Vorlesungsfolien Grundlagen der Elektrotechnik I Lehrstuhl für Allgemeine Elektrotechnik und Plasmatechnik Prof. Dr. P. Awakowicz Ruhr Universität Bochum WS 2008/09 Die Vorlesung wird in Anlehnung an das Buch von Prof. Dr. Reinhold Pregla / Univ. Hagen gehalten: Reinhold Pregla, Grundlagen der Elektrotechnik, Hüthig Verlag Heidelberg (49 €) alternativ zu empfehlen: Manfred Albach, Grundlagen der Elektrotechnik 1, Pearson Studium (29,95 €) Inhalt der Vorlesung Elektrotechnik I im WS 2008 (siehe auch R. Pregla, „Grundlagen der Elektrotechnik“) 0 Zur Beschreibung physikalischer Vorgänge 1 Das statische elektrische Feld 1.1 Die elektrische Ladung und ihre Wirkungen 1.2 Feldstärke und Coulombsches Gesetz 1.3 Feldlinien 1.4 Bewegung einer Ladung im elektrischen Feld 1.5 Ungeladene Leiter im statischen elektrischen Feld 1.6 Elektrische Verschiebungsdichte (Flussdichte) 1.7 Kapazität 1.8 Energie und Kräfte im elektrostatischen Feld 1.9 Materie im elektrischen Feld 2 Der elektrische Strom 2.1 Elektrische Stromstärke 2.2 Ohmsches Gesetz 2.3 Strömungsfelder 2.5 Temperaturabhängigkeit des Widerstandes 2.6 Energieumsetzung im elektrischen Stromkreis 2.7 Strömung im Vakuum: Raumladungsgesetz 2.8 - 2.10 Halbleiter, Dioden, Transistoren ⇒ Vorlesung „Bauelemente“ Vorlesungsfolien GdE I 3 Fortsetzung Inhalt: 3 Gleichstromschaltungen 3.1 Strom und Spannung im einfachen Stromkreis 3.2 Zweipole 3.3 Die Kirchhoff'schen Regeln 3.4 Serien- und Parallelschaltung von Widerständen 3.5 - 3.9 ⇒ Vorlesung Prof. Dr. Martin 4 Lineare Netze ⇒ Vorlesung Prof. Dr. Martin „Grundlagen der Informationstechnik“ 5. Das magnetische Feld 5.1 Wirkung und Darstellung des magnetischen Feldes r 5.2 Kraft auf eine bewegte Ladung - magn. Flussdichte B 5.3 Kraft auf einen stromdurchflossenen Draht 5.4 Drehmoment auf eine stromdurchflossene Leiterschleife 5.5 Die Erregung des magnetischen Feldes 5.6 Kraft zwischen zwei stromdurchflossenen Leitern 5.7 ⇒ Vorlesung „Elektrische und magnetische Felder“ 5.8 Die magnetischen Eigenschaften der Materie Vorlesungsfolien GdE I 4 Vorbemerkungen + Einführung Technik: Anwendung der Naturgesetze aus den verschiedenen Gebieten der Physik auf „Dinge“, die von Menschen verwendet werden können, die sie unterstützen und den Lebensstandard verbessern. Ein sorgfältiger und nachhaltiger Umgang mit Technik ist sinnvoll und geboten. Ohne Technik ist das moderne Leben nicht denkbar. Technik ist der entscheidende „Rohstoff“ und zugleich wichtigster „Exportartikel“ Deutschlands. Elektrotechnik: Anwendung der Teilgebiete „Elektrizität und Magnetismus“. Beide Gebiete hängen eng zusammen, auch wenn diese nacheinander gelehrt werden. Diese künstliche, aus didaktischen Gründen sinnvolle Trennung existiert in der Natur nicht. In dieser Vorlesung werden behandelt: Grundlegende physikalische Phänomene, auf denen die „Elektrotechnik und Informationstechnik“ aufbaut. Ihre Beschreibung mit Hilfe der Mathematik ist notwendig. Grundkenntnisse in Differential- und Integralrechnung sind ebenso unabdingbar wie Funktionen mehrerer Veränderlicher und die Vektorrechnung. Vorlesungsfolien GdE I 5 0 Beschreibung physikalischer Vorgänge 0.1 Physikalische Größen Aufgabe der Physik: Auffinden von Gesetzmäßigkeiten, die sich mit Formeln beschreiben lassen. Beispiel: Freier Fall t = 0, v(0) = 0 Fallweg (s) = 1/2 x Erdbeschleunigung (g) x Quadrat der Fallzeit (t) Formel: s= 1 2 gt 2 Die Begriffe Weg, Zeit und Beschleunigung bezeichnet man als physikalische Größen. Die obige Gleichung als Größengleichung. Beispiele f. andere physikalische Größen: Mechanik: Geschwindigkeit, Kraft, Masse, Arbeit Elektrizitätslehre: Ladung, Spannung, Feldstärke, Strom Wärmelehre: Temperatur, Druck, Wärmemenge, Entropie Die verschiedenen Größen werden mit Zeichen in kursiver Schreibweise dargestellt. Wichtig ist, für gleiche Größen immer gleiche Zeichen zu verwenden; leider klappt das oft nicht. Vorlesungsfolien GdE I 6 Einteilung der Größen: Basisgrößen + abgeleitete Größen Vereinbarung: Basisgrößen der Mechanik Länge, Zeit und Masse „Grundgesetz der Mechanik“: Abgeleitete Größe: Kraft = Masse x Beschleunigung (Sir Isaac Newton, 1643 - 1727, engl. Mathematiker, Physiker und Astronom) In Formelzeichen: F = m⋅ a Andere abgeleitete Größen sind durch Definition festgelegt: z.B. die Geschwindigkeit: ∆s ds v = lim = ∆t →0 ∆t dt Die Richtung der Geschwindigkeit bleibt zunächst unberücksichtigt. Analog: Definition der Beschleunigung ∆v dv = ∆t →0 ∆t dt a = lim Vorlesungsfolien GdE I 7 Fazit: Basisgrößen sind voneinander unabhängig. Alle anderen Größen müssen durch Basisgrößen ausgedrückt werden können 0.2 Einheiten und Einheitensysteme Zum Messen einer physikalische Größe notwendig: Festlegen einer Einheit Messen heißt: Vergleichen mit Bezugseinheit Also: Physikalische Größe = Zahlenwert x Einheit Ist eine Einheit „unpraktisch“, können Teile oder Vielfache mit dem Faktor „Zehn“ abgekürzt beschrieben werden durch: 101 102 103 106 109 1012 1015 1018 → → → → → → → → da (Deka) h (Hekto) k (Kilo) M (Mega) G (Giga) T (Tera) P (Peta) E (Exa) 10-1 → 10-2 → 10-3 → 10-6 → 10-9 → 10-12 → 10-15 → 10-18 → Vorlesungsfolien GdE I d (Dezi) c (Zenti) m (Milli) µ (Mikro) n (Nano) p (Piko) f (Femto) a (Atto) 8 Früher hatten viele Länder ihr eigenes Einheitensystem: z.B. Längenangabe in Meilen, Fuß, Zoll, Meter, Seemeilen, Landmeilen, .... Heute ist ein internationales Einheitensystem gebräuchlich: SI-Einheiten (Standard International) Definition: 1 Meter ist die Länge, die Licht im Vakuum während der Dauer von 1/299.792.458 Sekunden durchläuft. Definition: 1 Sekunde ist das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der Strahlung, die vom Übergang zwischen den zwei Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustands des 133Cs Atoms herrührt. Definition: 1 Kilogramm ist definiert durch Internationalen Kilogramm-Prototyp aus Platin-Iridium, der im internat. Büro f. Maße und Gewichte in Severes bei Paris aufbewahrt wird. Definition: 1 Ampere ist die Stärke eines stationären Stromes, der durch 2 unendlich lange, unendlich dünne parallele Leiter fließt, die im Vakuum in einem Abstand von 1 Meter die Kraft von 2·10-7 Newton aufeinander ausüben. = MKSA-System, ein Teilsystem des SI-Systems Vorlesungsfolien GdE I 9 Das SI-System enthält drei weitere Basisgrößen: Die thermodynamische Temperatur T in Kelvin, die Lichtstärke in Candela und die Stoffmenge in Mol: Basisgröße Länge Masse Zeit el. Stromstärke absol. Temperatur Lichtstärke1) Stoffmenge2) Zeichen l m t I T Iv n Basiseinheit Meter Kilogramm Sekunde Ampere Kelvin Candela Mol Abkürzung m kg s A K cd mol Für Definition von 1 Ampere wurde das Newton verwendet. Abgeleitete Einheit: [ F ] = [m][a] = kg m =N 2 s „[]“ bedeutet „Einheit von“ 1) 1 Candela ist die Lichtstärke einer Strahlungsquelle, die bei 555 nm 1/683 Watt/sr abstrahlt. 2) 1 mol ist die Stoffmenge eines Systems, das aus ebensoviel Teilchen besteht, wie in 12 g von 12C enthalten sind , d.h. ≈ 6.022 ·1023 Teilchen. Vorlesungsfolien GdE I 10 Einige wichtige physikalische Größen: Kraft Energie Leistung Druck Ladung Spannung Widerstand Kapazität Induktivität magnet. Fluß mag. Flußdichte F W P p Q U R C L Φ B Newton (N) Joule (J) Watt (W) Pascal (Pa) Coulomb (C) Volt (V) Ohm (Ω) Farad (F) Henry (H) Weber (Wb) Tesla (T) 1N = 1J = 1W = 1Pa = 1C = 1V = 1Ω = 1F = 1H = 1Wb = 1T = kg m/s2 1 Nm = kg m2/s2 1 Nm/s = kg m2/s3 1 N/m2 1As 1 W/A 1 V/A 1A s/V = 1 C/V 1 V s/A 1Vs 1 V s/m2 = 1 Wb/m2 Bemerkungen: • Druck: 1 hPa = 1 mBar, 105 Pa = 1 Bar • Kraft: 1 kp = 9.81 N (Kraft auf 1 kg im Erdschwerefeld, alte Bezeichnung) Vorlesungsfolien GdE I 11 0.3 Dimension, Zahlenwertgleichung Dimension: Qualitative Darstellung dieser Größenart aus den Basisgrößen Basisgrößen und Basisdimensionen: Länge Zeit Masse Stromstärke dim[s] = L dim[t] = T dim[m] = M dim[I] = I Beispiel: Dimension f. Geschwindigkeit dim[v] = dim[ s ] = LT −1 dim[t ] Dimensionslose Größen: wenn Exponent „0“ ist; z.B. Winkel dim[α ] = α= dim[ Kreisbogenlänge] =1 dim[ Radiuslänge] b Kreisbogenlänge = r Radiuslänge Vorlesungsfolien GdE I 12 Dimensionsgleiche, physikalisch völlig unterschiedliche Größen; z.B. Energie und Drehmoment: dim[W ] = dim[T ] = ML2T−2 [T ] = mN [W ] = Nm Hilfsmittel Dimensionsprüfung: Beispiel: Masse eines zylindrischen Körpers der Dichte ρ m = π r2 l ρ Dimensionsprobe: dim[m] = dim[π r 2 l ρ ] M M=L L 3 =M L 2 Vorlesungsfolien GdE I 13 Zahlenwertgleichung oder zugeschnittene Formel: z.B. Geschwindigkeit v= s t mit 1 km = 1000 m, 1 h = 3600 s: 1 s / km m v= 3,6 t/h s Also z.B. 100 km/h: v= 100 m m = 27,8 3,6 s s Beispiel: Elektron (e = 1.6 ·10-19 As, m = 9,1 ·10-31 kg ) wird im el. Feld beschleunigt und durchläuft die Spannung U = 100 V. Wie groß ist seine Geschwindigkeit? Energiesatz: 1 2 mv = eU 2 2eU ⇒v= m km km v = 594 U / V = 5940 s s Vorlesungsfolien GdE I 14 1 Das statische elektrische Feld 1.1 Die elektrische Ladung und ihre Wirkung 1.1.1 Zum Aufbau der Materie Vor 2500 Jahren: Leukipp und Demokrit „atomos“ (das Unteilbare) Zu Beginn des 19. Jahrhunderts: 90 verschiedene Grundbausteine (Atome) Heute: Atome sind nicht unteilbar ⇒ Atomkern und Hülle Kern: Protonen, Neutronen; Protonen positive Ladung Hülle: Elektronen negative Ladung Erkenntnisse (Bild 1.1a, b): • Elektronen halten sich innerhalb bestimmter „Bahnen“ auf • Mehrere dieser Bahnen bilden eine „Schale“, die nur eine bestimmte maximale Zahl von Elektronen aufnehmen kann • Die Zahl der Protonen im Kern ist gleich der Zahl der Elektronen in der Hülle (nach außen neutral) • Zwischen Elektronen und Protonen besteht elektrische Wechselwirkung • Zwischen Protonen und Neutronen bestehen die Kernkräfte, die hier nicht näher behandelt werden; sie bilden die Masse des Atoms (z.B. H, D, T) • Wird ein Elektron der Hülle entzogen, ist das Atom (eigentlich Ion) positiv geladen Vorlesungsfolien GdE I 15 Bild 1.1a Zum Aufbau der Materie Vorlesungsfolien GdE I 16 Bild 1.1b Zum Aufbau der Materie Vorlesungsfolien GdE I 17 1.1.2 Grundversuche zur Wirkung der elektrischen Ladung Weitere Erkenntnisse: • Elektronen sind relativ schwach gebunden, können daher isoliert werden, d.h. abgetrennt werden • Verschiedene Stoffe besitzen unterschiedliche Elektronenaffinität; d.h. bei Berührung entzieht derjenige mit der größeren Elektronenaffinität dem anderen so lange Elektronen, bis ein energetischer Gleichgewichtszustand herrscht • Nach Trennung beider Stoffe hat der mit der größeren El.affinität Elektronenüberschuß, der andere Elektronenmangel • Wir bezeichnen diesen Zustand beider Stoffe mit elektrisch geladen Vereinbarung Der Elektronenüberschuß wird mit minus, der Elektronenmangel mit plus bezeichnet Versuch Reibt man einen Glasstab oder Hartgummistab mit einem Wolllappen oder Fell, so werden danach Papierschnitzel, Federn, Haare etc. angezogen. Beobachtung der alten Griechen mit Bernstein (Elektron). Vorlesungsfolien GdE I 18 Erklärung Der die geladenen Stäbe umgebende Raum ist durch Anwesenheit der Ladungen in einen bestimmten Zustand versetzt worden. Er hat die physikalische Eigenschaft, auf Körper Kräfte auszuüben. Einen Raum mit besonderen Eigenschaften bezeichnet man in der Physik als Feld. Fazit: Elektrisch geladene Körper sind von elektrischen Feldern umgeben. Versuch 1 An einem dünnen Faden wird ein metallisiertes Kügelchen aufgehängt. Ein (positiv) geladener Glasstab (s.o.) wird in die Nähe gebracht. 1. Beobachtung: Die Kugel wird angezogen. Gleiches passiert mit einem (negativ) geladenen Hartgummistab (Bild 1.2). Bild 1.2 Vorlesungsfolien GdE I 19 Versuch 2 Wir berühren das Kügelchen mit einem der geladenen Stäbe. 2. Beobachtung: Von dem Stab, von dem es berührt wurde, wird es anschließend abgestoßen, vom jeweils anderen Stab wird es angezogen (Bild 1.3). Bild 1.3 Erklärung Die erste Beobachtung kann erst später im Abschnitt „Influenz“ erklärt werden. Zweite Beobachtung: Bei Berührung fließt Ladung vom Stab auf die Kugel. Beide tragen anschließend die gleiche Ladung und stoßen sich ab. Der jeweils andere Stab (entgegengesetzt geladen) zieht die Kugel an. Fazit: Ladungen unterschiedlichen Vorzeichens ziehen sich an, bei gleichem Vorzeichen stoßen sie sich ab. Vorlesungsfolien GdE I 20 1.1.3 Ladungserhaltung, Leiter und Nichtleiter Weitere derartige Versuche zeigen, dass die Ladungen (auf Stab und Lappen) entgegengesetzt sind. Wir stellen fest, dass mit der einen Ladungsart auch gleichzeitig die andere erzeugt wird. Versuch 3 Wir reiben einen Stab und umhüllen diesen anschließend mit dem Lappen. Beides zusammen wird in die Nähe des Kügelchens gebracht: Keine Wirkung! Trennen wir beide Teile: Anziehung! Fazit: Die Summe der erzeugten positiven und negativen elektrischen Ladungen ist stets gleich Null. Versuch 4 Berührt man das geladene Kügelchen (Bild 1.3) mit dem Finger, stellt man fest, dass es danach völlig unelektrisch ist. Berührt man dagegen den Stab, so wird dieser nur an der Berührstelle unelektrisch. Vorlesungsfolien GdE I 21 Erklärung Durch Berührung mit dem Finger wird elektrische Ladung abgeführt. Beim metallischen Kügelchen bewegen sich offensichtlich alle Ladungen zur Berührstelle und fließen dort ab. Beim Glas- oder Gummistab dagegen kann nur die Ladung an der Berührstelle abfließen. ⇒ Einteilung in Leiter und Nichtleiter der elektrischen Ladung. Elektrische Leiter: Metalle, Schmelzen, Lösungen,… Isolatoren: Glas, Gummi, Vakuum, Kunststoffe, Holz,… Versuch 5 Versuch 1 wird wiederholt, allerdings im Vakuum, d.h. in einem evakuierten Glasgefäß (Bild 1.4). Bringt man einen geladenen Stab in die Nähe des Gefäßes, ist die Kraftwirkung ohne merkliche Unterschiede sichtbar. Ersetzt man jedoch das Glasgefäß durch ein Metallgehäuse, ist die Kraftwirkung nicht beobachtbar. Bild 1.4 Vorlesungsfolien GdE I 22 Erklärung Das Feld durchdringt die Glaswand und ist auch im Vakuum vorhanden. Damit können zwischen Stab und Kugel auch andere Isolatoren gebracht werden, ohne die Kraftwirkung zu verhindern. Ersetzt man das Glasvakuumgefäß jedoch durch ein Metallgefäß, wird das Feld offensichtlich abgeschirmt. Fazit: In Isolatoren kann ein elektrisches Feld existieren, durch Leiter wird ein elektrostatisches Feld abgeschirmt. 1.2 Feldstärke und Coulombsches Gesetz Die Kraftwirkung des el. Feldes soll nun mathematisch erfaßt werden. Dazu wird r in jedem Raumpunkt dem Feld ein Vektor zugewiesen: E „elektrische Feldstärke“. → → Bild 1.5 Vorlesungsfolien GdE I 23 Definition: Elektrische Feldstärke r r r r F ∝ E, F = QE (1.1) r E1 r E3 r E2 Bild 1.6 r E4 Feststellungen: 1. Kraft wirkt in Richtung der Verbindungslinie 2. Um das gesamtes Feld zu erfassen: Probekörper an jeden Ort bringen Bild 1.7 Vorlesungsfolien GdE I 24 Versuch Das Q in Gl. (1.1) ist zunächst nur eine Proportionalitätskonstante. Zur Deutung wird folgender Versuch gemacht: B: Feld erzeugende Ladung, A: Probeladung, die an einem Faden hängt ⇒ Faden wird um α ausgelenkt Bild 1.8 Weiterer Versuch Kügelchen A wird mit gleichem ungeladenen Kügelchen A` berührt: Ausschlag s halbiert sich bei gleich großem Abstand r Fazit: Kraft auf A hängt nicht nur vom Feld ab (hat sich nicht geändert!), sondern auch vom Ladungszustand. Vorlesungsfolien GdE I 25 Erklärung Durch Berührung von A mit A` ist am Ladungszustand von A eine Änderung aufgetreten. Ersetzt man nun A durch A`, ändert sich s nicht. Beide Kugeln haben folglich die gleiche Ladung. Dadurch ging die Kraft auf die Hälfte zurück. Q bezeichnet also die Ladungsmenge. Maßeinheit von Q ist Coulomb [C] Coulomb ist eine abgeleitete Einheit, es gilt 1C = 1 As Elementarladung e = 1,602⋅10−19 C Oder: (1.2) 1C = 6,24 ⋅1018 e Bemerkungen • e hat krummen Wert, da A die Basiseinheit ist (MKSA) • Das Elektron hat negative Ladung, daher ergibt sich die Kraftrichtung entgegen der Feldstärkerichtung Vorlesungsfolien GdE I 26 Versuch Wird die Ladung von Kugel B verändert, stellt man fest, dass die Kraft auch proportional zur Ladung von B ist. Wird der Abstand r verdoppelt, sinkt die Kraft auf ein Viertel. Coulombsches Gesetz (1785) r QQ F = k A2 B r (1.3) Coulomb, Charles Augustin de, 1736-1806, franz. Physiker Bemerkungen: • k: Proportionalitätskonstante • analog zu Gravitationsgesetz • Coulombsches Gesetz gilt auch im atomaren Bereich Umschreiben von (1.3) QB F = QA ⋅ k 2 r (1.4) Vergleich mit (1.1) EB = k QB r2 (1.5) Damit gilt allgemein für die Feldstärke einer Punktladung Q im Abstand r: E =k Q r2 Vorlesungsfolien GdE I (1.6) 27 Überlagerung von Feldern • Mehrere Punktladungen: jede für sich erzeugt elektrisches Feld r • Teilfelder überlagern sich linear zu Gesamtfeld, da E ∝ Q Feldstärke in P für drei Ladungen Q1, Q2 und Q3 mit den Abständen ripvon Qi (i = 1,2,3) zu P: Bild 1.9 Damit wird r Q Ei = k i2 rip Vorlesungsfolien GdE I für i= 1,2,3 (1.7) 28 Allgemein gilt also bei n Punktladungen: r r r r E = E1 + E2 + K + En r = ∑ Ei n (1.8) i =1 wobei die Addition vektoriell durchgeführt werden muß. 1.3 Feldlinien, Feldlinienbilder In den Bildern 1.6 und 1.7 sind in einigen Punkten des Raumes um die Ladungen Feldstärkevektoren eingetragen: für alle Punkte ist das nicht möglich ⇒ besser Feldlinien! Bild 1.10a Man wandert z.B. von + nach - und ändert die Richtung stets gemäß der Richtung der Feldstärke , d.h. man bildet eine Linie aus allen Pfeil-Fußpunkten. Vorlesungsfolien GdE I 29 Geht man in verschiedene Richtungen von + nach -, erhält man ein Feldlinienbild: Bild 1.10b Die Tangente an eine Feldlinie zeigt die Richtung der Feldstärke Graphische Näherung „Feldliniendichte“= Maß f. Betrag der Feldstärke Bild 1.11 Vorlesungsfolien GdE I 30 Veranschaulichung von Feldern: Metallfolie auf einer Glasplatte + kleine Körnchen von Gipspulver a) ungleichnamige Punktladungen b) gleichnamige Punktladungen c) Parallele Platten (teilweise homogen) Bild 1.12 a-c Vorlesungsfolien GdE I 31 d) Radialfeld in koaxialer Anordnung e) Metallischer Rahmen zwischen zwei Platten f) Punktladung vor Platte Bild 1.12 d-f Vorlesungsfolien GdE I 32 Erkenntnisse 1. Feldlinien haben im el.statischen Fall stets einen Anfangsund einen Endpunkt. 2. Quellen und Senken der elektrischen Feldlinien sind die positiven bzw. negativen Ladungen. 3. In Bild 1.11 liegen die Senken im Unendlichen . 4. Überschneidungen von Feldlinien treten nicht auf, d.h. die Feldstärke hat stets eine eindeutige Richtung. 