2014-08 Keine Termine einhalten

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Keine Termine einhalten
15 August, 2014 | Tip from: bblog.ch
Bitte hört auf Termine
einzuhalten!
hätte gehalten werden können oder nicht. Jetzt wird überlegt, ob
M., J. & Partner mit einer Projektanalyse beauftragt werden sollen,
auch um die Aufsichtsratssitzung kommenden Monat gut über die
Bühne zu bringen. Er bittet Sie zu warten. Etwa 15 Minuten.
Vielen Dank!” Und mit diesen Worten war sie schon wieder
verschwunden.
Müller schaute auf seine Uhr. 20 Minuten waren bereits
verstrichen. Würde es bei den weiteren 15 Minuten bleiben, war
er sich nicht mehr sicher, ob die damit verbleibenden drei Stunden
und 25 Minuten für seinen Monatsbericht ausreichen würden.
Termine einzelner Tätigkeiten sind nur bedingt relevant für den
Projekterfolg. Sie basieren auf Schätzungen. Das Sicherstellen
eines (relevanten) Endtermins ist Aufgabe der Projektsteuerung.
Ich muss es einfach mal loswerden – in aller Deutlichkeit: Hört auf
diese ganzen Termine einhalten zu wollen! Diese
Deadline-Einhalterei spiegelt maximal die Hilflosigkeit der
Auftraggeber und Projektleiter wider, die das Gefühl von Kontrolle
aufrecht erhalten wollen. Zeitpläné basieren auf Schätzungen.
Deshalb sind es Zeitpläné und keine Terminpläné. Schätzungen
können zutreffend sein, werden jedoch meist von der Realität
abweichen. Allein schon deshalb macht diese ganze
Termineinhalterrei keinerlei Sinn, vor allem nicht für
Abgabetermine einzelner Tätigkeiten. Ganz abgesehen davon, dass
viele Terminvorgaben bestenfalls als gewürfelt bezeichnet werden
können. Auch das Ausfluss der Hilflosigkeit von Auftraggebern, die
so versuchen, maximalen Druck aufzubauen, in der Hoffnung,
damit maximale Geschwindigkeit zu erreichen. Leider ist das
Gegenteil der Fall.Herr Müller saß also da, vor dem Tribunal, wie
die Runde inoffiziell genannt wurde. Eigentlich handelte es sich
um den “Lenkungsausschuss Produkteinführung Xerda 2.0″. Doch
diesen Titel nutzte außer “den Herren” (Damen gab es keine in der
Führungsmannschaft) lediglich die Sekretärin des
Vorstandsvorsitzenden und selbst sie nur für die offiziellen
Einladungen.
Müller wusste bereits, was kommen würde. Er hatte sich bestens
darauf vorbereitet. Eine Woche lang hatte er nichts anderes
gemacht. Sogar die Datenbank der Consultants hatte er
verwendet, um solides Zahlenmaterial zu beschaffen. Seine
Argumentation war eindeutig: es hatte gar nicht anders kommen
können, als dass dieser Meilensteintermin nicht erreicht werden
konnte. Seine PowerPoint*-Zusammenfassung hatte insgesamt 123
Seiten, in denen er kenntnisreich die Logik seiner Argumentation
ausbreitete. Plus Anhang. Und notfalls diese Tabelle, in der er –
nur zur Sicherheit – fünf weiter Simulationen des Verlaufs hatte
aufbereiten lassen.
Die Tür ging auf. Man hatte mit Becher-Laussen gerechnet, doch
es war lediglich seine Sekretärin, was zu einem deutlichen
Aufatmen führte. “Der Herr Vorstandsvorsitzende wird sich um ein
paar Minuten verspäten. Die vorhergehende Projektleitersitzung
dauert etwas länger. Projektleitung und Lenkungsausschuss sind
sich uneinig darüber, ob der Abgabetermin für die Konzeption
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Sollte das für Sie überzogen klingen, dann gratuliere ich Ihnen.
Frage aber gleich, wie weit Sie davon entfernt sind? Zu häufig
erlebe ich solche Situationen, die die pure Energieverschwendung
sind. Würde man sich darauf konzentrieren, die Dinge
anzupacken, die anzupacken sind, würden sehr viele Menschen
sehr viel Zeit sparen. Statt dessen wird über Einhaltung und
Nichteinhaltung von Terminen diskutiert. Was im Großen gilt, wird
gleichermaßen in Projektbesprechungen zelebriert. Stundenlang
wird über versäumte Deadlines diskutiert, anstatt möglichst viel
Raum für die Umsetzung zu schaffen.
