10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 Einfluss von Wärmepumpen auf den Investitionsbedarf in Niederspannungsnetzen Michael Haendel1, Simon Marwitz Fraunhofer ISI, Breslauer Straße 48, 76139 Karlsruhe, Deutschland, +49721/6809-676, [email protected] Kurzfassung: Mit dem Zubau erneuerbarer Energien und der zunehmenden Verbreitung neuer Verbraucher werden die elektrischen Niederspannungsnetze vor neuen Herausforderungen gestellt. Wärmepumpen gelten dabei als eine Verbrauchergruppe, die zunehmend diese Netze stark belasten und überlasten könnten. Hierauf reagieren Verteilnetzbetreiber indem sie in die Netze investieren. Der Investitionsbedarf kann im Verteilnetz, zu dem auch Niederspannungsnetze gehören, bis zum Jahr 2030 bis zu 42,5 Mrd. Euro betragen [1]. In diesem Beitrag wird daher untersucht, welchen Einfluss Wärmepumpen auf den Investitionsbedarf in deutscher Niederspannungsebene im Jahr 2050 haben. Hierzu wird das Verhalten von Wärmepumpen in einem agentenbasierten Strommarktmodell abgebildet und anschließend deren Einfluss auf Netzüberlastungen im Niederspannungsnetz mittels einer Lastflussrechnungen näher untersucht. Dabei werden verschiedene Durchdringungsraten von Wärmepumpen und Netztopologien berücksichtigt. Auf Basis von Netzüberlastungen wird der Netzinvestitionsbedarf in einem ländlichen, vorstädtischen und städtischen Netz untersucht. Zudem werden zusätzliche Netznutzungsentgelte, die sich aus Netzinvestitionen ergeben, für diese Netze ermittelt. Es zeigt sich, dass bei geringen Durchdringungsraten der Einfluss von Wärmepumpen auf Niederspannungsnetze gering bleibt. Hohe Durchdringungsraten führen tendenziell zu stärkeren Netzüberlastungen und somit zu größerem Investitionsbedarf und höheren Netznutzungsentgelten. Die finanziellen Belastungen die hieraus entstehen können, sind für Haushalt im untersuchten vorstädtischen Netz am höchsten. Keywords: Niederspannungsnetze, Wärmepumpen, Netzinvestitionsbedarf 1 Einleitung Die energiepolitischen Klimaziele erfordern es in allen Bereichen Anstrengungen zu unternehmen, um energieeffizienter zu werden und Treibhausgasemissionen einzusparen. So wird einerseits der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben als auch versucht etablierte Prozesse zu dekarbonisieren. Als eine wichtige Säule bei der Verminderung der durch Verbraucher verursachten Treibhausgasemissionen wird die Elektrifizierung gesehen, bei der grüner Strom anstatt fossile Brennstoffe als Energiequelle verwendet werden [11]. Als zwei zentrale neue elektrische Verbraucher werden dabei im Privatbereich Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen gesehen. Diese beiden Technologien können dazu 1 Jungautor Seite 1 von 11 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 beitragen den Transport und Wärmesektor zu dekarbonisieren. Allerdings führt der Betrieb dieser Technologien zu zusätzlicher Stromnachfrage an elektrischen Niederspannungsnetzen. Dies kann für diese Netze eine Herausforderung darstellen, welche einen Netzausbau nach sich ziehen kann. Bei Elektrofahrzeugen ist beispielsweise insbesondere eine zunehmende Verbreitung im vorstädtischen Netz zu erwarten deren Einfluss auf zusätzliche Netzinvestitionen auch bereits teilweise analysiert wurde [5, 9]. In diesem Beitrag wird daher der Schwerpunkt auf Wärmepumpen als neuer Verbraucher gelegt. Wärmepumpen stellen dabei