5. Bereiche eines Feldes, in dem Feldlinien geradlinig und parallel verlaufen, werden homogen genannt ( Bild 1.12c). 6. Andernfalls ist das Feld inhomogen. Dies ist meist der Fall. 7. Das Radialfeld ist ein spezielles inhomogenes Feld (Bild 1.12d). Hier laufen die Linien strahlenförmig von einem gemeinsamen Mittelpunkt ausgehend. 8. Innerhalb einer metallischen Abschirmung existiert kein Feld (Bild 1.12d, e) ⇒ Abschirmung von Feldern durch Leiter 9. Elektrische Feldlinien münden auf metallischen Oberflächen stets senkrecht (Bild 1.12a - f). Andernfalls würde eine Tangentialkraft die frei beweglichen Ladungen sofort ausrichten. 10. Ladungen auf einem Leiter befinden sich auf dessen Oberfläche: Ändert man z.B. in Bild 1.12 e den inneren Rohrdurchmesser oder ersetzt das Rohr durch einen massiven Stab, ändert sich nichts. Da sich gleichartige Ladungsträger abstoßen, wollen diese „möglichst weit“ voneinander weg. Vorlesungsfolien GdE I 33 1.4 Bewegung einer Ladung im elektrischen FeldArbeit, Potential, Spannung Die Versuche zeigten, dass im elektrischen Feld auf eine Ladung Kraft ausgeübt wird: • Verschiebt man eine positive Ladung in Gegenrichtung zum Feld, muss entlang eines Weges Kraft aufgebracht werden, d.h. es wird Arbeit verrichtet, die von außen kommt. • Erfolgt die Bewegung in Feldstärkerichtung, dann verrichtet das Feld Arbeit. Vereinbarung Arbeit wird als positiv bezeichnet, wenn diese vom Feld verrichtet wird (d.h. Kraft zeigt in Wegrichtung). Die Arbeit ist eine skalare, d.h. ungerichtete Größe. Analog zur Mechanik, ist sie definiert als Produkt aus der längs des Weges wirkenden Kraft (oder Kraftanteil) und dem zurückgelegten Weg. Einfachster Fall: Q wird um ∆s im Feld verschoben. r ∆W = F ∆s . Vorlesungsfolien GdE I (1.9) 34 Im allgemeinen sind Bewegungsrichtung der Ladung und Richtung der Kraft unterschiedlich: b) a) Bild 1.13 In Bild 1.13b wirkt längs des Weges von P1 nach P2 nur noch Fcosα, damit gilt: r r ∆W = F ∆s cos(α ) (1.10) Einfachere Schreibweise: Wegstück ∆s als Vektor darstellen und r skalar mit Vektor F multiplizieren. r r r r ∆W = F ⋅ ∆s = QE ⋅ ∆s (1.11) ⇒ Skalarprodukt zweier Vektoren: Produkt der Beträge mal Kosinus des eingeschlossenen Winkels Bisher: kleiner geradliniger Weg, daher änderte sich die Kraft längs des Weges nicht. Vorlesungsfolien GdE I 35 Jetzt soll „längerer“ Weg im Feld einer geladenen Kugel (Bild 1.14) gewählt werden, dann ändert sich die Feldstärke längs des Weges sehr stark: Bild 1.14 Zur Berechnung der Gesamtarbeit zwischen P1 und P r 2 wird der Weg in n kleine Geradenstücke mit den Vektoren ∆si zerlegt. Die Feldstärke ändert sich längs des Abschnitts nicht, daher gilt für die Summe der Teilarbeiten: r r W = ∑ ∆Wi = Q ∑ Ei ⋅ ∆si n n i =1 (1.12) i =1 Je feiner die Unterteilung gewählt wird (d.h. je größer n), desto genauer das Ergebnis. Läßt man n nach unendlich gehen, wird das Ergebnis exakt: P2 r r r r W = lim Q ∑ Ei ⋅ ∆si = Q ∫ E ⋅ ds n n →∞ i =1 (1.13) P1 Vorlesungsfolien GdE I 36 r r wobei aus ∆s das infinitesimal kleine Wegelement ds geworden ist. Die Integration ist längs des Weges von P1 nach P2 auszuführen. Man bezeichnet das Integral daher als Linienintegral der Feldstärke über den Weg. Frage: Hängt hier die Arbeit vom Verlauf des Weges zwischen P1 und P2 ab? Beispiel: Bild 1.15 Antwort: Zunächst ist klar W1,2 = - W2,1 längs des Weges C1, da für die r umgekehrte Richtung nur das Wegelement ds1, 2 die Richtung bzw. das Vorzeichen ändert. Wenn man nun von P1 nach P2 über C1 und dann nach P1 über C2 läuft, muss die Gesamtarbeit Null werden, da P1 der Ausgangspunkt ist und sich das Feld nicht geändert hat. Damit ist klar: Die Arbeit ist unabhängig vom Weg! Vorlesungsfolien GdE I 37 Allgemein formuliert: P2 P2 r r r r Q ∫ E ⋅ ds = Q ∫ E ⋅ ds P1 P1 C1 C2 (1.14) oder: r r ∫ E ⋅ ds = 0 (1.15) „Das Linienintegral der elektrischen Feldstärke im elektrostatischen Feld längs eines geschlossenen Weges ist Null.“ Bemerkungen: Der Kreis im Integral bezeichnet einen geschlossenen Weg . Ein solches Feld nennt man wirbelfrei. Dies bedeutet weiterhin, dass die Feldlinien in sich nicht geschlossen sind. Fazit: Elektrostatische Felder haben keine in sich geschlossenen Feldlinien. Sie sind wirbelfrei. Vorlesungsfolien GdE I 38 Mit Gl. (1.14) soll nun zur Auswertung von Gl. (1.13) ein möglichst einfacher Integrationsweg gewählt werden: Bild 1.16 Die Gesamtarbeit für das Bewegen einer Ladung Q von P1 r nach P2 in einem zunächst beliebigen Feld E: W = W1 + W2 + W3 Für Teilabschnitt 1 gilt: r r r r x2 W1 = Q ∫ E ⋅ ds = Q ∫ E ⋅ ex dx = Q ∫ Ex dx = Q∫ Ex(x,y1,z1 )dx , (1) r (1) x1 (1) r r wobei ds = dx ex gesetzt wurde,r mit ex als Einheitsvektor r in Richtung x-Koordinate und E ⋅ ex als Projektion des r Vektors E auf die x-Richtung. Vorlesungsfolien GdE I 39 Analog geht man für die Abschnitte 2 und r 3 vor. Mit den Projektionen Ex , Ey , Ez des Vektors E auf die jeweilige Koordinatenachse erhält man f. d.. Gesamtarbeit: x2 y2 z2 x1 y1 z1 W = Q∫ Ex (x, y1, z1)dx + Q ∫ Ey (x2 , y, z1)dy + Q∫ Ez (x2 , y2 , z)dz (1.16) Beispiel: Zur Anwendung der Gl. (1.16) betrachten wir die Arbeit im Feld einer Punktladung Q1 , die im Ursprung des Koordinatensystems von Bild 1.16 liegt. r Q1 Der Betrag des Feldes von Q1 lautet: E =k 2 r und verläuft r in radiale Richtung. Die Projektionen Ex , Ey , Ez des Vektors E auf die jeweiligen Teilstrecken sind dann: r x r y r z Ex = E , E y = E , Ez = E r r r Die Arbeit für die erste Teilstrecke lautet: x2 x2 x2 r x x W1 = Q ∫ E x ( x, y1 , z1 )dx = Q ∫ E dx = kQQ1 ∫ 3 dx r r x1 x1 x1 Vorlesungsfolien GdE I 40 Mit r = x 2 + y 2 + z 2 gilt: x2 x dx . 2 2 2 32 ( x + y1 + z1 ) x1 W1 = kQQ1 ∫ Ergebnis f. Integration (s. Mathevorlesung bzw. Integraltafel): x2 −1 W1 = kQQ1 2 2 2 12 ( x + y1 + z1 ) x1 −1 1 = kQQ1 2 + 2 2 2 12 2 2 1/ 2 ( x1 + y1 + z1 ) ( x2 + y1 + z1 ) Analog erhält man für die beiden anderen Teilstrecken: −1 1 W2 = kQQ1 2 + 2 2 2 12 2 2 1/ 2 ( x2 + y1 + z1 ) ( x2 + y2 + z1 ) −1 1 W3 = kQQ1 2 + 2 2 2 12 2 2 1/ 2 ( x2 + y2 + z1 ) ( x2 + y2 + z2 ) Vorlesungsfolien GdE I 41 Damit wird die Gesamtarbeit: 1 1 W = W1 + W2 + W3 = kQQ1 ( − ) r1 r2 Fazit: Wie auch immer der Integrationsweg gewählt wird, das Ergebnis ist nur vom Anfangs- und Endpunkt abhängig. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, jedem Punkt im Feld einen charakteristischen Funktionswert zuzuordnen: Potential Φ( P) Definition: Potential Φ P2 r r ∫ E ⋅ ds = −(Φ(P2 ) − Φ(P1)) (1.17) P1 Bemerkungen: • Minuszeichen: Wenn Feld- und Wegrichtung übereinstimmen, ist das Integral positiv (siehe Vereinbarung V3, S1). Dann aber ist das Potential des Endpunktes P2 geringer als das des Anfangpunktes P1! Vorlesungsfolien GdE I 42 Bermerkungen (Fortsetzung): • Zu Φ(P) kann eine beliebige Konstante addiert oder subtrahiert werden: das Ergebnis des Linienintegrals ändert sich dadurch nicht. • Im allgemeinen wählt man das Potential der Erde oder des unendlich fernen Raumes zu Null. • Ist das Potential in jedem Raumpunkt bekannt, dann ist auch das Feld eindeutig festgelegt. r • Anstelle des Vektors E kann auch die skalare Größe Φ verwendet werden. Sind die Punkte P1 und P2 sehr nahe zusammen (infinitesimal), dann wird aus Gl. (1.17): r r E ⋅ ds = −dΦ oder (a) (1.18) r dΦ E =− r ds (b) Gl. (1.18) ist zunächst formal, später folgt genaue Formulierung. Für die Potentialdifferenz in (1.17) schreibt man abgekürzt: P2 r r Φ( P1 ) − Φ(P2 ) = U12 = ∫ E ⋅ ds (1.19) P1 Vorlesungsfolien GdE I 43 U12 bezeichnet die elektrische Spannung zwischen P1 und P2 . Diese ist also als Linienintegral der elektrischen Feldstärke definiert. Fazit: Arbeit und Spannung Die Arbeit, die das Feld bei Verschiebung einer Ladung Q von P1 nach P2 verrichtet, ist gleich dem Produkt aus Ladung und elektrischer Spannung zwischen P1 und P2 . Bemerkungen: • Das Potential ist demnach ein Maß für die Energie, die eine positive Probeladung aufnimmt, wenn sie im Feld vom Potential Null auf ein höheres Potential verschoben wird. • Diese Energie bezeichnet man als potentielle Energie. Fazit: Potentielle Energie Die potentielle Energie einer Ladung im Feld ist (bezogen auf den Nullpunkt) gleich dem Produkt aus Potential und Ladung. oder: Wpot = Q(Φ − Φ0 ) = QU Vorlesungsfolien GdE I 44 Bemerkungen: • Elektrische Spannung und Potential sind sehr nützlich, da sie direkt angeben, welche Arbeit das Feld pro Ladungseinheit verrichten kann. • Die Einheit der Spannung ist das Volt (Volta, Graf Alessandro, 1745 - 1825, italienischer Physiker). • Die Einheit „Volt“ ist so festgelegt, dass gilt: kg m 2 1 VC = 1 VAs = 1 Nm = 1 2 s also gilt: kg m2 1 V =1 A s3 (1.20) (1.21) • Die Einheit für Arbeit ist Joule J, und es ist 1 J = 1 VAs = 1 Nm. • In der Elektrotechnik kommt selten die Masse direkt vor, daher ist es üblich, die Einheiten Meter, Sekunde, Ampere und Volt zu benutzen. • Die Dimension der Feldstärke ist nach Gln. (1.17) und (1.18) gleich der Dimension der Spannung dividiert durch die Dimension der Länge. • Damit lautet die Einheit der Feldstärke: [E] = V/m, die keine eigene Bezeichnung hat. Vorlesungsfolien GdE I 45 Felddarstellung mit Potentialen: Man bezeichnet eine Fläche, auf der das Potential konstant ist, als Äquipotentialfläche. Gl. (1.18a) zeigt, wie diese Flächen bestimmt werden können: Bild 1.17 Äquipotentialfläche: r r E ⋅ ds = −dΦ = 0 mit folgt daraus: r E ≠0 r r E⊥ds da r r r r E ⋅ ds = E ds cos(90°) = 0 Vorlesungsfolien GdE I 46 Bemerkungen: • Im Bild 1.17 sind Teile von vier Äquipotentialflächen dargestellt. Ändert sich das Potential von Fläche zu Fläche um denselben Wert, kann man aus dem Abstand auf die relative Größe der Feldstärke schließen. • Die Feldstärke ist dort größer, wo der Abstand kleiner ist. Fazit: Leiteroberflächen Da auf Leiteroberflächen die Feldlinien senkrecht münden, sind diese immer Äquipotentialflächen. Beispiele: 1. Feld einer Punktladung mit Äquipotentialflächen Bild 1.18a Vorlesungsfolien GdE I 47 2. Feld einer Parallelplattenanordnung mit Äquipotentialflächen 3. Berechnung des Potentials einer Punktladung Benutzt wird Gl. (1.19). P2 liegt im Unendlichen, damit ist Φ(P2) = 0. Integriert man von der Kugelfläche im Abstand r´= r bis r´= ∞, dann ist r r r r r r r E ⋅ ds = E ⋅ dr´= E dr´ = E dr´ , r r r r denn E und ds haben die gleiche Richtung. Ebenso ist ds = dr.´ Mit Gl. (1.19) gilt: ∞ r r ∞ r ∫ E ⋅ ds = ∫ E dr´= Φ(r) −Φ(∞) = Φ(r) r r Vorlesungsfolien GdE I 48 Für E Gl. (1.6) eingesetzt liefert: ∞ ∞ Q kQ 1 Φ (r ) = ∫ k 2 dr´= k Q − = r´ r r´ r r (1.23) damit wird Q Φ(r ) = k r (1.24) . Der Potentialverlauf der Punktladung ist in Bild 1.19 dargestellt. Bild 1.19 Vorlesungsfolien GdE I 49 Bemerkungen: • Ersetzt man eine Kugelfläche in Bild 1.18a durch eine metallische Hohlkugel und bringt die Ladung Q auf die Oberfläche dieser Kugel, dann verteilen sich diese an der Oberfläche. • Damit ändert sich am Feld außerhalb der Kugel nichts. • Das Innere der Kugel ist feldfrei. Damit kann die Hohlkugel auch ausgefüllt werden. • Wenn man die Ladung gleichmäßig verteilt, kann die Kugel aus beliebigem Material sein. • Hat die Kugel den Radius a, dann gelten für r ≥ a die Gln. (1.6) und (1.24) • ΦK in Bild 1.19 ist das konstante Potential der Kugel. • Anstelle von Gl. (1.24) kann auch geschrieben werden: Φ ( r ) = ΦK a r Vorlesungsfolien GdE I 50 1.5 Ungeladene Leiter im statischen elektrischen Feld 1.5.1 Influenz Versuch Bringt man in das Feld einer positiv geladenen Kugel einen Metallstab (Bild 1.20), Bild 1.20 dann zeigt sich, dass der zunächst ungeladene Stab geladen ist: Auf der Kugel zugewandten Seite negativ, auf der abgewandten positiv . ⇒ Diese Ladung wird als Influenzladung bezeichnet. (Das Vorhandensein der influenzierten Ladung kann mit einer kleinen metallischen Probekugel überprüft werden: siehe V2). Erklärung: Die im Leiter frei beweglichen Elektronen werden durch die positiv geladene Kugel angezogen, am anderen Ende bleibt positive Ladung zurück. Vorlesungsfolien GdE I 51 Influenzkraft Die Influenz erklärt, warum die ungeladene metallisierte Kugel in Bild 1.2 von beiden geladenen Stäben angezogen wird: Die anziehende Kraft auf die influenzierte Gegenladung ist größer als die abstoßende Kraft am gegenüberliegenden Ende, weil sich die Gegenladung im Bereich höherer Feldstärke befindet. Versuch Nun soll die Größe der influenzierten Ladung bestimmt werden, indem die beiden gegennamig geladenen Teile (z.B. des Stabes) noch im Feld getrennt werden. Dazu nimmt man besser zwei gleiche Metallscheiben mit isolierten Griffen (Bild 1.21): Bild 1.21a Ist die Doppelscheibe oder das Doppelplättchen genügend dünn, dann wird das homogene Feld nicht gestört, solange die Scheiben zusammen sind und senkrecht zum Feld liegen. Vorlesungsfolien GdE I 52 Anschließend werden die Scheiben im Feld getrennt: Bild 1.21b und aus dem Feld herausgebracht: Bild 1.21c Zum Schluss wird die Ladung auf einem der Plättchen gemessen. Verändert man nun in diesem Versuch einmal die Scheibenfläche A, zum zweiten die Feldstärke E, dann stellt man fest: Qi ∝ E , sowie Qi ∝ A Vorlesungsfolien GdE I 53 Zusammengefasst ergibt dies: r Qi = ε 0 A E (1.25) Die Proportionalitätskonstante ε0 für den leeren Raum (Index 0) hat den Wert: ε 0 = 8,854⋅10−12 As Vm (1.26) Dieser Wert der Permittivität (Dielektrizitätskonstante, Influenzkonstante, u.a.) gilt auch für den luftgefüllten Raum. Aufgrund der Versuchsanordnung gilt Gl. (1.25) zunächst nur im homogenen Feld. Für den Fall eines inhomogenen Feldes machen wir A genügend klein: r ∆Qi = ε 0 E ∆A (1.27) Werden beide Seiten durch ∆A dividiert und der Grenzwert ∆A→0 gebildet: r ρ Fi = ε 0 E (1.28) mit ρFi der Flächendichte der influenzierten (oder verschobenen) Ladung. Vorlesungsfolien GdE I 54 1.5.2 Der Faradaysche Becherversuch Versuch Ein ungeladener Metallkasten (Bild 1.22), der auf einem isolierenden Fuß aufgestellt ist, besitzt auf seiner Oberseite eine kleine Öffnung: Bild 1.22 Durch die Öffnung wird eine kleine positiv geladene Metallkugel in das Innere des Kastens gebracht, ohne die Wand zu berühren (Bild 1.22 a,b). Beobachtung: Es wird auf der Innenseite des Kastens eine negative und außen eine positive Ladung influenziert (verschoben) (Bild 1.22b). Vorlesungsfolien GdE I 55 Nun wird das elektrische Feld außerhalb des Kastens (z.B. mit einer Probeladung wie in Bild 1.8) gemessen. Beobachtung: Das Feld außerhalb des Kastens ist unabhängig vom Ort der Kugel innerhalb des Kastens. Jetzt soll die Kugel den Boden des Kastens berühren (1.22c). Beobachtung: Außerhalb des Kastens ändert sich nichts. Die Kraftwirkung bzw. das Feld bleibt gleich. Jetzt wird die Kugel herausgezogen (d): Das Feld ändert sich wieder nicht, allerdings ist die Kugel nicht mehr geladen. Erklärung: Beim Berühren gleichen sich die Ladungen der Kugel und des Kasteninneren aus. Die Ladung auf dem Kastenäußeren bleibt erhalten. D.h. sie kann sich nicht mehr ausgleichen, da die Ladung innen verschwunden ist. Fazit: Die Größe der influenzierten Ladungen auf der Innenund Außenseite des Kastens ist betragsmäßig jeweils gleich der Größe der Ladung der Kugel. Vorlesungsfolien GdE I 56 Das Ergebnis des Versuchs kann auch so gedeutet werden: Die Kugel gibt bei Berührung im Kasten ihre ganze (hier: positive) Ladung ab. Die Ladung wandert (wg. gegenseitiger Abstoßung) nach außen auf die Oberfläche des Kastens. Der Innenraum eines leitenden Hohlkörpers ist feldfrei. Modellvorstellung: „Positive Ladungsträger“ Anschließend wird der Versuch wiederholt (Bild 1.22e), indem in den bereits geladenen Kasten eine erneut auf den gleichen Wert geladene Kugel eingeführt wird. Diese soll wieder den Boden (innen) berühren. Ihre gesamte Ladung fließt auf den Kasten ab. Die entladene Kugel kann wieder herausgenommen werden. Bei jedem erneuten Einführen steigt die Ladung des Kastens an. Dieses Prinzip führte zur Konstruktion des Hochspannungsgenerators nach van de Graf (van de Graf, Robert, Jemison. 