Feinstaub, Inversionswetterlage und Saharastaub Allgemeine Betrachtungen und Situation in Regensburg Amt für Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz Abteilung Technischer Umweltschutz und Veterinärwesen Februar 2009 1 Einleitung: Das Europäische Parlament und der Rat haben am 21.05.2008 die Richtlinie 2008/50/EG „über Luftqualität und saubere Luft für Europa“ erlassen. In dem sechsten Umweltaktionsprogramm wurde festgelegt, dass die Luftverschmutzung auf ein Maß reduziert werden muss, bei dem schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit möglichst gering sind. Empfindliche Bevölkerungsgruppen und auch die Umwelt insgesamt sind besonders zu berücksichtigen. Lassen sich jedoch in einem Ballungsraum die Grenzwerte für PM10 aufgrund standortspezifischer Ausbreitungsbedingungen nicht einhalten, so werden die Mitgliedstaaten bis zum 11.06.2011 von der Verpflichtung zur Einhaltung dieser Grenzwerte ausgenommen (Art. 22 Abs. 1 RL 2008/50/EU). Luftverhältnisse werden allgemein durch Schadstoffe aus Industrie, Gewerbe, Verkehr und Hausbrand beeinflusst. Bei turbulenten Luftbewegungen erfolgt eine Verdünnung und großräumige Verteilung der Schadstoffe. Im Gegensatz dazu treten Schadstoffe verstärkt auf, wenn ein natürlicher Luftaustausch be- oder verhindert wird, wie dies z. B. bei Inversionswetterlagen der Fall ist. Folglich ist die örtliche lufthygienische Situation entscheidend davon abhängig, ob und in welchem Ausmaß emittierte Schadstoffe durch Windverhältnisse verteilt oder zurückgehalten werden. Regensburg liegt in einer buchtartigen Erweiterung des Donautals und ist dreiseitig von etwa 100 m hohem welligen Hügelland umschlossen. Im Norden durch die Winzerer Höhen und den Keilberg, im Süden durch den Höhenrücken des Ziegetsberg und im Westen durch die Eilsbrunner Höhenzüge. Die Flusstäler der Donau, des Regen und der Naab sowie das Wutzlhofener Trockental durchschneiden diese Hügellandschaft. Zum Osten und Südosten hin öffnet sich das Stadtgebiet zu einem flachen Talbereich in die sog. Regensburger Bucht. 2 Inversionen: Eng verknüpft mit dem Begriff der Turbulenz ist die Stabilität der Atmosphäre. Die Stabilität in der Atmosphäre ergibt sich u. a. auch durch die Temperaturschichtung einzelner Luftmassen und die Windgeschwindigkeit. Bei einer labilen Temperaturschichtung nimmt die Temperatur mit zunehmender Höhe ab. Die wärmere bodennahe Luft kann aufgrund ihrer geringeren Dichte in größere Höhen aufsteigen und sorgt dadurch im Zusammenwirken mit Wind für Turbulenzen und Schadstoffverfrachtungen. Die stabile Temperaturschichtung bezeichnet die typische Inversionswetterlage und ist dadurch geprägt, dass sich über einer kalten bodennahen Luftschicht eine warme und darüber wieder eine kalte Luftschicht befinden. Die warmen Luftmassen können die kalten Luftschichten speziell bei Windstille nicht durchdringen. kältere Luft kalte Luft warme Luft normale Situation kalte Luft überlagerte warme Luft kalte Luft Inversionswetterlage 3 Quelle: LfU. Tagungsband 2007 Der Rauchaufstieg wird durch die darüber liegende wärmere Luftschicht unterbunden Absinkinversion: Über die Flusstäler und die Hänge der Höhenrücken strömt hauptsächlich zur Nachtzeit auf das noch erwärmte Stadtgebiet