eine effektive Technik dar, um insbesondere in Haushalten den Wärmebedarf mit geringeren Treibhausgasemissionen bereitzustellen, als es beispielsweise mit fossil betriebenen Brennwertkesseln möglich wäre. Besteht nun ein Heizbedarf, so kommt es bei einem zunehmenden verstärkten Einsatz von Wärmepumpen zu einer Erhöhung des elektrischen Energiebedarfes der Haushalte [3]. Dies kann auf Niederspannungsebene zu Netzbelastungen und Netzüberlastungen führen [7]. Dieser Diskussionsbeitrag soll daher untersuchen, inwieweit Wärmepumpen zusätzlichen Investitionsbedarf in verschiedenen Niederspannungsnetzen verursachen können. Dazu wird unter der Berücksichtigung der Einspeisung von Photovoltaik-Anlagen und der Verwendung von Elektrofahrzeugen der Einfluss von Wärmepumpen auf die Netzbelastung verschiedener Netztypen (ländlich, vorstädtisch und städtisch) analysiert. Es werden so Rückschlüsse auf die Planung und Auslegung zukünftiger Netze gezogen, um auch langfristig ein stabiles und möglichst kostengünstiges Netz zu betreiben. Zur Beurteilung des Netzinvestitionsbedarfs werden zudem die zusätzlichen Netzentgelte berechnet, die sich aus den Netzinvestitionen ergeben. Für die Analyse wird im Kapitel 2 das methodische Vorgehen vorgestellt. Anschließend werden in Kapitel 3 Szenarien zur Untersuchung der Fragestellung festgelegt und die Ergebnisse der Untersuchung im Kapitel 4 dargestellt. Kapitel 5 fasst abschließend den Beitrag zusammen. 2 Methodik Zur Analyse des Einflusses von Wärmepumpen auf den Investitionsbedarf in elektrischen Niederspannungsnetzen werden zwei verschiedene Modelle miteinander gekoppelt. Das erste Modell ist ein agentenbasiertes Strommarktmodell. Mit diesem Modell werden Lastkurven für verschiedene Wärmepumpen erstellt. Diese Lastkurven werden dann an das zweite Modell, dem Netzmodell, übergeben, um technische und ökonomische Auswirkungen der Wärmepumpennutzung auf verschiedene Niederspannungsnetze zu analysieren. Technische Auswirkungen sind hier thermische und spannungsbedingte Netzbelastungen und Netzüberlastungen. Ökonomische Auswirkungen sind der sich daraus ergebende Netzinvestitionsbedarf und die sich daraus ergebenden zusätzlichen Netznutzungsentgelte. Im Folgenden wird näher auf die beiden verwendeten Modelle eingegangen. 2.1 Strommarktmodell Zur Erstellung der durch Wärmepumpen verursachten Lastkurven wird auf ein Flexibilitätsmodul des agentenbasierten Strommarktmodells der Enertile Simulationsplattform [2] zurückgegriffen. Das agentenbasierte Strommarktmodell bildet das Seite 2 von 11 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 Marktgeschehnisse im Umfeld von Wärmepumpen und relevante Akteure des deutschen Strommarktes in Form von Agenten ab. Die Agenten repräsentieren dabei unter anderem Verbraucher, fossile und erneuerbare Erzeuger, Netzbetreiber und Marktbetreiber. Die Wärmepumpen werden dabei als eigene Verbraucher modelliert, um ihr Verhalten detailliert darstellen zu können. Der Strommarktpreis ergibt sich im Modell aus einer aggregierten Angebots- und Nachfragekurve einer Auktion, in der Anbieter und Nachfrager Preis- und Volumenangebote abgeben. Marktseitig werden der vortägliche Spotmarkt und verschiedene Reservemärkte abgebildet. Es wird in stündlicher zeitlicher Auflösung simuliert und der deutsche Kraftwerkspark blockscharf abgebildet. Die wichtigsten allgemeinen Modellergebnisse sind