19011967, amerikanischer Physiker) Bild 1.23 Vorlesungsfolien GdE I 57 1.6 Die elektrische Verschiebungsdichte 1.6.1 Fluss eines Vektorfeldes Zunächst soll für drei verschiedene Flächen A1, A2, A3 der Fluss des Feldes zweier Punktladungen (Bild 1.24) betrachtet werden: Bild 1.24 Die Flächen können offen oder geschlossen sein. Der Fluss kann anschaulich durch die Zahl der Feldlinien, die durch die Fläche treten, angegeben werden. Vorlesungsfolien GdE I 58 Vereinbarung Bei einer geschlossenen Fläche wird der Fluss positiv gezählt, wenn die Feldlinien aus der Fläche heraustreten. Beispiele: Der Fluss durch A2 ist demnach positiv zu zählen. Würde A2 um die negative Ladung gelegt, hätte der Fluss einen negativen Wert. Durch A3 treten genau gleich viele Linien ein und aus. Der Fluss durch diese Fläche ist somit Null. Für offene Flächen muss ein Richtungspfeil Zψ vorgegeben werden, in dessen Richtung der Fluss positiv gezählt wird: Bild 1.25 Vorlesungsfolien GdE I 59 r Zur Berechnung des Flusses ψ in einem homogenen Feld B ist der Fluss durch die Fläche A gegeben durch (Bild 1.25): r ψ = B A´ , (1.29) denn die Zahl der Feldlinien durch eine senkrechte Fläche ist bestimmt durch die Feldliniendichte x Fläche, da die Feldliniendichte ein Maß für den Betrag des Feldvektors, hier B, ist. Außerdem ist die Zahl der Feldlinien durch A´ gleich der Zahl der Feldlinien durch die Fläche A. r ′ Mit A = A cos(α ) und Einführung eines Flächenvektors A gilt: r r ψ = B⋅ A (1.30) r Der Betrag von A ist gleich der Fläche A, die Richtung entspricht der Flächennormalen. Ist das Feld inhomogen, wie z.B. in Bild 1.24, dann zerlegt man die Gesamtfläche in kleine Teilflächen ∆Ai mit den Flächenr vektoren ∆Ai (i=1,2, ..., n). Im Bereich einer solchen Teilfläche sei das Feld homogen. Vorlesungsfolien GdE I 60 Durch Aufsummieren aller Teilflüsse erhält man: n r r ψ = ∑ Bi ⋅ ∆Ai (1.31) i =1 Nun wird wieder der Grenzwert für n gegen unendlich gebildet und man erhält: r r ψ = ∫∫ B ⋅ dA (1.32) ( A) r Die Richtung von dA ist nach Vereinbarung bei geschlossenen Flächen stets die nach außen zeigende Normalenrichtung. r Bei offenen Flächen steht dA auf der Seite, aus der Zψ herauszeigt (vgl. ∆Ai auf A3 in Bild 1.24). Vorlesungsfolien GdE I 61 1.6.2 Der Fluss (Erregung) des elektrischen Feldes Durch alle bisherigen Versuche ist klar, dass zwischen dem Zustand des Raumes (= Feld) und den Ladungen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Doch die zunächst vermutete Fernwirkung (Coulombsches Gesetz) ist tatsächlich eine Nahwirkung von Raumpunkt zu Raumpunkt nach Faraday: Fazit: Nicht die Ladungen, sondern der Raum ist der Träger der elektrischen Kräfte. Diese pflanzen sich, beginnend bei den Ladungen, von Punkt zu Punkt im Raum fort. (Faraday, Michael, 1791 - 1867, engl. Physiker und Chemiker) Aus dieser Nahwirkungstheorie ergeben sich einige Fragen: • wie lange dauert es, bis die Kraftwirkung von einer Ladung bis zu einem bestimmten Punkt im Raum gelangt? • welche Bedeutung hat die sich in diesem Raum befindende Materie? Für die Beantwortung dieser Fragen ist es noch zu früh, aber eine weitere Beschreibung für das elektrische Feld macht die Antwort vorläufig noch nicht erforderlich: die el. Erregung oder elektrische Flussdichte oder elektrische Verschiebungsdichte . Vorlesungsfolien GdE I 62 Dazu betrachten wir nochmal Bild 1.21 a: Quellen Senken Quellen Senken Damit folgt, dass das Feld unterhalb der Doppelscheibe, das ursprünglich von der oberen Platte ausging, nun in der gleichen Form von der Unterseite der unteren Scheibe ausgeht. Gl. (1.27) beschrieb die Größe einer derartigen kleinen Quelle (im inhomogenen Feld): r r ∫∫ ρFidA = Qi = ∫∫ε 0 E ⋅ dA , ( A) (1.27*) ( A) wobei beide Seiten über die gesamte Fläche, auf der die Ladungen sitzen, integriert werden. Vorlesungsfolien GdE I 63 Vergleicht man Gl. (1.27) nun mit Gl. (1.32): r r ψ = ∫∫ B ⋅ dA , ( A) dann erkennt man, dass eine neue Größe r r D = ε0 E (1.33) r als Fluss des Vektors E gedeutet werden kann. Diesen neuen Vektor nennt man relektrische Verschiebung(sdichte) oder elektrische Erregung D , die rin jedem Punkt des Raumes als Ursache des elektrischen Feldes E angesehen werden kann. Der Betrag der elektrischen Verschiebung ist gleich der Flächenladungsdichte der influenzierten Ladung der Doppelscheibe: r ρ Fi = D Aus dem Faradayschen Becherversuch wissen wir, dass die influenzierte Gesamtladung auf der Außenseite einer geschlossenen Fläche gleich der eingeschlossenen Ladung Q ist (siehe Gl. (1.27)). Vorlesungsfolien GdE I 64 r Für den Gesamtfluss ψ D des Vektors D durch eine geschlossene Fläche gilt dann: r r (1.34) ψ D = ∫∫ D ⋅ dA = Q , r wenn das Flächenelement dA beliebig zum Feld liegt. Gl. (1.34) ist die mathematische Formulierung des Satzes von Gauß. Gaußscher Satz: Durch eine beliebige geschlossene Fläche ist der Gesamtfluss der elektrischen Verschiebung (Erregung) gleich dem Wert der Ladung innerhalb der Fläche. (Gauß, Carl Friedrich, 1777-1855, deutscher Mathematiker, Astronom und Physiker) Feldquellen: a) Einzelladungen Bild 1.26a Vorlesungsfolien GdE I 65 b) Raumladung Bild 1.26b Für den Fall a) gilt: n Q = ∑ Qi (1.35) i =1 Für Fall b) gilt Q = ∑ ρi ∆Vi = ∫∫∫ρ dV = ∫∫∫ρ dz dy dx V (1.36) xyz Ladungen außerhalb der Fläche A dürfen nicht berücksichtigt werden. Vorlesungsfolien GdE I 66 Beispiel: Bestimmung der Konstanten k im Coulombschen Gesetz. Dazu soll Gl. (1.34) auf das Feld einer Punktladung oder einer geladenen Kugel mit der Ladung Q angewandt werden: Bild 1.27 Als geschlossene Fläche A um diesen Körper wählen wir wegen der Kugelsymmetrie eine konzentrische Kugelschale. r r r Auf so einer Schale haben die Vektoren E , D , dA die gleiche Richtung. Mit dem Satz von Gauß gilt: r r r r Q = ∫∫ D ⋅ dA = ε 0 ∫∫ E ⋅ dA = ε 0 ∫∫ E dA. Weiterhin ist der Betrag des el. Feldes überall auf der Kugelschale konstant, d.h. E ist keine Funktion von Θ und Φ (d.h. den beiden Winkel der Kugelkoordinaten). Vorlesungsfolien GdE I 67 Daher: E kann vor das Integral gezogen werden! Damit gilt: Q = ε 0 E ∫∫ dA = ε 0 E 4π r oder r 1 Q E= 4πε0 r 2 2 (1.37) Durch Vergleich mit Gl. (1.6) erhält man: k= 1 4πε 0 Weitere Rechenbeispiele dazu werden in den Übungen gebracht! Vorlesungsfolien GdE I 68 1.7 Die Kapazität 1.7.1 Begriff und Berechnungsgleichung Bei vielen Anordnungen, in denen ein elektrisches Feld vorhanden ist, interessieren oftmals nur Größen, die das Gesamtfeld von außen her charakterisieren: z.B. die elektrische Spannung und die elektrische Ladung. Beides sind integrale Größen, d.h. sie werden durch Aufsummieren des Feldverhaltens längs einer Linie bzw. auf einer Geschlossenen Fläche ermittelt. Welcher Zusammenhang besteht zwischen U und Q am Beispiel zweier paralleler Platten (Bild 1.33)? Bild 1.33 Annahmen: die Ladungen seien entgegensetzt gleich groß, das Feld zwischen den Platten sei homogen, Streufelder außerhalb werden vernachlässigt (Annahmen treffen zu, wenn d <<l). Vorlesungsfolien GdE I 69 Die Spannung zwischen den Platten beträgt dann d r r U = ∫ E ⋅ ds = E ∫ ds = E d Linie 0 und der Gaußsche Satz f. d. positiv geladene Platte ergibt: r r Q = ∫∫ D ⋅ dA ⇒ Q = D A = ε0 E A . Die Größe E eliminiert ergibt: Q= ε0 A d U . (1.39) Der Proportionalitätsfaktor zwischen Q und U wird mit C bezeichnet und Kapazität genannt. Definition der Kapazität: Q = C U (1.40) Bemerkungen: • Die Kapazität ist nur von der Geometrie und von der Materie im Feldraum abhängig. • Erhöht man die Spannung, erhöht sich auch die Ladung. • Bei vorgegebener Spannung wird die Ladung umso größer, je größer die Kapazität (= Speichervermögen) ist. Vorlesungsfolien GdE I 70 Kapazität einer allgemeinen Anordnung aus 2 leitenden Körpern im freien Raum: Bild 1.34 Die beiden Körper haben die entgegengesetzt gleich große Ladung Q. Dann beginnen und enden alle Feldlinien auf dem entsprechenden Körper. Die Kapazität erhält man nun aus Gl. (1.40) durch Einsetzen der Gln. (1.34) und (1.19): C= Q = U r r ∫∫ D ⋅ dA A b r r ∫ E ⋅ ds (1.41) a Dies ist die allgemeine Bestimmungsgleichung der Kapazität. Vorlesungsfolien GdE I 71 Bemerkungen: • Legt man die geschlossenen Fläche A um den Körper mit der positiven Ladung (Bild 1.34), dann ist das Linienintegral vom positiven zum negativen Körper zu berechnen (von a nach b), damit sich für C stets ein positiver Wert ergibt. • Die Dimension der Kapazität ist gegeben durch: dim[Q] I2 T4 dim[C] = = dim[U ] ML2 • Die (abgeleitete) Einheit ergibt sich zu: [C ] = [Q] A s = [U ] V • Da die Größe Kapazität sehr oft gebraucht wird, besitzt sie eine eigene Einheit: das Farad (nach Faraday). • 1 F wird für gewöhnlich nicht erreicht. Beispiel: d = 1 mm, A = 10 cm2 −3 2 A A s 10 m C = ε 0 = 8,85⋅10−12 ⋅ −3 = 8,85pF d V m 10 m Liegt zwischen den Platten eine Spannung von 100 V an, dann trägt jede Platte eine Ladung von: Q = CU = 8,85 pF ⋅ 100 V = 8,85 ⋅10 −10 As Vorlesungsfolien GdE I 72 1.7.2 Kondensatoren und Beispiele für Kapazitätsberechnungen siehe Übungen! 1.7.3 Zusammenschalten von Kondensatoren Parallelschaltung Kondensatoren werden unabhängig von ihrer tatsächlichen Bauform symbolisch als Parallelplatten gezeichnet. Bei der Parallelschaltung (Bild 1.43) werden die Platten mit gleichnamigen Ladungen verbunden. Weiterhin liegt an allen Kondensatoren C1 ... Cn stets die gleiche Spannung U an. Bild 1.43 Damit ist die Ladung der oberen Platte des i-ten Kondensator gegeben durch Qi = U Ci . Damit wird die Gesamtladung aller zusammengeschalteten Platten einer Seite: n n i =1 i =1 Qges = ∑ Qi = U ∑ Ci = U C ges Vorlesungsfolien GdE I 73 Daraus ergibt sich für die Gesamtkapazität der Parallelschaltung: n C ges = ∑ Ci (1.46) i =1 In Worten: Bei der Parallelschaltung addieren sich die Kapazitäten der einzelnen Kondensatoren zur Gesamtkapazität. Reihenschaltung Sind die Kondensatoren vor dem Zusammenschalten ungeladen, muss nach dem Zusammenschalten und nach Aufbringen einer Ladung über die gemeinsame Zuleitung jede der Platten den gleichen Ladungsbetrag aufweisen. Bild 1.44 Die jeweils miteinander verbundenen Platten tragen entgegengesetzt gerichtete Ladungen. Die Feldstärke ist hier von links nach rechts gerichtet, d.h. die Spannungspfeile zeigen auch von links nach rechts. Die Gesamtspannung ist die Summe der Einzelspannungen : Q Ui = Ci Vorlesungsfolien GdE I 74 Damit ergibt sich für die Reihenschaltung: n n 1 1 U = ∑U i = Q∑ =Q . C ges i =1 i =1 Ci So wird die Gesamtkapazität für die Reihenschaltung n 1 1 =∑ C ges i =1 Ci (1.47) In Worten: Bei der Reihenschaltung von Kondensatoren addieren sich die Kehrwerte der Kapazitäten der einzelnen Kondensatoren zum Kehrwert der Gesamtkapazität. Bemerkungen: • Voraussetzung für die Gln. (1.46) und (1.47) ist, dass sich die Feldformen der Kondensatoren durch das Zusammenschalten nicht ändern. • Eine Änderung kann erfolgen, wenn sich die Streufelder gegenseitig beeinflussen. Beispiel: Bild 1.45 Vorlesungsfolien GdE I 75 1.8 Energie und Kräfte im elektrostatischen Feld 1.8.1 Energie und Energiedichte Vorüberlegungen: In der zweiten Vorlesung wurden durch Reiben Ladungen getrennt. Da die entgegengesetzten Ladungen sich anziehen, muß mechanische Arbeit zum Trennen der Ladungen aufgebracht werden. Nach dem Prinzip der Energieerhaltung entspricht diese mechanische Energie der elektrischen Feldenergie (die im elektrischen Feld gespeichert ist). Energie im Feld von Punktladungen Die Arbeit, die verrichtet werden muss, um eine Ladung Q2 aus dem Unendlichen auf den Abstand r12 an eine Ladung Q1 heranzubringen entspricht der im Feld aufgenommenen Energie WE: r12 r12 r r r r WE = −W = Q2 ∫ E ⋅ ds = −Q2 ∫ E ⋅ dr ′ ∞ ∞ = +Q2 [Φ1 ( r12 ) − Φ1 (∞)] , also WE = Q1 Q2 . 4πε 0 r12 (1.48) Man beachte, dass gemäß Vereinbarung die vom Feld verrichtete Arbeit positiv gewertet wird. Vorlesungsfolien GdE I 76 Wird nun eine weitere Ladung Q3 aus dem Unendlichen in das Feld von Q1 und Q2 herangeholt, muss Arbeit gegen die Gesamtkraft aufgebracht werden. Diese erhält man durch lineare Überlagerung der Einzelkräfte. Die Gesamtarbeit ergibt sich durch Addition der Teilarbeiten, wenn jeweils nur Q1 oder Q2 vorhanden wäre. z.B. 4 Ladungen Q1, Q2, Q3, Q4: 1 Q1Q2 Q1Q3 Q1Q4 Q2Q3 Q2Q4 Q3Q4 , WE = + + + + + 4πε0 r12 r13 r14 r23 r24 r34 damit gilt für n Ladungen mit den Abständen rik zwischen Qi und Qk: n −1 Qi Qk 1 1 n n Qi Qk WE = = . (1.49) ∑ ∑ ∑∑ 4πε 0 i =1 k =i +1 rik 2 4πε 0 i =1 k =1 rik 1 n k ≠i Der zweite Teil von Gl. (1.49) beruht darauf, dass z.B. Q1Q2 Q2Q1 = r12 r21 Vorlesungsfolien GdE I gilt. 77 Fazit: Die elektrostatische Gesamtenergie aus n Ladungen ist gleich der Summe der Energie aller Ladungspaare. Damit spielt es auch keine Rolle, in welcher Reihenfolge die Ladungen herangeholt werden. Energie eines Kugelkondensators Zunächst soll die Energie des Feldes ohne die äußere Kugel berechnet werden. Dazu wird das Potential der inneren Kugel (Radius r1, Ladung q) benötigt: Φ (q ) = q 4π ε 0 r1 Durch Vergrößerung der Ladung q um eine kleine Ladung dq, die aus dem Unendlichen herbeigeschafft wird, wird die Energie des Feldes um dWE erhöht: dWE = Φ (q )dq = q 4π ε 0 r1 dq Die Gesamtenergie erhält man durch Aufsummieren aller dWE W ´E WE = ∫ dWE = 0 1 4π ε 0r1 Q ∫ q dq = 0 1 8π ε 0r1 Vorlesungsfolien GdE I Q2 (1.50) 78 Die Energie des Kugelkondensators mit der äußeren Hohlkugel (Radius r2) könnte nun berechnet werden durch Transport von Gegenladungen (-dq) aus dem Unendlichen an den Ort der Innenseite der äußeren Kugel. Durch Überlegen und Anwendung von Gl. (1.50) geht es leichter. Zunächst wird die große, ungeladene Kugel (r2) eingesetzt (Bild 1.47a): Bild 1.47a Diese bildet Influenzladungen und das Feld im Außenraum bleibt unverändert. Das Feld im Außenraum r > r2 wird durch Ladungen der Gesamtgröße Q auf der Außenfläche der äußeren Hohlkugel mit der Energie (Gl. (1.50)) erzeugt: WE = Q2 8π ε 0 r2 Vorlesungsfolien GdE I 79 Beim Kugelkondensator ist jedoch das Feld im Außenraum Null. Daher muss die Energie des im Außenraum durch Influenz erzeugten Feldes abgezogen werden: WE Kugel Q2 1 1 − = 8πε 0 r1 r2 (1.51) Damit erhält man die Anordnung in Bild 1.47b, Bild 1.47b wobei man sich vorstellen kann, dass die Ladungen der Außenseite durch einen Draht zum Potential Null („Masse“) geleitet werden. Mit der Spannung im Kugelkondensator (s. Übung) U= Q 1 1 − 4π ε 0 r1 r2 Vorlesungsfolien GdE I (1.42*) 80 wird damit WEK 2 Q 1 1 Q = U = CU 2 = . 2 2 2 C (1.51a) Energiespeicherung im beliebigen Kondensator Es soll nun gezeigt werden, dass Gl. (1.51a) für beliebige Kondensatoranordnungen gilt. Dazu wird nochmals Bild 1.34 verwendet: -q +q Die Ladungen der Leiter seien q bzw. -q. Dann herrscht die Spannung U = q C . Dem einen Leiter wird dann die Ladung dq entzogen und zum anderen transportiert. Der dazu erforderliche Energieaufwand beträgt: dWE = U ( q )dq = 1 q dq C Vorlesungsfolien GdE I 81 Der gesamte Energie- oder Arbeitsaufwand bis zum Aufladen auf die Ladung Q beträgt: WE Q 1 1 2 WE = ∫ dW ´E = ∫ q dq = Q C0 2C 0 Gespeicherte Energie im Kondensator 1 1 Q2 1 2 WE = CU = = QU 2 2 C 2 (1.52) Bestimmung der Energiedichte Felder sind im allgemeinen inhomogen. Damit ist auch die Feldenergie inhomogen verteilt. Die Energiekonzentration kann durch die Energiedichte beschrieben werden. Zur Bestimmung sollen zwei dünne Metallscheiben senkrecht zu den Feldlinien Bild 1.48 eingebracht werden. Vorlesungsfolien GdE I 82 Diese bilden einen kleinen Plattenkondensator mit dem Volumen ∆V = ∆A ∆l . Sind die Abmessungen klein genug, ist in ihm das Feld homogen. Der Energieinhalt ist mit den Gln. (1.52), (1.34) und (1.19) gegeben: 1 r r r r 1 rr ∆WE = D ⋅ ∆A E ⋅ ∆l = D E ∆V 2 2 Die Energiedichte (Energie pro Volumen) ergibt sich zu: ∆WE 1 r r 1 = D E = ε0E 2 wE = ∆V 2 2 (1.53) 1.8.2 Bestimmung von Kräften aus der Energie Zur Anwendung der elektrostatischen Energie soll die Kraft auf die Platten eines Plattenkondensators berechnet werden, der die Kapazität C besitze und mit Q aufgeladen sei. Da die Platten entgegengesetzt aufgeladen sind, ziehen sie sich mit der Kraft F an. Prinzip der virtuellen Verscheibung: Plattenabstand wird um dz vergrößert, ∆W = F ∆z wobei von außen die Arbeit ∆W verrichtet werden muss. Vorlesungsfolien GdE I 83 Die Feldenergie vor der kleinen Verrückung lautete (Gl. (1.52)): Q2 WE = 2C Da die Ladung auf den Platten gleich bleibt, die Kapazität sich jedoch ein wenig ändert, gilt für die Zunahme der Feldenergie: 1 1 ∆WE = Q 2 ∆( ) 2 C Gemäß dem Energiesatz (aufgebrachte Arbeit = Erhöhung der Feldenergie) mit ∆WE = ∆W gilt: r 1 2 ∆(1 C ) F = Q 2 ∆z (*) Aus Gl. (1.39) folgt 1 d 1 ∆z = ⇒ ∆ = C ε0 A C ε0 A Setzt man dies in (*) ein, folgt für die Kraft auf die Kondensatorplatten: r 1 Q2 F = 2 ε0 A (1.54) 1.8.3 Elektrostatische Spannungsmesser: nächste Vorlesung V7 1.8.4 Der elektrische Dipol: nächste Vorlesung V7 Vorlesungsfolien GdE I 84 1.9 Materie im elektrischen Feld 1.9.1 Die Feldstärke im isolierenden Stoff Feld und Materie beeinflussen sich gegenseitig. Im Fall von leitenden Körpern wurde die Influenz bereits besprochen. Zur Betrachtung von isolierenden Stoffen im Feld diene ein Plattenkondensator mit Spannungsmesser (Bild 1.52): Bild 1.52 a) b) c) Versuch Zunächst (a) sei der Raum zwischen den Platten leer bzw. luftgefüllt. Die Spannung habe den Wert Ua. Nun wird eine Isolatorplatte (Glas, Kunststoff) in das Feld geschoben (b), ohne eine der Kondensatorplatten zu berühren. Die Spannung sinkt auf den Wert Ub. Zieht man die Isolatorplatte wieder heraus, Vorlesungsfolien GdE I 85 stellt sich der alte Zustand (Spannung Ua) wieder ein. Zum Vergleich wird nun eine Platte gleicher Stärke aus leitendem Material eingebracht (c). Es stellt sich eine Spannung Uc ein, die noch kleiner ist als Ub. Ua > Ub > Uc Damit gilt: In allen drei Fällen ist ein Zu- oder Abfluss von Ladungen nicht erfolgt, d.h. die Ladung oder Ladungsdichte auf den Platten bleibt erhalten und ist somit gleich. Abgesehen von Randeffekten ist die elektrische Feldstärke in den materiefreien Räumen entsprechend E = ρF ε 0 in allen Fällen gleich groß. Für (a) und (c) kann man die Spannung sofort angeben werden, da im Leiter kein Feld herrscht: U a = E0 d U c = E0 ( d − a ) Im Fall (b) muss gegenüber (c) noch durch den Isolator ein Beitrag hinzukommen, da Ub > Uc ist: U b = E0 (d − a ) + Ei a Aufgrund der festgestellten Reihenfolge gilt: E0d > E0 (d − a) + Ei a > E0 (d − a) Vorlesungsfolien GdE I 86 Daraus folgt unmittelbar (linke Seite): E0a > Ei a ⇒ E0 > Ei und (rechte Seite) Ei > 0 Fazit Bei gegebener Ladung ist die Feldstärke im materieerfüllten Raum stets kleiner als im Vakuum. Da die Isolatoren im Gegensatz zu elektrischen Leitern von einem elektrischen Feld durchsetzt werden können, bezeichnet man diese als Dielektrika . Im Fall der Leiter ist bekannt, dass so viele Ladungen influenziert werden, dass das Feld im Leiter zu Null wird. Im Fall des Dielektrikums müssen auch Oberflächenladungen angenommen werden. Deren Dichte muss jedoch kleiner sein, da ja noch ein Feld Ei erhalten bleibt. Dieses Feld Ei ist kleiner als das Feld außerhalb (s. Fazit). Die im Dielektrikum erzeugten Ladungen heißen Polarisationsladungen mit der Dichte ρFpol: Bild 1.53 Vorlesungsfolien GdE I 87 Der Gaußsche Satz wird nun angewandt auf den grauen Bereich in Bild 1.53 und man erhält für das Feld im Dielektrikum: r r Di = ε 0 Ei = ρF − ρF Pol (1.58) Analog zu der bekannten Beziehung (V5) ρF = D setzt man: r ρF Pol = P Macht man den Übergang zu den entsprechenden Vektoren, erhält man für Gl. (1.58): r r r D = Di + P (1.59) Bemerkungen: • Aus Gl. (1.59) geht hervor, dass sich der elektrische Gesamtfluss, der von den Kondensatorplatten ausgeht, imrInneren des Dielektrikumsr aufteilt in eine innere Flussdichte Di und die Polarisation rP . • Der Vektor P hat die Richtung von den negativen zu den positiven Polarisationsladungen. • Gl (1.59) ist von allgemeiner Gültigkeit. r • Die Polarisation P ist im einfachsten Fall proportional dem im Inneren des Dielektrikums herrschenden elektrischen Feld: r P = χ ε 0 Ei = χ Di (1.60) Vorlesungsfolien GdE I 88 Die Konstante χ heißt elektrische Suszeptibilität und beschreibt die Eigenschaften der Materie des Dielektrikums. Makroskopisch ist es oftmals einfacher, das Verhalten des Dielektrikums und des materiefreien Raumes im Feld durch den r Fluss D zu beschreiben. Die Verringerung der Feldstärke r im r Isolator wird dadurch berücksichtigt, dass anstelle von D = ε 0 E geschrieben wird nach Maxwell: r r r D = ε E = ε 0 ε r E. (1.61) (Maxwell, James Clerk, 1831 - 1879, britischer Physiker) Mit dieser Gesamtflussdichte sind dielektrische Ladungen verknüpft, die vorwiegend auf Oberflächen von Leitern frei beweglich zu finden sind. Polarisationsladungen tauchen in dieser Darstellung nicht auf, was ein großer Vorteil ist. Der Zusammenhang lautet: r r r r r r r D = Di + P = Di + χ Di = Di (1 + χ ) = ε r Di Damit wird: ε r = 1+ χ (1.62) Man bezeichnet ε als Permittivität oder Dielektrizität und εr als relative Permittivität. Vorlesungsfolien GdE I 89 Einige relative Permittivitäten sind Tab. 1.1 angegeben. Stoff εr Stoff εr Luft Petroleum Polyäthylen Polystyrol Gummi Bernstein 1,00059 2,0 2,3 2,6 2,5 ... 