Input Aktuelles aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft für Schülerinnen und Schüler Exportland Schweiz Andreas Hieber JUGEND UND WIRTSCHAFT JEUNESSE ET ECONOMIE GIOVENTÙ ED ECONOMIA Übersicht Kapitel 3: Die Exportbranchen im Überblick Das Exportgeschäft ist je nach Branche sehr wichtig oder eher weniger bedeutsam. In diesem Kapitel werden diejenigen Branchen vorgestellt, die stark vom Export leben – darunter die Chemie- und Pharmabranche sowie die Maschinen-, Metall- und Elektronikindustrie. Kapitel 1: Ist die Schweiz ein Exportland? Seite 10 Wirtschaft, Technologie Schweizer Unternehmen verdienen einen beträchtlichen Teil ihres Umsatzes im Ausland. In diesem Kapitel wird die Bedeutung der Exportwirtschaft für die Schweiz beleuchtet und eine Definition geliefert, was unter Export zu verstehen ist. Seite 4 Wirtschaft Kapitel 2: Gründe für die Exportstärke der Schweiz Trotz relativ hoher Produktionskosten sind Schweizer Unternehmen international erfolgreich. Die wichtigsten Gründe für diesen Erfolg als Exportnation werden in diesem Kapitel analysiert. Seite 7 Wirtschaft, Politik Kapitel 4: Die Handelspartner der Schweiz Interview mit Daniel Küng Schweizer Unternehmen exportieren ihre Waren nicht nur ins europäische Ausland, sondern auch nach Nord- und Südamerika, Asien und Afrika. In diesem Kapitel wird die aktuelle und zukünftige Bedeutung der verschiedenen Wirtschaftsregionen als Absatzmärkte für die Exportindustrie beleuchtet. CEO Osec Seite 14 Wirtschaft Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 3 Interview mit Ivo Zimmermann Leiter Kommunikation, Swissmem Seite 16 Ist die Schweiz ein Exportland? c Exportiert die Schweiz eigentlich mehr Waren ins Ausland, als sie Welchen Beitrag leistet das Exportgeschäft zu unserem Wohlstand? Wer sammelt und wertet die Daten zum Warenexport aus? In diesem Kapitel geht es um diese Fragen. c importiert? Ist die Schweiz überhaupt ein Exportland? Auf den ersten Blick spricht vieles dafür, dass die Schweiz mehr c Güter ein- als ausführt. Sie ist ein rohstoffarmes Land, in dem man vergeblich nach grösseren Mengen Erdöl, Erdgas oder Metallvorkommen sucht. Die Löhne sind im internationalen Vergleich hoch, was für die Konkurrenzfähigkeit scheinbar von Nachteil ist. Als Land ohne Meer­ anschluss liegt es geografisch nicht gerade auf der Hand, sich auf andere Länder und Kontinente auszurichten. Und schliesslich: 70% der Schweizer Bevölkerung arbeiten im Dienstleistungssektor, während nur 26% der Arbeitskräfte in der Industrie tätig sind. Viel importieren, … In der Tat: In unserem Alltag umgeben uns unzählige Produkte, die nicht in der Schweiz hergestellt werden, z.B. Autos aus Deutschland, Frankreich, Italien oder Japan; Elektronik- Die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie ist mit rund 330’000 Beschäftigten die grösste industrielle Arbeitgeberin der Schweiz und bestreitet 35% der Güterexporte. Was heisst Export? Woher stammen die Export- und Importdaten? In der Schweiz obliegt der Eidgenössischen Zollverwaltung die Aufgabe, die c Aussenhandelsstatistik zu führen. Unter «Aussenhandelsstatistik» ist die systematische Darstellung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs zu verstehen, wobei zwischen Ein-, Aus- und Durchfuhr unterschieden wird. Folgende Aspekte werden unter anderem erhoben und statistisch ausgewertet: j Art der Ware, Menge und Gewicht j Herkunftsland, Reiseroute und Transportmittel j Wert der Ware in Schweizer Franken j Postleitzahl der Empfängerin/des Empfängers (beim Import) j Postleitzahl des Absenders/der Absenderin (beim Export) Millionen Tonnen von Gütern verlassen jedes Jahr unser Land (Güter­ export). Schweizer Unternehmen und Finanzinstitute investieren im Ausland (Kapitalexport). Ausländische Touristen und Touristinnen besuchen die Schweiz und geben hier Geld aus (Dienstleistungsexport). Die drei Beispiele illustrieren, was unter Export zu verstehen ist. Und sie machen deutlich, dass man grundsätzlich die drei Formen von Export – nämlich Güterexport, Kapitalexport und Dienstleistungsexport – unterscheidet. Dieses Input konzentriert sich auf die Darstellung des Exports von Gütern. Einerseits gibt es aktuelle Publikationen aus der Input-Reihe zu den beiden anderen Themen (vgl. Input 2/2011 zum Tourismus und Input 3/2010 zum Finanzplatz Schweiz), in denen auch aussenwirtschaftliche Fragen eingehend behandelt werden. Anderseits erlaubt die Konzentration auf die produzierenden Unternehmen eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Erfolgsfaktoren und Herausforderungen des Werkplatzes Schweiz. Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 4 Kurzporträt Schweizer Aussenhandel 2010 Beschreibung Kennzahl Bevölkerung der Schweiz in Mio. Personen 7,8 Bruttoinlandprodukt BIP (2009) in Mrd. CHF 536 Exporte in Mrd. CHF 193 Importe in Mrd. CHF 173 Handelsbilanzüberschuss (Exporte – Importe) in Mrd. CHF geräte aus China, Taiwan oder Südkorea; Kleidungsstücke aus Vietnam oder Indien; Lebensmittel aus Ländern der Europäischen Union und vieles mehr. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die Schweiz im internationalen Vergleich viele Güter und Dienstleistungen importiert. … noch mehr exportieren Und doch: Die Schweiz exportiert seit Jahrzehnten mehr, als sie importiert. Mehr noch: Unser Land gehört trotz seiner Kleinheit zu den wichtigsten Exportländern. Aktuell befindet es sich auf Rang 20 der weltweiten ­Exportnationen – zwar weit hinter China, Deutschland, den USA oder Japan, aber vor Australien, Indien, Brasilien, Indonesien oder Thailand, deren Bevölkerungszahl jene der Schweiz je um ein Vielfaches übersteigt. Für unseren Wohlstand ist der ­Export von Gütern von höchster ­Be­deutung: Jeder dritte Franken, der in der Schweiz verdient wird, stammt aus dem Aussenhandel. (Bezieht man den Dienstleistungssektor, insbesondere die Finanz- und Versicherungsbranche, sowie den Tourismus in die Rechnung mit ein, kommt sogar jeder zweite Franken aus dem Ausland.) Schweizer Produkte sind gefragt Die Exportquote (Exporte in Prozent des c BIP) für das Jahr 2010 beträgt 36%. Weltweit kaufen Menschen offenbar sehr viele Schweizer Produkte – und zwar nicht nur die «Klassiker» wie Uhren, Schokolade und Käse (die manche Leute fast gleichsetzen mit der Schweiz), sondern vor allem auch Produkte der chemischen Industrie oder der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. 