die stündlichen Marktpreise, der stündliche Einsatz von thermischen Kraftwerken und Energiespeichern, die CO2-Emissionen im Stromsektor und die resultierenden Kosten und Einnahmen einzelner Agenten, die sich aus ihren Marktaktivitäten ergeben. Abbildung 1 fasst den Aufbau des agentenbasierten Strommarktmodells mit seinen Hauptagenten zusammen. Abbildung 1: Aufbau des Enertile – Simulationsmodells [2] Für die Erstellung der Lastkurven von Wärmepumpen wird auf die Wärmepumpen-Agenten des Strommarktmodells zurückgegriffen [2]. Das Verhalten der Wärmepumpen-Agenten wird über eine Blackbox modelliert. Diese bestehen aus einem Haus zur Abbildung des Wärmebedarfes, einer Wärmepumpe als Wärmequelle und Referenztemperaturen für die Rauminnen- und Außentemperatur. Grundlage der Simulation ist die Ermittlung des Heizbedarfes des Hauses, welche über die Bildung einer Energiebilanz über die Wärmequellen und -senken des zu simulierenden Hauses gebildet wird. Als Wärmequelle werden solare Gewinne durch Strahlungswärme, interne Gewinne durch Warmwassernutzung und im Haus lebende Personen und Wärmegewinne durch Heizungen wie auch die Wärmepumpe und Speicher berücksichtigt. Auf der Seite der Wärmesenke werden Lüftungswärmeverluste und Transmissionsverluste berücksichtigt. Zur Ermittlung der Einzelkomponenten werden Durchschnittswerte für den Wärmedurchgangskoeffizient, die zu Seite 3 von 11 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 beheizende Fläche und die solare Wärmeeinspeisung angenommen. Zur Abbildung der Trägheit des Hauses wird auf einen zusätzlich installierten Wasserspeicher zurückgegriffen, der das Temperaturniveau in der Blackboxsimulation in gewissen Bereichen hält. Die Außentemperatur wird aus dem Strommarktmodell entnommen. Als Wärmepumpentypen werden Luft-Wasser-Wärmepumpen analysiert. Der Betrieb der Wärmepumpe kann entweder ungesteuert erfolgen, indem eine Wärmepumpe unverzüglich auf geänderte Raumtemperaturen reagiert, oder preisgesteuert, indem die Anlage zu Zeitpunkten günstiger Marktpreise unter Berücksichtigung des Flexibilitätspotentiales eines Warmwasserspeichers betrieben wird. Der Warmwasserbedarf wird bei dieser Untersuchung nicht über die Wärmepumpe gedeckt. Das Verhalten der Wärmepumpe wird auf einer viertelstündlichen Basis durchgeführt und ist damit etwas genauer als die zeitliche Auflösung des restlichen Strommarktmodells. Das Lastprofil einer Wärmepumpe kann nun durch die Simulation eines Jahres im Strommarktmodell erfolgen, indem für einen spezifischen Wärmepumpen-Agenten die Strombezugsmengen mit protokolliert werden. Die so erstellten elektrischen Nachfrageprofile für Wärmepumpen werden dann normiert an das Netzmodell weitergeleitet. 2.2 Netzmodell Zur Analyse des Einflusses der Wärmepumpen auf den zusätzlichen Netzinvestitionsbedarf wird das Modell FLEX-GOLD (FLEXible Grid and stakehOLDers) verwendet [5]. FLEX-Gold bildet elektrische Netze sowie Technologien die am Netz Strom nachfragen oder ins Netz einspeisen technisch und ökonomisch ab. In einer Wechselstromsimulation werden zunächst technische Netzbelastungen und Netzüberlastungen, die durch den Betrieb von Wärmepumpen entstehen können, abgebildet. Falls Netzüberlastungen auftreten, baut ein Verteilnetzbetreiber das Netz aus, indem er dem Netz Leitungen hinzufügt. Der Verteilnetzbetreiber unterscheidet zwischen spannungsbedingten und thermischen