3,5 2,8 Quarz Glas Keramik Diamant Nitrobenzol dest. Wasser 3,8 ... 5 5 ... 7 9,5 ... 100 16,5 36,0 81,0 Bemerkungen: Wird ein Kondensator mit Dielektrikum gefüllt, erhöht sich seine Kapazität um den Faktor εr rgegenüber Luft; denn bei konstant r gehaltenem Fluss D = ε 0ε r E verringert sich die Feldstärke um denselben Faktor. Will man also kleine Kondensatoren mit großer Kapazität bauen, benötigt man ein Dielektrikum mit großer relativer DK. Gleichzeitig ist auch eine hohe Durchschlagfestigkeit nötig, um die „Plattenabstände“ klein zu halten. Es gibt Stoffe, bei denen ε r von der Richtung des Feldes abhängt. In diesen Fällen sind die Gln (1.60) bis (1.62) nicht anwendbar. Vorlesungsfolien GdE I 90 1.8.3 Elektrostatische Spannungsmesser Anwendung: Kraftwirkung zwischen geladenen Leitern Die Kraftwirkung auf geladene Leiter (siehe 1.8.2) kann zum Bau von elektrostatischen Spannungsmessern („Elektrometer“) verwendet werden (Bild 1.49). A: Anschlüsse I: Isolator G: Goldplättchen P: Platinschleife D: Drahtbügel Bild 1.49 a) b) Prinzip: Die Anschlussklemmen werden mit der zu messenden Spannung verbunden. Zur Messung z.B. der Spannung eines Kondensators wird A1 mit dem oberen und A2 mit dem unteren Kondensatoranschluss verbunden. Blättchenelektrometer (Bild 1.49a): Vom Kondensator fließt Ladung auf das Elektrometer. Beide Plättchen G erhalten die gleiche Ladungssorte und stoßen sich ab. Je größer die Ladungsmenge, desto stärker die Kraft auf die Blättchen. Vorlesungsfolien GdE I 91 Gleichgewicht stellt sich durch die Schwerkraft ein. Ähnlich arbeitet das Zeigerelektrometer (siehe Buch v. R. Pregla). Zweifadenelektrometer: Eine elastisch gespannte Leiterschleife P wird über A1 und A2 aufgeladen. Die Drahtbügel D sind dieser gegenüber negativ aufgeladen. Zwischen P und D ergibt sich eine Anziehungskraft und die Leiterschleife wird breiter. Spannungsmessung: Am jeweiligen Elektrometer und dem zu messenden Objekt (Kondensator) liegt die gleiche Spannung an (Parallelschaltung). Die Auslenkung ist proportional zur Spannung. Problem: Ein Elektrometer hat eine kleine Kapazität. Diese ändert sich mit zunehmendem Ausschlag. Ist die Eigenkapazität nicht sehr viel kleiner als die zu messende, wird das Ergebnis verfälscht. Sind beide Kapazitäten bekannt, kann man die Verfälschung herausrechnen (= Fehlerkorrektur). 1.8.4 Der elektrische Dipol Ein elektrischer Dipol besteht aus zwei Punktladungen +Q und -Q im festen Abstand d (Bild 1.50a). Bild 1.50a Vorlesungsfolien GdE I 92 Bestimmung des Dipolpotentials Man kann sich vorstellen, dass die Ladungen durch einen festen isolierenden Stab miteinander verbunden sind. Das zugehörige Feldbild ähnelt Bild 1.12a: Bild 1.12a* Das Potential im Aufpunkt P könnte durch lineare Überlagerung der Potentiale zweier Punktladungen sofort bestimmt werden: ΦD ( P ) = Q 1 1 − . 4πε 0 r1 r2 (*) Aber es geht auch anders. Mit Gl. (1.49) für drei Ladungen +Q, -Q und Q1 in P gilt f. d. Feldenergie: ΦD Q1 = WE = Q1 Q Q (−Q) + 1 4π ε 0 r1 4π ε 0 r2 Zur Erinnerung: Q1 wird erst in Feld von Q gebracht, dann in das von -Q. Vorlesungsfolien GdE I 93 Division durch Q1 und Zusammenfassen ergibt das bekannte Ergebnis (*): Q 1 1 − ΦD ( P ) = 4π ε 0 r1 r2 (1.55) Annahme: P weit entfernt (r >> d, „Fernfeldnäherung“) Nun soll P weit entfernt sein vom Dipol, d.h. der Abstand d << r. Gleichzeitig heißt das auch, dass r1 und r2 nahezu parallel verlaufen (Bild 1.50b): Bild 1.50b Jetzt kann für r1 und r2 unter Berücksichtigung des Winkels ϑ geschrieben werden: r1 ≈ r − d cosϑ 2 r2 ≈ r + d cosϑ , 2 wobei r den Abstand der Mitte des Dipols zu P bezeichnet. Vorlesungsfolien GdE I 94 Den Klammerausdruck in Gl. (1.55) mit diesen Näherungen ersetzt, ergibt: 1 1 r2 − r1 d cos ϑ − = ≈ d d r1 r2 r1 r2 (r − cos ϑ ) (r + cos ϑ ) 2 2 d cos ϑ d cos ϑ = ≈ 2 2 r d r 2 − cos ϑ 2 Im Nenner vor der zweiten Näherung kann der rechte Teil vernachlässigt werden, da cosϑ ≤ 1 und r >> d ist. Für das Dipolpotential gilt mit diesen Näherungen: ΦD ( r , ϑ ) ≈ Qd cosϑ 4πε 0 r 2 Achtung: das Dipolpotential ist proportional r -2, da im Zähler die Dimension einer Länge (d) steht! r Gibt man nun den Ort von P durch einen r Vektor r an, und der finiert ein Dipolmoment durch p = Qd, dann gilt: r r r r p r cos ϑ Q d cos ϑ p⋅r ΦD = = = 3 3 4πε 0 r 4πε 0 r 4πε 0 r 2 (1.56) r Wichtig: p zeigt von -Q zu +Q. Vorlesungsfolien GdE I 95 Dipol im elektrischen Feld: r r Nun befinde sich ein Dipol (Dipolmoment p = Q d ) im homogenen elektrischen Feld (Bild 1.50c): Bild 1.50c r Dieses wirkt mit zwei entgegengesetzt gleichgroßen Kräften F auf den Dipol. Der Abstand der Kräfte ist d sinα . Diese Kräfte werden als „Kräftepaar“ bezeichnet, die einem Drehmoment entsprechen. Damit wird der Dipol um eine Achse gedreht, die senkrecht auf der Ebene des Kräftepaars steht. Das Drehmoment ist also ein Vektor, mit dem Betrag „Kraft x Hebelarm“, dessen Richtung senkrecht zu beiden Vektoren ist. Sein Richtungssinn lässt sich mit der Schraubenregel (s.u.) bestimmen. Vorlesungsfolien GdE I 96 r Veranschaulichung eines Drehmoments Td durch das Kräfter paar F im Abstand d: Bild 1.51 Aus Bild 1.50c geht hervor: r r r r r Td = F d sinα = Q E d sinα = p E sinα Dies wird verkürzt und aussagekräftiger folgendermaßen geschrieben: r r r Td = p × E (1.57) Dieses Vektorprodukt zweier Vektoren ergibt wieder einen Vektor, dessen Betrag dann maximal ist, wenn der Winkel zwischen beiden Vektoren 90° ist, und Null wird, wenn die Vektoren parallel sind (d.h. Sinus). Dessen r Richtung wird gebildet, indem der erste Vektor (hier p ) mit den Fingern der rechten Hand rauf kürzestem Weg in den zweiten Vektor gedreht wird (hier E ). Dann zeigt der Daumen in Richtung des Produktvektors (= Schraubenregel). Vorlesungsfolien GdE I 97 1.9.2 Grenzfläche zwischen zwei Dielektrika In Kapitel 1.9.1 wurde gezeigt, dass die elektrische Feldstärke am Übergang von Luft zum Isolator sprunghaft kleiner wird von E0 auf E0 / ε r . Zur Erinnerung sei nochmals Bild 1.53 gezeigt: Bild 1.53* Da der Einfall des Feldes auf die Grenzfläche senkrecht ist, bleibt in diesem Beispiel die Richtung erhalten. Im Bild 1.54 ist der allgemeine Fall gezeigt, in dem die Feldlinien nicht unter 90° auf die Grenzfläche auftreffen, Bild 1.54a Vorlesungsfolien GdE I 98 sondern zur Flächennormalen einen Winkel α1 aufweisen. Unter der Annahme, dass im Medium 2 Betrag und Richtung der el. Feldstärke anders sind als in Medium 1 (Bild 1.54a), müssen an der Grenzfläche von 1 auf 2 folgende allgemeingültige Bedingungen für elektrostatische Felder erfüllt sein: 1. Wirbelfreiheit 2. Gaußscher Satz. Zur Formulierung der Wirbelfreiheit muss ein Linienintegral längs eines geschlossenen Weges gebildet werden. Dazu wird das in Bild 1.54b eingezeichnete Rechteck gewählt, Bild 1.54b das die Grenzfläche mit einbezieht, eine zur Fläche parallele Ausdehnung d hat und dessen Schmalseiten h infinitesimal klein sind. Vorlesungsfolien GdE I 99 Unter diesen Annahmen gilt für das Linienintegral: r r ∫ E ⋅ ds = Et1 d − Et 2 d = 0 Rechteck Die Rechteckseite d ist genügend klein zu wählen, dass innerhalb von d die Feldstärke konstant ist. Weiterhin sind die Tangentialkomponenten von E1 und E2 parallel zu den Seiten d des Rechtecks. Damit ergibt sich aus obigem Linienintegral: (1.63) Et1 = Et 2 die Stetigkeit der Tangentialkomponenten des elektrischen Feldes an Grenzflächen. Zur Auswertung des Gaußschen Satzes soll nun eine „Schuhcremedose“ eingezeichnet werden, die wiederum die Grenzfläche mit einbezieht. Als Schnitt durch die Dose kann wieder Bild 1.54b betrachtet werden. Die Größe der Deckel- und Bodenflächen r r seien durch A gegeben. Einen Beitrag zur Flussdichte D = ε E liefern wegen der infinitesimal kleinen Höhe der Seitenfläche nur die Integrale über Deckel und Boden: r r ∫∫ D ⋅ dA = −Dn1 A + Dn2 A = 0 , (1.64) Schuhcremedose wenn an der Grenzfläche keine freie Ladungen vorhanden sind. Vorlesungsfolien GdE I 100 Daraus folgt: Dn1 = Dn 2 die Stetigkeit der Normalkomponenten der elektrischen Flussdichte an Grenzflächen mit: Dn1 = ε r1 ε 0 En1 , Dn 2 = ε r 2 ε 0 En 2 . Fazit: An einer Grenzfläche zwischen Dielektrika verhalten sich die Tangentialkomponente der elektrischen Feldstärke und die Normalkomponente der el. Flussdichte stetig. Die Winkel der ein- und austretenden Feldstärkevektoren an der Grenzfläche sind gegeben durch (Bild 1.54a): tan α1 = und damit Et1 Et1 = En1 Dn1 / (ε 0 ε r1 ) Et 2 Et 2 tanα2 = = En2 Dn2 (ε 0 ε r 2 ) (1.65) tan α1 Et1 Dn 2 ε 0ε r1 ε r1 = = tan α 2 Et 2 Dn1 ε 0ε r 2 ε r 2 Vorlesungsfolien GdE I 101 1.9.3 Betrachtung der Polarisation im atomaren Bereich Die Polarisation aus 1.9.1 (V6) soll jetzt auch für den atomaren Bereich betrachtet werden. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: die Orientierungs- und die Verzerrungspolarisation. 1. Orientierungspolarisation Die Moleküle etlicher Dielektrika haben ein permanentes Dipolmoment, wobei die Dipole im Medium frei drehbar sind. Ein Beispiel ist das Wassermolekül (Bild 1.55a), Bild 1.55a in dem das Sauerstoffatom eine mittlere negative und die beiden Wasserstoffatome eine mittlere positive Ladung tragen. Die Schwerpunkte beider Ladungsverteilungen sind räumlich r voneinander getrennt, so dass ein Dipolmoment p wirksam ist. In einer großen Menge solcher Moleküle sind normalerweise die einzelnen Dipole ungeordnet, d.h. nach außen ist die Gesamtwirkung gleich Null. Vorlesungsfolien GdE I 102 Dieser Zusammenhang ist in Bild 1.55b dargestellt: 1.55b 1.55c Legt man nun von außen ein Feld an (1.55c), richten sich diese kleinen Dipole je nach Stärke des Feldes mehr oder weniger im Feld aus. Die völlige Ausrichtung wird durch die Wärmebewegung verhindert. 2. Verzerrungspolarisation Die zweite Möglichkeit der Polarisation besteht darin, dass die Atome/Moleküle selbst im Feld verzerrt werden. Das kommt daher, dass Kern und Hülle in verschiedene Richtungen gezogen werden, weil sie unterschiedlich geladen sind . Auch hier resultiert eine räumliche Trennung von positiver und r negativer Ladung. Es entsteht ebenfalls ein Dipolmoment p . Orientierungs- und Verzerrungspolarisation kommen in der Natur gemeinsam vor. Vorlesungsfolien GdE I 103 Die Verzerrungspolarisation ist schematisch in Bild 1.56 gezeigt: Bild 1.56 Für die äußere Wirkung ist es belanglos, welche Art der Polarisation vorherrscht. Angenommen es existieren N Dipolerpro Volumeneinheit mit r dem effektiven Dipolmoment p = Qh in Feldstärkerichtung, dann ist das Dipolmoment pro Volumen: r r r P = N p = N Qh , (1.66) r wobei P der bereits bekannte Polarisationsvektor ist. Vorlesungsfolien GdE I 104 Auf ein großes Volumen mit rechteckigem Querschnitt übertragen heißt das, dass da, wo das elektrische Feld eintritt, und da, wo es austritt, eine Oberflächenladung vorherrscht. Innerhalb des Volumens gleichen sich die Ladungen makroskopisch gesehen aus. Bild 1.57 Wie in Bild 1.57 gezeigt, ist die Schichtdicke der Oberflächenladung durch die Größe h beschrieben (Bild 1.56): ρ FPol = N h Q (1.67) r Dies entspricht dem Betrag des Vektors P in Gl (1.66). Im inhomogenen Feld können auch im Inneren von Dielektrika Polarisationsladungen auftreten und eine Raumladung bilden. Vorlesungsfolien GdE I 105 1.9.4 Energie und Kräfte in Feldern mit Dielektrika Vorausgesetzt ε r ist eine Konstante, dann kann für die Energiedichte aus Gl. (1.53) auch geschrieben werden: r2 1 r r 1 w = D ⋅ E = ε0εr E 2 2 (1.68) Für Gl. (1.54) kann dies im Falle fester Dielektrika so nicht gemacht werden, da die Kraft der Leiter auf das Dielektrikum zu mechanischen Spannungen führt, wobei mechanische Energie und gelegentlich auch die elektrischen Eigenschaften geändert werden (siehe Piezoeffekt). In Bild 1.58 ist ein Dielektrikum im inhomogenen Feld gezeigt. Durch das el. Feld werden Polarisationsladungen erzeugt (und zwar umso mehr, je größer das Feld ist): Bild 1.58 Auf den dielektrischen Körper wirkt daher eine Kraft, die ihn in Richtung zunehmender Feldstärke hinbewegen will. Die Inhomogenität des Feldes ist auch hier wesentlich für die Kraftwirkung. Vorlesungsfolien GdE I 106 2. Der elektrische Strom 2.1 Der einfache Stromkreis: Die elektrische Stromstärke Bisher waren Ladungen immer als in Ruhe befindlich betrachtet worden. Jetzt sollen sich diese bewegen. Bewegung von Ladung findet z.B. statt, wenn das elektrische Feld eines Kondensators abgebaut wird. Dazu muss ein Ladungsausgleich stattfinden. Konkret heißt das, dass die überschüssigen Elektronen der negativ geladenen Platte zur positiv geladenen fließen müssen. In Bild 2.1 ist gezeigt, wie durch äußere Beschaltung der Ladungsaustausch möglich ist: Bild 2.1 Gleichzeitig wird der Zerfall des Feldes durch einen Spannungsmesser angezeigt. Besteht der Verbindungsleiter aus Kupfer, oder einem anderen guten Leiter, erfolgt der Ausgleich fast augenblicklich. Verwendet man jedoch einen schlechten Leiter, dauert es deutlich länger. Vorlesungsfolien GdE I 107 Verwendet man unterschiedliche Leiter zum Ladungsausgleich, stellt man fest, dass es unterschiedlich lange dauert, bis die gespeicherte Ladung von einer Platte zur anderen gelangt. Oder anders gesprochen: der elektrische Strom ist bei jeweils gleicher Spannung abhängig vom jeweiligen Leiter. Definition: Elektrische Stromstärke Die elektrische Stromstärke I ist der Quotient aus der Ladung ∆Q, und der Zeit ∆t, während der die Ladung durch einen gegebenen Querschnitt fließt. Also: ∆Q I= ∆t (2.1) Die Einheit ist gemäß dem MKSA-System Ampere (A). Im allgemeinen ist die Stromstärke zeitlich variabel. Um den Augenblickswert zu erhalten, muss ∆t infinitesimal klein werden: Definition: ∆Q dQ I = lim = ∆t → 0 ∆t dt (2.2) Auch im Beispiel der Kondensatorentladung ist der Strom zeitabhängig, d.h. nicht konstant, er nimmt hierbei ab. Vorlesungsfolien GdE I 108 Einen zeitlich konstanten Strom erhält man, wenn die Spannung an den Anschlussklemmen konstant bleibt. D.h. es muss eine Quelle für Ladungsträger geben, welche die durch den Strom abgeflossenen Ladungen ersetzt. Die Spannung kann als treibende Kraft der Ladungsträgerbewegung angesehen werden. Man bezeichnet diese daher als Quellenspannung. Eine derartige Quellenspannung könnte z.B. durch Influenz erzeugt werden (van de Graaf Generator ). Allerdings sind mit diesem keine hohen Ströme zu erzielen. Besser eignen sich zu diesem Zweck chemische Vorgänge, wie sie in Akkumulatoren verfügbar sind. Wie auch immer die Anordnung beschaffen ist, in jedem Fall muss Energie aufgewendet werden. Entscheidend ist, dass zwischen zwei Klemmen die Spannung U vorherrscht. Anstelle einer realen Anordnung wird das allgemeine Schaltsymbol für die ideale (Gleich-) Spannungsquelle (Bild 2.2) verwendet: Bild 2.2 Vorlesungsfolien GdE I 109 Der Pfeil in Bild 2.2 zeigt in Richtung vom höheren zum niedrigeren Potential, er ist somit ein Zählpfeil, kein Vektor. Feldtheoretisch gesehen zeigt er in Richtung des Integrationsweges des Linienintegrals (der Feldstärke über dem Weg). Verbindet man jetzt die Pole der Spannungsquelle, fließt vom „+“ Pol zum „-“ Pol ein Strom (technische Stromrichtung). Es besteht ein geschlossener Stromkreis. An jeder Stelle fließt ein Strom konstanter Stärke. Es existiert keine Ladungsspeicherung. D.h. die Ladungsmenge, die auf einer Seite zufließt, fließt auf der anderen Seite wieder ab. 2.2 Stromstärke und Stromdichte Der Strom ist eine integrale (makroskopische) Größe. Die zugehörige lokale (mikroskopische) Größe ist die elektrische Stromr dichte J, die als Vektor definiert ist. Die Richtung entspricht der der positiven Ladungsträger. Zur Beschreibung soll eine positive Raumladung betrachtet werr den mit der Dichte ρ und der Geschwindigkeit v (Bild 2.3). In dem infinitesimal kleinen Volumen befindet sich die Ladungsmenge dQ . r dQ = ρ ds dA cos α . Vorlesungsfolien GdE I 110 Bild 2.3 In der Zeit dt bewege sich die Ladung um ds = v dt . Dabei hat die Ladung dQ die Fläche dA passiert. Damit ergibt sich für den Strom dI durch die Fläche: dI = dQ ds = ρ dA cosα = ρ v dA cosα dt dt Die Stromdichte erhält man durch Division obiger Gleichung durch die Fläche, die senkrecht zur Strömungsrichtung durchflossen wird: dA⊥ = dA cosα . Für den Stromdichtevektor erhält man somit: r r J = ρv Vorlesungsfolien GdE I (2.3) 111 Den gleichen Betrag der Stromdichte erhält man also entweder durch eine hohe Ladungsträgerdichte mit kleiner Geschwindigkeit, oder umgekehrt aus einer geringen Dichte mit hoher Geschwindigkeit. Gl (2.3) wurde für positive Ladungsträger abgeleitet. Mikroskopisch betrachtet sind jedoch Elektronen die Träger des Stroms, die sich in negative Feldrichtung bewegen. Das jedoch entspricht in den meisten Fällen der Bewegung positiver Teilchen mit der Feldrichtung. r Definiert man für die Fläche dA den Flächenvektor dA , dann kann man r r v dA cos α = v ⋅ dA als Skalarprodukt schreiben. So erhält man: r r r r dI = ρ v ⋅ dA = J ⋅ dA (2.4) Den Gesamtstrom I durch die gesamte Fläche A erhält man durch Aufsummieren aller dI durch alle dA: r r I = ∫∫ J ⋅ dA (2.5) A Der Strom ist eine skalare Größe. Er hat dann ein positives Vorzeichen, wenn der Stromdichtevektor die Fläche in Richtung des Flächenvektors durchtritt. Vorlesungsfolien GdE I 112 2.3 Strömung im Metall: Ohmsches Gesetz Modellvorstellung Metalle bestehen aus Elementen oder Mischungen von Elementen, die in kristalliner Form vorliegen. In diesen Kristallverbänden sind die äußeren Elektronen, die eigentlich gebunden sind, quasi frei beweglich. Gleichzeitig führen die Rumpfatome im Gitter aufgrund ihrer thermischen Energie Schwingungen aus. Wird ein Elektron aus dem Atomverbund abgegeben, bleibt ein positiv geladenes Ion übrig. Im Mittel ist die Zahl der positiven und negativen Ladungsträger gleich groß. Man bezeichnet diesen Zustand als quasineutral. Wird im Leiter ein elektrisches Feld erzeugt (z.B. durch Anschließen einer Spannungsquelle), werden die Elektronen gegen die Feldrichtung beschleunigt. Da sie nach einer kurzen Wegstrecke (= mittlere freie Weglänge) durch Stöße mit den Gitteratomen abgebremst werden, erreichen sie eine endliche Geschwindigkeit. Diese wird mittlere Driftgeschwindigkeit genannt und ist der el. Feldstärke proportional: r r v = −µe E (2.6) mit µe der Beweglichkeit der Elektronen. Setzt man (2.6) in (2.3) ein: r r r r J = ρ v = −ρµe E = −(−ne)µe E (2.7) mit n der Zahl der Leitungselektronen pro Volumen und -e der Ladung eines Elektrons, Vorlesungsfolien GdE I 113 dann kann man für die Stromdichte auch schreiben: r r J =σ E (2.8) Dies ist das Ohmsche Gesetz in differentieller Form. Die Proportionalität wird durch die spezifische elektrische Leitfähigkeit σ hergestellt, die die Materialeigenschaften kennzeichnet. Anstatt σ wird gelegentlich auch κ geschrieben (z.B. Pregla). In Tabelle 2.1 sind für einige Metalle und Metalllegierungen die spezifische elektrische Leitfähigkeit σ und der spezifische elektrische Widerstand ρR bei 20°C angegeben: Leiter σ in S m/mm2 ρR in Ω mm2/m α20 in 10-3 K-1 Silber Kupfer Gold Aluminium Wolfram Messing Eisen Platin Neusilber Konstantan Kohle 62,5 56 44 35 18 14 ... 