Die COBE-Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung Dieter Vogel 29.November 2007 1 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 2 Eigenschaften der Hintergrundstrahlung 2.1 Die Strahlungskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Das Baryonen-Photonen-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 5 3 Der Ursprung der Hintergrundstrahlung 6 4 Temperatur während der Rekombination 6 5 Der COBE-Satellit 8 6 Literaturverzeichnis 12 1 1 Einleitung Die Entdeckung der Expansion des Universums war einer der großen wissenschaftlichen Revolutionen des 20. Jahrhunderts. Der Glaube an ein statisches All war zu Beginn in den Köpfen der Physiker so tief verwurzelt, dass selbst Einstein als er 1915 die allgemeine Relativitätstheorie formlierte, eine kosmologische Konstante in seine Gleichungen einführte um diese Überzeugung zu retten. Er postulierte eine ”Anti-Gravitationskraft”, welche anders als andere Kräfte keinen Ursprung hatte, sondern in die Textur der Raumzeit eingewoben ist. Nach seinen Aussagen habe die Raumzeit eine Expansionstendenz die exakt durch die Anziehungskräfte der Materie im All aufgehoben wird. Hieraus folgte ein statisches Universum. Der rusische Physiker und Mathematiker Alexander Friedmann nahm jedoch die allgemeine Relativitätstheorie beim Wort und machte sich zur Aufgabe die Erkenntnis, dass das Universum nicht statisch ist, zu erklären. Dies geschah in zwei Arbeiten, über den postiv und negativ gekrümmten Raum. Er führte die Berechnung der Feldgleichungen 1922 ohne die kosmologische Konstante durch und kam zum Ergbnis, dass es zwei mögliche Lösungen zur Beschreibung unseres Universums gibt: ein periodisches Universum, welches sich bis zu einem Maximum ausdehnt und dann wieder kollabiert und ein Universum, welches unendlich lange expandiert. Als 1929 Edwin Hubbel die Spektren von Sternen in anderen Galaxien untersuchte, entdeckte er ein Rotverschiebung gegenüber den Spektren der Sterne aus unserer eigenen Galaxies. Er schloss daraus eine Fluchtbewegung der Galaxien und leitete das Hubble Gesetz ab. Der zeitabhängige Hubble-Parameter Abbildung 1: Elektromagnetisches Spektrum. Mit der Expansion des Universums werden Wellenlängen ins Rote verschoben. beschreibt die Expansionsrate und ist definiert durch H(t) = ȧ(t) a(t) (1) Wobei a(t) der Skalenfaktor der Friedmanngleichung ist. Der heutige Wert des Hubble-Parameters wird als Hubble-Konstante bezeichnet. Die Rotverschiebung z berechnet sich über z= λbeobachtet − λ0 λ0 2 (2) wobei λbeobachtet die beobachtete Wellenlänge und λ0 die ausgesandte Wellenlänge ist. Für das Verhältnis zwischen Wellenlänge und Skalenfaktor läßt sich folgende Gleichung aufstellen 1 a(t0 ) λ = =z+1= λ0 a(t) a (3) Aus der theoretischen Berechnung und der experimentellen Bestätigung der Expansion des Universums schloss 1949 George Gamov, dass das frühe Universum sehr heiß und sehr dicht gewesen sein muß. Nach seiner Einschätzung müßte diese ”Glut der frühen Welt” noch als ”kosmische Hintergrundstrahlung” sichtbar sein. Infolge der Expansion des Weltraums sei aber dieses Licht so stark rotverschoben, dass es bei uns als Mikrowellenstrahlung - deshalb englisch auch allgemein als Cosmic Microwave Background oder abgekürzt CMB bezeichnet ankommt. Nach einer Abschätzung kam er auf eine Temperatur von 5-10K. Unabhängig und ohne die Kenntnis der Ideen und Arbeiten Gamovs machten sich Robert H. Dicke und Jim Peebles, zwei amerikanische Physiker von der Princeton Universität, 1964 auf die Suche nach dieser Strahlung. Ungefähr zur gleichen Zeit arbeiteten im nahe gelegenen Crawford Hill zwei Physiker, Robert Wilson und Arno Penzias, in den Bell-Telephon-Laboratories an einem