SRA aus medizinischem und ökonomischem Blickwinkel SRA, eine vollkommen neue Anwendung, erfordert auch eine neue Betrachtungsweise aus medizinischer und ökonomischer Sicht. Zunächst soll das medizinische* und gesundheitsökonomische Umfeld betrachtet und die Notwendigkeit für ein solches Verfahren begründet werden. Im zweiten Teil wird auf den wissenschaftlichen Hintergrund des Verfahrens eingegangen. Zum Schluss folgt eine betriebswirtschaftliche Betrachtung, die zeigt, dass sich SRA durchaus als bereichernd für eine Praxis herausstellen kann, wenn es richtig eingesetzt wird. Medizinische Notwendigkeit oder eine weitere unsinnige Selbstzahler Leistung? SRA heißt Schlaganfall Risiko Analyse. Wie steht es mit den Schlaganfällen in Deutschland? Sind alle großen Probleme gelöst und dreht es sich nur noch um die tägliche Routine mit den Patienten? Schauen wir zunächst auf die bekannten Fakten. In Deutschland gibt es 200.000 Schlaganfälle pro Jahr, 160.000 davon Erstinfarkte. Mindestens jeder fünfte Schlaganfall geschieht auf Grund eines kardioembolischen Ereignisses ausgelöst durch Vorhofflimmern. Die Krankenhausaufnahme wegen Vorhofflimmern hat sich in den letzten 20 Jahren um 66% erhöht. Auf Grund der Alterung der Bevölkerung wird eine Verdopplung der Zahlen in den nächsten 20 Jahren erwartet. Damit wird das Erkennen und die adäquate Behandlung des Vorhofflimmerns in der Zukunft an Bedeutung gewinnen. Die Behandlung von VHF verursacht schon heute hohe Kosten (etwa 3000 Euro/Patient und Jahr). Die jährliche kumulative Kostenbelastung innerhalb der Europäischen Union durch VHF beträgt derzeit etwa 13,5 Milliarden Euro, was die sozioökonomische Relevanz des Vorhofflimmerns und seiner Folgen verdeutlicht. Ein Vergleich der Schlaganfälle mit und ohne Vorhofflimmern (VHF) zeigt, das erstere wesentlich schwerer verlaufen. Das liegt daran, dass selbst kurze Flimmerepisoden zu Tage und Wochen anhaltenden Kontraktionsstörungen des Vorhofs führen können. Durch die nachfolgende Stase des Blutes in den nicht kontrahierenden Vorhöfen und im linken Vorhofohr, kommt es zu einer lokalen prothrombotischen Umgebung. Es bilden sich Thromben, die in die Hirnarterien eingeschwemmt werden und kardiogen-embolische Hirninfarkte verursachen. Da auf diese Weise sehr große Thromben entstehen können, verstopfen die resultierenden Embolien häufiger als bei anderen Schlaganfallursachen besonders große Gefäße im Gehirn. Das Resultat sind besonders massive zerebrale Infarkte. Durch zerbrechende Thromben können zudem Infarkte in mehreren Versorgungsgebieten auftreten. Da etwa 30% der Patienten zunächst an intermittierenden Episoden von paroxysmalem VHF leiden und dabei oft asymptomatisch sind, wird diese gefährliche Erkrankung meist nicht erkannt. In großen epidemiologischen Studien waren etwa ein Drittel der Patienten sowohl mit paroxysmalem als auch persistierendem VHF zuvor nicht diagnostiziert. In einem Viertel der Fälle VHF-assoziierter Schlaganfälle war die Erkrankung vorher nicht bekannt. Paroxysmales VHF wird sehr viel seltener als persistentes oder permanentes VHF entdeckt. Die Insultgefährdung ist nach den vorliegenden Daten durch alle Formen gleich groß. So werden Patienten mit VHF oft erst durch den stattgehabten Schlaganfall auffällig. Diagnose des Vorhofflimmerns ist zur Zeit unbefriedigend. Für eine adäquate Präventivtherapie muss das VHF elektrokardiografisch dokumentiert sein. Das 24-Stunden-Langzeit-EKG (Holter-EKG) ist bei der Diagnose des VHF der heutige methodische Standard und verdoppelt die VHF-Detektionsraten gegenüber dem * T. Duning, P. Kirchhof, und S. Knecht aus Nervenheilkunde 2008; 27: 175-186 konventionellen EKG (64). Deshalb gehört das Langzeit-EKG zur Standarddiagnostik der Schlaganfallpatienten. Dennoch ist die Sensitivität des Langzeit-EKG zur Detektion des paroxysmalen VHF trotz elektronisch unterstützter Analyse relativ gering (~ 50%). So blieb das 24-Stunden-Langzeit-EKG in einem Drittel der Patienten, die während einer zusätzlichen 7-tägigen EKG-Ableitung als Krankheitsträger identifiziert wurden, unauffällig, und 44% der mit Event-Rekordern identifizierten Fälle von paroxysmalem VHF zeigten ein normales Langzeit-EKG. Selbst bei paroxysmalem VHF mit langen Flimmerepisoden liegt die Sensitivität des Langzeit-EKG nur zwischen 23% und 58%, bei negativen prädiktiven Werten um lediglich 20%. Zwar erhöhen längere Ableitungszeiten generell die Wahrscheinlichkeit eines Nachweises, jedoch sind diese Methoden