Prof. Dr. Moritz Kaßmann Fakultät für Mathematik Wintersemester 2014/2015 Universität Bielefeld Übungsaufgaben zu Analysis 1 Lösungen von Blatt VII vom 28.11.14 Aufgabe VII.1 (6 Punkte) a) Bringen Sie die folgenden komplexen Zahlen in die Form z = a + ib, wobei a, b ∈ R und bestimmen Sie |z|. (i) z = 3 , 2i (ii) z = b) Bestimmen Sie alle Zahlen z ∈ C, welche 1+i , 1−i 1+z 1−z (iii) z = (4 − 3i)3 . 2 = −1 erfüllen. c) Weisen Sie die folgende Rechenregel für w, z ∈ C nach: |z + w|2 + |z − w|2 = 2|z|2 + 2|w|2 . Veranschaulichen Sie diese Rechenregel in der komplexen Zahlenebene. Welche geometrische Interpretation hat diese Gleichung? d) Bestimmen Sie alle Zahlen z ∈ C mit (i) 2z 2 − 4z = −4, (ii) z 3 + z 2 + z = 0. Aufgabe VII.2 (4 Punkte) Beweisen Sie folgenden Satz: Satz: Sei (zn ) eine Folge in C. Dann sind äquivalent: (i) Die Folge (zn ) konvergiert. (ii) Die Folgen (Re(zn )) und (Im(zn )) konvergieren. In diesem Fall gilt lim zn = lim Re(zn ) + i lim Im(zn ). n→∞ n→∞ n→∞ Aufgabe VII.3 (5 Punkte) Eine Weinbergschnecke (Helix pomatia) kriecht von einem Ende eines 1 Meter langen Gummibandes mit konstanter Geschwindigkeit von 5 cm/h dem anderen Ende des Bandes entgegen. Nach Ablauf der ersten und jeder weiteren Stunde wird das Gummiband homogen1 (also gleichmäßig) gedehnt, so dass sich das Band um einen Meter verlängert. Wird die Schnecke in endlicher Zeit das Ende des Gummibandes erreichen ? Aufgabe VII.4 (5 Punkte) a) Untersuchen Sie die folgenden Reihen auf Konvergenz. Beweisen Sie Ihre Behauptungen. ∞ ∞ X X 1 + k2 99k (i) , (ii) , k3 − k (k + 1)3 k=2 (iii) ∞ X k=1 1 k=1 √ √ k+1− k √ , k (iv) ∞ X 2(k − 1) . |3 − k2 | k=1 Bei dem Dehnungsprozess ändert sich die relative Position der Schnecke in Bezug auf die beiden Endpunkte des Bandes nicht. Erreichbare Punktzahl: 20 Übungsblatt VII – Lösungen Seite 2 b) Sei s > 1. Zeigen Sie, dass die folgende Reihe konvergiert: ∞ X 1 . ks k=1 Hinweis: Zeigen Sie, dass die Folge der Partialsummen durch 1 beschränkt ist. 1 − 21−s Lösungsvorschläge Aufgabe VII.1 3 3i −3 a) (i) z = . = 2 =0+i 2i 2i 2 (ii) z = (1 + i)2 2i 1+i = = = 0 + i · 1. 