Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) - Nlwkn

Werbung
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
Vollzugshinweise zum Schutz von Säugetierarten in Niedersachsen
Teil 3: Säugetierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie
mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen
Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)
(Stand Juli 2010, Entwurf)
Inhalt
1
Lebensweise und Lebensraum
1.1 Lebensraumansprüche
1.2 Lebensweise
1.3 Fortpflanzungsbiologie
1.4 Nahrungsökologie
1.5 Sonstige Besonderheiten
2
Bestandssituation und Verbreitung
2.1 Verbreitung in Niedersachsen
2.2 Bestandssituation in Deutschland und
Niedersachsen
2.3 Schutzstatus
2.4
2.5
3
4
4.1
4.2
4.3
5
6
Erhaltungszustand
Beeinträchtigungen und
Gefährdungen
Erhaltungsziele
Maßnahmen
Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen
Gebiete für die Umsetzung mit
Prioritätensetzung
Bestandsüberwachung und
Untersuchungsbedarf
Schutzinstrumente
Literatur
Abb. 1: Großer Abendsegler (Foto: H. Bellmann)
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
1
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
1 Lebensweise und Lebensraum
1.1 Lebensraumansprüche
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Der Große Abendsegler hat sein Sommer- und Winterquartier in Baumhöhlen und bevorzugt
daher als Lebensraum alte Wälder und Parkanlagen mit alten Baumbeständen, die geeignete Quartiere bieten können. Hierzu zählen z.B. alte Spechthöhlen, Fäulnishöhlen oder alte
stehende Bäume mit Rissen oder Spalten hinter der Rinde.
Wichtig sind Baumhöhlungen in älteren wie auch in jüngeren Beständen, da sich Sommerquartiere auch in jüngeren Bäumen befinden und alter Baumbestand mit Höhlen insbesondere als Winterquartiere erforderlich ist.
Parkartige Waldstrukturen und intakte Hudewälder, die ihnen auch zwischen den Bäumen
Platz zum reißenden Flug mit vielen schnellen Wendungen erlauben, sind ideale Jagdgebiete.
In Niedersachsen kommt die Art im gesamten Gebiet vor.
1.2 Lebensweise
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Nachtaktiv, fliegt aber schon in früher Dämmerung aus
Neben Mausohr und Breitflügelfledermaus eine der größten heimischen Fledermausarten
Überwiegend Insektenjäger des freien Luftraumes über Baumwipfelhöhe
Saisonaler Wechsel zwischen Sommer- und Winterquartier
Stark an Wald und Waldlandschaften gebunden
Wochenstubenquartiere in Baumhöhlen oder Felsspalten, selten hinter Gebäudefassaden
Der Abendsegler ist die einzige Fledermausart, die im Winter in hohem Maße ebenfalls
große Baumhöhlen mit einem Durchmesser ab 40 cm als Quartier nutzt; auch Felsspalten
dienen als Winterquartier.
Die Wintergesellschaften bestehen oft aus mehreren 100 Tieren aus einem Raum, der
Radien über mehrere 100 km umfassen kann.
Der Große Abendsegler ist ein Fernwanderer, der im Winter das Gebiet jenseits der
-1°C-Januar-Isotherme weitestgehend verlässt.
Spechthöhlen dienen erst nach Jahren als Quartiere, wenn der obere Teil der Höhle ausgefault ist.
Ultraschall-Ortungsrufe, höchste Impulsintensität bei ca. 25 kHz.
Feinde: Nachtgreifvögel, seltener Taggreifvögel, Marder, Hauskatzen.
1.3 Fortpflanzungsbiologie
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Sommerquartiere/Wochenstuben sind fast ausschließlich in Baumhöhlen, Stammaufrissen,
selten aber auch in Fledermauskästen, Vogelkästen oder Gebäudefassaden.
Abendsegler-Weibchen kopulieren frühestens im 3. Lebensmonat und gebären erstmals im
Alter von einem Jahr.
Männchen sind im 2. Lebensjahr fortpflanzungsfähig.
In der zweiten Maihälfte werden Wochenstuben gebildet, die bis Anfang August bestehen
können.
Mitte bis Ende Juni werden in der Mehrzahl Zwillinge geboren.
Die Jungtiere sind nach sieben bis acht Wochen selbständig.
Die Hauptpaarungszeit fällt in die Monate August und September. Die Männchen locken
paarungsbereite Weibchen in Paarungsquartiere, die sie gegen andere Männchen verteidigen.