20 Wichtigste Handelspartner Export in Mrd. CHF (Anteil in Prozent) – Deutschland – USA – Italien 37 (19,4%) 19 (10,1%) 16 (8,0%) Wichtigste Handelspartner Import in Mrd. CHF (Anteil in Prozent) – Deutschland – Italien – Frankreich 57 (32,9%) 18 (10,6%) 15 (8,8%) Die drei grössten Exportbranchen in Mrd. CHF (Anteil in Prozent) – Chemie und Pharma – Präzisionsinstrumente, Uhren und Bijouterie – Maschinen, Apparate, Elektronik 76 (39,3%) 37 (19,1%) 36 (18,9%) Nominale Wachstumsrate – Exporte – Importe 7,1% 8,4% Jährliche nominale Wachstumsrate (Durchschnitt 2000–2010) – Exporte – Importe 4,8% 3,4% Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung Bruttoinlandprodukt, Importe und Exporte, 1990–2010, nominal Index 1990 = 100 400 Bruttoinlandprodukt Warenexporte* Dienstleistungsexporte Warenimporte* Dienstleistungsimporte 300 200 100 0 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 Quelle: Credit Suisse Economic Research (Hg.), Exportindustrie Schweiz – Erfolgsfaktoren und Ausblick (2011), S. 6 Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 5 Die Zahlungsbilanz der Schweiz 2009 in Mrd. CHF Zahlungsbilanz Dienstleistungsbilanz Ertragsbilanz Saldo 63.8 Warenexporte 188,4 Warenimporte 171,7 Saldo 16,7 Dienstleistungsimporte 37,9 Saldo 42,3 Dienstleistungsbilanz Dienstleistungsexporte 80,2 Bilanz der Arbeits- und Kapitaleinkommen Traditionsreiche grosse Firmen wie ABB, Nestlé, Novartis, Roche, Holcim leben ebenso vom Export wie Tausende von kleinen und mittelgrossen ­Firmen – sogenannte KMU –, die sich auf bestimmte Produkte oder c Marktnischen spezialisiert haben. ÷ Kapitalverkehrsbilanz Saldo –26,6 ÷ Laufende Übertragungen Vermögensübertragungen und Restposten Saldo –37,2 Wachstumsmotor Exportindustrie In der Zahlungsbilanz werden sämtliche Transaktionen erfasst, die im Laufe eines Jahres zwischen dem Inland und dem Ausland getätigt werden. Unter «Transaktion» versteht man dabei den Fluss von Waren, Dienstleistungen, Einkommen und Vermögensübertragen sowie die Entstehung und Tilgung von finanziellen Forderungen und Verpflichtungen. Die Zahlungsbilanz besteht aus der Ertragsbilanz, der Kapitalverkehrsbilanz und der Komponente «Vermögensübertragungen und Restposten». Die Ertragsbilanz wiederum setzt sich aus der Dienstleistungs- und der Handelsbilanz zusammen. Die Handelsbilanz erfasst den grenzüberschreitenden Warenverkehr und stellt den bei Weitem wichtigsten Posten der Schweizer Ertragsbilanz dar. Da sich dieses Input vor allem mit dem Warenexport beschäftigt, ist die Handelsbilanz in diesem Zusammenhang der wichtigste Teilbereich der Zahlungsbilanz. Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse Economic Research Die grosse Bedeutung der Exportindustrie für die Schweizer Wirtschaft zeigt sich auch im Beitrag der Warenexporte zum Wirtschaftswachstum. Betrachtet man den Zeitraum von 1990 bis 2010, so lässt sich feststellen, dass ohne Exporte die Schweizer Wirtschaft um jährlich durchschnittlich 0,3% geschrumpft wäre; dank dem gewichtigen Beitrag der Exportindustrie war jedoch ein durchschnittliches jährliches Wachstum des realen BIP von 1,5% zu verzeichnen. j Begriffe Repetitionsfragen c Aussenhandelsstatistik: systematische Darstellung des grenz­ überschreitenden Güterverkehrs. Kapitaltransfers ins Ausland und Dienstleistungen werden darin nicht erfasst. c BIP (Bruttoinlandprodukt): bezeichnet die Summe aller erbrachten wirtschaftlichen Leistungen innerhalb eines Landes für eine Mess­ periode (meistens ein Jahr). c Export: Ausfuhr von Gütern, Dienstleistungen und Kapital. Zum Export werden auch Güter und Dienstleistungen gerechnet, die von Ausländerinnen und Ausländern im Inland konsumiert werden. c Gut/Güter: im wirtschaftlichen Sinn ein Mittel zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse (Nahrungsmittel, Kleider, Erdöl usw.) c Import: Einfuhr von Gütern, Dienstleistungen und Kapital. Hier gilt es, dasselbe zu beachten wie beim Export. c Marktnische: Als Marktnische wird ein Produkt oder ein Dienstleistungsangebot bezeichnet, das von den anderen Anbietern noch nicht oder unzureichend angeboten wird. 1. Erklären Sie knapp in eigenen Worten, was unter «Exportquote» zu verstehen ist. 2. Machen Sie je ein Beispiel für die drei Formen von Export: Güterexport, Dienstleistungsexport und Kapitalexport. 3. Welche Informationen werden von der Eidge­ nössischen Zollverwaltung bei der Einfuhr und Ausfuhr von Gütern erfasst? 4. Erklären Sie in eigenen Worten, was mit der folgenden Aussage gemeint ist: «Die grosse Bedeutung der Exportindustrie zeigt sich auch im Beitrag der Warenexporte zum Wirtschaftswachstum.» 5. Erfassen Sie in einer Tabelle je fünf Produkte, die typischerweise in die Schweiz importiert werden, und solche, die exportiert werden. Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 6 Gründe für die Exportstärke der Schweiz Wie lässt sich die starke Bedeutung des Exports für unser Land erklären? Wie kommt es, dass Schweizer Firmen trotz vergleichsweise hoher Lohnkosten international konkurrenzfähige Produkte verkaufen können? Wie ist es möglich, dass das Dienstleistungsland Schweiz eine nicht unbedeutende Rolle auf dem Weltmarkt spielt? In diesem Kapitel werden einige Gründe für die Exportstärke der Schweizer Wirtschaft näher betrachtet. Qualitätsbewusstsein und Ausbildung Wenn eine Firma international verkaufen will, ist es wichtig, dass sie entweder ein sehr preisgünstiges oder ein exklusives Produkt anbieten kann. Während chinesische oder vietnamesische Unternehmen tendenziell dafür bekannt sind, den Weltmarkt mit preisgünstigen Produkten zu beliefern, konzentrieren sich die meisten Schweizer Firmen auf exklusive Güter. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Exklusivität ist oft die gute Qualität der in der Schweiz hergestellten Produkte. Entsprechend geniessen sie auch einen hervorragenden Ruf. Das c Label c «Made in Switzerland» gilt seit Langem als Synonym für Qualitätsbewusstsein und handwerklichindustrielle Solidität. Qualitätsarbeit stellt sich nicht von alleine ein. Es braucht dazu gut ausgebildete und motivierte Arbeitskräfte. Dazu leistet die Bildung einen sehr wichtigen Beitrag. Viele Fachleute ­sehen insbesondere im c dualen Bildungssystem eines der Erfolgsgeheimnisse der Schweiz. Die starke Stellung der Berufslehren in unserem Bildungssystem ist in der Tat nicht zu unterschätzen: Lernende kommen dank der starken Mitwirkung der ­Betriebe in der Berufsbildung in inten­ sive Berührung mit dem fachspezifischen Know-how und den Besonderheiten einer Branche. Gelingt es nicht, genügend Fachkräfte für bestimmte Berufe in der Schweiz zu finden, sind die Unternehmen gezwungen, diese im Ausland zu suchen. Entsprechend spielt auch die Einwanderungs- und Ausländerpolitik eine wesentliche Rolle für die Sicherung der Qualitätsarbeit. Die Chemie- und Pharmabranche ist nicht nur die gewichtigste Exportbranche der Schweiz (40% der Exporte), es wird hier auch am meisten in die Forschung und Entwicklung investiert. Innovation durch c Forschung und Entwicklung Einen weiteren Erfolgsfaktor für die Exportstärke der Schweizer Wirtschaft finden wir bei der Forschung und Entwicklung. Ein exklusives Produkt kann sich nicht nur durch Qualität, sondern auch durch Innovation auszeichnen – das heisst durch neue Technologien, Materialien Produk­ tionsverfahren oder Wartungsmöglichkeiten. Doch auch hier gilt: Innovative Lösungen ergeben sich nicht von alleine. Voraussetzung dafür sind Investitionen in Forschung und Entwicklung. Die Schweiz erbringt in diesem Bereich Überdurchschnittliches: Einerseits leisten Universitäten und Fachhochschulen einen unschätzbaren Beitrag, anderseits fallen auch die firmeneigenen Ausgaben für Forschung und Entwicklung ins Ge- Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 7 wicht. Die privaten Unternehmen in der Schweiz haben im Jahr 2008 ­nahezu 12 Milliarden Franken (bzw. 2,2% des BIP) für Forschung und Entwicklung im Inland aufgewendet. Dies bedeutet eine Zunahme von 2,3 Milliarden (+24,0%) gegenüber 2004, als diese Zahl letztmals erhoben wurde (9,6 Milliarden). Die gesamten Ausgaben für Forschung und Entwicklung – also sowohl der Beitrag der Hochschulen