1−i (1 − i)(1 + i)) 2 (iii) z = (4 − 3i)3 = 43 − 3 · 42 · 3i + 3 · 4 · (3i)2 − (3i)3 = 64 − 144i − 108 + 27i = −44 + i · (−117). b) Sei z = a + ib für a, b ∈ R. Dann gilt b 6= 0, da die Gleichung x2 = −1 keine Lösung in R besitzt. Also gilt: 1+z 1−z 2 = (1 + a)2 + 2(1 + a)(ib) − b2 = −1 (1 − a)2 − 2(1 − a)(ib) − b2 ⇐⇒ (1 + a)2 + 2(1 + a)(ib) − b2 = −(1 − a)2 + 2(1 − a)(ib) + b2 . Vergleichen wir nun die Imaginärteile in der obigen Gleichung, so erhalten wir: 2(1 + a)(ib) = 2(1 − a)(ib) ⇐⇒ a = −a =⇒ a = 0. Wegen (1 + z)2 = −(1 − z)2 ⇐⇒ 1 + z 2 = −1 − z 2 , folgt: 1 − b2 = −1 + b2 =⇒ b = 1 oder b = −1. Somit lösen z = i und z = −i die Gleichung. c) Es gilt: |z + w|2 + |z − w|2 = (z + w)(z + w) + (z − w)(z − w) = (z + w)(z + w) + (z − w)(z − w) = zz + zw + wz + ww + zz − zw − wz + ww = 2zz + 2ww = 2 |z|2 + 2 |w|2 . Die Gleichung ist bekannt als Paralleologrammgleichung. Sie besagt, dass in jedem Paralleologramm die Qudaratsumme der beiden Diagonallängen mit der Quadratsumme der vier Seitenlängen übereinstimmt. Übungsblatt VII – Lösungen Seite 3 z−w w z+w z d) (i) Es gilt mit der pq-Formel: 2z 2 − 4z = −4 ⇐⇒ z 2 − 2z + 2 = 0 √ √ =⇒ z = 1 + 1 − 2 = 1 + i oder z = 1 − 1 − 2 = 1 − i. Somit lösen z = 1 + i und z = 1 − i die Gleichung 2z 2 − 4z = −4. (ii) Es gilt: z 3 + z 2 + z = z(z 2 + z + 1) = 0. Also ist z = 0 eine Lösung der Gleichung. Des Weiteren gilt mit der pq-Formel: r r r r 1 3 3 3 1 1 3 1 z 2 +z+1 = 0 ⇐⇒ z = − + − = − +i oder z = − − − = − −i . 2 4 2 4 2 4 2 4 q q Also sind z = 0, z = − 21 + i 34 und z = − 12 − i 34 Lösungen der Gleichung z 3 + z 2 + z = 0. Aufgabe VII.2 Sei zn = xn + iyn für alle n ∈ N und z = x + iy, wobei (xn ) und (yn ) reelle Zahlenfolgen sind und x, y ∈ R. (i)=⇒(ii): Es gilt Re(zn ) = xn und Im(zn ) = yn . Wir müssen zeigen, dass lim xn = x n→∞ und lim yn = y. Sei ε > 0 beliebig. Dann existiert ein n0 ∈ N, sodass für alle n ≥ n0 gilt: n→∞ |zn − z| < ε. Des Weiteren gilt (max{|xn − x| , |yn − y|})2 ≤ |xn − x|2 + |yn − y|2 ≤ |(xn − x) + i(yn − y)|2 = |zn − z|2 und somit max{|xn − x| , |yn − y|} ≤ |zn − z| < ε für alle n ≥ n0 . d.h. (xn ) konvergiert gegen x und (yn ) konvergiert gegen y. Übungsblatt VII – Lösungen Seite 4 (ii)=⇒(i): Sei ε > 0 beliebig. Laut Voraussetzung konvergiert (xn ) gegen x und (yn ) gegen y, d.h. es existieren n1 , n2 ∈ N derart, dass |xn − x| < ε 2 für alle n ≥ n1 und |yn − y| < ε 2 für alle n ≥ n2 . Somit erhalten wir für alle n ≥ n0 = max{n1 , n2 } |zn − z| = |xn − x + i(yn − y)| ≤ |xn − x| + |i(yn − y)| = |xn − x| + |yn − y| < ε ε + = ε. 2 2 Aufgabe VII.3 Wir bezeichnen mit a(n), n ∈ N, den Anteil der Strecke, den die Schnecke nach Ablauf von n Stunden, jedoch vor der jeweiligen stündlichen Dehnung des Bandes, zurückgelegt hat. 1 3 Damit gilt also a(1) = 20 (die Schnecke hat 