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Bundesinstitut für Arzneimittel
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19.11.2007
75.01-3822-V10336-271057/07
Abwehr von Gefahren durch Arzneimittel; Stufe II
Hier: Lumiracoxib-haltige Arzneimittel
Arzneimittel s. Anlage
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit ergeht folgender
Bescheid
1.
Für die o. g. Arzneimittel wird mit sofortiger Wirkung das Ruhen der Zulassung angeordnet.
Gemäß § 30 Absatz 3 Satz 2 AMG ist diese Anordnung sofort vollziehbar.
2.
Diese Anordnung ist vorläufig befristet bis zum 30.03.2008.
Begründung
Die oben genannte Maßnahme wird gemäß § 30 i. V. m. § 25 Abs. 2 Nr. 5 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt geändert
durch Art. 2 des Gesetzes über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen
(Gewebegesetz) vom 20.07.2007 (BGBl. I S. 1574), angeordnet. Auf § 30 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt.
AMG wird Bezug genommen.
Auf der Basis der hier vorliegenden Unterlagen und Erkenntnisse hält es das Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte gemäß § 5 Abs.2 und § 25 Abs. 2 Nr. 5 AMG für nicht vertretbar,
dass die o. g. Arzneimittel weiterhin in den Verkehr gebracht werden, da der begründete Verdacht
besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein
nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Diese
Anordnung ist demnach zur Vermeidung der Gefahren, die mit der Anwendung der o. g. Arzneimittel verbunden sind, geboten.
Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
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Lumiracoxib wurde im November 2006 unter den Namen Prexige/Stellige/Hirzia/Frexocel
100 mg Filmtabletten im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung mit Großbritannien als Referenzmitgliedstaat (RMS) zugelassen.
Daten aus klinischen Studien und Spontanberichte wiesen bereits auf ein Risiko für schwere, z.T.
lebensbedrohliche Leberschädigungen nach Einnahme von Lumiracoxib hin. Zugleich gab es Hinweise, dass das Risiko für die Auslösung von Leberschädigungen durch Lumiracoxib höher ist als
bei einigen anderen zugelassenen nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). U. a. aus diesem
Grund wurden in Australien und Kanada u.a. die Zulassungen für die in der EU nie zugelassenen
200 mg- und 400 mg-Formen von den zuständigen Behörden widerrufen.
Im August 2007 wurden daraufhin in der Europäischen Union im Rahmen einer dringenden Notfallmaßnahme (Urgent Safety Restriction) neue Angaben zu Kontraindikationen, Warnhinweisen,
Vorsichtsmaßnahmen und Nebenwirkungen in den Fach- und Gebrauchsinformationen von Lumiracoxib angeordnet und aufgenommen.
Seither wurden weitere Berichte vor allem aus Australien und Kanada über Leberschädigungen,
auch solche mit schwerem Verlauf, nach Anwendung von Lumiracoxib bekannt. In der Folge hat
das Beratergremium CHM (Commission on Human Medicines) des RMS Großbritannien empfohlen, das Ruhen der Zulassung anzuordnen. Über diese Einschätzung wurden die Mitgliedsstaaten
am 08.11.2007 von Großbritannien informiert. Gleichzeitig wurde ein Verfahren nach Artikel 107 (2) der Richtlinie 2001/83/EG eingeleitet.
Die lebertoxischen Eigenschaften und Effekte von Lumiracoxib wurden bereits in den zur Zulassung vorgelegten klinischen Studien beobachtet. Nach Markteinführung sind im Zusammenhang
mit der Einnahme von Lumiracoxib schwere Leberschädigungen beobachtet worden, die in einigen
Fällen zum Tod führten oder eine Lebertransplantation erforderlich machten. Zwar gibt es Hinweise, dass das Risiko von der Dosierung und Dauer der Anwendung abhängig ist. Jedoch zeigt eine
Analyse der neueren Spontanberichte über Leberschädigungen, dass diese auch unter der in der
EU ausschließlich zugelassenen niedrigen Tagesdosis von 100 mg sowie bei vergleichsweise kurzer Anwendungsdauer auftraten. So wurden zwischen August und Ende Oktober 2007 weltweit
111 neue Fälle von Leberschädigungen aller Schweregrade berichtet. Die Gesamtzahl der Spontanberichte über Leberschädigungen stieg damit auf 159.