11 10 ... 7 9 ... 7 3,33 2,0 0,02 ... 0,01 3,8 3,93 4,0 3,77 4,1 1,5 4,5 ... 6 2 ... 3 0,35 -0,0035 -0,2 ... -0,8 0,016 0,01786 0,023 0,02857 0,055 0,7 ... 0,09 0,1 ... 0,15 0,11 ... 0,14 0,30 0,50 50 ... 100 Tabelle 2.1 Vorlesungsfolien GdE I 114 Bestimmung des elektrischen Widerstandes Es soll nun (ähnlich der Kapazität) eine Größe gesucht werden, die die Gesamtwirkung eines elektrischen Leiters beschreibt. Dazu wird ein zylindrischer Metallkörper betrachtet: Bild 2.4 Dieser habe die Länge l und den konstanten Querschnitt A. Seine Enden seien mit den Polen einer Spannungsquelle verbunden. Aufgrund der gleichmäßigen Struktur stellt sich ein homogenes elektrisches Feld ein (bis auf die Enden). Ist die Länge sehr viel größer als die Querabmessungen, dann ist die Feldverzerrung an den Enden vernachlässigbar und die Spannung hat den Wert: r U= El Bei homogener el. Feldstärke ist auch die Stromdichte überall gleich und der Strom durch die Querschnittsfläche A ist gegeben durch: r r I = J A =σ E A Vorlesungsfolien GdE I 115 Ineinander eingesetzt (E eliminiert) ergibt sich: U= mit R= I l = RI σA l σA = ρR l A (2.9) (2.10) Aus Gl. (2.9) geht hervor, dass der Strom im Leiter und die Spannung an seinen Enden linear miteinander verknüpft sind. Dies ist das Ohmsche Gesetz (Ohm, Georg Simon, 1789 - 1854, deutscher Physiker). Die Konstante R heißt elektrischer Widerstand. Gl (2.9) kann auch geschrieben werden zu: I= 1 U = GU R (2.11) mit dem elektrischen Leitwert G. Die Einheit für den Widerstand lautet Ohm (Ω) und für den Leitwert Siemens (S). Es gilt 1 1 Ω = 1V/A = S Beide Größen charakterisieren das elektrische Gesamtverhalten eines Leiters. Der Widerstand R bleibt konstant, solange die physikalische Beschaffenheit des Leiters nicht geändert wird. Vorlesungsfolien GdE I 116 Zum Praxisbezug des elektrischen Widerstandes: Leiter mit einem bestimmten Widerstand werden selbst auch Widerstand genannt. Diese werden in der Elektrotechnik als Bauelemente eingesetzt. Je nach Anwendung werden sie in verschiedenen Größen und Formen gebaut. Häufig bestehen sie aus aufgewickeltem Draht oder aus einer Kohleschicht. 1+2: Hochlastwiderstände 3: Metallbandwiderstand 4 - 7: Schichtwiderstände 8: SMD (Surface Mounted Device) Widerstand 9 - 12: Trimmer 13: Potentiometer Vorlesungsfolien GdE I 117 Der Widerstand eines beliebig geformten Leiters, für den Gl. (2.8) gilt, berechnet sich zu: b r r E ⋅ ds ∫ U 1 R= = a r r = I ∫∫ J ⋅ dA σ A b r r ∫a E ⋅ ds r r ∫∫ E ⋅ dA (2.12) A Die Integrationsgrenzen a und b bezeichnen die Anschlusspunkte und A die Querschnittsfläche, durch die der Strom fließt. Die Zählrichtung für den Strom muss mit der Integrationsrichtung für die Spannung übereinstimmen. Die Zählrichtung muss also die Richtung von a nachrb haben. Damit ist auch die Richtung des Flächenelements dA festgelegt. Vorlesungsfolien GdE I 118 3. Gleichstromschaltungen 3.1 Strom und Spannung im einfachen Stromkreis Bisher wurde ein einfacher Stromkreis aus Spannungsquelle und Verbraucher (Widerstand) besprochen. Jetzt soll für den Widerstand als allgemeines Schaltsymbol das Rechteck eingeführt werden (Bild 3.1). Zahlenangaben am Schaltsymbol geben den Widerstand in Ω an: R=30 Ω R=2.7MΩ 2.7 M 30 Ein einfacher Stromkreis mit den zugehörigen Verbindungsleitungen ist in Bild 3.1 gezeigt. Bild 3.1 Vorlesungsfolien GdE I 119 Zum Leitungswiderstand: Angenommen, die Verbindungsdrähte von den Anschlussklemmen des Generators zum Verbraucher haben eine unendlich hohe Leitfähigkeit, dann ist die Spannung U am Verbraucher gleich der Spannung UG der Quelle. In der Praxis haben Verbindungsdrähte einen endlichen Widerstand, daher ist die Spannung am Verbraucher kleiner als die an der Quelle. Wenn der Querschnitt der Verbindungsdrähte im Vergleich zur Länge sehr klein ist, kann eine homogene Stromverteilung angenommen werden. Ersatzwiderstand der Verbindungsleitung: In Bild 3.2 ist gezeigt, wie man sich die Leitungswiderstände in den Widerständen RL1 und RL2 konzentriert vorstellen kann. Die eingezeichneten Leitungen sind nun widerstandslos. In Zukunft sollen Verbindungsdrähte stets widerstandslos / ideal sein. Bild 3.2 Vorlesungsfolien GdE I 120 Potenzialverlauf: Jetzt soll der Potenzialverlauf der Schaltung in Bild 3.2 angegeben werden. Beginnend am Punkt 1 wird die Schaltung im Uhrzeigersinn durchlaufen. Als Verbraucher wurde ein Ohmscher Widerstand Rv gewählt. Das Potenzial am Punkt 1 sei Φ1, das beliebig gewählt werden kann. Ist Punkt 1 mit Masse (Erde) verbunden, gilt nach Vereinbarung Φ1 = 0. Der Potenzialverlauf ist in Bild 3.3 gezeigt: Bild 3.3 Im Generator (Quelle) wird das Potenzial um UG angehoben, so dass sich die vorgegebene Quellenspannung einstellt. Vorlesungsfolien GdE I 121 In den Widerständen nach Punkt 2 fällt das Potenzial linear, da die Bewegung jetzt in Richtung der Feldstärke verläuft (in der Quelle war die Bewegung gegen die Feldrichtung). Entlang der idealen Verbindungsleiter bleibt das Potenzial konstant. Nach einem vollständigen Umlauf muss das Ausgangspotential wieder erreicht werden. Daher gilt für den vollständigen Umlauf: 0 = −U G + U L1 + U + U L2 (3.1) Nach dem Ohmschen Gesetz gilt: UL1 = I RL1 , U = I RV , UL2 = I RL2 (3.2) In Gl. (3.1) eingesetzt ergibt: UG U G = I ( RL1 + RV + RL2 ) ⇒ I = RL1 + RV + RL2 (3.3) Als Spannung am Verbraucher erhält man: U = I RV = RV UG RL1 + RV + RL2 Vorlesungsfolien GdE I (3.4) 122 3.2 Zweipole Zählpfeile: Die Schaltung in Bild 3.2 beinhaltet einzelne Elemente, die alle zwei Pole besitzen. Diese werden allgemein als „Zweipole“ bezeichnet. Das elektrische Verhalten eines Zweipols ist durch dessen „Strom-Spannungs-Charakteristik“ gekennzeichnet: I = f(U) Dabei werden die Strom- und Spannungszählpfeile gemäß Bild 3.4 zugeordnet. Diese Zuordnung wird „Verbraucherzählpfeilsystem“ genannt: Bild 3.4 Im Verbraucherzählpfeilsystem ist die aufgenommene Leistung P=U I positiv. Vorlesungsfolien GdE I 123 Ebenso ist es auch möglich, die Zählpfeile von U und I entgegengesetzt einzuzeichnen. In diesem Fall ist die abgegebene Leistung positiv. Dies bezeichnet man als „Generatorzählpfeilsystem“. Ersatzzweipol: Auch eine Schaltung von mehreren Elementen kann zu einem Zweipol zusammengefasst werden, wenn nur das Verhalten an diesen beiden Polen interessant ist (Bild 3.4a) oder wenn die Schaltung nur an diesen zugänglich ist. In Bild 3.4c ist eine ideale Diode gezeigt. Diese kann durch Zuschalten eines Widerstandes in eine realere Diode umgewandelt werden. Auch dann würde man von einem Zweipol sprechen. Lineare, passive Zweipole: Zweipole, die der Beziehung I = G U genügen, wobei G positiv und unabhängig von U ist, werden als linear und passiv bezeichnet. Passiv bedeutet, dass im Zweipol keine Quelle enthalten ist. Von den bisher besprochenen Elementen sind nur Widerstände und Kombinationen von diesen als linear und passiv zu bezeichnen. Realer Generator: Im Abschnitt 3.1 war der Generator zunächst als ideal angesehen worden, d.h. die Generatorspannung UG war unabhängig von der Belastung (vom Strom I). Vorlesungsfolien GdE I 124 Misst man jedoch im Betrieb einer realen Quelle die Spannung während ein Strom I fließt, dann stellt man fest, dass sich in Abhängigkeit von diesem Belastungsstrom I die Spannung UG gemäß Bild 3.5 ändert. Dieser lineare Abfall ist durch einen sog. Innenwiderstand innerhalb der realen Quelle erklärbar. Bild 3.5 Die Ersatzschaltung für eine reale Quelle wird im folgenden Kapitel erläutert, wenn die allgemeinen Gesetze der Zusammenschaltung von Zweipolen besprochen werden. Vorlesungsfolien GdE I 125 3.3 Zusammenschaltung von Zweipolen die Kirchhoffschen Regeln In der Realität der Schaltungstechnik ist es notwendig, einzelne Zweipole zu verzweigten Netzwerken zusammenzuschalten. In Bild 3.6 ist so ein Netzwerk gezeigt, das aus mehreren Zweigen besteht. Die Punkte, an denen mindestens zwei Zweige zusammenstoßen, werden Knoten genannt. Bild 3.6 Zur Beschreibung der Ströme und Spannungen in den Zweigen, gibt es Gesetze, die für die Knoten und Maschen im Netzwerk aufgestellt werden. Als Masche soll ein beliebiger, geschlossener Weg im Netzwerk bezeichnet werden. Vorlesungsfolien GdE I 126 Betrachtet man zunächst einen Knoten (Bild 3.7 a), und geht man davon aus, dass keine Ladungsspeicherung im Knoten stattfindet, dann erhält man die Kirchhoffsche Knotenregel. Bild 3.7a Diese besagt, dass alle auf den Knoten zufließenden und vom Knoten abfließenden Ströme sich zu Null addieren: m ∑I n =0 (3.5) n =1 Üblicherweise werden die zufließenden Ströme positiv, die abfließenden negativ gezählt. Vorlesungsfolien GdE I 127 Für Bild 3.7 a gilt daher: m ∑I n = I1 + I 2 − I 3 + I 4 + I 5 = 0 n =1 Die Kirchhoffsche Knotenregel kann auch allgemeiner gefasst werden. Dazu betrachtet man Bild 3.7 b, in dem eine beliebige geschlossene Fläche in ein Netzwerk gelegt wird. Bild 3.7b Auch hier gilt mit gleicher Vorzeichenkonvention: I1 + I 2 + I3 + I 4 − I5 + I 6 = 0 Vorlesungsfolien GdE I 128 Für das zweite Gesetz wird eine beliebige Masche in Bild 3.8 betrachtet. Beim Durchlaufen einer Masche erhält man an jedem Zweipol eine Spannung. Ein geschlossener Umlauf ergibt in Summe die Spannung Null, da man wieder zum Ausgangspunkt mit gleichem Potenzial zurückkommt. Bild 3.8 Diese Gesetzmäßigkeit wird Kirchhoffsche Maschenregel genannt: ∑U n =0 (3.6) n Vorlesungsfolien GdE I 129 Im Fall von Bild 3.8 erhält man, wenn man sich die Umlaufrichtung wie eingezeichnet vorgibt: U1 + U5 + U4 −U3 + U2 = 0 Beide Regeln sind für die Schaltungstheorie von zentraler Bedeutung. Allerdings können diese auch z.B. auf ein verzweigtes Rohrsystem mit inkompressiblen Flüssigkeiten angewandt werden. In diesem Fall entspricht der Flüssigkeitsstrom dem elektrischen Strom, der Druckabfall in den Rohren dem elektrischen Spannungsabfall im Widerstand. Die Spannungsquelle wird durch eine Pumpe ersetzt. Nun soll die Maschenregel auf das Ersatzschaltbild einer realen Spannungsquelle in Bild 3.9 angewandt werden. Bild 3.9 Vorlesungsfolien GdE I 130 Ein Maschenumlauf im Uhrzeigersinn ergibt: −UG0 + URi + UG = 0, URi = I Ri Damit erhält man die Spannung einer realen Quelle (Generator): UG = UG0 −U Ri = UG0 − I Ri , (3.7) wobei gemäß Bild 3.5 gilt: Ri = ∆U ∆I Bild 3.5 Vorlesungsfolien GdE I 131 3.4 Serien- und Parallelschaltung von Widerständen Zur Veranschaulichung der Kirchoffschen Gesetze soll die Serienschaltung von Widerständen (Bild 3.10a) betrachtet werden. Bild 3.10a Das entscheidende Merkmal dieser Schaltung liegt darin, dass alle Widerstände vom gleichen Strom I durchflossen werden. Für die einzelnen Widerstände k gilt: Uk = I Rk Mit Gl. (3.6) wird daraus: n n U = ∑ U k = I ∑ Rk = I Rges k =1 (3.8) k =1 Vorlesungsfolien GdE I 132 Damit: n Rges = ∑ Rk (3.9) k =1 Fazit: Bei der Reihenschaltung addieren sich die Widerstände zum Gesamtwiderstand. In Bild 3.10b ist eine Parallelschaltung von Widerständen gezeigt. Diese hat als wesentliches Merkmal, dass an allen Widerständen die gleiche Spannung U abfällt. Bild 3.10b Die Elementengleichung lautet: Ik = U Rk Vorlesungsfolien GdE I 133 Damit erhält man mit Gl. (3.5): n n U 1 U I =∑ =U∑ = Rges k =1 Rk k =1 Rk (3.10) Das ergibt für den Gesamtwiderstand der Parallelschaltung: n 1 1 =∑ Rges k =1 Rk (3.11) Fazit: Bei der Parallelschaltung addieren sich die Kehrwerte der Widerstände (=Leitwerte) zum Kehrwert des Gesamtwiderstands (=Gesamtleitwert). In einem komplizierteren Widerstandsnetzwerk (Bild 3.11) fasst man schrittweise mehrere Elemente zusammen zu einem resultierenden Zweipol, der bezüglich bestimmter Klemmen das gleiche Verhalten zeigt: Bild 3.11 Vorlesungsfolien GdE I 134 Mit Bild 3.11 erhält man, wenn zunächst die Reihenschaltung von R1 und R2 zu einem Widerstand zusammengefasst wird: R′′ = R1 + R2 Jetzt ist R´´ parallel zu R3 und R4: 1 1 1 1 = + + , R′ R′′ R3 R4 damit erhält man: R′ = 1 R′′ R3 R4 = 1 1 1 R3 R4 + R′′ R4 + R′′ R3 + + R′′ R3 R4 Der Gesamtwiderstand R ergibt sich aus der Parallelschaltung von R6 mit der Reihenschaltung aus R5 und R´: 1 1 1 = + R R6 R5 + R′ und zuletzt: R6 ( R5 + R′) R= R6 + R5 + R′ Vorlesungsfolien GdE I 135 2.4 Strömungsfelder r Strömung r in Leitern ist charakterisiert durch die Vektoren E und J . Das durch sie repräsentierte Feld nennt man Strömungsfeld. Analog zur Bestimmung der elektrischen Feldlinien erhält r man die Strömungsfeldlinien, wenn man längs des Vektors J von Punkt zu Punkt voranschreitet. In Bild 2.7 sind der innere und äußere metallische Zylinder mit einer Spannungsquelle verbunden. Zwischen diesen befinde sich ein Material mit der Leitfähigkeit σ , die wesentlich geringer ist als die der Zylinder: Bild 2.7 Das Feldbild entspricht dem des elektrostatischen Zylinderkondensators (Bild 1.12d): Vorlesungsfolien GdE I 136 Bild 1.12d* Aufgrund dieser Analogie sollen die Gleichungen des elektrostatischen Feldes und des Strömungsfeldes verglichen werden: Elektrostatisches Feld r r D =ε E Strömungsfeld r r ψ D = ∫∫ D ⋅ dA = Q r r U = ∫ E ⋅ ds r r J =σ E r r I = ∫∫ J ⋅ dA r r U = ∫ E ⋅ ds Q = CU I = GU Tabelle 2.2 Man sieht: die Analogie in den Feldlinienbildern drückt sich auch in den Gleichungen aus. Vorlesungsfolien GdE I 137 Die Ringe in Bild 2.7 sind sehr gut leitend, daher sind diese Äquipotenzialflächen. Daher stehen die Feldlinien und die Strömungslinien auf diesen senkrecht. Aus diesem Grund verlaufen diese radial wie die Feldlinien im Zylinderkondensator und genügen den gleichen Gesetzen. Ist für eine Anordnung die Kapazität bekannt, kann der Widerstand berechnet werden, wenn das Dielektrikum durch die Leitfähigkeit σ ersetzt wird. Mit den Gleichungen aus Tabelle 2.2 folgt: r r r r E ⋅ ds U ∫ E ⋅ ds ∫ R= = r r = r r I ∫∫ J ⋅ dA σ ∫∫ E ⋅ dA r r r r D ⋅ dA ε ∫∫ E ⋅ dA ∫∫ C= r r = r r ∫ E ⋅ ds ∫ E ⋅ ds RC = ε σ (2.13) Beispiel: Widerstand der Anordnung in Bild 2.7 Mit Gl. (1.45) für den Zylinderkondensator gilt: C= 2π ε 0ε r l ln (r2 / r1 ) Vorlesungsfolien GdE I 138 sowie Gl. (2.13): ε 1 R= σC folgt: R= ε ln(r2 / r1 ) ln(r2 / r1 ) = σ 2π ε l 2π σ l 2.5 Temperaturabhängigkeit des Widerstandes Mit variabler Temperatur ändert sich im allgemeinen auch der Widerstand. Im Bild 2.8 ist der spezifische Widerstand von Kupfer gezeigt, der aufgrund der zunehmenden thermischen Schwingungen der Gitteratome, an denen die Elektronen gestreut werden, zunimmt: Bild 2.8 Vorlesungsfolien GdE I 139 Man erkennt, dass ρ R in einem weiten Temperaturbereich linear mit der Temperatur zunimmt. In der Umgebung von T0 = 293K kann man daher mit folgender Näherung arbeiten: ρR (T ) = ρR0 (1 + α (T − T0 )) (2.14) Hier ist T0 = 293 K (20°C) und ρ R0 der spezifische Widerstand bei T0. Da α die Steigung der Linearisierungsgeraden beschreibt und diese immer nur in der Nähe eines bestimmten Temperaturpunktes (z.B. 20°C) gilt, ist in Tabelle 2.1 α 20 eingetragen. Positives α bedeutet eine Zunahme des Widerstandes mit der Temperatur, negatives α eine Abnahme. Zur Temperaturkompensation werden Metalle mit verschiedenen α gemischt. Das Ergebnis einer derartigen Kompensation ist Konstantan mit einer Mischung aus 54% Kupfer, 45% Nickel und 1% Mangan. Vorlesungsfolien GdE I 140 Sollte die Temperaturabhängigkeit nicht so linear sein wie in Bild 2.8 im Falle des Kupfers, muss eine quadratische Näherung verwendet werden: ρR (T ) = ρR0 (1 + α (T − T0 ) + β (T − T0 )2 ) (2.15) Eine gut bekannte Temperaturabhängigkeit des Widerstandes kann daher auch für Temperaturmessungen verwendet werden. Für T → 0 geht der Widerstand von Kupfer nicht ganz auf Null. Im Gegensatz zu diesen Normalleitern geht der Widerstand von Supraleitern gegen Null für T → 0. 