5cm von 1m zurückgelegt), a(2) = 40 (die 11 Schnecke hat 15cm von 2m zurückgelegt), a(3) = 120 (die Schnecke hat 27,5cm von 3m zurückgelegt) usw.. Allgemein gilt n n X 1 X1 1 = , a(n) = 20k 20 k k=1 k=1 da wir den Anteil der Strecke, den die Schnecke zwischen Stunde k und Stunde k + 1, k ∈ N, zurücklegt, auf folgende Weise berechnen können: 5cm 1 absolute Geschwindigkeit pro Stunde · 1h = = . Länge des Bandes zum Zeitpunkt k k · 100cm 20k Die Frage, ob die Schnecke in endlicher Zeit das Ende des Bandes erreicht, lässt sich also als Forderung formulieren: n0 1 X 1 ∃n0 ∈ N : ≥ 1. 20 k k=1 P 1 Dieses n0 existiert, da die Reihe ∞ k=1 k unbeschränkt ist und damit jeden gegebenen positiven Wert (insbesondere in diesem Fall 20) übersteigt. Die Schnecke erreicht also in endlicher Zeit das Ende des Bandes 2 . Aufgabe VII.4 a) (i) Die Reihe divergiert nach dem Minorantenkriterium, denn für jedes N ∈ N, N ≥ 2 ist N N N N X X X 1 + k2 k2 1 + k2 X 1 ≥ ≥ = k3 − k k3 − k k3 k k=2 k=2 ∞ X 1 und divergiert. k k=2 2 Näherungsweise ist dieser Zeitpunkt n0 ≈ 2,72·108 Stunden k=2 k=2 Übungsblatt VII – Lösungen Seite 5 (ii) Die Reihe kovergiert nach dem Majorantenkriterium, denn für jedes N ∈ N ist N X k=1 und N N k=1 k=1 X 99k X 1 99k ≤ = 99 3 3 (k + 1) k k2 ∞ X 1 konvergiert. k2 k=1 (iii) Die Reihe divergiert nach dem Minorantenkriterium, denn für beliebiges N ∈ N ist √ √ √ √ N √ N √ X k+1− k X k+1− k k+1+ k √ √ √ = ·√ k k k+1+ k k=1 k=1 = ≥ und N X 1 p k(k + 1) + k k=1 N X N +1 1 1X 1 ≥ 2k + 1 2 k k=1 k=2 ∞ X 1 divergiert. k k=2 (iv) Die Reihe divergiert nach dem Minorantenkriterium, denn für beliebiges N ∈ N, N ≥ 2 ist N X 2(k − 1) k=2 und k2 − 3 > N X 2k − 2) k=2 k2 ≥ N X 2k − k k=2 k2 = N X 1 k k=2 ∞ X 1 divergiert. k k=2 Folgenglieder k12 für k ∈ N positiv sind und b) Zunächst einmal halten wir fest, dass Pdie n die Folge der Partialsummen Sn = k=1 k12 monoton wachsend. Nach dem Satz von Bolzano Weierstraß genügt es nun die Beschränktheit der Folge der Partialsummen zu zeigen. Zu beliebigem n ∈ N existiert ein p ∈ N derart, dass n ≤ 2p+1 − 1 gilt (Wähle beispielsweise p = n). Somit gilt: 2p+1 2p+1 X−1 1 X−1 1 1 1 1 1 1 1 Sn ≤ = |{z} 1 + + + + + + +··· + k2 2s 3s 4s 5s 6s 7s ks p 1 k=1 k=2 {z } | {z } | =20 0 s (2 ) | {z } ≤2 1 =21 1 ≤4 1 =22 1 2s ≤ p X k=0 4s (21 )s p p k=0 k=0 (22 )s ≤2p (2p1)s X X k k 1 1 1 − (21−s )p+1 2 k s = 21−s ≤ lim = < ∞. 21−s = lim p→∞ p→∞ 1 − 21−s 1 − 21−s (2 ) k Also konvergiert die Reihe.