VL „Einführung in die Schulpädagogik“ WS 2009/10 (Boenicke /Popp) Modul 1: Normative Vorstellungen von Schule und Unterricht • Schule im Wandel – Ziele und Gründe • Lernen im Wandel: Lerntheoretische Aussagen zu Schule und Unterricht • Film: Interview mit Martin Spitzer • Arbeitsfragen zum Film • Diskussion Prof.Dr. Boenicke Institut für Bildungswissenschaft www.ibw.uni-heidelberg/~aeschule.de 1 Schule im Wandel: Welche Ziele leiten die Schulreform? • • • • Transformation der Bildungssysteme: Ziele Gründe der Innovationen Beispiel PISA Empirische Befunde und Konsequenzen für das Schulsystem Prof.Dr. Boenicke Institut für Bildungswissenschaft www.ibw.uni-heidelberg/~aeschule.de 2 Transformation der Bildungssysteme Ziele (1): Aktivierung der Lernenden durch: • • • Anwendungsbezug von Aufgaben Beachtung individueller Interessen Übernahme von Verantwortung für den eigenen/gemeinsamen Lernprozess • Berücksichtigung individueller Lernvoraussetzungen • Förderorientierung, Vermittlung von Erfolgserlebnissen und eines positiv-realistischen Selbstkonzepts Prof.Dr. Boenicke Institut für Bildungswissenschaft www.ibw.uni-heidelberg/~aeschule.de 3 Transformation der Bildungssysteme Ziele (2): Vermittlung vielfältig einsetzbarer Schlüsselkompetenzen durch: • • • Problemorientierung der Aufgaben (statt Lösungsroutinen) Fächerübergreifende Fragestellungen (statt Fachsystematik) Kommunikative Orientierung (anstatt Dominanz von Frage- und Antwort-Schema) • Vermittlung von sozialen Kompetenzen und Teamstrukturen (anstatt Bündelung der Verantwortung bei der Lehrperson) Prof.Dr. Boenicke Institut für Bildungswissenschaft www.ibw.uni-heidelberg/~aeschule.de 4 Transformation der Bildungssysteme Gründe (1): Die pädagogische Dimension: • Eingehen auf individuelle Unterschiede, Förderorientierung • Ermöglichung eines positiven Selbstkonzepts Die ökonomische Dimension: • Orientierungsfähigkeit und Flexibilität gegenüber Innovationen • Kreativität und Eigenständigkeit als Wettbewerbsvorteil, • Kooperationsfähigkeit und interkulturelle Kompetenz als zentrale Voraussetzung Die gesellschaftliche Dimension: • Integration von Schülern mit heterogenen kulturellen und sozialen Lernvoraussetzungen Prof.Dr. Boenicke Institut für Bildungswissenschaft www.ibw.uni-heidelberg/~aeschule.de 5 „Grundbildung“ in der PISA-Studie Grundbildung = Internationaler Standard von Basiskompetenzen • • • • • Verständnisorientierung: Wissenschaftliche Basiskonzepte verstehen (z.B. Entwicklung, Beschleunigung) Problemorientierung: Eigene Lösungswege entwickeln, Problemlösungen beurteilen Anwendungsorientierung: Realistische Aufgaben (Texte, Grafiken, Diagramme) Kommunikative Orientierung: Kooperationfähigkeit, Adressatenbezug, Reflexionsfähigkeit im Umgang mit fremden Perspektiven Methodenorientierung: Lernstrategien als Voraussetzung von Selbstständigkeit Prof.Dr. Boenicke Institut für Bildungswissenschaft www.ibw.uni-heidelberg/~aeschule.de 6 Transformation der Bildungssysteme Empirische Befunde: • Auswertung von 23 unabhängigen Schulreformprojekten der OECD in 13 Ländern (Europa, Asien, Amerika, Australien) • Zielsetzungen ähneln sich: Förderorientierung, Individualisierung, Anwendungsbezug, Vorrang sozialer Kompetenzen, Methodenorientierung, Aufbau von Eigenständigkeit, Lehrer als Berater • Fazit: „Die starken Familienähnlichkeiten zwischen den 23 unterschiedlichen Reformen in unserer Studie war für die Forscher eine große Überraschung.