Welche Termine wirklich wichtig sind
Mal ehrlich, welche Termine sind wirklich wichtig? Sehr häufig ist
es nicht einmal schlimm, wenn Sie Ihr Projekt später abliefern.
Etwa bei der Einführung eines neuen Produkts. Die Welt geht
nicht unter, wenn Sie später (oder früher) als gedacht am Markt
sind. Bis auf wenige Ausnahmen. Und auch die oft angeführte
Messe kann ohne das neue Produkt stattfinden, etwa mit einem
Prospekt oder einer Simulation. Manchmal wäre es aus
Vermarktungsgesichtspunkten sogar besser, eine Neuheit nicht
auf einer Messe zu zeigen, um mehr Aufmerksamkeit zu
bekommen.
Genau an dieser Stelle beginnt gutes Projektmanagement.
Kreatives Projektmanagement, das sich auf den anvisierten Nutzen
konzentriert. Nicht auf Termine. Dazu müssen allerdings zwei
Fragen beantwortet sein:
1. Was ist der anvisierte Nutzen?
2. Woran erkennen wir zweifelsfrei, dass wir den Nutzen
geschaffen haben?
Wobei ich hiermit voraussetze, dass auch klar ist, für wen der
Nutzen geschaffen werden soll, wer die Zielgruppe ist. Oder wer
die Zielgruppen sind.
Seit 1997 mache ich meinen Job nun. Wir begleiten vorwiegend
Projektleiter sowie deren Teams und Auftraggeber in der
Umsetzung meist besonders kniffliger Projekte. Ohne gezählt zu
haben, schätze ich, dass 99 von 100 Projektteams diese Frage
nach dem Nutzen nicht schlüssig beantworten können. Ganz
geschweige davon, dass die Auftraggeber der Projektteams meist
ein anderes Verständnis davon haben.
Diese Fragen zu beantworten, fällt nicht leicht. Im Gegenteil. Da
steckt Mühe drin. Allerdings ist der Effekt berauschend, der
Eintritt, sobald alle Beteiligten dasselbe Verständnis für die
Antworten haben: plötzlich wird nicht mehr über Termine
diskutiert, sondern viel häufiger über die Frage “Wie können wir
den Nutzen herstellen, den wir erwarten?” Diese Diskussion macht
es dann auch viel leichter Pläné als das zu erkennen, was sie sind:
visualisierte, gemeinsame Gedanken und Vereinbarungen darüber,
wie ein Projektteam vorgehen will, um vereinbarte Ziele zu
erreichen (siehe auch “Projektplanung ist Denken” hier im Blog)
Wozu Zeitpläné gedacht sind
Allerdings sollte ich diesen Artikel nicht schließen, ohne darauf
einzugehen, wozu Zeitpläné dann da sind. Auch hier geht es um
Nutzen: die Zusammenarbeit aller Beteiligten soll leichter von der
Hand gehen, weniger Reibung entstehen. Es gilt Doppelarbeit zu
vermeiden, möglichst wenig zu vergessen, die Aufgaben so
konkret zu machen, dass sie erledigt werden können und dafür zu
sorgen, dass alle notwendigen Vorarbeiten zur Umsetzung einer
Folgetätigkeit erledigt sind, so dass diese möglichst
unterberechungsfrei erledigt werden kann.
Ein Projektplan beschreibt deshalb, wer wann in welcher
Reihenfolge mit welcher Dauer und welchem Aufwand zu welchen
Kosten welche Aufgabe mit welchem Ergebnis erledigen sollte,
damit die Zielerreichung gelingt. Dieser Planung werden
Echtwerte gegenüber gestellt. Aus der Abweichung zwischen Soll
und Ist lassen sich Schlüsse ziehen, welche Anpassungen
vorgenommen werden könnten, um weiterhin auf einem guten
Weg zu sein. Die aus Sicht der Mannschaft sinnvollsten
Kompensationsmaßnahmen werden vereinbart, der Plan angepasst
und dann wieder die Arbeit erledigt. Je klarer der angestrebte
Nutzen ist, desto leichter fallen clevere Anpassungen. Diese
Kompensation ist wichtig, nicht das Einhalten einzelner Termine.
“Denn Pläné stimmen eh nie.” Wer das von einem Plan erwartet,
hat dessen Sinn und Zweck nicht verstanden.
Widerspruch? Herzlich gerne: [email protected]. Und
falls Sie wollen, komme ich gerne zu Ihnen, halte einen Vortrag
zum Thema und stelle mich der Diskussion. Aber nur, wenn auch
die Auftraggeber von Projekten mit am Tisch sitzen.
Ihr
Holger Zimmermann
Projektmensch.
* PowerPoint ist ein eingetragenes Markenzeichnen der Microsoft
Corporation, USA
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