als auch jener der Unternehmen – machten im Jahr 2009 knapp 3% des Bruttoinlandprodukts aus. Mit diesem Wert belegt die Schweiz im internationalen Vergleich einen absoluten Spitzenplatz (vgl. Tabelle zu den Forschungsausgaben). Ein guter c Indikator für die Innovationskraft einer Volkswirtschaft ist die Anzahl erteilter c Patente im Verhältnis zur Bevölkerungszahl. Wenn Forschungsausgaben ausgewählter OECD-Länder und BIP BIP/Kopf Land (2010) Ausgaben Forschung und Entwicklung in Prozent des BIP (2008) Finnland 44’492 3,72 Schweden 43’986 3,68 Japan 39’731 3,44 Schweiz 67’560 3,00 Dänemark 56’115 2,87 USA 46’381 2,77 Deutschland 30’600 2,68 Österreich 33’900 2,67 Frankreich 42’747 2,11 Grossbritannien 35’334 1,77 Niederlande 48’223 1,76 Norwegen 79’085 1,64 Spanien 31’946 1,35 Italien 35’435 1,23 Türkei Griechenland Bulgarien 8’723 0,73 29’635 0,58 6’223 0,47 Quelle: Eurostat, Bezugsjahr: Japan und Griechenland 2007; übrige Länder 2008 Privatpersonen oder Unternehmen eine Erfindung tätigen, können sie diese national und international ­patentieren lassen. Durch das Patent bleibt die Erfindung während einer bestimmten Zeit (z.B. 25 Jahre) geschützt: Nur der Erfinder oder die ­Erfinderin darf davon Gebrauch ­machen und z.B. ein auf der Erfindung basierendes Produkt auf den Markt bringen. Erfindungen bezeich- net man auch als «geistiges Eigentum». Im internationalen Vergleich schneidet die Schweiz in dieser Hinsicht sehr gut ab. Im Jahr 2005 belegte sie hinter Japan den zweiten Platz in der OECD-Patentstatistik (vgl. Tabelle). Auch KMU innovativ Im Zusammenhang mit der Innova­ tionsfähigkeit der Schweizer Wirt- Wichtige Basis für den Erfolg der Schweizer Exportindustrie sind hervorragende Ausbildungsangebote sowohl in der Berufsbildung als auch an Hochschulen. Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 8 schaft ist es interessant, zu sehen, dass nicht nur Grossunternehmen viel Geld in Forschung und Entwicklung investieren. Auch die KMU melden regelmässig Patente an und bringen neuartige Produkte auf den Markt. Kleiner c Binnenmarkt und Währungsrisiko Ein weiterer wichtiger Grund für die Exportstärke ist der kleine Binnenmarkt der Schweiz. Generell ist es für eine Firma einfacher und vor allem günstiger, hohe Stückzahlen zu produzieren. Da in der Schweiz etwas weniger als acht Millionen Menschen leben, ist der Markt insbesondere für Industrieprodukte zu klein, als dass sie zu einem konkurrenzfähigen Preis hergestellt werden könnten. Viele Unternehmen versuchen deshalb, ­ihre Produkte auch im Ausland zu ­verkaufen. Die Kleinheit des Binnenmarkts stellt exportierende Unternehmen jedoch auch vor Herausforderungen: So müssen sie bei den Verkaufspreisen die internationale Währungsentwicklung beachten. Steigt der Wert des Schweizer Frankens ­gegenüber anderen Währungen, z.B. gegenüber dem Dollar oder dem ­Euro, müssen Preisabschläge in Kauf genommen werden, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dies, ohne dass die Produktionskosten gesunken sind, denn in der Schweiz müssen Löhne, Miete usw. in Schweizer Franken bezahlt werden. Die zunehmende Stärke des Schweizer Frankens seit der Finanzkrise von 2008 ist ein aktuelles Beispiel hierfür. Viele Industrieunternehmen waren alleine aufgrund des anhaltend teuren Frankens gezwungen, ihre Produktionsprozesse kostengünstiger zu gestalten. Einige Unternehmen, die stark vom Export leben – wenn auch längst nicht alle –, gehen im Verlauf ihrer Geschichte noch einen Schritt weiter: Sie expandieren auch die Produktion in andere Länder. Nestlé zum Beispiel ist insofern eine Schweizer Firma, als ihre Wurzeln hier liegen und der Firmensitz sich in Vevey (Kt. Waadt) befindet. Doch der grösste Teil der weltweit verkauften Lebensmittel wird nicht mehr in der Schweiz produziert. Zum Export werden aber ausschliesslich jene Güter gezählt, die ganz oder teilweise in der Schweiz hergestellt wurden. j Unit Value im Branchenvergleich in CHF/kg, 2010 Exporte Importe 500 400 300 200 Übrige Branchen Nahrungsmittel Metall Kunststoff Chemie Total Fahrzeugbau Textil und Bekleidung Maschinenbau Elektroindustrie Mess- und Kontrollinstrumente Pharma 0 Medizintechnik 100 Uhren Unit Value im internationalen Vergleich 12 4,0 Exporte Importe Verhältnis Unit Value Exporte/ Unit Value Importe (rechte Skala) 10 8 6 3,5 3,0 2,5 Frankreich USA 0,5 Next 11* 1,0 EU-15 0 –2 EU-Ost** 1,5 Grossbritannien 2,0 2 Italien 4 Deutschland Ein moderner Indikator, der feststellen hilft, welche Qualität ein Produkt aufweist, ist der sogenannte Unit Value (= Wert pro Einheit). Gemessen wird dabei der durchschnittliche Preis der Güter pro Gewichtseinheit (Kilogramm). Hoher Arbeitseinsatz, eine bessere Technologie, höherwertige Materialien oder zuverlässigere Produktionsprozesse verbessern die qualitativen Eigenschaften eines Gutes und rechtfertigen einen entsprechend höheren Preis. Die höhere Qualität eines Produktes widerspiegelt sich somit in einem höheren Unit Value. Im Mittel über alle Exportgüter weist die Schweiz nicht nur die höchsten Unit Values auf, auch das Verhältnis zwischen dem Wert der importierten Güter gegenüber jenem der Exporte ist rekordhoch. Dass die Schweiz so gut dasteht, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass der durchschnittliche Unit Value der Exporte deutlich weniger als in anderen Ländern durch Branchen mit tiefen Werten nach unten gezogen wird. So ist die Fahrzeugindustrie beispielsweise in Deutschland sehr wichtig. Sie gehört zwar zu den technologie­ intensiven Wirtschaftszweigen, erreicht jedoch bei Weitem nicht die Werte der Hightechindustrien Präzisionsinstrumente, Pharma oder Uhren. Auch hohe Anteile der Nahrungsmittelproduktion (Frankreich, USA, Grossbritannien) wirken sich ungünstig auf die Durchschnittswerte aus. 9932 1081 600 Schweiz «Unit Value» als Indikator für Qualität * Südkorea, Mexico, Türkei ** Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn Begriffe Repetitionsfragen c Binnenmarkt: bezeichnet den Markt innerhalb eines Landes. Ist dieser sehr klein, neigen Firmen dazu, ihre Güter und Dienstleistungen auch im Ausland zu verkaufen. c Duales Bildungssystem: Die Berufsbildung ist in der Schweiz grundsätzlich dual organisiert: Zum einen findet eine berufspraktische Ausbildung in einem Lehrbetrieb statt. Zum andern findet eine berufskundlich-theoretische und allgemein bildende Ausbildung im Umfang von circa einem bis zwei Tagen pro Woche an einer Berufsfachschule statt. c Forschung und Entwicklung: umfasst alle planvollen und systematischen Aktivitäten, deren Ziel der Erwerb neuen Wissens ist. Neues Wissen ist für Firmen die Grundlage für Innovation. c Indikator: eine Kennzahl für konjunkturelle Entwicklungen oder wirtschaftliche Situationen. c Label: Als Label bezeichnet man einen Markennamen oder einen Herkunfts­ namen, welcher einem Produkt zu einem bestimmten Image verhelfen soll. Schweizer Käsesorten haben typischerweise ein Herkunftslabel (Emmentaler, Gruyère, Appenzeller usw.). c Patent: vom Staat erteiltes gewerbliches Schutzrecht für eine Erfindung. Der Inhaber oder die Inhaberin des Patents ist berechtigt, anderen die Benutzung der Erfindung zu verbieten. c Swiss Made: ein geschützter Name, der nur für in der Schweiz hergestellte Waren benutzt werden darf. 1. Erklären Sie, weshalb sich die meisten exportorientierten Firmen in der Schweiz auf exklusive Güter konzentrieren. 