Unter den Fällen befinden sich insgesamt vierzehn Fälle von Leberschädigungen mit schwerwiegendem Verlauf unter einer Tagesdosis von 100 mg, einschließlich drei Fällen mit einer Therapiedauer von unter einem Monat. Dabei betrug die kürzeste Einnahmedauer, nach der schwere Leberschädigungen beobachtet wurden, 16 Tage. Eine endgültige Kausalitätsbewertung aller Berichte steht noch aus.
Insgesamt widerlegen die Berichtszahlen und die Art der beschriebenen Leberschädigungen die
bisherige Annahme, dass schwere Leberschädigungen auf Tagesdosen über 100 mg und längere
Anwendungszeiten (>3 Monate) beschränkt sein könnten. Zudem weisen die Spontanberichte darauf hin, dass die bisherigen Empfehlungen zur laborchemischen Kontrolle der Leberfunktion nach
einem Monat Therapiedauer unzureichend sind, da offenbar bereits bei kürzerer Einnahmedauer
schwere Leberschädigungen auftreten können, die mit den empfohlenen Kontrollen nicht rechtzeitig erkannt werden.
Nach Ansicht des BfArM ist bislang nicht belegt, dass die bisher getroffenen Risiko-mindernden
Maßnahmen, insbesondere die erweiterten Kontraindikationen für Patienten mit erhöhtem Risiko
für Leberschädigungen sowie die Vorsichtsmaßnahmen in Form von regelmäßigen Laborkontrollen, zum Schutz des Patienten vor schweren Leberschädigungen ausreichend und wirksam sind.
Von weiteren Einschränkungen der Anwendung ist nach derzeitiger Erkenntnis keine zusätzlich
Sicherheit für den Patienten zu erwarten. Insbesondere erscheint eine Reduktion der Behandlungsdauer auf 30 oder 15 Tage pro Monat und auf entsprechende Packungsgrößen, verbunden
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mit zusätzlichen laborchemischen Kontrollen angesichts des unklaren Zusammenhangs zwischen
Einnahmedauer und Auftreten einer Leberschädigung, aber auch im Hinblick auf die Praktikabilität
und Sinnhaftigkeit beim Anwendungsgebiet der aktivierten Arthrose, nicht wirksam. Eine Beschränkung der Anwendung von Lumiracoxib auf Patienten mit hohem Risiko für gastrointestinale
Komplikationen, die von einer belegten geringeren Häufigkeit gastrointestinaler Schädigungen
durch Lumiracoxib profitieren könnten, würde das absolute Risiko für Leberschädigungen für den
einzelnen Patienten nicht reduzieren, sondern nur die Gesamtzahl der Fälle.
Von den vom Zulassungsinhaber vorgeschlagenen Beobachtungsstudien und Studien zur Arzneimittelanwendung sind zumindest kurzfristig keine Ergebnisse zu erwarten, die eine bessere Einschätzung des Risikos für das Auftreten von Leberschädigungen erlauben würden. Bis zur endgültigen Evaluation der vorliegenden Daten und einer abschließenden Nutzen-Schaden-Bewertung im
Rahmen des europäischen Verfahrens nach Artikel 107 der Richtlinie 2001/83/EG wird daher ein
Ruhen der Zulassung angeordnet.
Zusammenfassung
Die zurzeit vorliegenden Nebenwirkungsberichte zu Leberschäden weisen auf ein erhöhtes Risiko
für das Auftreten von Leberschädigungen, einschließlich solcher mit schwerem Verlauf, für Anwender von Lumiracoxib gegenüber anderen NSAR und Coxiben hin. Nach der Analyse der vorliegenden Daten beurteilt das BfArM das Nutzen-Schaden-Verhältnis für Lumiracoxib in der zugelassenen Indikation als ungünstig. Das BfArM hält deshalb das Ruhen der Zulassung von Prexige mit
sofortiger Wirkung für erforderlich. Alternative Behandlungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben
werden. Der Widerspruch ist beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, KurtGeorg-Kiesinger Allee 3, 53175 Bonn, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Dr. A. Thiele
Anlage
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