wegen ihres Zeit-, Personal- und Kostenaufwandes klinisch im Alltag bislang nicht praktikabel. Auch eine automatisierte Arrhythmiedetektion in der Langzeit-EKG-Analyse verbessert die Detektionsraten von paroxysmalem VHF nicht. Eine Bessere Identifikation der VHF Patienten kann also als medizinische Notwendigkeit betrachtet werden. Eine Alternative bietet das SRA Verfahren Was macht sich das SRA Verfahren zu nutze? Atriale ektopische Aktivität als Trigger von Vorhofflimmern Auslöser von Vorhofflimmern ist in der Regel die atriale ektopische Aktivität. Umgekehrt könnte man daraus folgern, dass übermäßige atriale Rhythmusstörungen ein Marker für Vorhofflimmern sind. Die Erfassung atrialer Rhythmusstörungen könnte also als diagnostisches Instrument genutzt werden, das somit auch außerhalb von Flimmerepisoden die Identifikation von Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern erlaubt. Dabei reicht es nicht aus, nur die Anzahl der SVES zu bestimmen, wie es in allen Holter Analysen gemacht wird. Das gibt zwar einen Hinweis, ist aber zu unspezifisch. Mathematische Analyse der Dynamik der atrialen ektopischen Aktivität Die Analyse der R-R Intervalldynamik in Verbindung mit nichtlinearen mathematischen Verfahren bietet eine weitaus sensitivere und tiefer gehende Möglichkeit zur Erfassung der ektopischen Aktivität. 6-fach höhere Sensitivität bei der Identifikation von Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern mittels Analyse der Dynamik atrialer Rhythmusstörungen Die mathematische Analyse zeigt, dass im Vergleich zur reinen Erfassung von Flimmerepisoden im EKG eine 6-fach höhere Sensitivität bei der Identifizierung von Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern zu erzielen ist. Patienten die auf Grund der mathematischen Analyse im EKG auffällig sind, haben mit einer fast 90%-igen Wahrscheinlichkeit (positiv prädiktiver Wert) paroxysmales Vorhofflimmern. Was ist mit Patienten bei denen ein einmaliges Flimmereignis nachgewiesen wurde und ansonsten keine Risikofaktoren zeigen? Dies kann umschrieben werden mit „was tun wir, wenn wir nichts tun?“. Hier sei auf die kanadische Studie hingewiesen, die gezeigt hat, dass einmalige Episoden von paroxysmalem Vorhofflimmern sehr selten sind. Patienten mit nur einer dokumentierten Flimmerepisode waren nach fünf Jahren nur 15,5% ohne Rezidiv. Langzeitstudien an Patienten mit persistentem VHF haben gezeigt, dass selbst unter optimalem Management der Anteil des permanenten VHF kontinuierlich steigt und nach 3 bis 4 Jahren bei etwa 75% liegt. Volkswirtschaftliche und Gesundheitsökonomische Aspekte Die Aufwendungen der Gesundheitssysteme für VHF und Schlaganfall sind immens. In der Europäischen Union sind das für VHF 13,8 Mrd. €, für Schlaganfall 21 Mrd. € direkte Kosten und 10 Mrd. € indirekte Kosten. Insgesamt also ca. 45 Mrd. € pro Jahr. Dazu kommen die stetig steigenden Kosten für Pflege bei vaskulärer Demenz. Einiges kann mit einer rechtzeitigen Erkennung von paroxysmalem Vorhofflimmern reduziert oder vermieden werden. Die Empfehlung einer Untersuchung mit dem SRA hat also nichts mit Angstmache zu tun, sondern der Chance zu mehr Lebensqualität im Alter bei einer zunehmenden Alterung der Bevölkerung. Sich eine solche Untersuchung zu gönnen hat auch etwas mit Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit zu tun, was immer mehr in den Vordergrund rückt angesichts trotz Reformen steigender Ausgaben der Krankenkassen. Zumal die Untersuchung nur bei Menschen mit entsprechenden Risiken empfohlen wird. Im Rahmen einer integrierten Versorgung hat die KKH als erste deutsche Krankenkasse SRA in ihren Leistungskatalog aufgenommen. Die Krankenkasse verfolgt hiermit Ihr Ziel der Kostenreduktion in der Behandlung durch effektive Prävention und damit die Aufrechterhaltung der Lebensqualität ihrer Versicherten. Alle anderen gesetzlich Versicherten können SRA als seriöse Selbstzahlerleistung (IGeL) in Anspruch nehmen. Der Dachverband der Privatkassen (PKV) hat seinen Mitgliedskassen die Erstattung des SRA im Rahmen der Prävention empfohlen. Daher steht der Abrechnungsmöglichkeit über GOÄ für Privatversicherte nichts im Wege. Die Ärzte werden in Zukunft mehr und mehr für Prävention von Krankheiten sorgen müssen. Da ist die SRA Untersuchung ein idealer Test. Ärzte sind aber auch mehr und mehr im unternehmerischen Denken gefordert. Da bietet gerade SRA eine gute Möglichkeit ein betriebswirtschaftliches Element in den Praxisbetrieb einzubringen.