Abendseglerweibchen weisen eine extrem hohe Geburtsortstreue auf.
Im Herbst nehmen zum Teil bereits Weibchen, die im August des gleichen Jahres geboren
sind, an der Fortpflanzung teil.
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
2
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
1.4 Nahrungsökologie
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Als erstes erfolgt die Jagd über dem Kronenbereich von Bäumen. Mit zunehmender Abkühlung in der Nacht wird die Jagd im Kronenbereich, an Waldrändern oder über Wiesen
und Wasserflächen fortgesetzt.
Im Sommer erfolgt die Jagd zweimal am Tag: mit beginnender Abenddämmerung und vor
Sonnenaufgang. In Abhängigkeit von physiologischem Zustand, Nahrungsangebot, Nahrungsbedarf und Witterung können bis zu drei Jagdphasen beobachtet werden.
Der Jagdflug ist ein schneller (ca. 50 km/h), gerader Flug mit engen Wendungen und Sturzflügen (in 6-50m Höhe).
Die Nahrung besteht vor allem aus größeren Käfern (z.B. Mai-, Juni-, Dungkäfer) und
Schmetterlingen, die während des Fluges gefangen und gefressen werden.
Jagdausflüge erfolgen weit entfernt (z.T. über 10 km) von den Quartieren.
1.5 Sonstige Besonderheiten
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Wiederfunde markierter Tiere belegen Flüge zwischen Sommer- und Winterlebensräumen
aus der Norddeutschen Tiefebene nach Südfrankreich über eine Entfernung von 1.000 bis
2.000 km.
Die in Mitteleuropa überwinternden Tiere sind überwiegend Zuwanderer aus nordöstlichen
Gebieten.
Vermutlich als Folge der Klimaänderung ist ein Entwicklungstrend dahingehend zu verzeichnen, dass sich Zugstrecken verkürzen und Tiere nicht mehr ziehen.
Quartierbäume kann man besonders am späten Nachmittag durch die hohen zwitschernden
Laute erkennen, die die Tiere in kurzen Abständen von sich geben. Die Laute sind weit entfernt hörbar.
Während der Paarungszeit ist bei Störung der Tiere ein starker Moschusgeruch wahrnehmbar.
Bei Störung im Tagesschlaf können die Tiere in Bewegungslosigkeit (Akinese) fallen.
Der Große Abendsegler gehört zu den kurzlebigsten einheimischen Fledermausarten.
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
3
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
2 Bestandssituation und Verbreitung
Der Abendsegler reproduziert in Niedersachsen.
2.1 Verbreitung in Niedersachsen
ƒ
Die Art ist im gesamten Niedersachsen bis in die Harzhochlagen verbreitet. Im Tiefland lediglich im waldarmen Nordwesten nicht so zahlreich. Nicht an der Küste und Unterems
nachgewiesen (vermutlich Erfassungslücken).
Abb. 2: Verbreitung des Großen Abendseglers (Nyctalus noctula) in Niedersachsen
Punkte: aktuelle Vorkommen (1994-2009); Kreise: alte Vorkommen (1950-1993)
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
4
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
2.1.1 Verbreitung in FFH-Gebieten
Tab. 1: FFH-Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Großen Abendsegler
(Sortierung nur nach Größe des Gebietes und geeignetem Waldanteil)
FFH-Nr. Name
FFH-Nr. Name
1
043
Hasbruch
20
081
Örtze mit Nebenbächen
2
125
Burgberg, Heinsener Klippen,
Rühler Schweiz
21
445
Lutterlandbruch
3
112
Süntel, Wesergebirge, Deister
22
315
Großes Moor bei Gifhorn
4
446
23
074
5
091
24
247
6
059
Bentheimer Wald
25
033
7
133
Gipskarstgebiet bei Osterode
26
171
8
136
Gipskarstgebiet bei Bad Sachsa
27
251
Stenumer Holz
9
134
Sieber, Oder, Rhume
28
389
Nette und Sennebach
10
401
Wälder im südlichen Solling
29
139
Seeanger, Retlake, Suhletal
11
122
Salzgitterscher Höhenzug
(Südteil)
30
149
Bachtäler im Oberharz um
Braunlage
12
120
Hainberg, Bodensteiner Klippen
31
063
Samerrott
13
115
Haseder Busch, Giesener Berge,
Gallberg, Finkenberg
32
113
Emmer
14
299
Nienburger Bruch
33
105
Rieseberger Moor
15
092
Drömling
34
013
Ems
16
090
Aller (mit Barnbruch), untere
Leine, untere Oker
35
418
Ohreaue
17
009
Neuenburger Holz
36
241
Stellmoor und Weichel
18
444
37
383
Berelries
19
123
Fledermauslebensraum
Wiehengebirge bei Osnabrück
Meißendorfer Teiche,
Ostenholzer Moor
Fledermauslebensraum
bei Rodewald
Harly, Ecker, und Okertal
nördlich Vienenburg
Elbeniederung zwischen
Schnackenburg und Geesthacht
Gewässersystem der Jeetzel mit
Quellwäldern
Untere Wümmeniederung, untere
Hammeniederung mit Teufelsmoor
Bergwiesen und Teiche bei
Zellerfeld
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
5
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
2.2 Bestandssituation in Deutschland und Niedersachsen
2.2.1 Bestandssituation in Deutschland
ƒ
ƒ
ƒ
Der Große Abendsegler ist in Deutschland weit verbreitet.