hochempfindlichen Mikrowellenempfänger für die Satellitenkommunikation. Dabei entdeckten sie ein Rauschen, dass sich all ihren Bemühungen widersetzte es zu beheben. Es schien aus allen Richtungen gleichermassen zu kommen und hatte offensichtlich ihren Ursprung nicht in der Antenne. Das (Rausch-)Signal wurde zunächst bei 7 cm aufgenommen. Durch Zufall hörten sie von dem Projekt ihrer Kollegen in Princeton und erkannten, dass sie die gesuchte Strahlung entdeckt haben. In den folgenden Jahren wurde von ihnen die Intensität der Strahlung in verschiedenen Frequenzbereichen gemessen und erkannt, dass es sich um das Spektrum einer Hohlraumstrahlung bei 2,7 K handelt. Für ihre Entdeckung erhielten Penzias und Wilson 1978 den Physiknobelpreis. Abbildung 2: Arno Penzias und Robert Wilson vor der Hornantenne 3 2 Eigenschaften der Hintergrundstrahlung Die Hintergrundstrahlung erreicht die Erde aus allen Richtungen und mit der gleichen Intensität. Es entspricht fast idealer Weise der Strahlung eines schwarzen Körpers mit der Temperatur von (4) T0 = 2.725 ± 0.002K Es ist die beste Hohlraumstrahlung die je gemessen wurde. Kein Labor und kein Experimentator auf der Welt ist in der Lage ein besseres Spektrum zu erzeugen. Sie ist im Raum beinahe perfekt isotrop. Die Schwankungen sind verschwindend gering. Sie spielen sich im Bereich von µKelvin ab. Abbildung 3: Spektrum der kosmischen Hintergrundstrahlung, gemessen mit FIRAS (Far-InfraRed Absolute Spectrophotometer) auf dem Satelliten COBE. Die Fehlerbalken sind kleiner als die dicke der Kurve. Die Kurve bildet fast perfekt das Spektrum eines Schwarzenkörperstrahlers der Temperatur 2,725 K ab 2.1 Die Strahlungskurve Das Schwarzkörperspektrum wird durch die plancksche Energiedichte beschrieben ǫ(ν)dν = 8πh ν 3 dν hν )−1 c3 e( kT (5) Integriert man über sämtliche Frequenzen erhält man den bekannten Ausdruck ǫ = αT 4 mit α = 8π 5 k 4 = 7.565 ∗ 10−16 Jm−3 K −4 15h3 c3 (6) Aus Gleichung (3) und (5) ergeben sich die Skalierungen von ν und T zu ν(t0 ) = ν(t) a0 a und T (t0 ) = T (t) 4 a a0 (7) Hierbei soll t0 die heutige Zeit sein. Aus den Gleichungen folgt, dass die PlanckKurve ihre Form bei der Expansion beibehält. Es muss nur der Vorfaktor, der wie a14 skaliert, berücksichtigt werden. Demnach muß das Strahlungsfeld schon ursprünglich eine Schwarzkörperform gehabt haben, falls ein thermodynamisches Gleichgewicht existierte. Ein thermodynamisches Gleichgewicht liegt vor, wenn sich der thermodynamische Zustand des Systems zeitlich nicht ändert. Der themodynamische Zustand wird wiedergegeben durch die Werte aller thermodynamischen Parameter, die das System charakterisieren. Abbildung 4: Skalierung der Schwarzkörperstrahlung bei sinkender Temperatur 2.2 Das Baryonen-Photonen-Verhältnis Wir können nun das Verhältnis der Baryonen zu den Photonen berechnen. Aus der Gleichung ǫ = αT 4 und der aktuellen Temperatur der Hintergrundstrahlung von T0 = 2.725 erhalten wir eine momentane Enegie des Mikrowellenhintergrundes von ǫ(t0 ) = 4.17 ∗ 10−14 Jm−3. Die durschnittliche Energie eines Photons der Hintergrundstrahlung beträgt ungefähr E ≈ 3kT = 7.05 ∗ 10−4 eV . Daraus folgt eine Partikelzahl von nγ = 3.7 ∗ 108 m−3 . Betrachten wir als nächstes die Baryonendichte ΩB ≈ 0.02h−2 . Durch ǫB = ρB c2 = ΩB ρc c2 (8) erhalten wir mit der kritischen Dichte ρc für die Energiedichte ǫB ≈ 3.38 ∗ 10−11 Jm−3 5 (9) Auch wenn die Energiedichte der Baryonen rund 1000 mal größer ist, muß man berücksichtigen, dass die einzelnen Protonen und Neutronen eine höhere Energie aufweisen. Mit der Ruhemasse von 939M eV erhält man eine Baryonenanzahl von nB = 0.22m−3 . Vergleicht man die Teilchenzahlen erhält man ungefähr 1.7 ∗ 109 Photonen pro Baryon! 