund stellen. Gleichzeitig gibt
es gerade in Asien immer wieder Probleme im Umgang mit «geistigem
Eigentum». Das Label Swiss Made
muss vor Missbrauch so gut wie möglich geschützt werden.
Welches sind die grössten Herausforderungen für ein Unternehmen,
das exportieren möchte?
Zimmermann: Die grösste Herausforderung ist zurzeit der Schweizer
Franken. Dies kann folgendermassen
illustriert werden: Schweizer Produkte wurden im Ausland allein aufgrund
des Wechselkurses innerhalb der letzten 18 Monate um 30% teurer (Februar 2010 bis August 2011)!
Das Exportieren von Hochtech­
nologieprodukten ist grundsätzlich
nicht einfach: Es erfordert, wenn man
in einem neuen Markt im Ausland
Fuss fassen will, viele Vorleistungen
und grosse Investitionen: Es müssen
Kunden­beziehungen und ein Netzwerk aufgebaut werden. Zudem
braucht es viel Kommunikationsaufwand, um Produkte bekannt zu machen. Alle Aktivitäten müssen überdies an die wirtschaftlichen Gegebenheiten, die in ­einem Land herrschen,
angepasst werden.
Ein «starker» Schweizer Franken ist
eine Herausforderung für Schweizer
Unternehmen: Welche Massnahmen
ergreifen die Unternehmen?
Zimmermann: Es gibt verschiedene
Strategien: Wenn ein Produkt für den
Kunden unverzichtbar ist, also starke
Alleinstellungsmerkmale hat, kann
der Preis erhöht werden. Der Kunde
bezahlt dann die Verteuerung aufgrund des Wechselkurses.
Viele Unternehmen sind aber gezwungen, die Preise zu senken, und
machen dann keinen Gewinn mehr.
Um dies abzufedern, versuchen die
Unternehmen Vorprodukte bzw.
Rohstoffe im Ausland einzukaufen.
So profitieren sie vom Wechselkurs
und können die Kosten bei der Herstellung senken. Diese Massnahme
reicht aber nicht aus, da die Löhne in
der Schweiz nicht gesenkt werden
können und diese sich auf den Preis
der Produkte auswirken. Deshalb versuchen Unternehmen die Entwicklungskosten mit Rationalisierungen
weiter zu reduzieren. Es gibt aber
auch die Möglichkeit, die Arbeitszeit
vorübergehend zu erhöhen.
Die Unternehmen versuchen aber
auch ihre Innovationsfähigkeit zu verstärken. Sie entwickeln neue Produkte, bei welchen sich höhere Preise
durchsetzen lassen. Beim Verlagern
von Teilen oder ganzen Produktionen
ins Ausland ist der Wechselkurs dagegen nur ein Faktor unter anderen.
Wie schätzen Sie die Perspektiven
für den Schweizer Export in den
nächsten Jahren ein?
Zimmermann: Kurzfristig, aufgrund
der Frankenstärke und aufgrund der
abkühlenden Weltkonjunktur, stehen
die Unternehmen vor grossen Herausforderungen. Der Wechselkurs
scheint sich aufgrund der hohen
­Verschuldung vieler Länder nicht so
schnell zu erholen.
Langfristig wird sich zeigen, wie
gut die Industrie aus der neuen Krise
herauskommen wird. Zurzeit haben
wir eine Margenkrise, die keine Ge-
winne und weniger Investitionen in
neue Produkte zulässt. Die Schweizer
Industrie ist aber gut aufgestellt und
hat in zukunftsträchtigen Bereichen
eine gute Stellung. Dazu gehören erneuerbare Energien, Mobilität und
Wasser (Wassertransport). j
Ivo Zimmermann (47) studierte an der Hochschule
St. Gallen Staatswissenschaften und absolvierte ein
MBA. Zwischen 1995 bis 2002 arbeitete er bei
den Centralschweizerischen Kraftwerken, zuletzt als
Leiter Produkt- und Marktentwicklung, anschliessend war er bei der Firma Schindler verantwortlich
für Medienarbeit und Kommunikationsprojekte. Bei
Swissmem leitet Ivo Zimmermann den Bereich Kommunikation.
Die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall­
industrie, welche durch den Verband Swissmem
repräsentiert wird, nimmt in der schweizerischen
Volks­wirtschaft eine Schlüsselstellung ein: Mit rund
330’000 Beschäftigten ist sie die grösste industrielle
Arbeitgeberin und bestreitet mit Exporten von
67,5 Mrd. CHF (2010) 35% der Güterausfuhren aus
der Schweiz.
