D Superzahlen

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D
116
SUPERZAHLEN
D
Superzahlen
Die folgenden Ausführungen orientieren sich an dem Buch von Buchbinder & Kuzenko
[BK95].
D.1
Algebra und Generatoren einer Algebra
Definition:
Eine Algebra ist ein linearer Raum A, auf dem eine Multiplikation “·“
(α, β) �→ α · β ∈ A
∀α, β ∈ A
(D.1)
definiert ist, die für α, β, γ ∈ A und a, b ∈
α (a β + b γ)
=
aαβ + bαγ ,
(a β + b γ) α
=
aβ α + bγ α .
0 folgende Axiome erfüllt:
(D.2)
Ist die Multiplikation assoziativ, so nennt man A eine assoziative Algebra.
�
Definition: Sei A eine assoziative Algebra mit Einselement und sei B ⊂ A eine Teilmenge von A. Man nennt die Elemente ζi ∈ B Generatoren der Algebra A, falls sich jedes
Element γ ∈ A als ein Polynom endlicher Ordnung in den Elementen ζi ∈ B darstellen
läßt,
�
γ = γ (0) +
p
�
�
(k)
γi1 ,i2 ...ik ζi1 ζi2 · · · ζik .
(D.3)
k=1 i1 ,i2 ...ik
D.2
Endlichdimensionale Grassmann–Algebra
Definition: Die Grassmann–Algebra Λn der Dimension n ist eine assoziative Algebra
mit Einselement. Sie wird dadurch definiert, dass die Generatoren die folgenden Antikommutatorrelationen
{ζi , ζj } := ζi ζj + ζj ζi = 0 ,
i, j = 1, . . . , n
(D.4)
erfüllen.
Für die Generatoren gilt wegen (D.4) insbesondere
ζi2 = 0 .
(D.5)
Ein beliebiges Element γ der endlichdimensionalen Grassmann–Algebra läßt sich darstellen
als ein Polynom der Form
γ = γ (0)
�+
n
�
�
(k)
γi1 i2 ···ik ζi1 ζi2 · · · ζik .
(D.6)
k=1 i1 <i2 <···<ik
(k)
0
Dabei sind die Koeffizienten γi1 i2 ···ik ∈ . Die Polynome, nach denen γ entwickelt“ wird,
”
sind in dieser Darstellung wegen i1 < i2 < · · · < ik linear unabhängig und bilden zusammen
mit dem Einselement eine Basis der Algebra. Wegen (D.5) verschwinden alle Polynome
mit ii = ij und wegen (D.4) sind Polynome mit permutierten Generatoren nicht linear
unabhängig.
D
117
SUPERZAHLEN
D.3
Unendlichdimensionale Grassmann–Algebren; Superzahlen
Durch den Übergang zu unendlich vielen Generatoren ζi kann man eine unendlichdimensionale Grassmann–Algebra erklären.
Definition: Die Elemente der unendlichdimensionalen Grassmannalgebra Λ∞ heißen Superzahlen.
Superzahlen z lassen sich schreiben als Summe
z = zB + zS ,
wo zB ∈
(D.7)
0 und
zS =
∞
�
1 �
zi ···i ζi . . . ζi1
n! i ,i ,...i 1 n n
n=1
1
2
(D.8)
k
gilt. Man kann Superzahlen z in einen geraden und einen ungeraden Teil zerlegen
z
=
u
=
v
=
u+v ,
∞
�
zB +
(D.9)
�
1
zi ···i ζi . . . ζi1 ,
(2n)! i ,i ,...i 1 2n 2n
n=1
∞
�
1
(2n
+ 1)!
n=0
1
2
�
(D.10)
k
(D.11)
zi1 ···i2n+1 ζi2n+1 . . . ζi1 .
i1 ,i2 ,...ik
Rein ungerade Superzahlen heißen a–Zahlen und antikommutieren untereinander. Rein
gerade Superzahlen heißen c–Zahlen und kommutieren mit allem anderen. Die Menge der
a–Zahlen a bildet keine (Unter-)Algebra, die Menge c der c–Zahlen hingegen schon.
a–Zahlen bzw. c–Zahlen werden als reine Superzahlen bezeichnet.
0
0
Definition:
Sei z eine reine Superzahl. Die Parität ε ist
�
0,
falls z ∈ c ,
ε(z) :=
1,
falls z ∈ a .
