Freie gedämpfte Schwingungen Reale Schwingungsvorgänge verlaufen gedämpft, da mechanische Energie in andere Energieformen umgewandelt wird. Meistens sind es Reibungsvorgänge, bei denen Bewegungsenergie in Wärme verwandelt wird. Wir wollen annehmen, dass die Reibung wie im Falle der Stokes’schen Reibung vom Betrag der Geschwindigkeit abhängt und setzen die Reibungskraft (rk – Reibungskoeffizient) an mit r r FR = −rk v Des weiteren wirke eine rücktreibende Kraft, die einen ausgelenkten Oszillator in seine Ruhestellung zurücktreibt. Diese Kraft sei wie im Falle des Federschwingers oder des mathematischen Pendels eine lineare Funktion des Ortes: r r Frr = −D r Die Bewegungsgleichung unter Einbeziehung der Trägheitskraft lautet dann: r r r r r r FT + FR + Frr = 0 = −m&r& − rk v − Dr r r Im eindimensionalen Fall (hier sei r = x i ) vereinfacht sich die letzte Gleichung zu m&x& + rk x& + Dx = 0 Dies ist die Bewegungsgleichung des linearen gedämpften harmonischen Oszillators. Mit den Abkürzungen rk D = 2δ und ω02 = m m lautet die Gleichung &x& + 2δx& + ω02 x = 0 Diese homogene Differentialgleichung zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten kann mit folgendem Ansatz gelöst werden: x ( t ) = A exp(λt ) Mit x& ( t ) = Aλ exp(λt ) und &x&( t ) = Aλ exp(λt ) erhält man durch Einsetzen in die Differentialgleichung (Dgl) eine quadratische Gleichung für den Parameter λ: 2 λ1, 2 = −δ ± δ 2 − ω02 Die Lösung der Dgl kann als Linearkombination unter Verwendung des Lösungsansatzes für beide Parameter geschrieben werden: − δt { x(t) = e A e δ 2 − ω02 t +e − δ 2 − ω02 t } Wir diskutieren die Lösung dieser Gleichung in drei Fällen: schwache Dämpfung starke Dämpfung Schwingfall Aperiodischer Grenzfall Kriechfall δ 2 − ω02 < 0 δ 2 − ω02 = 0 δ 2 − ω02 > 0 Der Schwingfall Im Falle schwacher Dämpfung ist δ − ω0 < 0 . Damit führt die Wurzel aus einer negativen Zahl zu einem komplexen Ausdruck. Unter Verwendung des Ausdruckes für eine komplexe Exponentialfunktion 2 2 e iz = cos z + i sin z (i imaginäre Einheit: i = − 1 ) vereinfacht sich der obere Ausdruck zu cos( ω2 − δ 2 t ) + i sin( ω2 − δ 2 t ) 0 0 x(t) = e A 2 2 2 2 + cos(− ω0 − δ t ) + i sin(− ω0 − δ t ) − δt Mit sin-x = -sinx und cos-x =cosx gilt dann { } x ( t ) = e−δt A 2 cos( ω02 − δ2 t ) Mir der neuen Amplitude x0 = 2A erhalten wir schließlich x ( t ) = x 0e− δt cos( ω02 − δ2 t ) Diese Gleichung beschreibt eine Schwingung mit der Kreisfrequenz ω = ω02 − δ 2 deren Amplitude exponentiell mit der Zeit abnimt. Den Parameter der die Stärke des Abfalls mit der Zeit beschreibt, nennt man auch logarithmisches Dekrement. δ, x ( t ) = x 0e− δt cos( ω02 − δ2 t ) Gedämpfte Schwingung -1 f = 1 Hz ; x0 = 1cm ; δ = 0,5 s 1 ∝ exp(− δt ) 0,8 0,6 Elongation / cm 0,4 0,2 0 -0,2 0 1 2 3 4 5 -0,4 -0,6 -0,8 -1 t/s Schwingfall Abfall der Amplitude Der Kriechfall 2 2 Im Fall starker Dämpfung δ − ω0 > 0 erhalten wir mit x (t) = e − δt { A e δ 2 − ω 02 t +e − δ 2 − ω 02 t unter Verwendung der Beziehung 2sinh(z)=exp(z)-exp(-z) : ) ( sinh ( δ − ω t ) x ( t ) = 2Ae−δt sinh δ 2 − ω02 t Ersetzt man wieder 2A durch die Amplitude x0, so gilt schließlich x ( t ) = x 0e −δt 2 2 0 } Nach einem kurzen Anstieg fällt die Amplitude mit einer durch die Dämpfung δ bestimmten Zeitkonstante ab: ( x ( t ) = x 0e −δt sinh δ2 − ω02 t ) Kriechfall -1 -1 f = 1 Hz ; ω0 = 6,28..s ; δ = 25 s 1 0,9 Elongation / cm 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0 0,5 1 1,5 2 t/s Aperiodischer Grenzfall Der aperiodische Grenzfall ist gegeben unter der Bedingung δ 2 − ω02 = 0 . Mit einem veränderten Lösungsansatz erhält man als Lösung der Bewegungsgleichung x ( t ) = Ate− δt Die Funktion x(t) verläuft ähnlich wie im Kriechfall, geht jedoch in der kürzestmöglichen Zeit gegen Null. Beispiel Gedämpfte Schwingung 1,2 1 0,8 0,6 x / w. E. 0,4 0,2 0 -0,2 0 0,5 1 1,5 2 2,5 -0,4 -0,6 -0,8 -1 t/s Schwingfall Kriechfall Grenzfall Die oben gezeigten Funktionen wurden für folgende Parameter berechnet: Frequenz der ungedämpften Schwingung: f = 1 Hz Schwingfall: δ = 0,5 s-1 ; δ-1 = τ = 2 s Kriechfall: δ = 30 s-1 Aperiodischer Grenzfall: δ = ω0 = 2πf = 6,28...s-1 3