Die Kenntnisse über Vorkommen, Bestandsgröße oder Bestandstrend in den Bundesländern sind sehr heterogen. Es bestehen beträchtliche Erfassungslücken, so dass keine
Schätzung der Bestandsgröße für Deutschland angegeben werden kann.
Aus dem nationalen Bericht zum Fledermausschutz 2006 geht hervor, dass in MecklenburgVorpommern mehrere 1000 Individuen nachgewiesen sind. In Schleswig-Holstein befindet
sich eines der größten bekannten Winterquartiere in Mitteleuropa am Nord-Ostseekanal
(Levensauer Hochbrücke), hier sind 1993 ca. 5000 Individuen nachgewiesen worden.
Abb. 3: Verbreitung des Großen Abendseglers in Deutschland
(Karte: BfN, www.bfn.de/0316_bewertung_arten.html)
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
6
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
2.2.2 Bestandssituation in Niedersachsen
ƒ
Aus dem Zeitraum 1950 bis 1993 liegen Nachweise aus 168 Rastern (TK-25-Quadranten)
vor, das sind 9,6 % der Fläche.
Aus dem Zeitraum 1994 bis 2009 liegen 279 belegte Raster vor, entsprechend 15,9 % des
Untersuchungsgebietes.
Angaben zur Bestandsgröße können nicht gemacht werden, da erhebliche Erfassungslücken bestehen.
Aus dem Zeitraum 1994 bis 2009 liegen lediglich Meldungen von 7 Wochenstuben vor sowie Meldungen von 8 Winterquartieren.
ƒ
ƒ
ƒ
2.3 Schutzstatus
FFH-Richtlinie:
Anhang II
prioritäre Art
Anhang IV
Anhang V
…
…
7
…
Berner Konvention
Anhang II
7
Bonner Konvention
EURO-Bats-Abkommen
7
Bundesnaturschutzgesetz:
§ 7 Abs. 2 Nr. 13: besonders geschützte Art
§ 7 Abs. 2 Nr. 14: streng geschützte Art
7
7
2.4 Erhaltungszustand
Erhaltungszustand der Art in Niedersachsen:
ƒ Für Niedersachsen, sowohl für die atlantische als auch kontinentale Region ist der Erhaltungszustand als gut einzuschätzen.
ƒ Die Zukunftsaussichten sind durch eine sich verändernde Waldbewirtschaftung nicht absehbar.
ƒ Für den Erhalt der Art sind im gesamten Verbreitungsgebiet Maßnahmen innerhalb und
außerhalb von FFH-Gebieten zu empfehlen.
Tab. 2: Bewertung des Erhaltungszustands in Deutschland und Niedersachsen (FFH-Bericht 2007)
atlantische Region
Kriterien
kontinentale Region
D
NI
D
NI
Range
g
g
g
g
Population
g
g
g
g
Habitat
g
g
g
g
Zukunftsaussichten
g
u
u
u
Gesamtbewertung
g
u
u
u
x
= unbekannt
g
= günstig
u
= unzureichend
s
= schlecht
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
7
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
2.5 Beeinträchtigungen und Gefährdungen
ƒ
Gefährdungsgrad: Rote Liste Deutschland (2009):
V − Vorwarnliste
Rote Liste Niedersachsen (1993): 2 − Stark gefährdet
Gefährdungsfaktoren:
ƒ
für die Sommer- und Winterquartiere
Der Große Abendsegler ist durch die in vielen Beständen zu intensive forstwirtschaftliche
Nutzung (Fällen von Höhlenbäumen mit Sommer- und Winterquartieren) von Laubwäldern
und der Beseitigung von alten Allee- und Parkbäumen, aber auch alten Straßen begleitenden Bäumen mit potenzieller Funktion als Quartier gefährdet; weiterhin durch intensiven
Kletterbetrieb an Felsen mit Felsspalten, die als (potenzielle) Quartiere dienen.