0
0
(D.12)
Definition: Die komplex konjugierte z ∗ einer Superzahl z ∈ Λ∞ ist erklärt über folgende
Wirkungsweise der komplexen Involution ∗
(ζ i )∗ := ζ i ,
(α z)∗ := α∗ z ∗ ,
(z + w)∗ := z ∗ + w∗ ,
i = 1, 2, . . .
α∈
w ∈ Λ∞
0
(z w)∗ := w∗ z ∗ .
(D.13a)
(D.13b)
(D.13c)
(D.13d)
Entsprechend heißt z reell, falls z ∗ = z und imaginär, falls z ∗ = −z.
Bemerkung:
(w z)
∗
Das Produkt zweier reeller a–Zahlen ist imaginär, denn
= z ∗ w∗ = z w = − w z .
Die Menge der reellen Superzahlen in
0a bzw. 0c wird als �a bzw. �c bezeichnet.
D
118
SUPERZAHLEN
Bemerkung: Man muß bei der durch Transposition bedingten Vertauschung von a–
Zahlen auf das Vorzeichen achten: Seien a1 und a2 a–Zahlen. Wir fordern, dass das Transponierte einer Superzahl wieder die selbe Superzahl ist, d.h.
!
(a1 a2 )T = η aT2 aT1 = η a2 a1 = − η a1 a2 = a1 a2 .
Dies legt η auf −1 fest. Transposition entspricht also der naiven Vertauschung und führt
daher gegebenenfalls auf Vorzeichen.
Satz D.1. Analytische Funktionen von a–Zahlen f :
f (θ) = f0 + f1 θ
D.4
mit
0a → Λ∞ haben stets die Gestalt
f 0 , f1 ∈ Λ ∞ .
(D.14)
Elemente der Analysis mit Superzahlen
Es werden Superfunktionen betrachtet, d.h. Abbildungen
(D.15)
�p|q → Λ∞ .
Hierbei ist �p|q = �pc × �qa , d.h. die Menge der (p + q)–Tupel (x1 , . . . , xp , θ1 , . . . , θq ) mit
xi ∈ �c und θα ∈ �a . Eine solche Funktion heißt superanalytisch, falls sie sich in als
f :
Potenzreihe darstellen läßt,
f (z)
=
=
f (x1 , . . . , xp , θ1 , . . . , θq )
∞
�
fM1 M2 ...Mk zM1 zM2 · · · zMk ,
(D.16)
k=0
mit
zα =
�
xα ,
θα−p ,
1≤α≤p,
p<α≤p+q .
(D.17)
wobei fM1 M2 ...Mk ∈ Λ∞ . Nun ist klar, dass die Entwicklung in den a–Zahlen θα schnell
abbricht; daher läßt sich (D.16) auch ausdrücken durch
f (x1 , . . . , xp , θ1 , . . . , θq )
q
�
1
f[α α ...α ] (x1 , . . . xp ) θα1 θα2 · · · θαk .
= f0 (x1 , . . . xp ) +
k! 1 2 k
(D.18)
k=1
Dabei deuten die eckigen Klammern [. . . ] an, dass die superanalytischen Koeffizientenfunktionen f[α1 α2 ...αk ] total antisymmetrisch in den Indizes sind.
Da sich das Bild f (z) zerlegen läßt in c–Teil und a–Teil
f (z) = fc (z) + fa (z) ,
fc (z) ∈
0c ,
fa (z) ∈
0a ,
genügt es, gerade oder bosonische“ Funktionen
”
fc : p|q → c
�
0
und ungerade oder fermionische“ Funktionen
”
fa : p|q → a
�
0
zu betrachten. Diesen weist man die Parität
�
0,
falls f bosonisch ,
ε(f ) =
1,
falls f fermionisch
zu. Damit weiß man auch sofort die Parität der Koeffizientenfunktionen,
ε(f0 ) = ε(f ) ,
ε(fα1 α2 ...αk ) = ε(f ) + k mod 2 .
D
(i)
119
SUPERZAHLEN
Differentiation nach a–Zahlen
Für Funktionen von Superzahlen mit Werten in Λ∞ läßt sich eine Differentiation definieren.
Dabei genügt es nach (D.18), festzulegen, wie die Differentiation auf ein Polynom aus den
antikommutierenden θs mit wirkt.