2.6 Energieumsetzung im elektrischen Stromkreis Zur Berechnung der Arbeit, die die Quelle verrichtet, wenn sie Strom durch den Verbraucher VB mit konstanter Stärke treibt, wird der geschlossenen Stromkreis in Bild 2.9a betrachtet: Bild 2.9a Vorlesungsfolien GdE I 141 Die treibende Kraft ist die Quellenspannung U, wobei das mit U verbundene elektrische Feld die Ladungsträger bewegt, die den Strom bilden. Zur Berechnung der lokalen Größen soll ein Schnitt durch den Verbraucher VB in Bild 2.9b betrachtet werden: Bild 2.9b Zunächst wird aus der Querschnittsfläche A nur ein Flächenelement r dA betrachtet, durch das in der Zeit dt aufgrund des Feldes E die Ladung dQ fließt. In der Zeit dt wird die Wegstrecke r ds zurückgelegt. Dabei muss die Quelle die Arbeit dw verrichten: r r dw = dQ E ⋅ ds (*) Die Ladungsträger sind gleichmäßig über das ganze Volumen des Verbrauchers verteilt, daher gilt mit der Raumladungsdichte ρ : r r dQ = ρ dV = ρ dA ⋅ ds Vorlesungsfolien GdE I 142 Mit Gl. (2.4) gilt: r r r r r ds r J ⋅ dA = ρ v ⋅ dA = ρ ⋅ dA dt (2.4)* Damit kann Gl. (*) geschrieben werden: r r r r r r dw = J ⋅ dA dt E ⋅ ds = J ⋅ E dV dt (**) Das ist die in einem kleinen Volumenelement dV in dt verrichtete Arbeit dw. Als nächstes soll die innerhalb dt im gesamten Volumen des Verbrauchers verrichtete Arbeit dW berechnet werden. Dazu werden alle kleinen Volumen an der Querschnittfläche A zusammengefasst,rwobei zunächst eine Scheibe konstanter Spannung r dU = E ⋅ ds gebildet wird, die zwischen zwei Äquipotentialflächen liegt. Damit wird in Gl. (**) zunächst die Stromdichte über den gesamten Querschnitt integriert, wobei die Arbeit, die dieser Strom verrichtet, nur für die Scheibe der Dicke ds betrachtet wird. Damit kann dU vor das Integral über die Fläche A gezogen werden. Vorlesungsfolien GdE I 143 Zuletzt muss über alle dU integriert werden, die im Verbraucher vorhanden sind (also von Anschlussklemme 1 zu Anschlussklemme 2): 2 dW = dt ∫ dU 1 r r ∫∫ J ⋅ dA A: Äqui − pot . fläche Die Auswertung ergibt: dW = U I dt die Arbeit, die innerhalb der Zeit dt verrichtet wird. Berechnet man die Arbeit dW pro Zeiteinheit dt, erhält man die Leistung, die immer ein Momentanwert ist: dW P= =U I dt (2.16) Die abgeleitete Einheit für die Leistung ist: [P] = [U ][I ] = VA = W Mit der Einheit VA=W benannt nach Watt, James, 1736 - 1816, engl. Ingenieur. Vorlesungsfolien GdE I 144 Die Einheit W kann auch in Basiseinheiten geschrieben werden: 1W = 1VA = 1J/s = 1kg m2 / s3 In der Elektrotechnik ist es üblich, die elektrische Arbeit t2 W = ∫ Pdt t1 in der Einheit Ws (Wattsekunde) oder kWh (Kilowattstunde) anzugeben (1 kWh = 3.6 ·106 Ws). Noch mal zurück zu Gl. (**): r r dw = J ⋅E dV dt Das ist die Arbeit, die pro Zeit- und Volumeneinheit verrichtet wird und damit ist dies eine Leistungsdichte. Wo bleibt die in VB umgesetzte Energie (=Arbeit)? Ist VB in Bild 2.9a ein Elektromotor, dann wird die Arbeit im Wesentlichen in mechanische Energie umgewandelt (=Energietechnik). Ist VB ein Akku, entspricht die Arbeit der im Akku gespeicherten chemischen Energie, ist VB ein Widerstand, dann wird die Arbeit in Wärmeenergie umgesetzt. Vorlesungsfolien GdE I 145 5 Das magnetische Feld 5.1 Wirkung und Darstellung des magnetischen Feldes 5.1.1 Grunderscheinungen Entdeckung des Magnetismus „Die alten Griechen“ stellten bereits fest, dass einige Eisenerze (Pyrrhotin = Magnetkies) Eisenteile anziehen (Thales von Milet). Der Begriff „magnetisch“ wird von der Stadt Magnesia in Kleinasien abgeleitet, da in deren Nähe Erze mit starkem Magnetismus gefunden wurden (lithos Magnetes: „Stein aus Magnesia“). Ebenfalls seit langer Zeit ist der Erdmagnetismus bekannt bzw. dessen Wirkung auf eine magnetische Nadel (Kompassnadel). Weitere Feststellungen Wird ein eisenhaltiger Körper in die Nähe eines Magneten gebracht, wird er selbst magnetisch. Weiches Eisen verliert diese Fähigkeit jedoch schnell wieder. Wird ein magnetisierter Stab drehbar aufgehängt, wirkt er wie eine Kompassnadel: Das Ende, das zum geografischen Nordpol zeigt, nennt man Nordpol des Magneten, das andere Südpol. Die Kraftwirkung von Magneten ist hauptsächlich auf dessen Pole beschränkt. Nähert man zwei Magnete einander an, stellt man fest, dass - gleichnamige Pole sich abstoßen - ungleichnamige Pole sich anziehen. Vorlesungsfolien GdE I 146 Daraus folgt, dass die Erde am (geografischen) Nordpol einen magnetischen Südpol besitzt! Experimente zeigen, dass die magnetische Kraftwirkung auf dem Zustand des Raumes basiert, der als magnetisches Feld bezeichnet wird. Magnetische Erscheinung auch durch Strom: Der dänische Physiker Oerstedt entdeckte im Jahr 1820, dass ein stromdurchflossener Draht eine Magnetnadel beeinflusst. Ein stromdurchflossener, zu einer Spule gewickelter Draht verhält sich wie ein Permanentmagnet. 5.1.2 Feldvektor und Feldbilder Wie beim elektrischen Feld kann das magnetische Feld durch die in jedem Raumpunkt wirkende Kraft nach Größe und Richtung festgelegt werden. Daher ist auch das magnetische Feld ein Vektorfeld. Der zugehörige Vektor wird magnetische Flussdichte r (magnetische Induktion) genannt und hat das Formelzeichen B . Zur Veranschaulichung des Vektorfeldes können (wie im elektrischen Fall) kleine längliche Körper verwendet werden, die allerdings hier z.B. aus Eisen sein müssen (Eisenfeilspäne). In Analogie zum elektrischen Dipol (Kap. 1.8.4) kann jeder einzelne Span als magnetischer Dipol aufgefasst werden. r Sein Dipolmoment m zeigt in Richtung seiner Längsachse. Vorlesungsfolien GdE I 147 r Das Vektorfeld der magnetischen Flussdichte B übt auf einen r derartigen magnetischen Dipol m ein Drehmoment aus: r r r T = m× B r r in der Weise, dass m sich in Richtung von B einstellt (vgl. hierzu Bild 1.50c „elektrischer Dipol“). Tritt der Leiter senkrecht durch die Bildebene, erhält man folgende Bilder (5.1a, b): Bild 5.1a Bild 5.1b Rechte-Hand-Regel Umfasst man mit der rechten Hand den Stromleiter so, dass der Daumen in Stromrichtung zeigt, dann hat das Feld die Richtung der anderen Finger. In Bild 5.1a handelt es sich um einen stromdurchflossenen Leiter, dessen Stromrichtung jedoch nicht erkennbar ist. In Bild 5.1b sind es zwei entgegengesetzt stromdurchflossene Leiter. Wie beim elektrischen Feld soll auch hier die Feldliniendichte ein Maß für die Stärke des Feldes sein. Vorlesungsfolien GdE I 148 Ebenso wie im elektrischen Fall ist das Feld überall im Raum existent. Wird ein stromdurchflossener Leiter zu einer Spule gewickelt, ergeben sich folgende Feldbilder: Bild 5.1c Bild 5.1d Bild 5.1c zeigt eine lose gewickelte Spule, Bild 5.1d eine dicht gewickelte. In beiden Fällen sind die gegenüberliegenden Reihen des Spulendrahtes entgegengesetzt vom Strom durchflossen. Daher tritt zwischen ihnen eine Feldverstärkung auf. Im Falle der dichtgewickelten Spule ist das Feld innerhalb der Wicklung nahezu homogen (5.1d). Vereinbarung Beim Permanentmagneten oder auch bei einer Spule kennzeichnet der Austritt der Feldlinien den Nordpol, der Eintritt den Südpol. Vorlesungsfolien GdE I 149 Das Feldbild eines Permanentmagneten (Bild 5.1e) ähnelt stark dem einer Spule. Die Übereinstimmung ist umso besser, je dichter die Spule gewickelt ist und je länger sie im Vergleich zu ihrem Durchmesser ist: Bild 5.1e Zur Bestimmung der Feldrichtung in allen Bildern 5.1a-e muss die Stromrichtung oder die Polbezeichnung angegeben werden: Bild 5.2b Bild 5.2a Vorlesungsfolien GdE I 150 Bild 5.2b kann auch als einwindige Spule interpretiert werden. Durch Hintereinanderschalten vieler „einwindiger Spulen“ erhält man das Feldbild einer Zylinderspule (Bild 5.2c, d): Bild 5.2d Bild 5.2c 5.1.3 Vergleich zwischen elektrischem und magnetischem Feld Aus den Darstellungen in den Bildern 5.1 und 5.2 wird deutlich, dass es zwischen statischen elektrischen und magnetischen Feldern einen entscheidenden Unterschied gibt: Das statische elektrische Feld hat stets einen Anfangs- und einen Endpunkt, nämlich die elektrischen Ladungen. Die Linien der magnetischen Induktion sind stets in sich geschlossen. Vorlesungsfolien GdE I 151 Diesen zunächst empirischen Sachverhalt kann man noch anders ausdrücken: r Bestimmt man den Fluss des Vektors B durch eine beliebige, geschlossene Fläche, erhält man stets den Wert Null, da die Zahl der Feldlinien, die in die Fläche eintreten, gleich derjenigen ist, die an anderer Stelle austreten. D. h. es gibt keine Analogie zu den elektrischen Ladungen. Also gilt der Erfahrungssatz: Das magnetische Feld ist quellenfrei; es gibt keine magnetischen Ladungen oder Monopole. Dies gilt auch für Permanentmagneten, da die in Bild 5.1e außerhalb befindlichen Linien sich in ihm schließen: Bild 5.1e* Bricht man den Magneten durch, erhält man zwei neue Magneten mit je einem Nord- und Südpol. D.h. Nord- und Südpol lassen sich nicht voneinander trennen, sie treten stets zusammen auf. Nur wenn man einen Pol isolieren könnte, ergäbe der Gaußsche Satz einen von Null verschiedenen Wert. Vorlesungsfolien GdE I 152 5.2 Kraft auf eine bewegte rLadung - Definition der magnetischen Flussdichte B r Der magnetische Feldvektor B soll ebenso wie im Falle des elektrischen Feldes über die Kraftwirkung auf geeignete Probeteilchen definiert werden. Geeignete Probeteilchen sind kleine, leichte Teilchen mit der positiven Ladung Q0, mit denen verschiedene Versuche gemacht werden: 1. Experiment Ein masseloses Probeteilchen wird auf der Achse einer Zylinderspule eingeschossen (Bild 5.2d). Bild 5.2d* Beobachtung: Die Flugbahn des Probeteilchens ändert sich nicht, Geschwindigkeit und Richtung bleiben erhalten. r Fazit: in Richtung oder in Gegenrichtung des Vektors B ist auf Q0 keine Kraft wirksam. Vorlesungsfolien GdE I 153 2. Experiment Das Probeteilchen wird senkrecht zu einem homogenen Feld eingeschossen. Zu diesem Zweck wird eine Ringspule verwendet, die im Außenraum kein Feld erzeugt (Bild 5.3). Bild 5.3 Der Spulendurchmesser soll groß gegen den Windungsdurchmesser sein. Der Spalt, durch den das Teilchen eingeschossen wird, soll möglichst klein sein. Beobachtung: das Teilchen beschreibt eine kreisförmige Bahnkurve, die senkrecht zur Bildebene, also in der Spaltebene, liegt. Der Betrag der Geschwindigkeit bleibt konstant. Fazit: auf die positive Probeladung Q0 wirkt eine Kraft (also ein Vektor), die senkrecht zum magnetischen Feldvektor und senkrecht zum Geschwindigkeitsvektor liegt. Vorlesungsfolien GdE I 154 Die Kreisbahn des Probeteilchens im homogenen Feld wird nun von unten betrachtet (Bild 5.4): Bild 5.4 Die magnetische Flussdichte tritt somit aus der Bildebene heraus, der Geschwindigkeitsvektor liegt in der Bildebene. Damit ergibt sich für die Kraft auf das Probeteilchen: r r d r d dr dω F = m a = m v = m (ω r) = m r +ω dt dt dt dt dr v v2 = mω = m v = m dt r r (5.1) Damit kann bei bekannter Masse und Geschwindigkeit durch Messen von r die Größe der Kraft bestimmt werden. Die Größe der Kraft sei nun ein Maß für B in jedem Punkt des Feldes: r r F ∝ B Vorlesungsfolien GdE I 155 Durch weitere Experimente in einem bestimmten Feld stellt man fest, dass die Kraft • proportional zur Ladung Q0 ist • proportional zum Betrag der Geschwindigkeit v ist r r • proportional zu sin(α), dem Winkel zwischen v und B, ist. Damit gilt als Fazit aus allen Experimenten: r r r F = k Q0 v B sinα Durch diese Gleichung rwird B definiert, daher kann k=1 gesetzt r werden. Da rnur die zu B senkrechte Komponente von v einen Beitrag zu F liefert, ergibt sich folgende r Definition für B : r r r F = Q0 (v × B) (5.2) Aus Gl. (5.2) geht auch hervor, dass negative Ladungen eine Kraft in entgegengesetzter Richtung hervorrufen. In Bild 5.4 würde dies zu einer Ablenkung nach links führen. Für die Einheit von B ergibt sich aus Gl. (5.2) [B ] = [F ] = Nm = N = VAs / m = Vs2 = T [Q][v] As Am Am m s (5.3) Tesla, Nicola, 1856-1942, kroatisch-amerikanischer Physiker Vorlesungsfolien GdE I 156 Früher war anstelle von Tesla (T) auch Gauß (G) üblich. Dies ist in vielen Büchern noch zu finden: 1G = 10−4 T In der Größenordnung 1G liegt das Erdmagnetfeld, das bis zu einer Entfernung von 3 Erdradien einem Dipolfeld ähnelt. Technische Geräte haben bis zu mehreren T (z.B. Kernspintomografen haben bis zu 7 T). Da die magnetische Kraft stets senkrecht zur Bewegungsrichtung steht, verrichtet das Feld keine Arbeit am Ladungsträger, da sich der Betrag der Geschwindigkeit nicht ändert: r r r r dW = F ⋅ ds = F ⋅ vdt = 0 Bewegt sich ein Ladungsteilchen durch ein Gebiet, in dem sowohl ein elektrisches als auch ein magnetisches Feld vorhanden ist, erhält man die resultierende Kraft durch Überlagerung beider Feldkräfte: r r r r F = Q0 E + v × B ( ) (5.4) Gl. (5.4) wird Lorentz-Beziehung genannt. Der erste Term wird als Coulombkraft, der zweite als Lorentzkraft bezeichnet. Lorentz, Hendrik Antoon, 1853-1928, niederländischer Physiker Vorlesungsfolien GdE I 157 5.3 Die magnetische Kraft auf einen stromdurchflossenen Draht Da der elektrische Strom aus Ladungsträgern besteht (Elektronen), kann mit Gl. (5.2) auch die Kraft auf einen stromführenden Draht bestimmt werden. r Die Elektronen mit der Driftgeschwindigkeit vd bewegen sich in einem Leiterstück der Länge dl (Bild 5.5): Bild 5.5 Auf jedes Elektron wird gemäß Gl (5.2) eine Kraft ausgeübt: r r r Fq = −e vd × B ( ) (5.5) Sind n Elektronen pro Volumeneinheit vorhanden (Ladungsträgerdichte) und ist das Feld im Bereich des Drahtstückchens dl homogen, wirkt auf das Leiterstück die Kraft: r r r r dF = n A dl Fq = −ne (vd × B ) A dl Vorlesungsfolien GdE I 158 mit den Zusammenfassungen r r − n e vd = J und A dl = dV gilt: r r r dF = J × B dV ( ) (5.6) r r Die Kraft r auf einen Draht pro Volumeneinheit ist also J × B , wobei J die Stromdichte ist. Nach Gl. (5.6) hängt die Kraft nicht mehr von der einzelnen Ladungsträgerbewegung ab, wobei die r Richtung von J der des positiven Stromes entspricht. r Definiert man nun einen Vektor dl in Richtung der Stromdichte, dann gilt: r r r r JdV = J Adl = I dl und damit wird die Kraft auf das Drahtstück dl r r r dF = I (dl × B ) (5.7) mit dem Gesamtstrom I durch den Draht. Die Kraft pro Längeneinheit kann direkt aus Gl. (5.7) berechnet werden: r r r r r dl r dF = I × B ⇒ F = I (l × B) dl dl Vorlesungsfolien GdE I 159 Um die Gesamtkraft, die auf einen starren Körper oder beliebig geformten Draht wirkt, zu berechnen, muss Gl. (5.6) oder (5.7) integriert werden (entlang aller stromführenden Elemente des Körpers oder des Drahtes). Beispiel Durch den in Bild 5.6 gegebenen Draht fließe der Strom I. Er r befinde sich im homogenen Feld B , das aus der Zeichenebene herauszeige: Bild 5.6 Auf beiden Abschnitten 1 und 2 wirkt die Kraft pro Drahtlänge: r dF dl =IB bzw. r dF = I B dl Die Richtung des Kraftbelags ist in Bild 5.6 dargestellt und ergibt sich mit der „Rechte-Hand-Regel“. Ein Abschnitt hat jeweils an allen Stellen die gleiche Richtung, da das Feld homogen und ein Abschnitt gerade ist. Vorlesungsfolien GdE I 160 Die Kraft auf einen Abschnitt lautet: r F1, 2 = ∫ I B dl = I B L 1, 2 Zur Berechnung der Gesamtkraft auf den geknickten Draht wird die Vektordarstellung in Komponenten gewählt: F r 1x F1 = F1 y = F 1z damit wird 1 I BL 2 1 I B L 2 0 1 − I B L 2 F r 2x 1 F2 = F2 y = I B L F 2 2z 0 0 r r r F = F1 + F2 = 2 I B L 0 und der Betrag der resultierenden Kraft ergibt sich damit zu r r r F = F1 + F2 = F1y + F2 y = 2 IBL . Würde der Draht in Bild 5.6 nur aus einem geraden Abschnitt bestehen, der Anfangs- und Endpunkt direkt verbindet, wäre die resultierende Kraft (bei gleichem Strom) die gleiche! Vorlesungsfolien GdE I 161 5.4 Drehmoment auf eine stromdurchflossene Leiterschleife im Magnetfeld - der magnetische Dipol Wegen der großen technischen und physikalischen Bedeutung sollen nun die Kräfte auf eine stromdurchflossene Leiterschleife im Magnetfeld berechnet werden. Dazu wird Gl. (5.7) auf eine (der Einfachheit halber) rechteckige Leiterschleife angewendet. a) b) Bild 5.7 Der Strom I laufe in Bild 5.7a gegen den Uhrzeigersinn. Der r Normalenvektor n auf der Fläche der Schleife bildet mit dem r Strom eine Rechtsschraube. Weiterhin schließt n mit der zAchse den Winkel ϑ ein (Bild 5.7b). In z-Richtung zeige ein r homogenes magnetisches Feld B . Die Stromzufuhr zur Schleife erfolge so, dass keine resultierende Kraft auf diese entsteht. Vorlesungsfolien GdE I 162 Mit dem aus Gl. (5.7) abgeleiteten Zusammenhang r r r F = I (l × B) r r ergibt sich direkt, dass die Kräfte F1 und F3 entgegengesetzt gleich groß sind und auf der gleichen Wirkungslinie liegen. Damit heben sich diese auf. r r Aus Bild 5.7b geht hervor, dass auch F2 und F4 entgegengesetzt gleich groß sind. Allerdings sind deren Wirkungslinien nicht gleich, daher bilden diese ein Kräftepaar. Das daraus resultierende Drehmoment versucht die Schleife um die x-Achse zu drehen. Jedoch wirken nur die Komponenten, die senkrecht auf der Schleife stehen, daher gilt: r r T = F2 a sin ϑ = F4 a sin ϑ (5.8) Ebenso kann man mit dem Abstand der beiden Wirkungslinien argumentieren, der vom Drehwinkelϑ abhängt mit a sinϑ . Der Betrag der Kraft ist r r F2 = I b B , woraus sich für das Drehmoment ergibt: T = b I B a sinϑ (5.9) Wie man leicht nachprüfen kann, stimmt r r die Richtung des Drehmoments überein mit der von n × B. Vorlesungsfolien GdE I 163 r Mit n = 1 gilt: r r n × B = B sinϑ Damit wird das Drehmoment: r r r r r T = ab I (n × B) = A I (n × B) , (5.10) da für die Fläche der Schleife A = ab gilt. Erhöht man nun die Zahl der Windungen der Schleife von 1 auf N, so wirkt auf jede Windung obiges Drehmoment, das dadurch den N-fachen Wert annimmt. Definiert man ein magnetisches Dipolmoment: r r m = N AI n (5.11) mit der Zahl der Windungen N und der Fläche A, die vom Strom I eingeschlossen wird. Dann ergibt sich: r r r Tmag = m × B (5.12) Gl. (5.12) gilt für alle flachen Spulen mit beliebiger Form der Querschnittsfläche A. Diese Gl. entspricht der für das Drehmoment, das ein elektrischer Dipol im elektrischen Feld erfährt: r r r Tel = p × E Vorlesungsfolien GdE I (1.57)* 164 Die Stromschleife soll daher als magnetischer Dipol aufgefasst werden, dessen Verhalten im magnetischen Feld durch das r magnetische Moment m beschrieben wird. Zu beachten ist, dass bei Verwendung von Gl. (5.12) das magnetische Feld im Bereich des Dipols konstant ist. Da sich der magnetische Dipol nach dem magnetischen Feld ausrichten will, kann sein Verhalten mit dem einer Magnetnadel oder von Eisenfeilspänen verglichen werden. Somit ist, wie beim Permanentmagneten,r die eine Seite der Nordund die andere der Südpol. Der Vektor m zeigt damit innerhalb des magnetischen Dipols vom Süd- zum Nordpol. Außerhalb verlaufen die Feldlinien natürlich vom Nord- zum Südpol. Es ist zu vermuten, dass auch ein Permanentmagnet auf elektrische Kreisströme bzw. bewegte Ladungen zurückzuführen ist. Die potentielle Energie des magnetischen Dipols Je nachdem, wie der magnetische (elektrische) Dipol zum magnetischen (elektrischen) Feld liegt, speichert er mehr oder weniger potentielle Energie W. Vorlesungsfolien GdE I 165 Für ϑ = 90° soll willkürlich W = 0 gesetzt werden. Nun soll wieder das Prinzip der virtuellen Verschiebung verwendet werden: Die differentielle Arbeit dW wird verrichtet, wenn auf die Leiterschleife (oder den Dipol) das Moment T wirkt und die Schleife dadurch um den Winkel dϑ so gedreht wird, dass ϑ größer wird: r r a a dW = dϑ F2,ϑ + dϑ F4,ϑ , 2 2 r r wobei F2 ,ϑ und F4 ,ϑ senkrecht auf der Schleife stehen und in ϑ Richtung weisen. Damit wird: a r a r dW = F2 sin ϑ dϑ + F4 sin ϑ dϑ 2 2 r = a F2 sin ϑ dϑ (5.13) mit Gl. (5.8) folgt daraus: dW = T dϑ . (5.14) Vorlesungsfolien GdE I 166 Die Gesamtarbeit erhält man durch Integration: ϑ2 W = ∫ T (ϑ )dϑ (5.15) ϑ1 Wird bei der Drehung des Dipols von außen Arbeit aufgewendet, dann speichert dieser die Arbeit in Form potentieller Energie. Daher gilt mit Gl. (5.12): ϑ2 ϑ2 π /2 π /2 r r Wm = ∫ T (ϑ) dϑ = ∫ m B sinϑ dϑ = − m B cosϑ2 Somit kann das Ergebnis in Vektorschreibweise dargestellt werden: r r Wm = − m ⋅ B (5.16) Ganz analog gilt für den elektrischen Dipol: v r W = −p⋅ E Vorlesungsfolien GdE I (5.17) 167 5.5 Die Erregung des magnetischen Feldes Bisher wurde das durch die magnetische Flussdichte beschriebene Magnetfeld über seine Kraftwirkung auf ein bewegtes elektrisches Teilchen und auf einen stromdurchflossenen Draht bzw. eine stromdurchflossene Leiterschleife beschrieben. Unklar ist bisher, wie das magnetische Feld entsteht, bzw. wie es erregt wird. Es ist bekannt, dass elektrische Ströme magnetische Felder erzeugen. Aber es ist noch nicht geklärt, wie deren quantitativer Zusammenhang lautet. Daher sind folgende Fragen zu beantworten: 1. Wie lautet der Zusammenhang zwischen dem elektrischen r Strom I (bzw. der Stromdichte J ) und der durch r ihn (bzw. sie) verursachten magnetischen Flussdichte B an jedem Ort? 2. Wird die mag. Flussdichte durch Nahwirkung oder durch Fernwirkung erzeugt? Vorlesungsfolien GdE I 168 5.5.1 Das magnetische Feld eines geraden Stromfadens Der Zusammenhang zwischen einem sehr dünnen, geraden Leiter (Stromfaden) und der mag. Flussdichte ist in Bild 5.8 gezeigt: Bild 5.8 Durch die vorausgegangenen Experimente ist bekannt, dass 1. die Feldlinien der Flussdichte konzentrisch um den Stromfaden verlaufen, und 2. die Zuordnung von Strom- und Feldrichtung über eine Rechtsschraube definiert ist. Damit muss also noch geklärt werden, wie der Betrag der Flussdichte vom Abstand r und vom Strom I abhängt. Vorlesungsfolien GdE I 169 Dazu folgendes Experiment: Wie bereits besprochen, kann die mag. Flussdichte über das Drehmoment auf einen mag. Dipol (z.B. eine Kompassnadel) bestimmt werden: r r r T = m B sinϑ Daher wird eine Kompassnadel ins Feld gebracht und um den Winkel ϑ aus der Gleichgewichtslage gedreht. Das dazu nötige Drehmoment wird gemessen: einmal als Funktion des Abstandes r und zum anderen als Funktion des Stromes I. Beobachtungen: 1. In Gleichgewichtslage ist die Längsachse der Kompassnadel stets senkrecht zum Radius. 