ƒ
für die Jagdhabitate
Entnahme von Alt- und Totholz in bekannten Wochenstubengebieten stellt den Verlust von
Lebensraum und den Verlust von Habitaten der Nahrungsinsekten dar.
Die Anlage von Waldwegen, Radwegen in Nähe von Altbeständen oder die Anlage von Gebäuden / Schutzhütten und Bänken unter Altbäumen ziehen eine intensive Pflege der Bestände (Entfernung alter Bäume, Rückschnitt abgestorbener und überhängender Äste) nach
sich um Schadensereignissen vorzubeugen (Verkehrssicherung). Dies geht mit dem Verlust
von Habitaten der Fledermäuse wie auch der Nahrungsinsekten einher.
ƒ
für die Wander- und Zugwegen
In Gebieten mit besonderer Bedeutung für den Fledermausschutz kann die Anlage und der
Betrieb von Windkraftanlagen die Funktion von Flugkorridoren zwischen Quartieren und
Hauptnahrungsflächen und während des Zuggeschehens (traditionelle Zugwege) beeinträchtigen.
3 Erhaltungsziele
Ziel ist die Erhaltung und ggf. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes des
Lebensraumes und die Aufrechterhaltung und ggf. Wiederherstellung einer stabilen, langfristig
sich selbst tragenden Population sowie des Verbreitungsgebietes der Art.
Bezogen auf potenzielle und tatsächliche Wochenstubenquartiere:
ƒ Erhöhung der Anzahl potenziell geeigneter Wochenstubenquartiere durch fledermausgerechte Waldbewirtschaftung in Waldgebieten mit bedeutenden Vorkommen (weiterer
Erhalt von Altbuchen-Alteichenbeständen)
ƒ Erhalt der bestehenden Wochenstubenquartiere
ƒ Stärkung vorhandener Vorkommen durch Habitatschutzmaßnahmen in Quartiergebieten
und Jagdhabitaten.
Bezogen auf Winterquartiere:
ƒ Erhöhung oder zumindest Erhalt der Anzahl Individuen in den Winterquartieren
ƒ Erhöhung der Anzahl geeigneter Winterquartiere durch Habitatschutzmaßnahmen.
Bezogen auf die Jagdlebensräume der Art:
ƒ Erhöhung des Anteils gut strukturierter Waldgesellschaften mit hohem Alt- und Totholzanteil und naturnaher Kulturlandschaften mit entsprechend großem Insektenreichtum.
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
8
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
Tab. 3: Matrix zur Bewertung des Erhaltungszustands
(Quelle: BfN [2009]: Überarbeitete Bewertungsbögen der Bund-Länder-Arbeitskreise als
Grundlage für ein bundesweites FFH-Monitoring)
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
9
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
4 Maßnahmen
4.1 Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen
ƒ
ƒ
ƒ
Erhalt und Förderung von Jagdhabitaten:
Wiederaufnahme der historischen Bewirtschaftung von Hudewäldern (sehr effektive Jagdgebiete aufgrund des großen Insektenreichtums / Nahrungsangebotes)
- In der Nähe von Sommerquartieren sind mittelalte bis alte Laubwaldbestände als Jagdgebiete langfristig zu fördern und zu erhalten.
- In der Nähe von Sommerquartieren Förderung der Umwandlung von Nadelbaumbeständen in Laubwald
- Entwicklung und langfristiger Erhalt von Altholzinseln
- Da der Große Abendsegler seine Nahrung über Baumwipfelhöhe im Wald und in der offenen Landschaft erbeutet, ist es unbedingt erforderlich, neben strukturreichen Wäldern
auch in Waldnähe bzw. in der Nähe von potenziellen Sommerquartieren eine strukturund artenreiche offene Landschaft zu erhalten bzw. zu entwickeln.
Erhalt und Förderung von Sommer- und Winterquartieren:
- Fledermäuse sind sehr quartiertreu. Sie kommen immer wieder zu ihren Sommer- und
Winterquartieren zurück. Maßnahmen zum Schutz der Arten sollten daher zunächst in
der Nähe ihrer Quartiere erfolgen.