3 Der Ursprung der Hintergrundstrahlung Um die Herkunft der Hintergrundstrahlung zu erklären, betrachten wir unser junges Universum, das sehr dicht und heiß war. Die gesamte Materie und Strahlung war im thermodynamischen Gleichgewicht. Aus diesem Grund läßt sich das frühe Universum als schwarzer Körper betrachten, dessen Strahlung ideal Planckverteilt war. Zu Anfang haben wir ein Meer aus freien Elekronen, Nukleonen und Photonen. Jegliche Strukturbildung wird durch die hohe Temperatur unmöglich gemacht. Die Nukleonen sind nicht in der Lage Elektronen dauerhaft einzufangen, da sie sofort durch die hochenergetischen Photonen ionisert werden. Die mittlere freie Weglänge eines Photons war zu diesem Zeitpunkt sehr kurz (etwa λ = ne1σe , wobei ne die Elektronenzahldichte und σe der Thomsonwirkungsquerschnitt ist). Das Universum war undurchsichtig wie eine großer weißer Nebel. Dieser Nebel begann sich erst zu lichten, als die Photonen genug Energie verloren hatten um keine Atome mehr ionisieren zu können. Dies geschah als sich das Universum durch die stetige Expansion immer weiter abgekühlt hatte. Die Zeit der ersten elektrischneutralen Atome nennt man die Ära der Rekombination. Dies war kein instantaner Prozess, sondern dauerte etwa 40000 Jahre. Hierdurch wurde den Photonen der Stoßpartner entzogen und die Materie trennte sich von der Strahlung. Ab diesem Zeitpunkt entwickelten sich die Photonen unabhängig von der Materie weiter und breite sich ohne Streuung oder Absorbtion im Raum aus. Dies können wir immer noch als Hintergrundstrahlung messen. Da die Strahlung allerdings weite Strecken überwunden hat ist die Wellenlänge in den Mikrowellenbereich verschoben. 4 Temperatur während der Rekombination Bei der Frage welche Temperaturen während der Rekombination geherrscht haben versuchen wir eine sehr einfache Abschätzung. Aus der bekannten Formel E ≈ 3kT erhalten wir mit E = 13.6eV , die Energie die zur Ionisation eines Wasserstoffatoms nötig ist: T = 13.6eV = 50000K 3k (10) Dies ist jedoch offensichtlich falsch, da wesentlich mehr Photonen als Baryonen, wie wir in der Abschätzung gesehen haben, vorhanden sind. Selbst wenn ein Großteil der Photonen bereits zu wenig Energie besitzen, bleiben immer noch genügend hochenrgetische Stoßpartner für die Elektronen übrig. Versuchen wir eine genauere Abschätzung. Wir wollen nun die Temperatur Tr 6 zum Zeitpunkt bestimmen, als nur noch die Hälfte des Wasserstoffs ionisiert war. Dies läßt sich anhand der Saha-Gleichung durchführen: np ne = nH 2πme kT h2 32 e −χH kT (11) wobei np die Protonendichte, nH die Wasserstoffdichte und ne die Elektronendichte ist. Die Ionisierungsenergie des Wassersoffs beträgt χH = 13.6eV . Zun sätzlich führen wir noch den Ionisationsgrad X = nne = np mit n = np + nH der Gesamtzahldichte. Hieraus ergibt sich np ne 1 = nh n n 2φme kT h2 32 e −χH kT = X2 1−X (12) Wie zu Anfang gesagt soll der Ionisationsgrad X = 12 und die Temperatur ausgehend vom heutigen Wert T = 2, 725 (1 + z) K sein. Nach Einsetzen der Werte erhalten wir für zr = 1360 und damit für die gesuchte Temperatur Tr ≈ 3700K. Eine völlige Entkopplung von Strahlung und Materie ist erreicht, wenn die freie Weglänge eines Photons in der Größenordnung von λ = Hcr ist, wobei Hr der Ereignishorizont ist. Die besten Werte für Rotverschiebung und Zeit der Rekombination liefert der Satellit WMAP mit zc = 1100 und tc = 379000. Während der Rekombination herrschten somit wohl Temperaturen von T ≈ 3000K. 7 5 Der COBE-Satellit Abbildung 5: Der COBE-Satellit Der Satellit COBE (Cosmic Background Explorer) wurde am 18. November 1989 zur Erforschung der kosmischen Hintergrundstrahlung in den Orbit geschossen. Er brachte einen enormen