2. Das Bildungssystem der Schweiz gilt als Fundament für die Qualitätsarbeit, weshalb? 3. Wer leistet in der Schweiz einen Beitrag zu Forschung und Entwicklung? Suchen Sie Beispiele aus Ihrem Umfeld. 4. Weshalb ist es in der Regel kostengünstiger, hohe Stückzahlen zu produzieren? Was hat dieser Zusammenhang mit der Exportstärke der Schweiz zu tun? 5. Studieren Sie die Tabelle zu den Forschungsausgaben ausgewählter OECD-Staaten. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus den Angaben zum BIP und zu den Ausgaben für Forschung und Entwicklung? Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 9 Die Exportbranchen im Überblick Welches sind die wichtigsten Export c branchen? Welche Art Güter stellen sie her, welche Besonderheiten zeichnen sie aus? Und: Wie entwickelten sich die verschiedenen Exportbranchen in der Vergangenheit; mit welchen Herausforderungen dürften sie in Zukunft konfrontiert sein? In diesem Kapitel werden Antworten auf diese Fragen gegeben. Bei einer Exportquote von 36% liegt es auf der Hand, dass praktisch alle Branchen, die Waren produzieren – von der Landwirtschaft bis zur Maschinenindustrie –, nicht nur im Inland, sondern auch ins Ausland verkaufen. Nichtsdestotrotz gibt es beträchtliche Unterschiede zwischen den Branchen in Bezug auf das Exportvolumen. In diesem Kapitel werden insbesondere jene Branchen näher vorgestellt, die im grösseren Stil exportieren. Schweizer Exportgeschäft aufweist (ca. 40%). Ein genauerer Blick auf diese Branche verdeutlicht, dass vor ­allem die Exporte der Pharmabranche (Medikamente, Vitamine, und Impfstoffe) hier ins Gewicht fallen. Die Tatsache, dass mit Novartis und Roche zwei der weltweit grössten Pharmaunternehmen nicht nur ihre Hauptsitze, sondern auch wichtige Produktionsstätten in der Schweiz haben, schlägt sich in diesen Zahlen nieder. Die Bedeutung der Pharmabranche für den Schweizer Export wird unterstrichen, wenn man die langfristige Entwicklung betrachtet. 1988 führte diese Branche Waren im Wert von 6,5 Mrd. CHF aus, 2009 betrug der Wert 58 Mrd. CHF. Mit anderen Worten: Im Zeitraum von gut 20 Jahren verfünffachten sich die Exporte Chemie- und Pharmabranche Betrachtet man die verschiedenen ­exportorientierten Branchen, so fällt auf, dass die Chemie- und Pharmabranche mit Exporten im Wert von über 70 Mrd. CHF (2009) den mit ­Abstand gewichtigsten Anteil am Schweizer Warenexporte nach Branchen 30% 20% Anteil 1990 Anteil 2010 Durchschn. jährliche Wachstumsrate (rechte Achse) 24% 16% Übrige Branchen Textil und Bekleidung Kunststoff Fahrzeugbau –4% Mess- und Kontrollinstr. –6% Nahrungsmittel 0% Medizinaltechnik 0% Metall 4% Elektroindustrie 6% Uhren 8% Chemie 12% Maschinenbau 12% Pharma 18% Anteile am Total Warenexporte in Prozent; durchschnittliche jährliche Wachstumsrate in Prozent, 1990–2010; orangefarbene Linie: durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der gesamten Warenexporte in Prozent, 1990–2010. Quelle: Credit Suisse Economic Research (Hg.), Exportindustrie Schweiz – Erfolgsfaktoren und Ausblick, S. 9 der Pharmaindustrie! Dies entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 11%, was einen absoluten Spitzenwert darstellt. Der weltweit steigende Bedarf nach Gesundheitsleistungen wird wohl auch in Zukunft anhalten, entsprechend bedeutend ist diese Branche für den Forschungs- und Werkplatz Schweiz. Maschinen- und Elektronikindustrie Der zweite gewichtige Pfeiler des schweizerischen Exports ist die Maschinen- und Elektronikindustrie. Mit einem Exportvolumen von 33 Mrd. CHF verzeichnete die Branche im Jahr 2009 einen Anteil von 22% an den Gesamtexporten. Dabei ist anzumerken, dass 2009 von der Weltwirtschaftskrise geprägt war, die insbe- Exportentwicklung nach Branchen 2009 Branche Mio. CHF Nahrungsmittel- und Genussmittelindustrie 7’088 Textilindustrie 1’605 Bekleidungsindustrie 1’805 Papier- und grafische Industrie 2’938 Kunststoffindustrie 3’418 Chemische Industrie 71’771 Metallindustrie 10’489 Maschinen- und Elektroindustrie 33’741 Präzisionsinstrumente 13’835 Uhrenindustrie 13’229 Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 10 Quelle: Eurostat, Bezugsjahr: Japan und Griechenland 2007; übrige Länder 2008 Stückpreis mechanisch betriebener Uhren 2002–2009, in CHF 2700 2600 2500 2400 2300 2200 sondere die Maschinen- und Elektronikindustrie sehr stark traf. Der Maschinenbau und die Herstellung von Elektronikgeräten weisen in der Schweiz eine lange Geschichte auf. Traditionsreiche Konzerne wie ABB, Ammann, Georg Fischer, Schindler Aufzüge, OC Oerlikon oder Sulzer zählen ebenso zu dieser Branche wie Dutzende von weiteren Unternehmen, die aufgrund ihres spezialisierten Sortiments vor allem in Fach­ kreisen bekannt sind. Wer weiss z.B., dass das Familienunternehmen Bühler AG mit Sitz in Uzwil (SG) weltweit 7500 Mitarbeitende hat (davon 3000 in der Schweiz) und bei Lebensmittelmaschinen, insbesondere bei Grossmühlen, im Weltmarkt führend ist? Über die letzten 20 Jahre betrachtet, durchlief die Maschinen- und Elektronikindustrie eine wechselvolle Zeit. 1990 war der Maschinenbau die mit Abstand bedeutendste Exportbranche. In den 1990er-Jahren geriet diese Branche jedoch in eine starke Krise. Ein Grund hierfür lag darin, dass mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und mit billigen Produktionsmöglichkeiten in China der Produk­ tionsstandort Schweiz zu teuer wurde. Erst tief greifende strukturelle Veränderungen, verbunden mit einer drastischen Reduktion von Arbeitsplätzen und technologischen Erneuerungen, machten die Schweizer Unternehmen wieder konkurrenzfähig. Mit einem hohen Automatisierungsgrad, der vor allem Fachkräfte erfordert, scheint die Branche nun für die Zukunft gerüstet zu sein. Uhrenindustrie Die Uhrenindustrie ist zwar nicht die umsatzstärkste, dafür aber die be- 2100 2000 1900 1800 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung kannteste Exportbranche der Schweiz (Umsatz 2009: 13 Mrd. CHF, Exportanteil 7%). Berühmte Marken wie Rolex, Patek Philippe, Omega, IWC, Blancpain oder Swatch werden überall auf der Welt in Verbindung gebracht mit dem Werkplatz Schweiz; in allen grossen Städten der Welt finden sich Showrooms und c FlagshipStores dieser Uhrenmarken. Keine Branche ist übrigens so stark export- orientiert wie die Uhrenindustrie: 95% sämtlicher Produkte werden ins Ausland verkauft. Der seit mehr als 20 Jahren anhaltende Boom der Schweizer Uhrenindustrie mit ständig wachsenden Umsatzzahlen (ausgenommen 2009) darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Erfolg dieser Branche nicht von alleine kommt. Nachdem die Hersteller in den 1960er-Jahren den Anschluss an den 95% aller Uhren, die von Schweizer Unternehmen produziert werden, sind für den Export bestimmt. Die Uhrenindustrie ist Inbegriff von Schweizer Qualität und Präzision. Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 11 Präzisionsinstrumente 1990–2009 nach Produktgruppen, Exporte in Mio. CHF 9000 7500 Mech. Mess-, Prüf-, Regelapparate Med. Instrumente und Apparate 6000 Optische Geräte Vermessungsinstrumente 4500 3000 1500 0 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung technologischen Wandel verpasst hatten, wäre es beinahe zum Niedergang der Schweizer Uhrenindustrie gekommen. Erst mit der Erfindung der Swatch und einem radikalen Konsolidierungs- und Modernisierungsprozess in den 1980er-Jahren gelang die Wende. Der Grundstein für den aktuellen Erfolg war damit gelegt. Diese Neulancierung der Schweizer Uhrenindustrie ist eng verknüpft mit dem kürzlich verstorbenen Unternehmer Nicolas G. Hayek, der in vielerlei Hinsicht diese kritische Phase der Schweizer Industriegeschichte geprägt hat. Präzisionsinstrumente Die Schweiz exportiert viel Käse und Schokolade, aber nicht nur: Nestlé als einer der grössten Lebensmittelproduzenten der Welt verfügt über ein breites Angebot (Bild: Produktion von Smarties). Nahrungs- und Genussmittelexporte 2009 Mio. CHF Veränderung zum Vorjahr in % Tabak Sparte 723 –3,0 Käse 567 –5,2 Schokolade 743 –7,5 Kaffee 1209 20,7 Getränke 1562 –3,9 348 20,9 Zuckerwaren Backwaren 183 –4,9 Verschiedene Nahrungsmittel 1754 11,7 Total 7088 –0,2 Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 12 Eng verwandt mit der Uhrenindustrie in Bezug auf Produktionsverfahren und -anforderungen ist die Präzisionsinstrumenteindustrie. (In vielen Statistiken werden Uhren und Präzisions­ instrumente daher auch im gleichen c Aggregat zusammengefasst.) Vier Produktgruppen werden unterschieden: optische Geräte, Vermessungsinstrumente, Prüf- und Messgeräte und schliesslich medizinische Geräte und Apparate. Gerade Unternehmen aus der letztgenannten Produktgruppe, sogenannte Medizinaltechnikfirmen, waren in den letzten 15 Jahren äusserst erfolgreich. Eine Detailanalyse macht deutlich, dass im Jahr 2009 65% des Exportvolumens dieser Branche (9,1 von 13,8 Mrd. CHF) durch die Ausfuhr medizinischer Geräte und Apparate zustande kam (vgl. Grafik). In gewissen Regionen der Schweiz, etwa rund um Biel und Burgdorf im Kanton Bern, rund um Basel und Zürich sowie in der Nähe von Genf, haben sich richtiggehende Firmencluster zur Medizinaltechnik gebildet. Die wichtigsten Produktgruppen der Medizinaltechnik sind übrigens Hörgeräte (z.B. von Phonak/Sonova), orthopädische Geräte und Geräte zur Behandlung von Knochenbrüchen. Zusammen mit der Konjunkturabhängigkeit der Exportbranchen Pharmabranche stellt die Medizinaltechnik eine wichtige Zukunftsindustrie dar, die ihr Wachstum wohl auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Metallindustrie Zur Metallindustrie gehören Unternehmen, die sich mit der industriellen Verarbeitung von Metall beschäftigen. In der Schweiz ist diese Branche eng verwandt mit der Maschinenindustrie, denn oft produzieren Unternehmen aus der Metallindustrie Waren, die dann wiederum für die Herstellung von Maschinen und Anlagen verwendet werden. Typische Beispiele von Produktgruppen dieser Branche sind: Draht- und Kabelwaren, Maschinenelemente, Beschläge, Haken und Schlösser, Schrauben, Nägel und Nieten. Vor der Weltwirtschaftskrise belief sich das Exportvolumen immerhin auf 15 Mrd. CHF. Im Krisenjahr 2009 brach es auf rund 10 Mil­ liarden ein, was etwa einem Anteil von 6% am Gesamtexportvolumen entspricht. Nahrungs- und Genussmittelindustrie Die Schweiz ist bekanntlich kein bedeutendes Agrarland, doch hat sie eine lange Tradition bei der Verarbeitung von Nahrungs- und Genussmit- Die verschiedenen Exportbranchen unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Produktpaletten. Auch in Bezug auf die Konjunkturanfälligkeit gibt es grosse Unterschiede. Betrachtet man etwa das Krisenjahr 2009 unter diesem Gesichtspunkt, so lassen sich folgende Beobachtungen anstellen: j Praktisch unberührt vom weltweiten Konjunktureinbruch war eigentlich nur die Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Das lässt sich insofern leicht erklären, als Menschen unabhängig von der Wirtschaftslage immer Lebensmittel nachfragen. j Einen geradezu dramatischen Einbruch ihrer Exporte erlebten die Metall-, ­Maschinen- und Elektronikindustrie sowie die Textilindustrie. Mit Ausnahme der Textilindustrie stellen diese Branchen vor allem Investitionsgüter her. Gerade in wirtschaftlich schwachen oder unsicheren Zeiten beschränken sowohl Unternehmen als auch Staaten ihre Investitionen. Auch die Uhrenindustrie war sehr stark von der Krise betroffen: In unsicheren Zeiten verzichten die Menschen auf Luxusgüter, wozu auch Schweizer Uhren gehören. j Einen zwar spürbaren, aber deutlich geringeren Einbruch erlebten die chemische Industrie sowie die Präzisionsinstrumentenindustrie. Denn Gesundheitsleistungen werden auch in Krisenzeiten nachgefragt. Fazit: Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist ein guter Branchenmix in Bezug auf das Exportgeschäft wünschenswert. Denn dadurch lässt sich die Krisen- und Konjunkturanfälligkeit der Wirtschaft etwas begrenzen. teln. Schokolade und Käse sind dafür die berühmtesten Beispiele. Doch auch Tabakwaren, Kaffee und andere Getränke werden in grösserem Umfang ausgeführt. Das bekannteste Unternehmen dieser Branche ist sicherlich Nestlé, der weltweit grösste Lebensmittelkonzern, der nach wie vor gewisse Produkte exklusiv in der Schweiz herstellt (etwa sämtliche Nespresso-Kapseln). Aber auch der aus Luzern stammende Milchverarbeitungskonzern Emmi ist inzwischen ein bedeutender Akteur beim Export von Lebensmitteln. Schliesslich schlägt auch zu Buche, dass zwei der drei grössten Tabakkonzerne der Welt (nämlich Philipp Morris International und Japan Tobacco International) in der Schweiz ihre Hauptsitze sowie wichtige Produktionsstandorte haben. Die Exportperspektiven der Nahrungs- und Genussmittelindustrie hängen unter anderem davon ab, welche Handelsverträge die Schweiz in Zukunft abschliessen wird. Bisher waren die Exporte und Importe von landwirtschaftlichen Erzeugnissen von den bestehenden Freihandelsabkommen (sowohl mit der EU als auch im Rahmen der WTO) ausgenommen. Seit mehreren Jahren sind jedoch Verhandlungen im Gang mit dem Ziel, auch im Landwirtschaftsbereich freien Handel zu ermöglichen. j Begriffe Repetitionsfragen c Aggregat: Messgrösse bei der Daten­ erfassung im Hinblick auf eine statistische Auswertung. c Branche: Gruppe von Unternehmen, die gleiche oder ähnliche Produkte herstellen. Innerhalb einer Branche bewegen sich Unternehmen im gleichen Geschäftsumfeld. c Flagship-Store: Markenladen zu einer bestimmten Marke (Uhren, Kleider usw). Ein Flagship-Store hält oft ein breites und exklusives Sortiment der betreffenden Marke. 1. Betrachten Sie die beiden Exportbranchen Chemie und Pharma einerseits, die Maschinen- und Elektronikindustrie anderseits im Hinblick auf folgende Aspekte: prozentualer Anteil am Exportvolumen; Entwicklung seit 1990; Konjunkturanfälligkeit. Halten Sie Ihre Ergebnisse in einer Tabelle fest. 2. Führen Sie aus, weshalb die Uhrenindustrie ein gutes Beispiel dafür ist, dass Exporterfolge nicht selbstverständlich sind. 3. Weshalb gilt die Präzisionsinstrumentenindustrie als Zukunftsbranche für die Schweiz? 4. Studieren Sie die Grafik zum Stückpreis mechanisch betriebener Uhren 2002 bis 2009. Wie erklären Sie sich den rück­ läufigen Trend im Jahr 2009? Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 13 Die Handelspartner der Schweiz In welche Länder exportieren die Schweizer Unternehmen ihre Waren? Welche Märkte sind zentral – heute und in Zukunft? Welche internationalen Verträge gibt es? Und: Welchen Beitrag leistet der Staat an die exportierenden Unternehmen? Das sind die Fragen, die in diesem Kapitel im Zentrum stehen. Die Schweiz unterhält mit vielen Ländern der Welt rege Handelsbeziehungen. Nicht alle Länder werden jedoch gleich stark mit Waren aus der Schweiz bedient. Besonders auffällig ist, dass rund 77% der Exporte in die Industrieländer (Westeuropa, USA und Japan) gehen. Dieser Wert unterscheidet sich jedoch sehr stark von Branche zu Branche. Der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für Uhren ist beispielsweise weder Europa noch die USA, sondern China (inkl. Hongkong). Umgekehrt exportieren die Pharma-, Textil-, Metall- und Nahrungsmittel­ industrie überdurchschnittlich hohe Anteile in die «alten» EU-Länder (sogenannte c EU-15). Eine genaue Analyse der Exportzahlen macht deutlich, dass sich die Exportanteile der verschiedenen Weltregionen und Wirtschaftsräume in den letzten 20 Jahren nach und nach verändert haben. Aus diesen Verschiebungen lassen sich Trends für die Zukunft ablesen. Europa – noch immer der wichtigste Absatzmarkt Europa (insbesondere die EU-15) ist der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für Schweizer Unternehmen. Insbesondere Deutschland mit einem Anteil von 19,4%, aber auch Frankreich (7,8%), Italien (8%) und Grossbritannien (4,7%) sind bedeutende Exportdestinationen. Vergleicht man die Entwicklung seit 1990, so fällt ­jedoch auf, dass die EU-15 als Wirtschaftsraum nicht mehr so überragend ist wie vor 20 Jahren. Der Gesamtanteil der Exporte ging nämlich in diesem Zeitraum um 10% von 64,8% auf 54,8% zurück. Dagegen erhöhte sich der Exportanteil in die neuen EU-Länder (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei usw.) etwas. Vor allem aber stiegen die Exportanteile in andere Weltregionen. Gemäss Prognosen von Fachleuten dürfte dieser Trend anhalten. Europa wird mit grosser Wahrscheinlichkeit noch in 20 Jahren (also 2030) der wichtigste Absatzmarkt sein, aber vermutlich mit geringerem Anteil im Vergleich zu den übrigen Wirtschaftsräumen. Der Exportanteil in Richtung USA hat zwischen 1990 und 2010 zugenommen, und zwar um 2,5% auf 10,1%. Doch der langfristige Trend dürfte in eine andere Richtung gehen: Prognosen gehen davon aus, dass das wirtschaftliche Gewicht der USA in Zukunft geringer wird, was auch einen sinkenden Exportanteil zur Folge haben dürfte. c BRIC- und c Golfstaaten als Zukunftsmärkte? Zwischen 1990 und 2010 sind neben den USA zwei Wirtschaftsregionen für die Schweizer Exportwirtschaft bedeutender geworden: die sogenannten BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) einerseits, die Golfstaaten (Dubai, SaudiArabien, Irak usw.) anderseits. China hat gegenwärtig knapp drei Mal so viele Einwohner und Einwohnerinnen wie ganz Europa. Und auch in Indien leben mehr als eine Milliarde Menschen. Hält das Wirtschaftswachstum in diesen Ländern an – und davon ist auszugehen –, so werden in den nächsten Jahrzehnten Hunderte von Millionen Menschen in den Mittelstand aufsteigen und einen zunehmend ähnlichen Lebensstil pflegen, wie wir ihn in den Industrieländern kennen. Zu erwarten ist also eine stark zunehmende Nachfrage nach Mobilität, Kommunikation, Konsum, Freizeit und Kultur. Nahrungs- und Genussmittel, Exporte 2009 Sparte Exporte der Uhrenindustrie 2009 Absatzland Mio. CHF Veränd. zum Vorjahr in % Tabak 723 –3,0 Käse 567 –5,2 Mio. CHF Anteil in % 743 –7,5 Honkong 2’168 16,4 Kaffee 1209 20,7 USA 1’471 11,1 Getränke 1562 –3,9 969 7,3 Zuckerwaren 348 20,9 Frankreich Schokolade Italien 900 6,8 Backwaren 183 –4,9 Deutschland 794 6,0 Versch. Nahrungsmittel 1754 11,7 13’229 100 Total 7088 –0,2 Total aller Länder Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 14 Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung Aus Sicht der Schweizer Exportunternehmen ist diese Entwicklung mit enormen Chancen verbunden. Gelingt es nämlich, in diesen sogenannten Zukunftsmärkten Fuss zu fassen, dürfte der Erfolg der Schweizer Unternehmen im Exportgeschäft auch in Zukunft anhalten. Umgekehrt gilt aber auch, dass der Markteintritt in Wirtschaftsräume, die geografisch und kulturell weit entfernt liegen, auch mit gewissen Risiken verbunden ist. Das politische und rechtliche System, das wirtschaftliche Umfeld sowie Handelsgepflogenheiten und Mentalitäten unterscheiden sich zum Teil erheblich von jenen in Europa oder in den USA. Entsprechend sorgfältig müssen Markteintritte geplant werden. Welchen Beitrag leistet der Staat? Der Welthandel ist in einer Vielzahl von internationalen Abkommen und Verträgen geregelt. Die wichtigste Institution für die Sicherstellung eines möglichst freien Handels ist die c Welthandelsorganisation (WTO) mit Sitz in Genf. Im Rahmen von c mul­ tilateralen Verträgen wird festgelegt, auf welchen Gütern und in welchem Umfang c Zölle erhoben werden dürfen. Die Schweiz ist Mitglied der WTO und profitiert dadurch von den WTOAbkommen. Auch technische Handelshemmnisse werden von der WTO nach Möglichkeit beseitigt. Darüber hinaus hat die Schweiz mit anderen Nationen eine ganze Reihe von Freihandelsabkommen abgeschlossen, die eine noch weiter gehende Handelsfreiheit sicherstellen sollen. Insbesondere mit der EU besteht inzwischen ein umfassendes Vertragsgeflecht. Namentlich das Freihandelsabkommen von 1972 und eine Serie von c bilateralen Abkommen gilt es in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Die Schweiz hat aufgrund der enormen Bedeutung des Exports ein grosses Interesse am Weiterbestehen und Weiterentwickeln der Freihandelsverträge. Daneben leistet der schweizerische Staat in weiteren Bereichen Unterstützung zuhanden der Exportunternehmen: j c OSEC: Mit der OSEC (Organisation für Schweizer Aussenwirtschaftspromotion) unterhält der Bund eine Organisation, die Schweizer Firmen, insbesondere KMU, den Gang ins Ausland e­ rleichtert. Die OSEC betreibt in aktuell 22 Ländern (darunter die wichtigen europäischen Handelspartner sowie Singapur, China, Russland, Brasilien oder SaudiArabien) sogenannte Business Hubs. Fachleute vor Ort unterstützen die Schweizer Firmen beim Einstieg ins Exportgeschäft, sei es durch Kontakte, Wissen oder Beratungsleistungen. j Exportrisikogarantie: Diese Garantie ist sozusagen eine Versicherung für den Fall, dass einer Schweizer Firma im Ausland ein unerwartetes Problem (z.B. politische Unruhen) begegnet und sie dadurch in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Damit verringert sich das Risiko für Schweizer Unternehmen, die sich im Auslandgeschäft engagieren. j Investitionsrisikogarantie: Der Bund bietet auch Versicherungen für Investitionen in osteuropäischen Ländern und in Entwicklungsländern an. Versichert werden politische und staatliche Massnahmen im Anlagestaat, welche von der Investorin oder vom Investor nicht beeinflussbar sind. Darunter fallen unter anderem das Verstaatlichungs- und Beschlagnahmungsrisiko oder das Kriegsrisiko. j Begriffe Repetitionsfragen c Bilateraler Vertrag / Bilaterales Abkommen: Vertragswerk zwischen zwei Vertrags­ parteien, hier Ländern. c BRIC-Staaten: Bezeichnung für die aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland, Indien und China. c EU-15: Bezeichnung für die EU vor der Osterweiterung der 1990er-Jahre mit Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Italien, Irland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien. c Golfstaaten: Bezeichnung für die ölreichen Staaten in der Golfregion, nämlich Arabische Emirate, Bahrein, Kuweit, Iran, Irak, Jemen, Katar, Oman, Saudi-Arabien. c Multilaterale Abkommen: Vertragswerke zwischen mehreren Ländern. Das WTORahmenabkommen ist ein multilateraler Vertrag. Die Länder entscheiden, das ganze Vertragswerk anzunehmen oder abzulehnen. c OSEC: staatliche Organisation zur Exportförderung. Die OSEC unterstützt Schweizer Unternehmen beim Export, insbesondere durch Beratung, Kontakte und organisatorische Hilfe. c WTO: Die World Trade Organisation WTO (deutsch: Welthandelsorganisation) regelt für die Mitgliedsländer den internationalen Handel. Ziel der WTO ist es, für möglichst viele Länder und Waren die Zölle weitgehend zu reduzieren und auch sonstige Handels­ hemmnisse abzubauen. c Zoll/Zölle: an der Landesgrenze erhobene Steuern auf Waren, um einheimische Produkte zu schützen und Staatseinnahmen zu erzielen. 