4 Das starke Gesetz der großen Zahlen Satz 4.1 (Borel-Cantelli Lemma) Sei (Ω, A, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum und (An )n∈N ⊂ A eine Folge von Ereignissen. ∞ [ ∞ \ lim sup An := n→∞ Ak n=1 k=n ist das Ereignis, dass unendlich viele der An ’s eintreten. a) Dann gilt: ∞ X P (An ) < ∞ =⇒ P (lim sup An ) = 0. n→∞ n=1 b) Sind die Ereignisse An , n ∈ N stochastisch unabhängig, so gilt: ∞ X P (An ) = ∞ =⇒ P (lim sup An ) = 1. n→∞ n=1 Beweis P∞ S n→∞ a) Sei Bn :=T ∞ k=n P (Ak ) −→ 0. k=n Ak , n ∈ N ⇒ P (Bn ) ≤ Da Bn ↓ ∞ n=1 Bn folgt: ∞ \ P (lim sup An ) = P ( n→∞ Bn ) = lim P (Bn ) = 0. n→∞ n=1 b) Sei Pn := P (An ), n ∈ N.(An ) stoch. unabh ⇒ (Acn ) stoch unabh. Es gilt: 0 ≤ P( ∞ \ Ack ) stetig von oben = lim P ( N →∞ n=1 unabh. = lim N →∞ ≤ N \ Ack ) n=1 N Y (1 − Pk ) k=1 lim exp(− N →∞ N X Pk ) nach Vor. = 0 k=1 Somit: c 0 ≤ P ((lim sup An ) ) = P ( n→∞ ∞ \ ∞ [ n=1 k=n Ack ) ≤ ∞ X n=1 P( ∞ \ k=n Ack ) = 0 37 38 KAPITEL 4. DAS STARKE GESETZ DER GROSSEN ZAHLEN Definition Es seien X, X1 , X2 , . . . ZV auf einem W’Raum (Ω, A, P ). f.s. Xn konvergiert P-fast sicher gegen X, (Xn → X) wenn gilt: P {ω ∈ Ω | lim Xn (ω) = X(ω)} = 1. n→∞ Bemerkung {limn→∞ Xn (ω) = X(ω)} ∈ A, denn: (i) supn≥1 Xn ist A-messbar, da {supn≥1 Xn ≤ a} = T∞ ≤ a} ∈ A. {z } n=1 {Xn | ∈A inf Xn = − sup(−Xn ) ist A-mb. ⇒ lim sup Xn = inf sup Xk , lim inf Xn A- n≥1 n→∞ n≥1 k≥n n→∞ n≥1 messbar. (ii) {limn→∞ Xn = X} = (lim inf (Xn −X))−1 ({0})∩(lim sup(Xn −X))−1 ({0}) ∈ A n→∞ n→∞ Im Folgenden sei (Xn )n∈N eine Folge von ZV auf einem W’Raum (Ω, A, P ). Starke Gesetz der großen Zahlen sind Resultate der Form ! n 1 X f.s. Xi − bn → 0 an i=1 wobei (an )n∈N , (bn )n∈N ⊂ R. Der wichtigste Satz ist hier: Satz 4.2 (Starkes Gesetz der großen Zahlen) Ist (Xn )n∈N eine Folge von u.i.v. ZV mit E|X1 | < ∞, so gilt: n 1X f.s. Xi → EX1 . n n=1 | {z } =sn Beweis Sei zunächst Xk ≥ 0 ∀ k ∈ N und Yk := Xk · 1[Xk ≤k] (Yk entsteht aus Xk k→∞ P durch Abschneiden bei k). Sei Sn∗ := nk=1 Yk EYk = E[Xk ·1[Xk ≤k] ] = E X1 · 1[X1 ≤k] −→ EX1 mit S.2.1 (Monotone Konvergenz). Aus der Analysis: Sei (an )n∈N ⊂ R n 1X ak = a. n→∞ n lim an = a ⇒ lim n→∞ k=1 Damit folgt: n 1X 1 lim ESn∗ = lim EYk = EX1 . n→∞ n n→∞ n k=1 Die Yn ’s sind wieder unabhängig und es gilt: Var(Sn∗ ) = n X k=1 Var(Yk ) ≤ n X k=1 EYk2 ≤ n X E[Xk2 · 1[Xk ≤n] ] = n · E[X12 · 1[0,n] (X1 )] (∗) k=1 Sei α > 1 und mn := bαn c ∀ n ∈ N. Für x > 0 sei Ψ(x) := N (x) := min{n | mn ≥ x} P∞ 1 n=N (x) mn mit 39 Für beliebige z ≥ 1 gilt: bzc ≥ 2α mN (x) ≥ x. Mit k := α−1 gilt: Ψ(x) = ∞ X n=N (x) z 2 und somit 1 mn = 1 bαn c ≤ 2 αn und αN (x) ≥ bαN (x) c = ∞ X 1 1 1 ≤2· = 2 · α−N (x) · n mn α 1− n=N (x) 1 α ≤ k (∗∗) x Die Ungleichung von Tschebyscheff liefert ∀ ε > 0 : (∗) X ∞ ∞ X 1 1 ∗ ∗ |Smn − ESmn | > ε E[X12 · 1[0,mn ] (X1 )] P ≤ 2 mn ε mn n=1 n=1 ∞ S.2.1 = X 1 1 2 E[X ·1 (X1 )] 1 ε2 mn [0,mx ] n=1 (∗∗) k 1 2 E[X Ψ(X )] ≤ 2 EX1 1 1 ε2 ε = Üb =⇒ 1 ∗ mn (Smn f.s. Üb ∗ ) → 0 =⇒ − ESm n 1 ∗ f.s. mn Smn → EX1 . Nächstes Ziel: ∗ weg bekommen. Es gilt: ∞ X P (Xn 6= Yn ) = n=1 ∞ X P (X1 > n) n=1 Z ≤ P (X1 > x)1(x) Bsp 3.1 = EX1 < ∞. [0,∞] S.4.1a) =⇒ P ({ω ∈ Ω | Xn (ω) 6= Yn (ω) für unendlich viele n}) = 0 | {z } =:N0 ∀ ω 6∈ N0 ∃ k(ω) ∈ N mit Xn (ω) = Yn (ω) ∀ n ≥ k(ω). Auf N0C gilt also: k(ω) 1 1 X n→∞ (Sn (ω) − Sn∗ (ω)) = ( Xi (ω) − Yi (ω)) → 0 n n i=1 =⇒ 1 1 f.s. f.s. (Sn − Sn∗ ) → 0 =⇒ Sm → EX1 n mn n (∆) Jetzt muss die Einschränkung auf die Teilfolge (mn )n∈N weg. Da Sn ≥ 0, gilt für mn ≤ k ≤ mn+1 : mn Smn Sk mn+1 Smn+1 · ≤ ≤ · mn+1 mn k mn mn+1 Da mn+1 n→∞ → mn α folgt mit (∆): 1 Sk Sk EX1 ≤ lim inf ( ) ≤ lim sup( ) ≤ αEX1 k→∞ α k k k→∞ P -f.s. 40 KAPITEL 4. DAS STARKE GESETZ DER GROSSEN ZAHLEN Sei Nα die Ausnahmemenge zu α in der Konvergenz (∆). Da α > 1 beliebig, gilt auf ∞ [ ( N1+ 1 )C : j j=1 | {z } P -Nullmenge EX1 ≤ lim inf ( k→∞ Sk Sk ) ≤ lim sup( ) ≤ EX1 k k k→∞ 1 f.s. Sn → EX1 n Jetzt muss noch die Bedingung Xk ≥ 0 weg. Es folgt: =⇒ Xn := Xn = n n k=1 k=1 1 X − f.s. 1X + Xk − Xk → EX1+ − EX1− = EX1 . n n Beispiel 4.1 (Wiederholte Spiele) Gegeben 2 Spieler. Spieler A erzielt in Runde n Xn Punkte und Spieler B Yn Punkte. Die Zufallsvariablen seien alle unabhängig und identisch verteilt. Es sei Dn := Xn − Yn . Spieler APgewinnt Runde n, falls Dn > 0. Sei pn = P ( nk=1 Dk > 0) die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler A nach n Runden mehr Punkte hat. Es gilt nach S.4.2: n 1X f.s. 1[Dk >0] → E 1[D1 >0] = p1 . n k=1 Ist p1 > 12 , so gewinnt Spieler A langfristig mehr Runden als B. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Punkte addiert werden! Beispiel dazu: ( n + 1, mit Wahrscheinlichkeit p1 Xk := , Yk ≡ n mit Wahrscheinlichkeit 1 0, mit Wahrscheinlichkeit 1 − p1 Sei p1 = 0, 999, n = 1000. =⇒ p1000 = (0, 999)1000 ≈ 0, 37