Netzüberlastungen [5, 6]. Bei Verletzungen des Spannungsbandes wird vom letzten Drittel des überlasteten Netzstrangs bis zum Transformator ein Kabel parallel zugebaut. Netzüberlastungen treten auf, sobald die elektrische Spannung um mehr als 4 % von ihrem Nennwert abweicht. Tritt eine thermische Überlastungen auf, baut der Verteilnetzbetreiber von der Mitte des überlasteten Netzelements bis zum nächsten Netztransformator ein Kabel parallel zu [1]. Dieser Ausbau wird im Modell als Netzinvestitionsbedarf dargestellt. Die so entstandenen Netzinvestitionen verteilt der Verteilnetzbetreiber auf die nachgefragte Energie im Netzgebiet. Bei der nachgefragten Energie handelt es sich um die hochgerechnete Energie, die bis zum Ende der Lebensdauer aller zugebauten Kabel im Netzgebiet nachgefragt wird. Zur Analyse des Einflusses der Wärmepumpen auf Niederspannungsnetze werden die im agentenbasiertem Strommarktmodell erstellten Wärmepumpenprofile neben Profilen für die restliche Stromnachfrage und PV-Einspeisung als Eingangsparameter verwendet. Die Simulation wird über eine Woche mit einer 15-minütigen Auflösung durchgeführt. Seite 4 von 11 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 3 Szenarienbeschreibung In diesem Kapitel werden Durchdringungsszenarien von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen in drei Niederspannungsnetzen (ländlich, vorstädtisch, städtisch) für das Jahr 2050 vorgestellt. Diese legen die Grundlage für die spätere Analyse des Einflusses von Wärmepumpen in Haushalten auf das Niederspannungsnetz. Die Durchdringungsszenarien orientieren sich am Klimaschutzszenario 80 der Studie „Klimaschutzszenario 2050“ [8]. Dieses Szenario bildet zudem die Ausgangsbasis der Photovoltaik- und Elektrofahrzeugdurchdringung. Zudem wird angenommen, dass die durchschnittliche thermische Gebäudequalität im Jahr 2050 in etwa der von aktuellen Neubauten entspricht. Für die Erstellung der Wärmeprofile werden verschiedene Wärmepumpen-Agenten erstellt. Bei der Parameterwahl für die Häuser wird sich am bestehenden Gebäudebestand orientiert [4]. Für die Lastkurven, die an das Netzmodell übergeben werden, wird sich auf aktuelle Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser konzentriert. Dabei besitzt das Einfamilienhaus ein Heizraumvolumen von ca. 500 m³ und das Mehrfamilienhaus ein Heizraumvolumen von ca. 7700 m³. Dem Einfamilienhaus steht ein Warmwasserspeicher von 24 kWh und dem Mehrfamilienhaus ein Warmwasserspeicher mit einer Kapazität von 140 kWh zur Verfügung. Es wird angenommen, dass den Haushalten eine Luft-Wasser Wärmepumpe zur Verfügung steht. Die Leistungsauslegung der Wärmepumpe erfolgt so, dass die höchste viertelstündige Wärmenachfrage des Hauses im Jahresverlauf durch die Wärmepumpe gedeckt werden kann. Für die Wärmepumpe der Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser kommen jeweils zwei Steuerungsvarianten zum Einsatz. Bei der ungesteuerten Variante wird immer geheizt sobald ein Wärmebedarf im Haus besteht und in der preisgesteuerten Variante wird an Zeitpunkten mit niedrigem Strompreis geladen und zusätzlich ein Warmwasserspeicher zur Temperaturerhaltung verwendet. In der preisgesteuerten Variante wird somit das verfügbare Flexibilitätspotential des Warmwasserspeichers ausgenutzt. Aus den Varianten ergeben sich Stromnachfrageprofile die an das Modell FLEX-GOLD übermittelt werden. Diese vier Profile werden dann einheitlich als Ausgangsbasis für alle Durchdringungsszenarien verwendet. Für die Untersuchung der Auswirkungen von Wärmepumpen auf Netzbelastung und Netzüberlastungen sowie des daraus resultierenden Investitionsbedarfes am Netzmodell werden im Folgenden die unterschiedlichen Durchdringungsszenarien definiert. Elektrische Niederspannungsnetze sind sehr heterogen. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass in unterschiedlichen Netzen sehr unterschiedliche Kabel- und Leitungslängen pro Haushalt installiert sind [5]. Zudem variieren Netze in ihrer Topologie stark [10]. Um dennoch allgemeingültige Aussagen zur Auswirkungen von Wärmepumpen auf Netzbelastung und Netzüberlastungen sowie des daraus resultierenden Investitionsbedarfes treffen zu können, werden in diesem Beitrag die Untersuchungen an drei unterschiedlichen Niederspannungsnetzen in Deutschland für das Jahr 2050 mit unterschiedlicher Wärmepumpendurchdringung betrachtet. Die Ausgestaltung der Szenarien für das Jahr 2050 basiert dabei auf den Klimaschutzszenarien, der Verteilung von Netzempfindlichkeiten deutscher Niederspannungsnetzen und der Verteilung von PV-Aufdachanlagen in deutschen Postleitzahlgebieten [5, 8, 9]. Im Folgenden werden die Szenarien detaillierter beschrieben. Es wird zwischen ländlichen, vorstädtischen und städtischen Netzen unterschieden. Kabel und Leitungslängen in den jeweiligen Netzen sind auf mittlere Werte von Netzen in Deutschlandland ausgerichtet [5]. Zudem wird angenommen, dass an jedem Netzknoten Seite 5 von 11 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 eines Netzes Haushalte angeschlossen sind. Mit dem ländlichen und vorstädtischen Netz sind Einfamilienhaushalte verbunden. Mit dem städtischen Netz sind Mehrfamilienhaushalte verbunden. Die Netztopologien des ländlichen, vorstädtischen und städtischen Netzes können den Abbildungen 2 - 4 entnommen werden. Für Einfamilienhäuser wird angenommen, dass der jährliche Strombedarf 4000 kWh beträgt und eine Wärmepumpe mit einer elektrischen Leistung von 4 kW erforderlich ist, um den Raumwärmebedarf zu decken. Es wird dabei von durchschnittlich 2,5 Personen pro Haushalt ausgegangen. Analog dazu beträgt bei Mehrfamilienhäusern der jährliche Stromverbrauch 10.000 kWh und die benötigte elektrische Leistung der Wärmepumpe 8 kW. Für Mehrfamilienhaushalte im städtischen Netz wird durchschnittlich von 1,5 Personen pro Haushalt ausgegangen. Die installierte Leistung aller PV-Anlagen beträgt 6 kWp und die maximale Ladeleistung der Elektrofahrzeuge 10,8 kW [5]. Für alle Netze wird angenommen, dass 30 % der Haushalte eine Wärmepumpe besitzen. Zudem werden Sensitivitäten von 10, 20 und 40 % Wärmepumpendurchdringung betrachtet. Es wird davon ausgegangen, dass sich bis zum Jahr 2050 ökonomische Anreize zur Nutzung von PV-Strom im Mieter/Vermieterverhältnis verändern und dies zu einer verstärken Nutzung von PV-Anlagen insbesondere in städtischen Netzen führt. Die Durchdringungsraten von PhotovoltaikAnlagen werden dazu genauso wie die Durchdringungsraten von Elektrofahrzeugen in dieser Untersuchung fest vorgegeben. Es wird daher angenommen, dass 56 % der Haushalte im ländlichen, 24 % der Haushalte im vorstädtischen und dass 5 % der Haushalte im städtischen Netz eine PV-Anlage besitzen [5]. In Anlehnung an vorhandene Klimaschutzszenarien wird zudem deutschlandweit von einer 36 %igen Durchdringung von Elektrofahrzeugen ausgegangen [8]. Die Zuordnung von Wärmepumpen, Elektrofahrzeugen und Photovoltaik-Anlagen an die einzelnen Haushalte erfolgt zufällig. Wesentliche Parameter der untersuchten Szenarien können der Tabelle 1 entnommen werden. Abbildung 2: Topologie des ländlichen Niederspannungsnetzes Seite 6 von 11 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 Abbildung 3: Topologie des vorstädtischen Niederspannungsnetzes Abbildung 4: Topologie des städtischen Niederspannungsnetzes Netzparameter Netz Wert Ländlich 400 Transformatorleistung Vorstädtisch Leiterquerschnitt Kabellänge pro Haushalt Anzahl Haushalte Einheit 630 Städtisch 2x630 Ländlich 150 Vorstädtisch 150 Städtisch 300 Ländlich 30 Vorstädtisch 28 Städtisch 15 Ländlich 25 Vorstädtisch 100 Seite 7 von 11 kVA mm² m/HH - 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien Anzahl PV-Anlagen Städtisch 800 Ländlich 14 Vorstädtisch 24 Städtisch 10 IEWT 2017 - Tabelle 1: Zentrale Parameter der Netzanalyse 4 Ergebnisse Die Analysen werden für die in Abschnitt 3 festgelegten Szenarien durchgeführt und zeigen, dass mit zunehmender Wärmepumpendurchdringung die untersuchten Niederspannungsnetze stärker belastet werden und ein Netzausbau erforderlich wird. Netzbelastungen über ein Jahr zeigen, dass die durch Wärmepumpen verursachte Netzbelastungen sehr stark vom Raumwärmebedarf bzw. von der Jahreszeit abhängen. Die Netzbelastungen sind für alle Netze im Winter am größten und im Sommer am geringsten. Im preisgesteuerten Betrieb können hingegen Zeitpunkte maximaler Belastung über das ganze Jahr hinweg auftreten, da sich der Strombezug der Wärmepumpen auf Zeitpunkte des geringsten Strompreises konzentriert und dies zu hoher Gleichzeitigkeit der Leistungsnachfrage in den Netzen führt. Mit angepassten Preissignalen könnten die Netze allerdings auch entsprechend entlastet werden. Das größte Lastverschiebungspotential besteht in der Übergangszeit (Frühjahr/Herbst), da die Wärmepumpen im Winter fast durchgehend mit maximaler Leistung Energie vom Netz beziehen und im Sommer überwiegend ausgeschaltet bleiben. Das größte Potential den Eigenverbrauch durch PVAnlagen zu steigern und damit auch die Netzbelastung zu reduzieren könnte somit in der Übergangszeit mittels einer intelligenten Wärmepumpensteuerung erreicht werden. Auslegungsrelevant für das Niederspannungsnetz sind die Zeitpunkt der höchsten Stromnachfrage. Die maximale Netzbelastung ist in den betrachteten Szenarien unabhängig von der Betriebsweise der Wärmepumpe so hoch, dass ein Netzausbau erforderlich wird. Die höchsten Netzüberbelastungen treten dabei im vorstädtischen Netz und die geringsten im städtischen Niederspannungsnetz auf. Alle Netze werden vorwiegend aufgrund von Überlastungen im Winter mittels Kabelzubau verstärkt. Wie stark Haushalte finanziell belastet werden, hängt dabei sehr stark vom Netz ab mit dem Haushalte verbunden sind. Im untersuchten vorstädtischen Niederspannungsnetz ist der zusätzliche Netzinvestitionsbedarf pro Haushalt am größten. Hier können bei einem ungesteuertem Betrieb der Wärmepumpen bis zum Jahr 2050 Haushalte mit bis zu 6.300 € finanziell durch Netzausbau belastet werden. Im städtischen Netz sind hingegen die finanziellen Belastungen mit ~1.000 Euro für jeden Haushalt deutlich geringer. Im ländlichen Netz können die Kosten eines jeden Haushaltes bei bis zu 4.500 € liegen. Die finanzielle Belastung der Haushalte hängt aber auch von der Betriebsweise der Wärmepumpen ab. Wird die Wärmepumpe preisgesteuert betrieben, so kann der Finanzierungsbedarf bei bis zu 9.000 Euro pro Haushalt im vorstädtischen und bis zu 7.000 Euro pro Haushalt im ländlichen Niederspannungsnetz betragen (Abbildung 5). Seite 8 von 11 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 Abbildung 5: Zusätzlicher Investitionsbedarf pro Haushalt für das untersuchte ländliche, vorstädtische und städtische Niederspannungsnetz im Jahr 2050. Investitionen die Verteilnetzbetreiber tätigen werden auf die nachgefragte Strommenge im Netzgebiet in Form von Netznutzungsentgelten umgelegt. Eigenversorgung sowie dezentrale Einspeisung ist von der Zahlung von Netznutzungsentgelten befreit. Im Niederspannungsnetz tragen somit Haushalte Netzinvestitionen über ihre aus dem Netz bezogene Energie. Die Analyse für das Jahr 2050 zeigt, dass durch Netzinvestitionen im ländlichen Netz die Netznutzungsentgelte um 0,9 ct/kWh steigen, falls alle Wärmepumpen ungesteuert betrieben werden. Im selben Netz führt ein preisgesteuerter Betrieb zu Netznutzungsentgelten von 1,5 ct/kWh. Die Netznutzungsentgelte im vorstädtischen Netz bewegen sich in einer ähnlichen Größenordnung. Im städtischen Netz steigen Netznutzungsentgelte durch Netzausbau hingegen nur um 0,5 ct/kWh im ungesteuerten bzw. um 0,6 ct/kWh im preisgesteuerten Betrieb der Wärmepumpen (Abbildung 6). Abbildung 6: Zusätzliche Netznutzungsentgelte für das untersuchte ländliche, vorstädtische und städtische Niederspannungsnetz im Jahr 2050. Die Sensitivitätsanalyse mit den unterschiedlichen Durchdringungsraten für Wärmepumpen zeigt unabhängig von der Betriebsweise, dass in allen Netzen erst ab 20 % Wärmepumpendurchdringung ein Investitionsbedarf besteht. Ab einer Durchdringungsrate von 30 % nehmen sowohl die durch Wärmepumpen verursachten Netzüberlastungen als Seite 9 von 11 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 auch der Netzinvestitionsbedarf etwas zu. Die Netznutzungsentgelte steigen dabei in der ungesteuerten Betriebsweise der Wärmepumpe auf bis zu 0,6 ct/kWh bei einer Durchdringungsrate von 40 % an, sind aber absolut gesehen niedriger als die zusätzlichen Netznutzungsentgelte im ländlichen (0,7 ct/kWh) und vorstädtischen Niederspannungsnetz (1,1 ct/kWh). Um den Einfluss von Wärmepumpen unabhängig von der Verbreitung von Elektrofahrzeugen zu ermitteln werden innerhalb einer weiteren Sensitivitätsanalyse keine Elektrofahrzeuge mit dem Netz verbunden. Diese Analyse zeigte auf, dass Elektrofahrzeuge bei geringen Durchdringungsraten von Wärmepumpen auslegungsrelevanter sind. Ab einer Durchdringungsrate von 30 % besteht aber auch ohne Elektrofahrzeuge im Netz erster Investitionsbedarf der auf bis zu 9.000 Euro pro Haushalt ansteigen kann, falls alle Haushalte über eine Wärmepumpe verfügen (Abbildung 7). Abbildung 7: Zusätzlicher Investitionsbedarf pro Haushalt im untersuchten vorstädtischen Netz für Wärmepumpendurchdringungen von 0 bis 100 % im Jahr 2050 bei einer ungesteuerten Betriebsweise, ohne die Berücksichtigung von Elektrofahrzeugen. 