Spitalinfektionen: Lasche Kontrollen kosten Leben Pro Jahr

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Spitalinfektionen: Lasche Kontrollen kosten Leben
Flurin Maissen, Dienstag, 13. Mai 2014
Pro Jahr erkranken in der Schweiz 70‘000 Patienten an Spitalinfektionen, 2‘000 Menschen
sterben. Erschreckend: Ein Drittel dieser Fälle liesse sich vermeiden, wenn bessere HygieneStandards gelten würden. Doch «Kassensturz» zeigt: Kantone kontrollieren Restaurantküchen
strenger als Operationssäle.
Angie Neuhaus kann es immer noch nicht glauben, dass ihre Schwester Monika tot ist. Diese
verstarb anfangs Februar in einem Spital im Kanton Zürich. Ursprünglich musste die 66jährige wegen eines Krebsleidens ins Spital. «Die Ärzte sagten, dass der Krebs nicht mehr
gewachsen sei und dass meine Schwester noch manches Jahr leben könne», erzählt Angie
Neuhaus.
Ansteckung mit multiresistentem Keim
Doch es kam anders. Ihre Schwester verstarb innert weniger Wochen an den Folgen einer
Infektion. Die Patientin hatte sich mit dem Bakterium Enterococcus faecium angesteckt.
Ein klassischer Spitalkeim, der gerade für Patienten mit geschwächtem Immunsystem sehr
gefährlich ist, weil er gegen Antibiotika resistent ist. Beweisen lässt es sich kaum, ihre
Familie ist aber überzeugt, dass die Verstorbene sich im Spital ansteckte.
«Vom Personal hat sich jeweils niemand die Hände desinfiziert, wenn die ins Zimmer kamen.
Obwohl sie von Patient zu Patient gingen. Dabei stand das Desinfektionsmittel auf dem
Lavabo», sagt Neuhaus.
Ein Drittel der Infektionen wären vermeidbar
Rund 70‘000 Menschen jährlich erkranken an einer Spitalinfektion. 2000 davon sterben,
schätzen Fachleute. «Diese Zahlen könnte man um einen Drittel senken», sagt Professor
Andreas Widmer in der Sendung «Kassensturz».
Laut dem Leiter der Abteilung für Spitalhygiene am Universitätsspital Basel wäre dies
möglich durch konsequente Einhaltung der Hygienemassnahmen. Nicht alle Spitäler würden
dies gleich gut machen, sagt Widmer.
«Es gibt immer noch Spitäler, die keinen spitalhygienischen Dienst haben. Das ist mit den
heutigen Erkenntnissen, wonach die Infektionsrate so deutlich gesenkt werden könnte, nicht
mehr haltbar».
Erstaunlich: Spitäler werden kaum vor Ort kontrolliert
In den seltensten Fällen kontrollieren die zuständigen Kantonsbehörden die Spitäler vor Ort.
Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Internetvergleichsdienstes Comparis.
Lediglich sechs Kantone kontrollieren demnach regelmässige vor Ort in den Spitälern. Vier
Kantone gaben an, «schon einmal» oder «nach Bedarf» vor Ort zu prüfen. Sechs Kantone
machen das gar nicht. Zehn Kantone wollten die Fragen nicht beantworten.
Bildlegende: Grün: Hygienemassnahmen werden in den Spitälern vor Ort kontrolliert. Orange:
Kontrolle vor Ort nur «bei Bedarf». R... SRF
Prinzip Vertrauen statt Kontrolle
«Die meisten Kantone setzen zu sehr auf das Prinzip Vertrauen», kritisiert Felix Schneuwly
von Comparis. Nur wenige kontrollierten vor Ort, ob minimale Hygienestandards auch
tatsächlich eingehalten werden.
«Und das ist doch relativ skandalös. Restaurantküchen werden strenger kontrolliert als
Operationssäle. Hier geht es um vermeidbare Todesfälle, also keine Lappalie.»
Kantone können selber entscheiden
Diese Kritik will Carlo Conti, Präsident der Kantonalen Gesundheitsdirektoren-Konferenz,
nicht gelten lassen.
Verantwortlich für die Qualität und damit auch die Hygiene seien letztendlich die Spitäler,
nicht die Behörden. «Ein Kontrollorgan muss nicht noch einmal dasselbe machen, was die
verantwortlichen Stellen (im Spital) auch schon gemacht haben.
Es muss aber überprüfen, ob dies gemacht wurde und ob es korrekt gemacht wurde.» Ob
Kontrollen vor Ort gemacht werden müssen, liege im Ermessen der jeweiligen
Kantonsbehörden.
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