1. Europa und die USA sind die wich­ tigsten Absatzmärkte für Schweizer Produkte. Wird dies in 20 Jahren noch der Fall sein? 2. Weshalb nimmt die Bedeutung der BRIC-Staaten als Destinationen für die Exportindustrie in Zukunft sehr wahrscheinlich zu? 3. Wo liegen die Risiken und Heraus­ forderungen beim Export in die BRIC- Staaten? 4. Die Welthandelsorganisation (WTO) ist für den internationalen Handel von zentraler Bedeutung. Erklären Sie in eigenen Worten die Ziele der WTO. 5. Der schweizerische Staat leistet im Rahmen der OSEC Unterstützungs­ leistungen für die exportierenden Unternehmen. Was sind hierbei die wichtigsten Massnahmen? Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 15 Interview mit Daniel Küng CEO Osec Welche Bedeutung hat die Herkunftsbezeichnung Swiss Made für die Schweizer Unternehmen? Küng: Exportorientierte Schweizer KMU geniessen weltweit ein ausgezeichnetes Renommee, sind äusserst wettbewerbsfähig und innovativ und verfügen über ein sehr breites An­ gebot an Produkten und Dienstleistungen, die überdurchschnittlich viele Nischenmärkte abdecken. Das macht Swiss Made im Ausland begehrt und krisenresistent. Und für Qualität, Präzision und Langlebigkeit – alles Eigenschaften, die für Swissness stehen – besteht auch im Ausland die Bereitschaft, einen höheren Preis zu bezahlen. Welches sind die grössten Herausforderungen für ein Unternehmen, das exportieren möchte. Küng: Am wichtigsten ist es, dass ein exportorientiertes Unternehmen die Vorbereitung seriös und sorgfältig an die Hand nimmt. Bei einer Expansion ins Ausland stellen sich oft grund­ legende Fragen: Welcher Art ist die Strategie – und wie soll sie umgesetzt werden. Stehen ausreichend Knowhow sowie personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung? Ist das zu vermarktende Produkt im Ausland konkurrenzfähig und innovativ genug? Wie steht es um die Kenntnisse über den Zielmarkt? Welche Über­ raschungen hält die Geschäftskultur bereit? Jeder Markt hat seine eigenen Regeln. Und mit denen sollte man gut vertraut sein – dies schon, bevor die ersten Investitionen im Ausland getätigt werden. Ein «starker» Schweizer Franken ist eine Herausforderung für Schweizer Unternehmen: Welche Massnahmen ergreifen die Unternehmen? Küng: Ein Wundermittel gegen den starken Franken gibt es leider nicht, dafür aber ein paar empfehlenswerte Rezepte: j Qualität rechtfertigt den Preis Mit einer stärkeren Ausrichtung auf Qualität und Swiss Premium kann in einzelnen Branchen das Preisniveau gehalten oder gar ­erhöht werden. Swissness ist in der Regel ein gutes Verkaufsargument, aber die Leistung dafür muss stimmen. j Auf Sparkurs trimmen Um den Auswirkungen des starken Frankens die Spitze zu nehmen, überprüfen derzeit viele KMU ihre Kostenstrukturen, die Optimierung logistischer Strukturen, die Optimierung der Wertschöpfungskette – und sie prüfen beim Einkauf alternative Herkunftsländer und testen kostensparendere Produktionsmöglichkeiten. j Richtiges Produkt für richtigen Markt Um die angestrebten Margen zu halten, sollte das eigene Produktportfolio im Ausland kritisch überprüft werden. Gleichzeitig ist zu prüfen, ob sich eine Verlagerung des Exportschwerpunkts in neue Märkte, z.B. in wachstumsstarke Schwellenländer, lohnen würde. Die Präsenz in Märkten mit tiefen Gewinnmargen muss kritisch hinterfragt werden. j Lieferung in der bevorzugten Währung In Gesprächen mit Lieferanten und auf der Suche nach einer Optimierung der Beschaffungsprozesse stehen preisliche Anpassungen bei den Zulieferprodukten und alternative Abrechnungsmodi in Euro oder US-Dollars im Vordergrund. j Absicherung mit System Währungsrisiken lassen sich auch über Bankgeschäfte absichern oder über andere finanztechnische Massnahmen. Küng: Die Schweizer Exportindustrie hat nach wie vor eine sehr gute Ausgangsposition, um sich auf dem Weltmarkt zu behaupten. Denn Schweizer Unternehmen sind breit diversifiziert, was ihre Produkte und Dienstleistungen angeht. Zudem sind sie in den Wachstumsmärkten gut positioniert. Sorgen bereiten mir einzig die Konjunkturaussichten: Zwei Probleme – Konjunktureinbruch und unvorteilhafte Wechselkursrelationen – gleichzeitig zu Schultern, wird zu einer grossen Herausforderung, vor allem für die kleineren und mittleren Unternehmen. j Daniel Küng ist seit 2004 CEO der Osec, dem Kompetenzzentrum für Schweizer Aussenwirtschaftsförderung. Nach Abschluss seines Studiums an der HSG St. Gallen war Küng ab 1980 bei der Mercedes-Benz do Brasil in São Paulo tätig. 1982 beteiligte er sich als geschäftsführender Partner an der Gründung der Dienstleistungsgesellschaft Agrosuisse Lda. Fünf Jahre später folgten der Wechsel nach Portugal und die Gründung der Response Group in Lissabon. Die Osec ist das Kompetenzzentrum für Schweizer Aussenwirtschaftsförderung und informiert, berät und begleitet Schweizer KMU bei ihren interna­ tionalen Geschäftsvorhaben. Neben der Exportförderung nimmt die Osec auch die nationale Standort­ promotion der Schweiz sowie die Importförderung zugunsten von ausgewählten Entwicklungs- und Transitionsländern wahr. Wie schätzen Sie die Perspektiven für den Schweizer Export in den nächsten Jahren ein? Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 16 Interview mit Ivo Zimmermann Leiter Kommunikation, Swissmem Welche Bedeutung hat die Herkunftsbezeichnung Swiss Made für die Schweizer Unternehmen? Zimmermann: Die Herkunftsbezeichnung Swiss Made ist wichtig für die Schweizer Unternehmen, da von jeher Produkte der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie für hohe Qualität stehen und das Label als Gütesiegel wahrgenommen wird. Insbesondere in den neuen Wachstumsmärkten in Asien hat die Herkunftsbezeichnung einen grossen Glanz. Swissmem achtet darauf, dass bei Auftritten und Messen in Asien die Hersteller die Swissness in den Vordergrund stellen. Gleichzeitig gibt es gerade in Asien immer wieder Probleme im Umgang mit «geistigem Eigentum». Das Label Swiss Made muss vor Missbrauch so gut wie möglich geschützt werden. Welches sind die grössten Herausforderungen für ein Unternehmen, das exportieren möchte? Zimmermann: Die grösste Herausforderung ist zurzeit der Schweizer Franken. Dies kann folgendermassen illustriert werden: Schweizer Produkte wurden im Ausland allein aufgrund des Wechselkurses innerhalb der letzten 18 