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 17
Links
j Eidgenössische Zollverwaltung
www.ezv.admin.ch/
j Osec (Kompetenzzentrum für Schweizer Aussenwirtschaftsförderung)
www.osec.ch
j Swissmem (Der Verband der schweizerischen Maschinen-,
Elektro- und Metallindustrie sowie verwandter
technologieorientierter Branchen)
www.swissmem.ch/
j Interpharma (Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der
Schweiz)
www.interpharma.ch/
j scienceindustries (Wirtschaftsverband Chemie Pharma Biotech)
www.scienceindustries.ch
j FHS (Verband der Schweizer Uhrenindustrie)
www.fhs.ch/
Herausgeber
Impressum
Autor: Andreas Hieber, Zürich
Projektleitung: Bernhard Probst, Zürich
Lektorat und Korrektorat: Monika Wyss, Dürnten
JUGEND UND WIRTSCHAFT
JEUNESSE ET ECONOMIE
GIOVENTÙ ED ECONOMIA
Umbruch: Büro eigenart, Stefan Schaer, Bern, www.eigenartlayout.ch
Gestaltung: Kalt-Zehnder-Druck AG Zug; Büro eigenart, Stefan Schaer, Bern
Druck: Kalt-Zehnder-Druck AG, Zug, www.kalt.ch
Bildnachweis: Keystone: Umschlag und S. 3, 4, 7, 8, 11, 12
Es war nicht in allen Fällen möglich, die Rechteinhaber der Texte und Bilder zu eruieren.
Berechtigte Ansprüche werden im Rahmen üblicher Vereinbarungen abgegolten.
Alle Rechte vorbehalten © 2011 Jugend und Wirtschaft, Bern/Schweiz
Kommentar für Lehrpersonen abrufbar unter www.jugend-wirtschaft.ch
Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 18
Bilder:
Medienset Input
Das Medienset für einen vielseitigen Unterricht auf der Sekundarstufe II
Die Mediensets umfassen in der Regel eine Broschüre für Schülerinnen und Schüler und dazu
­gratis auf dem Internet einen Kommentar für Lehrpersonen sowie eine E-Lesson. Mediensets
­greifen ­aktuelle Themen aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik auf.
E-Lesson
In Ergänzung zu den Broschüren Input
stehen auf www.jugend-wirtschaft.ch
themenbezogene E-Learning-Programme
zur Verfügung.
Input
Input-Hefte sind aktuelle Broschüren für
Schülerinnen und Schüler zu Themen aus
Wirtschaft, ­Gesellschaft und ­Politik.
Jedes Input-Heft enthält:
c Grundlagen zum jeweiligen Thema
c zwei Interviews mit
Persönlich­keiten
c Aufgaben zu jedem Kapitel
c Literatur- und Linkliste
Kommentar
für Lehrpersonen
Kommentar für Lehrpersonen, Folienund Kopier­vorlagen sind gratis im
Internet abrufbar: www.jugend-wirtschaft.ch
Der Kommentar für Lehrpersonen zu
Input umfasst:
c Lösungen zu den Aufgaben
c Folienvorlagen
c Zeitungsartikel
Die E-Lesson umfasst:
c drei bis fünf interaktive Module,
die Schülerinnen und Schüler
bei der Erarbeitung des Themas
unterstützen
c einen Schlusstest, der als Prüfungsvorbereitung eingesetzt werden
kann und das mit dem Themenheft
erworbene Wissen sichert
Input Exportland Schweiz
Schweizer Unternehmen verdienen einen beträchtlichen Teil ihres Umsatzes im
Ausland. – Wieso sind Schweizer Unternehmen trotz relativ hoher Produktionskosten international so erfolgreich? Welche Branchen exportieren welche Güter
in welche Länder? Die Broschüre thematisiert die Schweiz als Exportland und
porträtiert damit auch die Schweizer Wirtschaft, wichtige Branchen und die Rolle
von kleineren und mittleren Unternehmen.
Heft: D
Kommentar für Lehrpersonen: D
JUGEND UND WIRTSCHAFT
JEUNESSE ET ECONOMIE
GIOVENTÙ ED ECONOMIA
[email protected]
www.jugend-wirtschaft.ch
Publikationen
Input Publikationen 2011
j Input 1/2011: Gesundheit (D)
j Input 2/2011: Tourismus (D)
j Input 3/2011: Exportland Schweiz (D)
j Input 4/2011: Biotechnologie (D)
Input Publikationen 2010
j Input 1/2010: Lernen im Lebenslauf (D)
j Input 2/2010: Erdöl (D mit E-Lesson)
j Input 3/2010: Finanzplatz Schweiz (D mit E-Input)
j Input 4/2010: Globalisierung (D mit E-Input)
Input Publikationen 2009
j Input 1/2009: Kernenergie (D/F/I)
j Input 2/2009: Mobil kommunizieren (D mit E-Lesson)
j Input 3/2009: Stromwirtschaft (D/F)
j Input 4/2009: LandWirtschaft (D)
Input Spezial
j Input Spezial 2007: Demografischer Wandel: eine Herausforderung an die Zukunft
j Input Spezial 2006: Working Poor
E-Lesson, E-Input sowie weitere Input-Titel finden Sie unter www.jugend-wirtschaft.ch
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