5 Zusammenfassung Die in diesem Beitrag durchgeführte Analyse zeigt, dass die zunehmende Verbreitung von Wärmepumpen Netzinvestitionen nach sich ziehen können, diese mittelfristig aber keine großen Herausforderungen für das Niederspannungsnetz darstellen. Der größten Einfluss auf zusätzliche Netzinvestitionen durch Kabelzubau und den daraus folgenden Netznutzungsentgelten besteht zukünftig vermutlich in vorstädtischen Netzen. Städtische Netze sind hingegen besser auf die zusätzliche Stromnachfrage der Wärmepumpen vorbereitet, da diese Netze durch geringere Durchdringungsraten von Elektrofahrzeugen über größere Netzreserven verfügen. Falls Netze auf Wärmepumpen ausgelegt werden müssen, ist die maximale Stromnachfrage relevant, die während der Heizperiode vorwiegend im Winter auftreten. Eine rein auf Markpreisen basierende Betriebsweise von Wärmepumpe führt zu einem negativen Effekt, falls die Netzbelastung nicht im Marktpreis berücksichtigt Seite 10 von 11 10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 wird. Die Netzbelastungen sind in diesem Fall größer und können einen um bis zu 50 % höheren Netzinvestitionsbedarf verursachen als bei einer ungesteuerten Betriebsweise der Wärmepumpen. Auslegungsrelevant für Netze ist jedoch die maximale Gesamtlast am Netz. Hier könnten zukünftig Elektrofahrzeuge bei den angenommenen Durchdringungsraten den größeren Einfluss haben. Netzausbau sollte daher koordiniert unter der Berücksichtigung mehrerer Technologien und deren Zusammenspiel durchgeführt werden. Für detaillierte Aussagen ist es erforderlich weitere Netze und Profile für die Erzeugung und Nachfrage zu untersuchen. Zudem sollte der Warmwasserbedarf in die Analyse mit integriert werden und weitere Betriebsweisen der Wärmepumpen sowie Ladestrategien von Elektrofahrzeugen im Zusammenspiel betrachtet werden. Fördervermerk Diese Veröffentlichung wurde vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) innerhalb des Projekts „Flexible Nachfrage als wichtiger Beitrag zur Energiewende und Baustein in der Energiesystemanalyse – EnSYS-FlexA“ gefördert. Literatur [1] Agricola, A. et al.: Ausbau- und Innovationsbedarf in den Stromverteilnetzen in Deutschland bis 2030, Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), Berlin, 2012. [2] Fraunhofer ISI: Enertile – Simulationsmodell, http://www.enertile.eu/, Karlsruhe 2016. [3] Frost and Sullivan: Opportunities in the European Heat Pump Market, London, 2010. [4] IWU: Deutsche Wohngebäudetypologie. Beispielhafte Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von typischen Wohngebäuden, Darmstadt, 2015. [5] Marwitz, S.; Klobasa, M; Wietschel, M.: Auswirkungen von Elektromobilität und Photovoltaik auf die Finanzierung deutscher Niederspannungsnetze, http://www.isi.fraunhofer.de/isiwAssets/docs/e/de/publikationen/170103_SEF_Endbericht.pdf, Karlsruhe, 2016. [6] Marwitz, S.; Olk, C.: Extension algorithm for generic low-voltage networks, Veröffentlichung in Vorbereitung. [7] Nykamp, S.; Molderink, A.; Bakker, V.; Toersche, H. A.; Hurink, J. L.; Smit, G.J.M.: Integration of heat pumps in distribution grids: Economic motivation for grid control, Berlin, 2012. [8] Öko-Institut e.V., Fraunhofer ISI: Klimaschutzszenario 2050. 2. Endbericht. Berlin, 2015. [9] Plötz, P.; Schneider, U.; Globisch, J.; Dütschke, E.: Who will buy electric vehicles?, Transportation Research, 2014. [10] Schwab, A: Elektroenergiesysteme, ISBN: 3642219586, Springer, 2009 [11] Wietschel, M.; Haendel, M.; Schubert, G.; Köppel, W.; Degünther, C.: Kurz- und mittelfristige Sektorkopplungspotentiale. Kurzstudie, Fraunhofer ISI, Karlsruhe, 2015. Seite 11 von 11