2. Daraus folgt unmittelbar, dass die Feldlinien um den Stromfaden konzentrische Kreise sind. r 3. Entlang eines Kreises ist der Betrag von B konstant. 4. Auf zwei verschiedenen r r Kreisen verhalten sich die Beträge der Flussdichten B1 und B2 umgekehrt proportional wie die zugehörigen Radien. 5. Ändert sich der Strom I, verändert sich der Betrag der Flussdichte dazu proportional. Vorlesungsfolien GdE I 170 Daraus ergibt sich folgende Gleichung: B=k I r (5.18) mit der Proportionalitätskonstanten k: k= µ0 2π wobei µ0 = 4π10−7 Vs , Am (5.19) die Permeabilitätskonstante des Vakuums bezeichnet. Damit wird Gl. (5.18): B = µ0 I 2π r (5.20) 5.5.2 Die magnetische Erregung (Feldstärke) Zur Unterscheidung, ob die Kraftwirkung auf die Kompassnadel gemäß einer Nahwirkungstheorie (= der Raum bzw. das Feld ist Träger der Kraftwirkung) oder Fernwirkungstheorie erfolgt (= überall im Raum werden unabhängig vom Abstand gleichzeitig Kräfte ausgeübt), kann man sich ein großes Gebiet mit synchronisierten Atomuhren vorstellen, in dem auf einen Stromfaden unendlich schnell ein Strom geschaltet wird. Der Beginn der Reaktion von in diesem Gebiet verteilten Kompassnadeln wird gemessen, die Reaktionszeit der unterschiedlich weit entfernten Nadeln wird verglichen. Beobachtung: die Reaktionszeit hängt vom Abstand zum Strom ab. Vorlesungsfolien GdE I 171 Fazit: Der Raum ist der Träger magnetischer Kräfte. Diese pflanzen sich, beim Strom beginnend, in den Raum hinein fort. Vermutung: Die elektromagnetischen Felder (Licht) haben eine Ausbreitungsgeschwindigkeit (Lichtgeschwindigkeit), die mit den Feldkonstanten ε 0 und µ0 zusammenhängt. ⇒ kommt später! Aus Gl. (5.2) geht hervor, dass die mag. Flussdichte unmittelbar für die Kraftwirkung verantwortlich ist. Die Flussdichte wird jedoch nur indirekt über die Feldkonstante µ 0 vom Strom I verursacht (G. (5.20)). Daraus folgt die Frage: Wie lautet der direkte, materialunabhängige Zusammenhang zwischen verursachendem Strom und erregtem Feld? ⇒ Definition des Vektors r H: r r B = µ0 H (5.21) die magnetische Erregung (magnetische Feldstärke). Früher r r wurde H analog zur elektrischen Feldstärke E gesehen, die ja unmittelbar die Kraft auf elektrische Ladungen beschreibt. Dass dies nicht richtig ist, kann z.B. Gl. (5.2) entnommen werden. r r Da jedoch Ursache ( H) und Wirkung ( B ) stets gleichzeitig existieren, hat das für die praktische Anwendung keine Bedeutung. Vorlesungsfolien GdE I 172 Aus G. (5.20) und der Definition Gl. (5.21) folgt: H= I 2πr (5.22) mit den Einheiten: [H ] = [I ] = A [r ] m Bemerkungen: • Die mag. Erregung hängt linear vom Strom ab und umgekehrt proportional vom Abstand. r r • Die Feldlinien von H sind ebenso wie die von B konzentrische Kreise (k.K.) um den Stromfaden. • Dabei ist 2π r genau der Umfang eines solchen Kreises und damit hat die mag. Erregung genau den Wert des Belages, d.h. des gleichmäßig auf die Feldlinie verteilten Stromes. • Ermittelt man also das Linienintegral der mag. Erregung entlang einer geschlossenen Feldlinie (=Kreis), erhält man den Wert des eingeschlossenen Stromes: r r ∫ H ⋅ dsk = k .K . r r r 2π I ∫k .K .H dsk = H r ∫0 dϕ = 2π 2π = I Vorlesungsfolien GdE I 173 Damit lässt sich verallgemeinern: r r ∫ H ⋅ ds = I (5.23) Dieser Zusammenhang ist in Bild 5.9a dargestellt. Bild 5.9a 5.9b Das Linienintegral der magnetischen Erregung ist bei einer einmaligen Umkreisung gleich der Stromstärke im Draht. Um diese Behauptung (also die Umkreisung auf beliebigen Wegen) zu beweisen, wird Bild 5.9b herangezogen. Dazu wird r r r das Wegelement ds in die drei orthogonalen Vektoren dsr , dsϕ r r und ds z zerlegt, wobei ds z parallel zum Draht gerichtet ist: r r r r ds = dsr + dsϕ + ds z Vorlesungsfolien GdE I 174 Damit wird: r r r r r r r r H ⋅ ds = H ⋅ dsr + H ⋅ dsϕ + H ⋅ ds z *) Auf der rechten Seite sind der erste und der letzte Term jeweils Null, da in beiden Fällen die Vektoren senkrecht aufeinander stehen. Da gilt: r dsϕ = r dϕ wird aus *): r r r r r r 2π I ∫ H ⋅ ds = ∫ H ⋅ dsϕ = ∫ H dsϕ = ∫0 2π r r dϕ = I Daraus folgt: **) r r ∫ H ⋅ ds = I Was gilt nun für den Fall, bei dem der geschlossene Weg den Strom nicht umschließt? Dazu wird Bild 5.10 betrachtet: Bild 5.10 Vorlesungsfolien GdE I 175 Der Integrationsweg wird in Pfeilrichtung durchlaufen. Vom Strom I gehen zwei radiale Strahlen r raus, die über den Winkel dϕ die beiden Wegabschnitte ds1 und ds2 festlegen. Analog zu **) gilt: r r I H 2 ⋅ ds 2 = dϕ 2π r r I dϕ , H1 ⋅ ds1 = − 2π d.h. die Summe dieser beiden Teilbeiträge ist Null. Da der gesamte Weg in solche paarweisen Teilbeiträge zerlegt werden kann, wird das gesamte Linienintegral zu Null. Die Tatsache, r r dass in diesem Beispiel ds2 weiter von I entfernt ist als ds1, wird r r dadurch ausgeglichen, dass ds2entsprechend länger ist als ds1. Mehrere gerade Leiter Wie in Bild 11 gezeigt, sollen mehrere gerade Leiter von unterschiedlichen Strömen durchflossen werden: Bild 5.11 Vorlesungsfolien GdE I 176 Jeder dieser Leiter erzeugt ein seinem Strom direkt proportionales mag. Feld. Diese Felder überlagern sich linear zum Gesamtfeld: r r r r H = H1 + H 2 + H3 . Das Linienintegral entlang der geschlossenen Kurve C (Bild 5.11) ergibt dann durch Überlagerung aller Feldbeiträge der einzelnen Ströme die Gesamterregung: r r r r r r r r ∫ H ⋅ ds = ∫ H1 ⋅ ds + ∫ H2 ⋅ ds + ∫ H3 ⋅ ds = I1 + I2 + I3 , C C C C die durch die Summe aller von C umschlossenen Ströme gebildet wird. Analog dazu kann auch die von C berandete Fläche A betrachtet werden: Alle Ströme, die durch die Fläche A hindurchtreten, bilden die Gesamterregung des magnetischen Feldes. Vorlesungsfolien GdE I 177 5.5.3 Die magnetische Spannung Aus der Elektrostatik ist bekannt: P2 r r ∆Φ12 = Φ( P1 ) − Φ(P2 ) = U12 = ∫ E ⋅ ds , (1.19)* P1 dass die elektrische Spannung aus der Potentialdifferenz und damit letztlich aus dem Linienintegral über die elektrische Feldstärke berechnet wird. Analog dazu soll nun der Begriff der magnetischen Spannung definiert werden als Linienintegral der magnetischen Erregung zwischen zwei Punkten: P2 r r Vm = ∫ H ⋅ ds (5.24) P1 Dieser Begriff findet später Anwendung, wenn sog. magnetische Kreise (in Analogie zum elektrischen Stromkreis) besprochen werden. In diesen ist die mag. Spannung die „treibende Kraft“. Einheit der magnetischen Spannung: A [Vm ] = [H ][ds ] = m = A m Vorlesungsfolien GdE I 178 Für einen geschlossenen Weg C wird das Linienintegral r r Vm = ∫ H ⋅ ds o C als magnetische Randspannung bezeichnet. Die magnetische Randspannung ist im allgemeinen nicht Null. 5.5.4 Das Durchflutungsgesetz Im Abschnitt 5.5.2 waren die Stromleiter stets gerade. In Bild 5.12 ist eine kreisförmig gebogene Leiterschleife gezeigt. Bild 5.12 Vorlesungsfolien GdE I 179 Für diese gilt ebenfalls die zu I proportionale Abhängigkeit: r r ∫ H ⋅ ds = I C Mit diesem und dem aus Bild 5.11 gewonnenen Ergebnis soll nun ein allgemeiner Zusammenhang zwischen der r mag. Erregung H und den „Quellen“ I gefunden werden, die von einer geschlossenen Kurve C umschlossen werden bzw. die durch die Fläche A treten, die von C umschlossen wird. Dazu dient Bild 5.13, wobei Θ die mit der Randkurve C verkettete Durchflutung bezeichnet: Bild 5.13 Vorlesungsfolien GdE I 180 Damit kann das sog. Durchflutungsgesetz formuliert werden: „Die magnetische Randspannung auf einer beliebigen geschlossenen Randkurve C ist gleich der mit C verketteten Durchflutung.“ Mathematisch heißt das: r r Vm = ∫ H ⋅ ds = Θ o (5.25) C Beachte: Umlaufrichtung von C und Durchflutung Θ müssen eine Rechtsschraube bilden. Wird, wie in Bild 5.13 die Durchflutung durch Teilströme (i=1, 2, 3) gebildet, dann gilt: n Θ = ∑ I i = I1 − I 2 + I 3 + 0 (5.26) i =1 Der Strom muss nicht in einzelnen Stromfäden lokalisiert sein, er kann sich auch über die Fläche A verteilen. Dann gilt: r r Θ = ∫∫ J ⋅ dA (5.27) A r Der Flächenvektor dA zeigt in Richtung der Durchflutung Θ, wobei Gl. (5.27) direkt mit Gl. (2.5) verknüpft ist. Vorlesungsfolien GdE I 181 Damit lautet die allgemeine Form des Durchflutungsgesetzes: r r r r ∫ H ⋅ ds = ∫∫ J ⋅ dA C (5.28) A Hier ist die geschlossene Kurve C der Rand der Fläche A, die von der Durchflutung Θ durchsetzt wird. Beachte: Gl. (5.28) gilt nur für zeitlich konstante Ströme und Felder. Später wird dieses noch um einen Term erweitert. 5.5.5 Beispiele zum Durchflutungsgesetz 1. Beispiel: Das magnet. Feld im Inneren einer Zylinderspule In Bild 5.14 ist eine sehr (unendlich) lange Zylinderspule (Solenoid) gegeben. Bild 5.14 Vorlesungsfolien GdE I 182 Diese Spule habe k Windungen pro Längeneinheit, die ohne Zwischenraum aneinander liegen. Der Strom im Draht habe die Stärke I. Das Verhältnis von Länge zu Durchmesser ist sehr groß. Aus diesen Annahmen folgt: • das Feld im Außenraum ist gleich Null • das Feld im Inneren ist homogen Nun wird das Durchflutungsgesetz auf die rechteckförmige Randkurve C angewendet, wobei das Linienintegral längs C in der vorgegebenen Richtung gebildet wird: r r b r r c r r d r r a r r ∫ H ⋅ ds = ∫ H ⋅ ds + ∫ H ⋅ ds + ∫ H ⋅ ds + ∫ H ⋅ ds C a b c (*) d In (*) sind rechts die Integrale von b nach c und von d nach a Null, da die Vektoren im Skalarprodukt senkrecht stehen. Das Integral von c nach d ist Null, da im Außenraum kein Feld vorhanden ist. Damit bleibt für die linke Seite von Gl. (5.28): r r b r r r ∫ H ⋅ ds = ∫ H ⋅ ds = H ∫ ds = H l C a a b Vorlesungsfolien GdE I 183 Die rechte Seite des Durchflutungsgesetzes Gl. (5.28), also die Durchflutung der Kurve C, ergibt: r r Θ = ∫∫ J ⋅ dA = K I A mit insgesamt K Windungen innerhalb von C. Damit ergibt sich: H l = KI oder mit der längenbezogenen Windungszahl k=K/l: H= KI = kI l (5.29) Die Einheit für KI wird mit Amperewindungen bezeichnet. D.h. wenn z.B. durch die Spule 1 A fließt und innerhalb von C 6 Windungen liegen (K=6), dann ist KI =6 Amperewindungen. Durch Multiplikation mit Flussdichte: µ0 ergibt sich die magnetische B = µ0 k I Vorlesungsfolien GdE I 184 2. Beispiel: Das magnetische Feld eines zylindrischen Drahtes mit endlicher Dicke Gegeben sei ein Draht mit kreisförmigem Querschnitt (Radius a), der vom Gesamtstrom I durchflossen wird. Dieser ist gleichmäßig über den Querschnitt verteilt (Bild 5.15). Der Draht sei unendlich lang und gerade. Gesucht sind mag. Erregung und Flussdichte innerhalb und außerhalb des Drahtes. Aus diesen Vorgaben folgt: • die Feldlinien der mag. Erregung und Flussdichte sind aus Symmetriegründen konzentrische Kreise, • auf einem beliebigen Kreis mit Radius r sind B und H konstant. Bild 5.15 Vorlesungsfolien GdE I 185 Zunächst sollen die Felder im Inneren berechnet werden: Dazu wird das Durchflutungsgesetz auf die Fläche Ar mit dem Radius r angewendet. Die linke Seite von Gl. (5.28) ergibt: r r ∫ H ⋅ ds = 2π r H C und die rechte Seite: r r I r2 ∫∫A J ⋅ dA = ∫∫A JdA = ∫∫A π a 2 dA = I a 2 r r r Damit erhält man für die Felder im Inneren: H= r I; 2 2π a B = µ0 r I 2 2π a r≤a (5.30) Für die Felder im Außenraum ergibt sich direkt mit Gl. (5.22) und (5.20): H= I 2π r ; B = µ0 I 2π r Vorlesungsfolien GdE I r≥a 186 Bei r=a müssen beide Lösungen stetig ineinander übergehen. Damit ergibt sich die in Bild 5.16 dargestellte Abhängigkeit der mag. Erregung vom Radius (der auf den Drahtradius bezogen wird): Bild 5.16 Dieses Ergebnis gilt streng genommen nur für den unendlich langen, geraden Leiter mit endlicher Dicke. Näherungsweise ist dies auch im Inneren und in der Nähe des Drahtes gültig, wenn der Krümmungsradius sehr viel größer ist als der Drahtradius. Vorlesungsfolien GdE I 187 5.6 Kraft zwischen zwei stromdurchflossenen Leitern In Bild 5.17 sind zwei parallele, stromdurchflossene Leiter (I1, I2) gegeben. Ist die Stromrichtung entgegengesetzt, stoßen sich die Leiter ab: Bild 5.17 Ist die Stromrichtung gleich, ziehen sich die Leiter an. Da die Felder des jeweils anderen Leiters überall auf dem betrachteten Leiter senkrecht stehen, erhält man für die Kräfte auf die Leiterstücke 1 und 2 der Länge l: F1 = I1 l B2 mit folgt I1 B1 = µ0 2π a F2 = I 2 l B1 I2 B2 = µ0 2π a I1 I 2 F1 = F2 = µ 0l 2π a Vorlesungsfolien GdE I (5.31) 188 Betrachtet man die Einheiten von Gl. (5.31), dann erkennt man, dass sich damit das „Ampere“ festlegen lässt: „Das Ampere ist die Stärke eines zeitlich konstanten Stroms, der auf zwei parallele, unendlich lange, im Abstand von 1 Meter befindliche Leiter mit sehr kleinem Querschnitt die Kraft von 2⋅10-7 N pro 1 Meter Leitungslänge hervorruft *).“ F N = 2 ⋅10 −7 , l m Damit: I1 = I 2 = I = 1A a = 1m Mit dieser Festlegung vom 2.7.1969 ist dann auch µ 0 festgelegt: µ0 = F 2π a −7 2π Nm −7 Vs = 2 ⋅ 10 = 4 π ⋅ 10 l I2 1 A2 m Am Im Voraus: Zusammenhang zwischen den Feldkonstanten und der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts: c= 1 µ0 ε 0 (5.32) *) Der Betrag der Kraft wurde so gewählt, dass die Definition für „Ampere“ mit der alten Definition übereinstimmt. Vorlesungsfolien GdE I 189 Da für c = 2,9979 · 108 m/s gilt, ist die Dielektrizitätskonstante ebenfalls festgelegt: ε 0 = 8,8543 ⋅10 −12 As Vm 5.7 Zur Bestimmung magnetische Felder wird wegen fehlender mathematischer Grundlagen zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt! Vorlesungsfolien GdE I 190 5.8 Die magnetischen Eigenschaften der Materie Bereits in den letzten Kapiteln wurde angedeutet, dass der Magnetismus vermutlich auf Kreisströme, hervorgerufen durch die gebundenen Elektronen, zurückzuführen ist. Normalerweise sind die den Kreisströmen zugeordneten Dipolmomente gleichmäßig in alle Raumrichtungen verteilt. Eine magnetische Wirkung ist erst dann zu beobachten, wenn die einzelnen Dipolmomente teilweise eine Vorzugsrichtung erhalten. Die Aufgabe lautet nun: Wie kann das (mikroskopische) Verhalten der Materie mit der (makroskopischen) Beschreibung des Feldes verknüpft werden? 5.8.1 Der Magnetisierungsvektor Betrachtet wird ein Abschnitt dl aus einem Eisenstab, in dem alle Dipolmomente gleichgerichtet sein mögen (Bild 5.19a). „Schicht 1“ „Schicht 2“ Bild 5.19 a Vorlesungsfolien GdE I 191 Pro Volumeneinheit seien Nm solcher Dipole enthalten. Daraus ergibt sich die Definition der Magnetisierung: r Der Vektor der Magnetisierung M setzte sich aus allen im Volumen enthaltenen magnetischen Dipolen zusammen. r r M = Nm m (5.37) Diese Gleichung gilt nur, wenn alle Dipolmomente gleiche Orientierung haben. Andernfalls muss eine Vektoraddition erfolgen. M ist also das gesamte magnetische Dipolmoment pro Volumen. Nun betrachten wir die zugehörigen Ringströme IM mit der Fläche AM im Querschnitt A des Stabes, die die einzelnen Dipole und deren Überlagerung hervorrufen (Bild 5.19 b): Bild 5.19 b Vorlesungsfolien GdE I 192 Im Inneren des Querschnitts A kompensieren sich die Ringströme gegenseitig, lediglich am Umfang überlagern sich alle kleinen Kreiströme zum Umfangsstrom IM, der überall „in einer Schicht“ (siehe Bild 5.19 a) am Außenmantel um den Stab die gleiche Richtung hat und in sich geschlossen ist. Daher verhält sich ein homogen magnetisierter Stab wie eine stromdurchflossene Spule. Wie verhält sich nun die Magnetisierung M zu den Umfangströmen IM? Wenn N0 die Zahl der Stromschleifen am Umfang bzw. die Zahl der „Schichten“ ist (in Bild 5.19 a: N0=2), dann lässt sich die Gesamtzahl Z der Dipole im Volumen des Stabstückes Adl bestimmen zu: Z = N0 A , Am wobei A/AM die Zahl der Dipole innerhalb einer „Schicht“ ist und AM die Fläche eines Kreisstroms. Andererseits kann Z auch bestimmt werden zu: Z = NM dV = NM A dl Vorlesungsfolien GdE I 193 Wird Z eliminiert und auf beiden Seiten mit IM multipliziert: r N 0 I M = N M AM I M dl = N M m dl ergibt sich mit Gl. (5.37): r N 0 I M = M dl (5.38) Dieses Ergebnis kann direkt mit dem des Solenoid aus Abschnitt 5.5.5.1 verglichen werden: N0= 6 „Schichten“ Bild 5.14* Danach entspricht N0IM der Durchflutung innerhalb der Kurve C und Mdl der magnetischen Randspannung, wobei nur die Strecke zwischen a und b einen Beitrag liefert (Bild 5.19 a). Vorlesungsfolien GdE I 194 r Damit kann die Magnetisierung M innerhalb des Stabes, d.h. im Material, als magnetische Erregung im Stoff aufgefasst werden. r Das entspricht der magnetischen Erregung H außerhalb des Stoffes. Damit setzt sich das magnetische Feld in einem Punkt zusammen: r r r B = µ0 (H + M ) (5.39) aus der magnetische Erregung H, die mit allen externen, makroskopischen Strömen verknüpft ist und der Magnetisierung M, die allein vom Material aufgebracht wird und die aus den scheinbaren, inneren, mikroskopischen Strömen IM hervorgeht. Permeabilität, Suszeptibilität Üblicherweise wird anstelle von Gl. (5.39) eine zur Gl . (1.61) r r D = ε 0ε r E (1.61)* analoge Schreibweise verwendet: r r B = µ0 µr H Vorlesungsfolien GdE I (5.40) 195 Die Magnetisierung kann ausgedrückt werden durch: r r r M = (µr −1)H = χH , (5.41) wobei mit Gl. (5.40) gilt: r r r r r r r B = µ0 (M + H ) = µ0 ( χ H + H ) = µ0 (χ + 1) H = µ0 µr H Die Größe µ r wird relative Permeabilität genannt und χ = µr −1 Suszeptibilität des Stoffes. 