Definition: Man erklärt die sog. Linksdifferentiation dadurch, dass sie bei einem Produkt aus antikommutiereneden Variablen nur dann auf ein bestimmtes Element wirken
kann, wenn es sich am linken Rand des Ausdrucks befindet. Die übrigen Differentiationsregeln werden beibehalten. Insbesondere gilt, dass
q
�
1
∂
f[αα1 ...αk−1 ] (x) θα1 · · · θαk−1 .
f (z) = (−1)ε(f )
(−1)k
∂θα
(k − 1)!
(D.19)
k=1
Analog kann auch Rechtsdifferentiation definiert werden. Im folgenden wird unter der
Differentiation immer Linksdifferentiation verstanden.
Beispiel: Betrachte eine Funktion f :
f0 , f1 , f2 , f12 , f21 die Darstellung
�2a
→ Λ∞ . Sie besitzt mit den Koeffizienten
1
f (θ1 , θ2 ) = f0 + f1 θ1 + f2 θ2 + (f12 θ1 θ2 + f21 θ2 θ1 ) .
�2
��
�
=f12 θ1 θ2
Terme höherer Ordnung treten wegen θi2 = 0 nicht auf. Wie die Differentiation nach θi auf
f wirkt, hängt gemäß (D.19) von der Parität von f ab.
Wir wollen nun ein bosonisches f betrachten und wählen daher f0 , f12 , f21 ∈ c und
f1 , f2 ∈ a . Die Ableitungen lauten dann
0
0
∂f
∂θ1
=
1
−f1 + (f12 − f21 ) θ2 = − f1 + f12 θ2 ,
2
∂2f
= − f12
∂θ ∂θ
� 1�� 2�
∂f
1 ∂θ2
∂
≡ ∂θ
∂f
∂θ2
=
1
−f2 − (f12 − f21 ) θ1 = − f2 + f21 θ1 ,
2
∂2f
= − f21 = f12 .
∂θ2 ∂θ1
Das zeigt, dass die Reihenfolge der Differentialoperatoren von Bedeutung ist, bzw. dass
die zweite fermionische Ableitung antisymmetrisch ist.
Die zweite Zeile erhält man anschaulich, wenn man die Vertauschung θ1 θ2 = − θ2 θ1
durchführt, um die Linksdifferentiation ∂θ∂ 2 ausführen zu können.
Bemerkung: Aus der Definition der Linksdifferentiation folgen die Antikommutatorrelationen
�
�
�
�
∂
∂
∂
θα ,
= δαβ ,
= 0.
(D.20)
,
∂θβ
∂θα ∂θβ
(ii)
Integration über a–Zahlen
Um die Integration einer Funktion von a–Zahlen einzuführen, fordert man neben Linearität
und Translationsinvarianz die Normierung
�
dθi θi := 1 .
(D.21)
D
120
SUPERZAHLEN
Aus der Translationsinvarianz folgt
�
�
�
!
dθ1 f (θ1 + θ2 ) =
dθ1 {f0 + f1 · (θ1 + θ2 )}
dθ1 f (θ1 ) =
=
�
dθ1 f (θ1 ) +
��
�
dθ1 1 f1 θ2
=⇒
�
dθα 1 = 0 .
(D.22)
Mehrfache Integrale werden als Iteration von Einfachintegralen verstanden. Um diese zu
berechnen, benötigt man Regeln zur Vertauschung der Differentiale dθi . Die Relationen
dafür werden wir uns nun ermitteln.
Bemerkung: Im Raum der a–Zahlen sind Integration und Differentiation identische
Operationen, denn
�
∂
.
(D.23)
dθα =
∂θα
Um diese Aussage zu begründen, betrachte eine fermionische Funktion f :
�
�
∂
f (θ1 ) .
dθ1 f (θ1 ) =
dθ1 (f0 + f1 θ1 ) = f1 =
∂θ1
�a → �a ,
Wegen (D.23) fordert man für die Differentiale dieselben Antikommutatorrelationen wie
für die Differentiationsoperatoren (D.20),
{dθi , dθj } = 0 ,
{dθi , θj } = δij
(D.24)
Dies sind die gesuchten Regeln für die Vertauschung der Reihenfolge bei Mehrfachintegration.
Beispiel: Gauß–Integrale mit a–Zahlen (vgl. Übungen)
Es seien θα , θ̄α , ηα und η̄α (i = 1, . . . , n) jeweils a–Zahlen. Wir betrachten nun das Integral
�
dθ̄1 dθ1 · · · dθ̄n dθn exp{−S0 }
(D.25)
ZG (η, η̄) =
mit
S0 =
n
�
θ̄α aαβ θβ +
α,β=1
n
�
(η̄α θα + θ̄α ηα ) = θ̄T A θ + η̄ T θ + θ̄T η
(D.26)
α=1
und der symmetrischen, invertierbaren Matrix A = (aij ).