- Laubbäume, die potenziell als Sommer- und Winterquartiere dienen können, sind bis zur
natürlichen Zerfallsphase zu erhalten und zu sichern.
- Besondere Bedeutung haben Buchenaltholzbestände aufgrund des relativen hohen
Höhlenreichtums. In solchen Beständen ist eine ausreichend hohe Anzahl von Altbäumen (ca. 120 Jahre und älter) und Bäume, die in den nächsten Jahrzehnten in diese Altersphase hineinwachsen, bis zur Zerfallsphase zu erhalten. Dies gilt auch für alte Bestände anderer Baumarten, die diese Kriterien erfüllen.
- Sicherung von bekannten frostfreien Winterquartieren. Hierzu gehören alte Laubbäume
mit Höhlen und einem BHD ab 40 cm (qualifizierte Auswahl der Bäume erforderlich).
Erhalt und Förderung von Zug- und Wanderwegen:
- Großflächige zusammenhängende Wälder sollten nicht fragmentiert werden.
- Langfristige Sicherung von Höhlenbäumen entlang von Zug- und Wanderwegen
- Keine Anlage und Betrieb von Windkraftanlagen in Gebieten mit besonderer Bedeutung
für den Fledermausschutz.
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
10
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
4.2 Gebiete für die Umsetzung mit Prioritätensetzung
1. Landkreise mit Wochenstuben/Winterquartieren: Friesland, Lüchow-Dannenberg, Nienburg,
Celle, Gifhorn, Region Hannover, Schaumburg, Hameln-Pyrmont, Hildesheim.
2. Landkreise/Städte mit besonders bedeutenden Habitaten und Vorkommen der Art: Ammerland, Rotenburg, Harburg, Lüneburg, Verden, Soltau-Fallingbostel, Uelzen,
Grafschaft Bentheim, Osnabrück (Stadt / Landkreis), Holzminden, Northeim, Göttingen
(Stadt / Landkreis), Goslar, Osterode.
3. Alle FFH-Gebiete mit Vorkommen der Art.
Flächendeckend sind in ganz Niedersachsen alle Wald- und Parklandschaftshabitate für den
Großen Abendsegler von Bedeutung. Geeignete Schutzmaßnahmen sind hier wünschenswert.
Abb. 4: Gebiete für die Umsetzung von Schutzmaßnahmen
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
11
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
4.3 Bestandsüberwachung und Untersuchungsbedarf
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Flächendeckende und punktgenaue Ermittlung von Wochenstubenquartieren/
-quartierverbänden
Flächendeckende Ermittlung von Winterquartierbäumen und sonstigen Winterquartieren
sowie Ermittlung von Überwinterungsgebieten
Ermittlung des Reproduktionserfolges in 3-5-jährigem Abstand
Untersuchungen zur Ermittlung von Wanderkorridoren
Untersuchungen zur Ermittlung von Paarungsgebieten
Aufnahme der Fledermausarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie in die Standarddatenbögen.
5 Schutzinstrumente
Vernetzung von Maßnahmen, die über die nachfolgend genannten Programme und Richtlinien
vorgesehen sind:
ƒ Vertragsnaturschutz (Sicherung von Habitatbäumen/Altbäumen/Totholz) nach der
Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung forstwirtschaftlicher Maßnahmen in den Ländern Niedersachsen und Bremen, RdErl. d. ML v. 16. 10. 2007 – 40664030/1-2.2 – (Nds. MBl. S. 1379), – VORIS 79100 –
ƒ Investive Maßnahmen ( z.B. Ankauf, Anpachtung mit Nutzungsverzicht in Altholzbeständen)
grundsätzlich möglich über die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen zur Entwicklung von Natur und Landschaft sowie zur Qualifizierung
für Naturschutzmaßnahmen in den Ländern Bremen und Niedersachsen (Förderrichtlinie
Natur- und Landschaftsentwicklung und Qualifizierung für Naturschutz), RdErl. d. MU v.
28.5.2008 - 53-04036/02/16/01 -, – VORIS 28100 –
ƒ Poolbildung von Ausgleichsmaßnahmen zur Sicherung und Entwicklung artgerechter Waldbewirtschaftung auf wichtigen Teilflächen in Privatwald mit Wochenstuben bzw. Reproduktionsnachweisen
ƒ Flächennutzungsplan: Darstellung von Standorten für Windenergieanlagen (Berücksichtigung von Zug- und Wanderwegen).
