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Flexibilität in guten und schlechten Zeiten
Dr. Anne de Boer und Hendrik Riedel
Von Dr. Anne de Boer und Hendrik Riedel, Partner, GSK Stockmann + Kollegen
Viele Unternehmen suchen bei der Finanzierung über den Kapitalmarkt und insbesondere durch Anleihen eine
einfache Finanzierung unabhängig von Banken. Bei einer geschickten Ausgestaltung der Anleihebedingungen
kann die Anleihe zudem eine flexible Finanzierungsform bieten, mit der die Verschuldung in einer günstigen
Situation einfach herabgesetzt werden kann oder interessante Refinanzierungsfenster unabhängig von der festen
Laufzeit einer Anleihe genutzt werden können.
Kündigungsrechte des Emittenten
Anleihen sehen in der Regel feste Laufzeiten vor. Eine Vielzahl der Emittenten behält sich inzwischen vor, dass sie
ihre Anleihen vorzeitig kündigen kann. Eine Ausgestaltung des Kündigungsrechts wäre beispielsweise, dass nach
Ablauf einer Mindestlaufzeit die Anleihe jährlich zurückgezahlt werden kann. Diese Kündigungsrechte sind im
Interesse der Anleger häufig mit Aufschlägen auf den Rückzahlungsbetrag versehen.
Rückkäufe von Anleihen
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Anleihe vorzeitig auf dem Markt ganz oder teilweise zurückzukaufen.
Die Anleihebedingungen sollten diese Möglichkeit immer vorsorglich zulassen. Ein Rückkauf kann sowohl in guten
Zeiten interessant sein, wenn der Emittent bei entsprechend vorhandener Liquidität insgesamt seine Verschuldung
senken möchte, aber auch dann, wenn der Kurs der Anleihe unter dem Ausgabekurs notiert und eine bessere
Finanzierungsmöglichkeit zur Verfügung steht. Der Emittent würde von den Kursdifferenzen profitieren.
Für Aktien sind Rückkäufe in der EU Verordnung über Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen
(EG) 2273/2003 vom 22.12.2003 ausführlich geregelt. Für Anleihen gelten diese Regelungen nur sehr
eingeschränkt. Auch eine entsprechende Anwendung kann nicht alle Lücken füllen. Insofern ist auf die allgemeinen
kapitalmarktrechtlichen Regelungen zurückzugreifen, die jedoch ebenfalls nicht in jedem Fall eindeutige Lösungen
bieten.
Stille und offene Rückkäufe
Bei stillen Rückkäufen kauft der Emittent Anleihen ohne Mitteilung aus dem Markt zurück. Aufgrund der fehlenden
Transparenz ist hier unbedingt darauf zu achten, dass weder ein Insidergeschäft besteht noch eine
Marktmanipulation im Sinne von § 20 a WpHG erfolgt. Der Rückkauf und die damit verbundene Reduzierung des
Volumens sind nämlich grundsätzlich geeignet, den Kurs einer Anleihe zu beeinflussen. Stille Rückkäufe sollten
daher nur sehr eingeschränkt und marktschonend erfolgen.
Bei offenen Rückkäufen wird der Markt dagegen über anstehende Rückkäufe informiert. Hier sollte darauf geachtet
werden, dass ausreichend über den Umfang und die Zeiten eines Rückkaufs informiert wird, damit der Einfluss auf
den Börsenkurs hinreichend transparent ist.
Rückkaufprogramme
Bei Anleihen sind zudem öffentliche Rückkaufprogramme zu finden, bei denen Anleger ihre Anleihen an den
Emittenten zurückverkaufen können. Ein öffentliches Rückkaufprogramm kann den Gesamtbetrag der Anleihe
erfassen, aber auch auf einen Teilbetrag beschränkt sein. Es kann auch mit der Emission einer neuen Anleihe
kombiniert werden. Häufig hat der Emittent ein Interesse an einem Rückkauf und bietet – wie beim vorzeitigen
Kündigungsrecht – Aufschläge an, um die Anleger zu einer Rückgabe zu motivieren.
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Rückkauf und Refinanzierung
Sofern der Rückkauf mit einer Refinanzierung kombiniert wird, besteht die Möglichkeit eines direkten Umtauschs
der Alt- gegen eine Neuanleihe. Ebenso ist es möglich, die Emission der Neuanleihe und den Rückkauf lediglich
parallel zu organisieren und allenfalls den Umfang der Neuemission an die Höhe des Rückkaufs anzupassen,
ebenso die Zahlungsflüsse und Termine aufeinander abzustimmen.
Quelle: eigene Darstellung
Restrukturierung einer Anleihe
Mit der Einführung des Schuldverschreibungsgesetzes besteht nunmehr auch die Möglichkeit, wesentliche
Bedingungen einer Anleihe mit Zustimmung nur der Mehrheit der Anleihegläubiger zu ändern.
Mögliche Maßnahmen: Soweit die Anleihebedingungen es vorsehen, können durch Mehrheitsbeschluss mit
bindender Wirkung für alle Anleihegläubiger u.a. die Zinsen bis auf null herabgesetzt oder Zinszahlungen
gestundet werden. Ferner kann eine Stundung, Minderung oder Nachrangigkeit der Hauptforderung sowie deren
Umwandlung in Gesellschaftsanteile des Emittenten oder die Freigabe von Sicherheiten beschlossen werden.
Weitere Zahlungen durch die Anleihegläubiger bedürfen jedoch der Zustimmung jedes einzelnen Gläubigers.
Formale Voraussetzungen: Für wesentliche Maßnahmen wie die zuvor genannten bedarf der Beschluss einer
Mehrheit von 75% der teilnehmenden – nicht aller – Stimmrechte, im Übrigen genügt die einfache Mehrheit. Die
Anleihebedingungen können dabei eine höhere Mehrheit verlangen. An der Beschlussfassung müssen sich
Anleihegläubiger beteiligen, die zusammen mindestens die Hälfte der ausstehenden Schuldverschreibungen
halten. Wird dieses Quorum nicht erreicht, genügt in einer anschließenden zweiten Abstimmung für eine
qualifizierte Mehrheit eine Beteiligung von einem Viertel.
Schutzmechanismus: Um die Anleihegläubiger zu schützen, kann ein solcher Beschluss unter bestimmten
Voraussetzungen angefochten und für unwirksam erklärt werden. Derzeit wird für eine Änderung der
Anleihebedingungen nicht verlangt, dass sich der Emittent in einer besonderen Sanierungs-, Krisen- oder gar
Insolvenzsituation befinden muss. In solchen Fällen werden jedoch besondere Gründe vorliegen müssen, um die
notwendigen Mehrheiten zu erzielen.
Fazit
Anleihen können heute durch Kündigungsrechte und Rückkäufe so ausgestaltet und genutzt werden, dass sie
Emittenten eine hohe Flexibilität insbesondere hinsichtlich der Höhe der ausstehenden Schuldverschreibungen
bieten. Durch das Schuldverschreibungsgesetzt besteht zudem die Möglichkeit, insbesondere in Krisensituationen
auch die wesentlichen Konditionen anzupassen.
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