5.8.2 Drehimpuls und magnetisches Moment Die Ursache für die Dipolmomente liegt an zwei Bewegungen: 1. dem Spin der Elektronen, d.h. der Drehung um die eigene Achse und 2. der Bewegung der Elektronen um den Atomkern. Diese Bewegungen sind in beiden Fällen einem winzigen Kreisstrom äquivalent. Zunächst soll die Bahnbewegung des Elektrons um den Kern betrachtet werden. Dabei soll dies mit den Mitteln der klassischen Mechanik geschehen. Tatsächlich muss zur Bestimmung von Spin- und Bahndrehimpuls die Quantenmechanik verwendet werden. Daher dienen die folgenden Berechnungen im Wesentlichen der Veranschaulichung. Vorlesungsfolien GdE I 196 Ein Elektron mit der Masse m0 bewegt sich im Abstand r und mit der Winkelgeschwindigkeit ω um einen festen Mittelpunkt (Atomkern) (Bild 5.20). r r LB , ω • r v r r • m0,e r mB Bild 5.20 Die Bahngeschwindigkeit ist gegeben durch: v r r v = ω×r Der Drehimpuls der Punktmasse (Elektron) wird definiert zu: r r r LB = r × (m0v ) r (5.42) r und entspricht dem Impuls p = m v für geradlinige Bewegungen. Vorlesungsfolien GdE I 197 Ändert sich der Drehimpuls in der Zeit, so wirkt ein Drehmoment: r d r T = LB dt , (5.43) wenn der Mittelpunkt der Kreisbewegung ortsfest ist. Mit dem Zusammenhang zwischen Bahn- und Winkelgeschwindigkeit: v = rω wird der Betrag LB: LB = m0 rv = m0 r 2ω (5.44) Der Term m0r2 wird Trägheitsmoment genannt. Zur Bestimmung des magnetischen Dipolmoments muss nun der Strom des Elektrons aufgrund seiner Bahnbewegung bestimmt werden: I= dQ dt Da die Umlaufzeit des Elektrons 2πr / v beträgt, wird der Strom: I= e 2π r v Vorlesungsfolien GdE I 198 Das Dipolmoment wird gemäß Gl. (5.11): ev ev r 2 mB = I A = πr = 2π r 2 (5.45) Ebenso wie der Bahndrehimpuls steht auch das Dipolmoment senkrecht auf der Bahnebene. Allerdings zeigt dies in die entgegen gesetzte Richtung, da das Elektron eine negative Ladung hat. Setzt man Dipolmoment und Bahndrehimpuls ins Verhältnis, erhält man: mB evr 1 e = = LB 2 m0 r v 2m0 Damit ergibt sich für das Bahndipolmoment: e r r mB = − LB 2m0 (5.46) der auch mit der Quantenmechanik erhältliche Zusammenhang. Vorlesungsfolien GdE I 199 Jetzt soll die Spinbewegung betrachtet werden. Dazu wird das Elektron als kleine Kugel angenommen, in der Ladung und Masse homogen verteilt sind, d.h. ρ m = m0 V bezeichnet die Massendichte und ρ el = − e V die Raumladungsdichte. Das Elektron rotiere mit der Winkelgeschwindigkeit ω um seine Achse. Ein Volumenelement dV hat die Masse: dm0 = ρ m dV *) dQ = − ρ el dV **) und die Ladung: Damit ergibt sich für den Bahndrehimpuls von *) analog zu Gl. (5.44): dLS = r v dm0 Für das magnetische Dipolmoment gilt in Analogie zu Gl. (5.45): vr dmS = dQ 2 Das Verhältnis beider ergibt: dmS ρ dV v r dQ −e = = el = dLS 2r v dm0 2 ρ m dV 2m0 Vorlesungsfolien GdE I (5.46) 200 Damit erhält man das gleiche Ergebnis wie im Falle der Bahnbewegung, da der Vorfaktor − e 2m0 konstant bzgl. der Integration ist: e r r mS = − LS 2m0 (falsch!!!) Dieses Ergebnis entspricht nicht der Quantenmechanik. Diese ergibt ein um den Faktor 2 größeres Verhältnis: e r r mS = − LS m0 (5.47) Eine Überlagerung von Bahn- und Spinmoment, bzw. Bahn- und Spindrehimpuls ergibt: e r r mges = − g Lges 2m0 (5.48) Der Faktor g ist der sog. Landé-g-Faktor, der die Kopplung zwischen Spin und Bahnmoment kennzeichnet und der je nach Atom zwischen 1 und 2 liegt (1: reines Bahnmoment, 2: reines Spinmoment). Vorlesungsfolien GdE I 201 5.8.3 Diamagnetismus Im Jahr 1836 entdeckte M. Faraday folgenden Effekt: Bringt man eine Wismutprobe in die Nähe eines starken Magnetpols, wird diese abgestoßen, gleiches gilt für Kupfer, Silber und Glas. Der Diamagnetismus kommt in allen Substanzen vor. Allerdings ist der Effekt sehr viel schwächer als der Para- oder der Ferromagnetismus. Zur Erklärung des diamagnetischen Effekts betrachtet man zunächst einen Stoff mit vielen Atomen. Diese sind beliebig in alle Richtungen angeordnet, daher kompensieren sich alle magnetischen Momente. Da sich im Prinzip genau zwei Atome gegenseitig kompensieren, sollen diese in Bild 5.21 betrachtet werden: Bild 5.21 Vorlesungsfolien GdE I 202 Im linken Bild 5.21 läuft das Elektron links herum, im rechten Bild rechts um den Atomkern. Da die elektrische Kraft zwischen Kern und Elektron gleich der Zentrifugalkraft ist, gilt: 2 v0 FE = m0 = m0ω02 r r (5.49) wobei die Bahngeschwindigkeit v0 (bzw. die Winkelgeschwindigkeit ω0) diejenige ohne Magnetfeld ist. Werden die beiden Atome nun einem Magnetfeld ausgesetzt, wirkt auf das umlaufende Elektron eine zusätzliche Kraft: r r r FB = −e (v × B); r FB = ev B = eωr B (5.2)* die im linken Fall in Richtung der elektrischen Kraft wirkt, im rechten Fall dieser entgegengesetzt ist. Die unterschiedlichen Beträge der Kräfte haben unterschiedliche Winkelgeschwindigkeiten zur Folge: r r links : FE + FB = m0 rω02 + erω1 B = m0 rω12 *) r r rechts : FE + FB = m0 rω02 − erω2 B = m0 rω22 **) Vorlesungsfolien GdE I 203 Zunächst soll die rechte Seite von *) berechnet werden mit ω1= ω0+∆ω : m0rω12 = m0r(ω0 + ∆ω ) = m0r (ω02 + 2ω0∆ω + ∆ω 2 ) ≈ 2 m0r (ω02 + 2ω0∆ω ) Diese Näherung gilt, da ∆ω << ω1, ω2,. Jetzt wird die Näherung in *) eingesetzt: m0 rω02 + erω1 B ≈ m0 rω02 + m0 r 2ω0 ∆ω damit wird: ∆ω ≈ eω1 B eB ≈ 2m0ω0 2m0 ***) Analog gilt für die rechte Seite von **) mit ω2= ω0 - ∆ω : 2 m0 rω22 = m0 r (ω0 − ∆ω ) ≈ m0 r (ω02 − 2ω0 ∆ω ) und in **) eingesetzt: m0 rω02 − eω2 rB ≈ m0 rω02 − m0 r 2ω0 ∆ω damit wird: ∆ω ≈ eω2 B eB ≈ 2m0ω0 2m0 Vorlesungsfolien GdE I 204 Die magnetischen Momente sind durch Gl. (5.45) gegeben: evr eωr 2 mB = AI = = 2 2 Sie sind proportional ω. Das magnetische Moment des linken Elektrons zeigt in die Blattebene hinein, das rechte heraus. Ohne Magnetfeld haben beide Elektronen gleiches Dipolmoment, mit Magnetfeld wird das des linken erhöht und des rechten vermindert um den Betrag: e∆ω r 2 ∆mB = 2 Damit wird die Gesamtänderung der Dipolmomente beider Elektronen mit ***): (5.50) e e2r 2 mD = ∆mB − (− ∆mB ) = er ∆ω = er B= B 2m0 2m0 r r Der Vektor mD ist zum Vektor B entgegengesetzt gerichtet. r Die Magnetisierung, hervorgerufen durch alle Dipolmomente mD in 2 2 einem Stoff, wirkt somit als (sehr schwache) Gegenerregung mit: µ < µ 0 , bzw. µ r < 1 Z.B. Wismut: µr ≈ 1 - 1,6·10-4 ≈1 Vorlesungsfolien GdE I 205 5.8.4 Paramagnetismus Zur Erinnerung: Diamagnetische Stoffe weisen ohne ein äußeres magnetisches Feld kein magnetisches Moment auf. Dazu im Gegensatz: Die Atome paramagnetischer Stoffe haben ein magnetisches r Moment m . Wären alle atomaren magnetischen Momente innerhalb eines Stoffes gleichgerichtet, ergäbe sich die Magnetisierung von: r r M max = N m bei N Atomen pro Volumeneinheit. Aber: Oberhalb des absoluten Nullpunktes vollziehen alle Atome eine thermische Bewegung. Daher sind die einzelnen Dipolmomente nicht gleichgerichtet. Da die thermische Energie der einzelnen Atome sehr viel größer ist als deren potenzielle magnetische (durch die Lage der Momente zueinander, vgl. Kap. 5.4), ist die Gesamtwirkung gering. Pierre Curie (1859 - 1906, französischer Physiker) fand 1895 folgenden experimentellen Zusammenhang: r M =C r B µ 0T ≤ M max Vorlesungsfolien GdE I (5.51) 206 Dabei ist C die Curie-Konstante. Da gilt: sowie ist r r M = χH (5.41)* r r B = µ0 H (5.21)* χ= C T Sind die Felder sehr groß oder die Temperaturen sehr klein, ist Gl. (5.51) nicht gültig. Für ein typisches Feld von 1 T und Temperaturen größer 250 K befindet man sich im linearen Teil der Kurve 5.22, die die Abhängigkeit der Magnetisierung (bezogen auf die Temperatur) vom magnetischen Feld zeigt. Hier ist Gl. (5.51) gültig. Bild 5.22 Vorlesungsfolien GdE I 207 Vergleicht man die paramagnetische Suszeptibilität χ p mit der diamagnetischen χ d , dann stellt man fest, dass die paramagnetische um ca. 2 Größenordnungen größer ist. Paramagnetische Stoffe sind: Aluminium (Al), Silizium (Si), Platin (Pt) und weitere. Da Diamagnetismus in allen Stoffen vorkommt, sind diamagnetische Stoffe solche, die nicht paramagnetisch und nicht ferromagnetisch sind. 5.8.5 Ferromagnetismus Wie die paramagnetischen Stoffe besitzen auch die ferromagnetischen ein permanentes magnetisches Moment. Dieses kommt vom Spin (Eigenrotation) der gebundenen Elektronen (ergibt sich aus der Quantentheorie der Atome). Die kleinen Dipole wechselwirken miteinander und erzeugen spontan eine Gesamtausrichtung (die quantenmechanisch berechenbar ist) des magnetischen Moments. Wichtig: Ferromagnetismus ist nicht nur eine Eigenschaft einzelner Atome, sondern auch die zwischen benachbarten Atomen. D.h. innerhalb eines Bereichs werden die Momente „synchronisiert“. Vorlesungsfolien GdE I 208 Diese Bereiche (Bild 5.23) werden „Weißsche Bezirke“ genannt. Deren Orientierung der Magnetisierung ist ohne äußeres Feld völlig regellos. Bild 5.23 Wird eine stoffspezifische Temperatur, die Curie-Temperatur, überschritten, dann hört die spontane Magnetisierung innerhalb der Bezirke plötzlich auf. Der Stoff wird paramagnetisch. Für Eisen beträgt die Curie-Temperatur 1033 K. Die Magnetisierungskurve Im folgenden soll ein äußeres Feld an das ferromagnetische Material gelegt werden. Gleichzeitig wird die makroskopische Wirkung dieses Materials beobachtet, indem eine sog. Magnetisierungskurve aufgenommen wird. Eine Magnetisierungskurve ist die Abhängigkeit der Flussdichte von der (von außen eingeprägten) magnetischen Erregung. Vorlesungsfolien GdE I 209 Die äußere Erregung wird mit einer Ringspule erzeugt, die im Inneren einen Eisenring hat: Bild 5.3* Ist der Ringdurchmesser groß gegen den Windungsdurchmesser, ergibt sich ein relativ homogenes Magnetfeld im Inneren (vgl. Kap. 5.2). Die Erregung ist bei n Windungen: H ≅ nI Die magnetische Flussdichte B (alle Größen hier skalar) kann durch Messung der induzierten Spannung ermittelt werden (erst in Kap. 6). Vorlesungsfolien GdE I 210 Bild 5.24 zeigt typische Magnetisierungskurven eines ferromagnetischen Stoffes: Bild 5.24 Erläuterung: 1. Start bei I = 0; Strom wird langsam erhöht, B wächst entlang der Kurve 1, der sog. Neukurve. B ist in Tesla angegeben, H wird mit µ multipliziert, um die Verhältnisse der Zahlen0 werte auf x- und y-Achse zu verdeutlichen. Damit ist µ 0 H in µTesla angetragen! Daraus geht hervor, dass χ bzw. µ r sehr viel größer als 1 sind. Vorlesungsfolien GdE I 211 2. Bei größer werdenden Werten von H wird die Kurve flacher, man spricht von Sättigung des Eisens. 3. Für sehr große Werte von H wird die Steigung zu 1, d.h. ∆B =1 µ0 H und mit r r r B = µ0 (H + M ) (5.39)* folgt, dass in diesem Bereich M = konstant ist. (Geradengleichung). Weiterhin wird deutlich, dass mit r r B = µ0 µr H (5.40)* die relative Permeabilität stark von H abhängt. 4. Lässt man den Strom I bzw. die Erregung H langsam wieder abnehmen, dann nimmt B nicht längs der Neukurve 1 ab, sondern entlang der Kurve 2. Damit sind die B-Werte stets größer als die der Kurve 1. Bei H = 0 bleibt eine magnetische Flussdichte Br, die sog. Remanenzflussdichte, erhalten. Dies ist der permanente Magnetismus. Vorlesungsfolien GdE I 212 5. Um B auf Null zu bringen, muss die Erregung negativ werden. Die dazu erforderliche Erregung heißt Koerzitivfeldstärke Hc. 6. Mit wachsender negativer Erregung wird das Eisen in negativer Richtung gesättigt. Wird die Stromrichtung wieder geändert, d.h. die Erregung in entgegengesetzter Richtung aufgeprägt, durchläuft man die Kurve 3. Die y-Achse wird bei -Br und die x-Achse bei +Hc durchlaufen. 7. Die Kurven 2 und 3 zusammen nennt man Hystereseschleife. Die Form der Hystereseschleife hängt von der Eisensorte ab und davon, wie weit die Neukurve 1 durchlaufen wurde. Bricht man die Neukurve an einer Stelle geringerer Erregung ab (siehe gestrichelte Linie), dann wird die Hystereseschleife kleiner. D.h. bei gegebener Erregung H hängt die Flussdichte B von der Vorgeschichte ab! 8. Schlanke bzw. schmale Hystereseschleifen ordnet man magnetisch weichem Material zu, breite magnetisch hartem. Im ersten Fall ist die Ummagnetisierung leicht, d.h. Hc ist gering, im zweiten Fall ist Hc groß. Vorlesungsfolien GdE I 213 Phänomenologische Beschreibung der Neukurve 1: Die Magnetisierungrichtung der einzelnen Weißschen Bezirke ist parallel oder unter einem bestimmten Winkel zu den Kristallachsen angeordnet (Bild 5.25 a). Bestimmte Richtungen sind energetisch bevorzugt, diese werden als leicht bezeichnet, die anderen als schwer. Ist das an dem polykristallinen Eisen angelegte Feld schwach, erfolgt ein Wachstum der Bezirke (Bild 5.25 b), deren Richtung mit der der Erregung zumindest teilweise, d.h. in einer Komponente, übereinstimmt. Insbesondere leichte Bezirke wachsen stärker: a) ohne Feld b) Wandverschiebung c) Drehung Bild 5.25 Diesen Vorgang nennt man Wandverschiebung (5.25 b). Vorlesungsfolien GdE I 214 Die Wandverschiebung entspricht dem schwachen Anstieg der Neukurve 1 im Anfangsbereich. Für kleine Felder ist dieser Vorgang reversibel, d.h. wird H in Bild 5.25 b ausgeschaltet, stellt sich der Zustand 5.25 a wieder ein. Damit ist die Flussdichte B wieder Null. Wird H vergrößert, verschiebt sich die Wand weiter. Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Wand an eine Verunreinigungsstelle (andere Stoffe, Korngrenze, ...) gelangt, an der die Verschiebung zunächst stoppt. Erst bei weiterer Felderhöhung „springt“ die Wand. Damit wird die Magnetisierung unstetig. Dieses Verhalten beschreibt den mittleren Teil der Neukurve, der bei Vergrößerung treppenförmig verläuft. Dieser Bereich ist nicht mehr reversibel. Der letzte Abschnitt der Magnetisierung entspricht der Drehung der Dipolmomente aus den „leichten“ Richtungen in die Richtung des äußeren Feldes (Bild 5.25 c). Dazu ist ein starkes Feld nötig. Der Anstieg der Kurve 1 ist daher viel flacher. Die einzelnen Abschnitte der Magnetisierungskurve lassen sich nicht scharf abgrenzen, der Übergang ist fließend. Polykristallines Eisen besteht aus vielen Kristallen, die wiederum jeweils mehrere Weißsche Bezirke beinhalten. Die Größe und Ausbildung der Kristalle hängen auch von der Vorbehandlung des Materials ab. Damit hängen auch die Neukurve und die Hystereseschleife von der Vorbehandlung ab. Vorlesungsfolien GdE I 215 Durch die Vorbehandlung wird auch die Ausrichtung der Kristalle beeinflusst, die wiederum zur Anisotropie des magnetischen Verhaltens führt. Deswegen sind die Magnetisierungskurven (Bild 5.24) auch noch abhängig von der Richtung der Erregung. Aufgrund dieser komplexen Zusammenhänge gibt es bisher keine physikalisch begründete geschlossene Beschreibung der gesamten Kurve!! Daher ist es üblich, mit der gemessenen Kurve der benutzten Eisensorte zu arbeiten. Die gemessenen Verläufe können auch mit geeigneten Funktionen approximiert werden (z.B. mit Parabelabschnitten). Bei weichmagnetischem Eisen für elektrische Maschinen kann man mit einer mittleren Linie (Neukurve) arbeiten, insbesondere wenn, wie in der Wechselstromtechnik, die Hysterese periodisch durchlaufen wird. Bei schneller Änderung des Bezirkes und der Magnetisierung entstehen Energieverluste. Z.B. erzeugt das plötzliche „Springen“ der Wand eine Schallwelle, die Energie abtransportiert. Später wird gezeigt, dass die Fläche innerhalb der Hystereseschleife ein Maß für die Ummagnetisierungsverluste bei einmaligem Durchlauf darstellt. Vorlesungsfolien GdE I 216 5.8.6 Bedingungen an Grenzflächen Im elektrischen Feld wurde festgestellt, dass an der Grenzfläche zweier Dielektrika gilt (Kap. 1.9.2): 1. 2. Et1 = Et 2 (1.63)* Dn1 = Dn 2 (1.64)* Analog dazu werden jetzt in Bild 5.26 die Feldlinien der magnetischen Flussdichte an der Grenzfläche zweier Materialien mit unterschiedlicher Permeabilität betrachtet. Bild 5.26 a Vorlesungsfolien GdE I 5.26 b 217 Zunächst wird das Durchflutungsgesetz auf den Rand des Rechtecks in Bild 5.26 b angewendet. Die Schmalseiten des Rechtecks seien infinitesimal klein. Daher liefern sie keinen Beitrag zur magnetischen Randspannung. Da durch das Rechteck kein Strom fließt, gilt: r r ∫ H ⋅ ds =H t1d − H t 2 d = 0 Hier ist d klein genug, um mit konstanter Erregung auf den Längsseiten rechnen zu können. Daraus folgt mit H t1 = H t 2 (5.52) die Stetigkeit der Tangentialkomponenten der magnetischen Erregung an der Grenzfläche. Nimmt man nun das Rechteck in Bild 5.26b als Schnittfläche durch einen zylindrischen Körper („Schuhcremedose“) und wendet die Quellenfreiheit des mag. Flusses darauf an: r r ∫∫ B ⋅ dA = 0 = − Bn1 A + Bn 2 A , dann gilt damit: Bn1 = Bn 2 (5.53) die Stetigkeit der Normalkomponenten der mag. Flussdichte an der Grenzfläche. Vorlesungsfolien GdE I 218 Mit den Winkeln der Feldlinien zur Normalen der Grenzfläche gilt: tan α1, 2 = Bt1, 2 Bn1, 2 = µ 0 µ r1, 2 H t1, 2 Bn1, 2 Das Verhältnis der beiden Tangens ergibt: tan α1 µ r1 H t1 Bn 2 µ r1 = = tan α 2 µ r 2 H t 2 Bn1 µ r 2 (5.54) das Brechungsgesetz der Feldlinien der magnetischen Flussdichte an einer Grenzfläche. Solange B und H gleichgerichtet sind in beiden Medien, gilt dies auch für die magnetische Erregung. Grenzschicht Luft - Eisen µ r1 = 1 µ r 2 >> 1 Luft Eisen Vorlesungsfolien GdE I Bild 5.26 c 219 Damit wird das Brechungsgesetz: tan α1 << 1 tan α 2 bzw. tanα2 >> tanα1 Gilt 0 ≤ α2 < π 2 , dann wird α1 ≈ 0 , d.h. beim Übergang aus einem hochpermeablen Material in Luft treten die Feldlinien der magnetischen Flussdichte nahezu senkrecht aus. Gilt aber α2 = π 2 , dann ist auch α1 = π 2 . In diesem Fall ist Bt1 = B1 und Bt2 = B2. In diesem Fall gilt weiterhin: Bt1 B1 µ1Ht1 µ1 = = = <<1 Bt 2 B2 µ2 Ht 2 µ2 und damit wird: B1 << B2 D.h. das Feld in Luft ist sehr klein. Fast das gesamte Feld wird im Eisen geführt! Vorlesungsfolien GdE I 220