Monate um 30% teurer (Februar 2010 bis August 2011)! Das Exportieren von Hochtech­ nologieprodukten ist grundsätzlich nicht einfach: Es erfordert, wenn man in einem neuen Markt im Ausland Fuss fassen will, viele Vorleistungen und grosse Investitionen: Es müssen Kunden­beziehungen und ein Netzwerk aufgebaut werden. Zudem braucht es viel Kommunikationsaufwand, um Produkte bekannt zu machen. Alle Aktivitäten müssen überdies an die wirtschaftlichen Gegebenheiten, die in ­einem Land herrschen, angepasst werden. Ein «starker» Schweizer Franken ist eine Herausforderung für Schweizer Unternehmen: Welche Massnahmen ergreifen die Unternehmen? Zimmermann: Es gibt verschiedene Strategien: Wenn ein Produkt für den Kunden unverzichtbar ist, also starke Alleinstellungsmerkmale hat, kann der Preis erhöht werden. Der Kunde bezahlt dann die Verteuerung aufgrund des Wechselkurses. Viele Unternehmen sind aber gezwungen, die Preise zu senken, und machen dann keinen Gewinn mehr. Um dies abzufedern, versuchen die Unternehmen Vorprodukte bzw. Rohstoffe im Ausland einzukaufen. So profitieren sie vom Wechselkurs und können die Kosten bei der Herstellung senken. Diese Massnahme reicht aber nicht aus, da die Löhne in der Schweiz nicht gesenkt werden können und diese sich auf den Preis der Produkte auswirken. Deshalb versuchen Unternehmen die Entwicklungskosten mit Rationalisierungen weiter zu reduzieren. Es gibt aber auch die Möglichkeit, die Arbeitszeit vorübergehend zu erhöhen. Die Unternehmen versuchen aber auch ihre Innovationsfähigkeit zu verstärken. Sie entwickeln neue Produkte, bei welchen sich höhere Preise durchsetzen lassen. Beim Verlagern von Teilen oder ganzen Produktionen ins Ausland ist der Wechselkurs dagegen nur ein Faktor unter anderen. Wie schätzen Sie die Perspektiven für den Schweizer Export in den nächsten Jahren ein? Zimmermann: Kurzfristig, aufgrund der Frankenstärke und aufgrund der abkühlenden Weltkonjunktur, stehen die Unternehmen vor grossen Herausforderungen. Der Wechselkurs scheint sich aufgrund der hohen ­Verschuldung vieler Länder nicht so schnell zu erholen. Langfristig wird sich zeigen, wie gut die Industrie aus der neuen Krise herauskommen wird. Zurzeit haben wir eine Margenkrise, die keine Ge- winne und weniger Investitionen in neue Produkte zulässt. Die Schweizer Industrie ist aber gut aufgestellt und hat in zukunftsträchtigen Bereichen eine gute Stellung. Dazu gehören erneuerbare Energien, Mobilität und Wasser (Wassertransport). j Ivo Zimmermann (47) studierte an der Hochschule St. Gallen Staatswissenschaften und absolvierte ein MBA. Zwischen 1995 bis 2002 arbeitete er bei den Centralschweizerischen Kraftwerken, zuletzt als Leiter Produkt- und Marktentwicklung, anschliessend war er bei der Firma Schindler verantwortlich für Medienarbeit und Kommunikationsprojekte. Bei Swissmem leitet Ivo Zimmermann den Bereich Kommunikation. Die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall­ industrie, welche durch den Verband Swissmem repräsentiert wird, nimmt in der schweizerischen Volks­wirtschaft eine Schlüsselstellung ein: Mit rund 330’000 Beschäftigten ist sie die grösste industrielle Arbeitgeberin und bestreitet mit Exporten von 67,5 Mrd. CHF (2010) 35% der Güterausfuhren aus der Schweiz. Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 17 Links j Eidgenössische Zollverwaltung www.ezv.admin.ch/ j Osec (Kompetenzzentrum für Schweizer Aussenwirtschaftsförderung) www.osec.ch j Swissmem (Der Verband der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie sowie verwandter technologieorientierter Branchen) www.swissmem.ch/ j Interpharma (Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz) www.interpharma.ch/ j scienceindustries (Wirtschaftsverband Chemie Pharma Biotech) www.scienceindustries.ch j FHS (Verband der Schweizer Uhrenindustrie) www.fhs.ch/ Herausgeber Impressum Autor: Andreas Hieber, Zürich Projektleitung: Bernhard Probst, Zürich Lektorat und Korrektorat: Monika Wyss, Dürnten JUGEND UND WIRTSCHAFT JEUNESSE ET ECONOMIE GIOVENTÙ ED ECONOMIA Umbruch: Büro eigenart, Stefan Schaer, Bern, www.eigenartlayout.ch Gestaltung: Kalt-Zehnder-Druck AG Zug; Büro eigenart, Stefan Schaer, Bern Druck: Kalt-Zehnder-Druck AG, Zug, www.kalt.ch Bildnachweis: Keystone: Umschlag und S. 3, 4, 7, 8, 11, 12 Es war nicht in allen Fällen möglich, die Rechteinhaber der Texte und Bilder zu eruieren. Berechtigte Ansprüche werden im Rahmen üblicher Vereinbarungen abgegolten. Alle Rechte vorbehalten © 2011 Jugend und Wirtschaft, Bern/Schweiz Kommentar für Lehrpersonen abrufbar unter www.jugend-wirtschaft.ch Exportland Schweiz | Input 3/2011 | Seite 18 Bilder: Medienset Input Das Medienset für einen vielseitigen Unterricht auf der Sekundarstufe II Die Mediensets umfassen in der Regel eine Broschüre für Schülerinnen und Schüler und dazu ­gratis auf dem Internet einen Kommentar für Lehrpersonen sowie eine E-Lesson. Mediensets ­greifen ­aktuelle Themen aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik auf. E-Lesson In Ergänzung zu den Broschüren Input stehen auf www.jugend-wirtschaft.ch themenbezogene E-Learning-Programme zur Verfügung. Input Input-Hefte sind aktuelle Broschüren für Schülerinnen und Schüler zu Themen aus Wirtschaft, ­Gesellschaft und ­Politik. Jedes Input-Heft enthält: c Grundlagen zum jeweiligen Thema c zwei Interviews mit Persönlich­keiten c Aufgaben zu jedem Kapitel c Literatur- und Linkliste Kommentar für Lehrpersonen Kommentar für Lehrpersonen, Folienund Kopier­vorlagen sind gratis im Internet abrufbar: www.jugend-wirtschaft.ch Der Kommentar für Lehrpersonen zu Input umfasst: c Lösungen zu den Aufgaben c Folienvorlagen c Zeitungsartikel Die E-Lesson umfasst: c drei bis fünf interaktive Module, die Schülerinnen und Schüler bei der Erarbeitung des Themas unterstützen c einen Schlusstest, der als Prüfungsvorbereitung eingesetzt werden kann und das mit dem Themenheft erworbene Wissen sichert Input Exportland Schweiz Schweizer Unternehmen verdienen einen beträchtlichen Teil ihres Umsatzes im Ausland. – Wieso sind Schweizer Unternehmen trotz relativ hoher Produktionskosten international so erfolgreich? Welche Branchen exportieren welche Güter in welche Länder? Die Broschüre thematisiert die Schweiz als Exportland und porträtiert damit auch die Schweizer Wirtschaft, wichtige Branchen und die Rolle von kleineren und mittleren Unternehmen. Heft: D Kommentar für Lehrpersonen: D JUGEND UND WIRTSCHAFT JEUNESSE ET ECONOMIE GIOVENTÙ ED ECONOMIA [email protected] www.jugend-wirtschaft.ch Publikationen Input Publikationen 2011 j Input 1/2011: Gesundheit (D) j Input 2/2011: Tourismus (D) j Input 3/2011: Exportland Schweiz (D) j Input 4/2011: Biotechnologie (D) Input Publikationen 2010 j Input 1/2010: Lernen im Lebenslauf (D) j Input 2/2010: Erdöl (D mit E-Lesson) j Input 3/2010: Finanzplatz Schweiz (D mit E-Input) j Input 4/2010: Globalisierung (D mit E-Input) Input Publikationen 2009 j Input 1/2009: Kernenergie (D/F/I) j Input 2/2009: Mobil kommunizieren (D mit E-Lesson) j Input 3/2009: Stromwirtschaft (D/F) j Input 4/2009: LandWirtschaft (D) Input Spezial j Input Spezial 2007: Demografischer Wandel: eine Herausforderung an die Zukunft j Input Spezial 2006: Working Poor E-Lesson, E-Input sowie weitere Input-Titel finden Sie unter www.jugend-wirtschaft.ch