Kaltluft zu. Die Stadt kühlt sich abends langsamer ab als das Umland. Durch die aufsteigende Wärme über dem Stadtgebiet wird Kaltluft angesaugt. Speziell großräumige stabile Hochdruckwetterlagen und Windstille begünstigen das Auftreten bodennaher Inversionen. Unter einer Warmluftschicht befindet sich ein „Kaltluftsee“, die verhindert, dass vertikale und damit turbulente Luftbewegungen stattfinden. Auch können dann abwärts strömende kalte Luftmassen die Bodenkaltluft nicht durchdringen. Strahlungsinversion: Die Abkühlung der Atmosphäre erfolgt meist durch nächtliche Wärmeabstrahlung von einer bestimmten Oberfläche aus. Dies kann sein die Erdoberfläche, eine Dunstschicht oder eine geschlossene Wolkendecke. Zunächst werden nur geringe Schichtdicken abgekühlt. Betrachtet man die bodennahen Schichten, so erreicht im Verlauf der Nacht der Energietransport immer größere Höhen. Am frühen Morgen kann eine Inversion in einigen hundert Metern über Erdgleiche vorherrschen. 4 Die Rauchfahne zeigt eine ziemlich kompakte Form. Die Inversionsschicht befindet sich hier in ca. 200 m Höhe und verhindert ein Abströmen in größere Höhen. Die Rauchgase können aufgrund der thermischen Rauchgasfahnenüberhöhung zunächst senkrecht nach oben austreten, bis sich die Rauchgastemperatur der Umgebungstemperatur angleicht. Im weiteren Verlauf löst sich die Rauchfahne allmählich auf. 5 Die Darstellung aus München zeigt, dass bei geringen Inversionshöhen hohe Feinstaubbelastungen auftreten können. Quelle: LfU Tagungsband 2007 Feinstaubproblematik: Quellen für Feinstäube Partikuläre Luftinhaltsstoffe werden, wenn sie dispers in der Luft verteilt sind, auch als Aerosol bezeichnet. Der Begriff umfasst sowohl „feste“ (Stäube) als auch „flüssige“ Partikel (Nebel). Neben den natürlichen Aerosolquellen (z.B. Seesalz der Meere, Vulkanausbrüche, aufgewirbelter Saharasand) und biogenen Aerosolen (z.B. Pollen) spielen anthropogene Quellen (z.B. Verbrennungsprozesse) eine wichtige Rolle. Nach ihrer Freisetzung bilden die anorganischen und organischen Reaktionszwischenprodukte schnell ultrafeine Partikel (Nukleation), die im weiteren Verlauf aus thermodynamischen Gründen zu größeren Einheiten aggregieren (Koagulation). 6 Der Anteil der wesentlichen Quellen an den partikulären Emissionen (Stand 2006) Zusammensetzung der PM10-Immissionen an der LÜB-Messstation Schwanenplatz 100 37 µg/m³ 16 4 80 4 3 31 µg/m³ 29,5 µg/m³ 28 µg/m³ 27 µg/m³ 19 Lokaler Verkehr 60 Hintergrund Verkehr 20 µg/m³ nicht genehm. bed. Anl. Genehm. Anl. Sonstige Einflüsse 40 Großräumiger Hintergrund 54 20 0 Zusammensetzung der PM10-Anteile 7 Ausgewählte Inversionssituationen, verbunden mit PM10 – Überschreitungen: 19.12.2007 PM10 = 83 µg/m³ 20.12.2007 PM10 = 106 µg/m³ 8 21.12.2007 PM10 = 80 µg/m³ 21.12.2007 9 21.12.2007 Saharastaub über Zypern (Satellitenaufnahme) Saharastaub über Zypern 29./30.05.2003 Türkei Syrien 10 Satellitenaufnahme vom 29.05.2008 Quelle: LANUV NRW Die Staubverfrachtung Richtung Deutschland erfolgte in Höhen zwischen 1000 m und 5000 m. Quelle: LANUV NRW 11 Situation über Deutschland vom 27.05.2008 bis 30.05.2008 12 13 14 Quelle: UBA 15 Saharastaub über Regensburg 30.05.2008 PM10 = 45 µg/m³ (28.05.08 PM10 = 56 µg/m³; 29.05.08 PM10 = 63 µg/m³) 16