Vorteil gegenüber früheren Untersuchungen des Mikrowellenhintergrunds, da bisher sämliche Messungen von der Erde aus stattfanden. Trotz aller Bemühungen die Messvorrichtungen möglichst weit oben in der Atmospähre zu positionieren wurden die Ergbnisse verfälscht. Zum ersten mal hatte man die Möglichkeit ohne Störungen durch die Atmosphäre zu messen. Ausgestattet war er mit drei Instrumenten: 1. FIRAS (Far-InfraRed Absolute Spectrophotometer) Der Far-InfraRed Absolute Spectrophotometer ist aufgebaut wie ein MichelsonInterferometer und vergleicht die Hintergrundstrahlung mit dem Spektrum eines schwarzen Körpers. Außen wurde eine Kalibrierungsquelle mit sehr guten Schwarzkörpereigenschaften (übereinstimmung von über 99,99%) 8 angebracht. Das Gerät misst Wellenlängen von 0.1 bis 10mm. Durch die angebrachte Hornantenne hat es einen Blickwinkel von 7◦ . Durch flüssiges Helium wurde es auf 1.5 Kelvin abgekühlt um thermale Emissionen zu reduzieren und hochsensitive Detektoren benutzen zu können. Am 21. September 1990 wurde der Vorrat an flüssigem Helium aufgebraucht. Abbildung 6: FIRAS - Instrument, Hornantenne und Strahlengang 2. DMR (Differential Microwave Radiometer) Das DMR-Experiment sollte Temperaturfluktuationen in der Hintergrundstrahlung sehr exakt messen. Die verbauten Radiometer nahmen drei Frequenzen, 31.5, 53 und 90 Ghz, auf. Diese wurden ausgewählt um die Einflüsse der Galaxieemission zu minimieren. Es wurden immer zwei Messpunkte, die jeweils 60◦ voneinander getrennt waren, gemessen. Dies wurde durch zwei Hornantennen erreicht, die im Winkel von 60◦ angeordnet waren. Die Antennen hatten jeweils ein Sichtfeld von 7◦ . Abbildung 7 zeigt die Temperaturverteilung des kosmischen Mikrowel- Abbildung 7: Die Fluktuationen der Hintergrundstrahlung. Aufgenommen von DMR 9 lenhintergrunds am Himmel, wie sie von DMR aufgenommen wurde. Das rechte Bild zeigt eine Dipol- Verteilung. Diese stammt von der Bewegung der Erde relativ zum Ruhesystem des Mikrowellenhintergrunds. Wir bewegen uns mit einer Geschwindigkeit von ca. 600 km s relativ zu diesem System. Dies führt aufgrund des Doppler-Effekts zu einer Anisotropie der v −3 Größenordnung ∆T . Subtrahiert man diesen Anteil, ergibt T ≈ c ≈ 2∗10 sich die mittlere Karte, die deutlich die Emission der Galaktischen Scheibe zeigt. Da diese Emission eine andere spektrale Verteilung besitzt (sie ist kein Schwarzkörper mit T 3 K), kann man sie ebenfalls subtrahieren und erhält das linke Bild. Dies sind die Fluktuationen der Hintergrundstrah−5 lung mit einer Amplitude von etwa ∆T T ≈ 2 ∗ 10 Abbildung 8: DMR - Signalverlauf und Instrument 3. DIRBE (Diffuse InfraRed Background Experiment) DIRBE hat die gesamte Himmelsspähre im Infraroten, also Wellenlän- Abbildung 9: Infrarotaufnahmen der Galaxis 10 gen von 1.2 bis 240 µm, abgebildet. Sehr weit entfernte Protogalaxien der ersten Generation, Galaxien und Sterne sollten im Bezug zur Hintergrundstrahlung kartographiert werden. Das Teleskop hatte einen Durchmesser von 19 cm, bei einer Auflösung von 7◦ . Auch dieses Instrument wurde durch flüssiges Helium gekühlt. Die Messungen zeigen wie erwartet bei 1.2 µm die Emission von Sternen in der Galaxiescheibe und einzelner Sterne in größerer Höhe. Bei 12 und 25 µm überwiegt der Anteil vom interplanetarem Staub, ab 60 µm wird die interstellare Materie sichtbar. Abbildung 10: DIRBE - Optischer Weg und Instrument 11 6 Literaturverzeichnis • Wolfgang Gebhardt, Skript zur Vorlesung Kosmologie WS 06/07 • Andrew Liddle, An Introduction to Modern Cosmology, 2nd Edition, Wiley, 2007 • Peter Schneider, Einführung in die Extragalaktische Astronomie und Kosmologie, , Springer-Verlag 2006 • http://lambda.gsfc.nasa.gov/product/cobe/ 12