(a) Mit der Variablentransformation
θα = θα� − (A−1 )αβ ηβ
und
θ̄α = θ̄α� − η̄β (A−1 )βα ,
zeigt man, dass
ZG = (det A) exp

n
 �

α,β=1
η̄α (A−1 )αβ ηβ



�
�
= (det A) exp η̄ T A−1 η .(D.27)
D
121
SUPERZAHLEN
(b) Jetzt wird zu S0 die Wechselwirkung“ V (θ, θ̄) addiert. Dann ergibt sich
”
�
Z(η, η̄) =
dθ̄1 dθ1 · · · dθ̄n dθn exp{−S0 + V (θ, θ̄)}
��
� �
∂ ∂
ZG (η, η̄)
= exp V − ,
∂ η̄ ∂η
(D.28)
0
Bemerkung: Vergleich mit dem Gaußintegral in n : Für komplexe, unabhängige Variablen φi und φ∗i lautet die entsprechende Formel
�
�
�
dφ∗1 dφ1 · · · dφ∗n dφn exp −φ† · A · φ ∼ (det A)−1 .
Die Determinante von A steht hier im Nenner.
D.5
Fermionische Felder
Im Kontinuumslimes
θα −→ θ(x) .
wird der diskrete Satz an a–Zahlen zum fermionischen Feld θ :
Feldvariablen θ(x) sind dann für jedes x a–Zahlen.
D.6
(i)
�4
→
0a ,
d.h. die
Funktionalanalysis im Kontext von Superzahlen
Funktionalableitung
Die Regeln zur Differentiation nach a–Zahlen lassen sich auf die Regeln zur Funktionalableitung nach fermionischen, d.h. a–Zahl–wertigen, Feldern übertragen. Es gilt, dass
δθ(x)
= δ (4) (x − y) .
δθ(y)
Die Antikommutatorrelationen lauten
�
�
δ
, θ(y)
= δ (4) (x − y)
δθ(x)
(ii)
(D.29)
und
�
δ
δ
,
δθ(x) δθ(y)
�
= 0.
(D.30)
Funktionalintegration
Man überträgt die Integrationsregeln für a–Zahlen auf die Regeln zur Integration über
fermionische Felder. Es soll gelten, dass
�
�
dθ(x) θ(x) = 1 und
dθ(x) 1 = 0 .
(D.31)
�
Dabei bedeutet dθ(x) die Integration über
� die a–Zahl zum kontinuierlichen ”Index“ x.
Bei der Definition des Funktionalintegrals Dθ mittels Diskretisierung des Index“ x und
”
anschließendem Grenzübergang zum Unendlichdimensionalen wird für jeden Generator
zum diskreten Index xk diese Normierung des Integrals,
�
dθ(xk ) θ(xk ) = 1 ,
gefordert.
D
SUPERZAHLEN
(iii)
122
Funktionalintegrationsregeln für Fermionenfelder
Betrachtet man Dirac–Felder, so sind die Feldvariablen ψ(x) und ψ(x) unabhängige fermionische Felder. Im Folgenden wird angenommen, dass sich (D.27) für verschwindenden
Quellterm verallgemeinern läßt zu
� �
�
�
�
Dψ Dψ exp i d4 x� d4 x ψ(x� ) O(x� , x) ψ(x)
= det O .
(D.32)
Dabei ist O ein Operator. Für den Ausdruck det O gilt die Formel
det O = exp {tr(ln O)} .
(D.33)
Im Unterschied zur Integration über kommutierende Skalarfelder steht der Ausdruck (det O)
im Zähler anstatt im Nenner. Im Ausdruck für das erzeugende Funktional wird der Term
aus (D.32) in der Normierung absorbiert. Es wird davon ausgegangen, dass sich (D.27)
verallgemeinern läßt zu
� �
�
�
�
�
4
4 �
�
�
4
d x ψ(x ) O(x , x) ψ(x) + d x ψ(x) η(x) + η(x) ψ(x)
Dψ Dψ exp i d x
�
� �
�
−1 �
4 �
�
4
(D.34)
= (det O) exp i d x d x η(x ) O (x , x) η(x)
Dabei sind η(x) und η(x) unabhängige fermionische Felder.
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