6 Literatur
ARBEITSGEMEINSCHAFT FAUNISTIK & ÖKOLOGIE (1993): Tierökologisches Gutachten zum
geplanten Gewerbegebiet „Am Tie“. – Bearbeiter: Dipl. Biol. A. Hirschfelder unter Mitarbeit von:
Dipl. Biol. C. Dense –- Fledermäuse, Dipl. Biol. G. Deters – Vögel, Dipl. Biol. J. Fliße – Laufkäfer, Venne
ARBEITSKREIS FORSTLICHE LANDESPFLEGE, IN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT
FORSTEINRICHTUNG (1987): Biotop-Pflege im Wald. Ein Leitfaden für die forstliche Praxis. –
3. Auflage, KILDA Verlag, Greven.
BADEN-WÜRTTEMBERG, REGIERUNGSPRÄSIDIUM FREIBURG (2006): Auswirkungen von
Windkraftanlagen auf Fledermäuse – Ergebnisse aus dem Regierungsbezirk Freiburg mit einer
Handlungsempfehlung für die Praxis.
BRINKMANN. R. & F. BONTADINA (2006): Untersuchungen zu möglichen betriebsbedingten
Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Fledermäuse im Regierungsbezirk Freiburg. – Auftraggeber: Regierungspräsidium Freiburg – Referat 56 – Naturschutz und Landschaftspflege.
BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ : Nationaler Bericht zum Fledermausschutz in der Bundesrepublik Deutschland 2003-2006.
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
12
Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz
– Vollzugshinweise Säugetierarten, Teil 3 –
Großer Abendsegler (höchst prioritär)
Entwurf, Juli 2010
DENSE, GOLL, LORENZ GBR, BÜRO FÜR ANGEWANDTE ÖKOLOGIE UND LANDSCHAFTSPLANUNG & MEYER & RAHMEL GBR (2002): Untersuchung zum Fledermausvorkommen im FFH-Gebietsvorschlag 3608-302 „Bentheimer Wald“. – Im Auftrag des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie.
GÖRNER. M. & H. HACKETHAL (1987): Säugetiere Europas – Beobachten und Bestimmen –,
Neumann Verlag Leipzig, Radebeul.
MEYER & RAHMEL GBR (1998): Fledermäuse im Hasbruch – Ergebnisse der Untersuchungen
der Jahre 1996 und 1997. Im Auftrage des Niedersächsischen Forstamtes Hasbruch, Stelle für
Waldökologie und Naturschutz.
NABU SCHLESWIG-HOLSTEIN (2010): http://schleswigholstein.nabu.de/naturvorort/fledermaeuse/fledermausarteninschleswig-holstein
PIELA, A. (2010): Tierökologische Abstandskriterien bei der Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg – Ein Beitrag zur Konfliktbewältigung im Spannungsfeld Vogel- und Fledermausschutz – Windenergie. Natur und Landschaft, Jg. 85, Heft 2.
SÄCHSISCHER VERBAND FÜR FLEDERMAUSFORSCHUNG UND -SCHUTZ E.V. (2010):
www.fledermausverband.de/artbeschreibung/rafl.htm
TEUBNER, J., J. TEUBNER, D. DOLCH & G. HEISE (2008): Säugetierfauna des Landes Brandenburg – Teil 1: Fledermäuse. Naturschutz in Brandenburg – Beiträge zur Ökologie, Naturund Gewässerschutz, Jg.17, H. (2,3).
THEUNERT, R. (2008): Verzeichnis der in Niedersachsen besonders oder streng geschützten
Arten – Schutz, Gefährdung, Lebensräume, Bestand, Verbreitung –Teil A: Wirbeltiere, Pflanzen
und Pilze. – Inform.d. Naturschutz Niedersachs. 28 (3) (3/2008), Hannover.
Impressum
Herausgeber:
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN)
– Fachbehörde für Naturschutz –
Postfach 91 07 13, 30427 Hannover
www.nlwkn.de > Naturschutz
AnsprechpartnerIn im NLWKN für diesen Vollzugshinweis: Otto Barna, Bärbel Pott-Dörfer
Zitiervorschlag:
NLWKN (Hrsg.) (2010): Vollzugshinweise zum Schutz von Säugetierarten in Niedersachsen. Teil 3:
Säugetierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Großer Abendsegler (Nyctalus noctula). – Niedersächsische Strategie zum Artenund Biotopschutz, Hannover, 13 S., unveröff.
3C03
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – NLWKN
13
Herunterladen