“ (Black/Atkin 1997, S.32) Prof.Dr. Boenicke Institut für Bildungswissenschaft www.ibw.uni-heidelberg/~aeschule.de 7 Lernen in der Schule - ein vielfältiger Prozess... l l Markus Popp – Uni HD l l l Vokabeln in Französisch Zusammenhänge zwischen zwei Variablen in Mathematik Beurteilungen ethischer Problemstellungen in Religion / Ethik Handlungsabläufe in Sport / Bild. Kunst Soziales Verhalten / Konfliktmanagement Modelle des Lernens • Klassisches Konditionieren • Operantes Konditionieren • Beobachtungslernen Problemlösen • Kognitives Lernen 1.1 Klassisches Konditionieren lWatson Markus Popp – Uni HD Albert (1920) („Little Albert“): è reagiert furchtlos und interessiert auf weiße Ratte (NS) è reagiert erschrocken und weint (UR) bei plötzlichem, lauten Krach (US) Kopplung: Ratte + Krach è Panik bei Anblick der Ratte (CR) (Generalisierung auf Pelzmäntel) à bedingte Furchtreaktion, die sehr löschungsresistent ist. 1.2 Klassisches Konditionieren lBedeutung für den Schulalltag: Markus Popp – Uni HD Keine direkte Beeinflussung des Lernprozesses; Erklärungsmöglichkeit für viele motivationale und affektive Reaktionen der Schüler: z.B. dauerhaftes Bloßstellen des Schülers durch Physiklehrer im Physiksaal è Angstreaktion des Schülers è Später Angstreaktion des Schülers auch bei anderen Lehrkräften, wenn der Schüler den Physiksaal betritt, 2.1 Operantes Konditionieren l Thorndike (1874-1949) / Skinner (1904-1990) Einwirkung: Markus Popp – Uni HD • Belohnung/ • Wegfall von Unangenehmen Ignorieren / Bestrafung Verstärkung Konditioniertes Handeln Löschung 2.2. Operantes Konditionieren Bedeutung für die Schule: 1. Positive Verstärkung Markus Popp – Uni HD 2. Negative Verstärkung 3. Löschung durch Ignorieren 4. Löschung durch Bestrafung 3.1 Beobachtungslernen / Latentes Lernen Markus Popp – Uni HD l Bandura (1965): Lernen, bei dem ein Modell beobachtet und nachgeahmt wird: è v.a. beim Lernen von Sozialverhalten, Handlungs- und Bewegungsabläufen. 3.2. Beobachtungslernen / Latentes Lernen l Bedeutung für die Schule Markus Popp – Uni HD è è è Übernahme von sozialen Verhaltensweisen (z.B. grüßen; danken) Sportunterricht Bildende Kunst / Musik Vgl. Bedeutung der Lehrerpersönlichkeit für den erfolgreichen Unterricht 4. Problemlösen Lösungsweg bekannt = Aufgabe IST-ZUSTAND Markus Popp – Uni HD Ausprobieren und Sackgassen bei Problemlösung SOLLZUSTAND Lösungsweg unbekannt = Problem schlecht/ gut definiert Markus Popp – Uni HD 5.1 Kognitiver Wissenserwerb: Drei-Speicher-Modell (Atkinson / Shiffrin 1968) 5.2 Kognitiver Wissenserwerb: Manfred Spitzer • Jahrgang 1958 Markus Popp – Uni HD • Seit 1997: Inhaber des Lehrstuhls für Psychiatrie Universität Ulm • Seit 1998: Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm Markus Popp – Uni HD 5.2 Spitzer 1996/2002: l Gedächtnis = „komplexes neuronales Netz“ l Sensorisches Register, Arbeits- und Langzeitgedächtnis als Zustandsformen der Information in einem umfassenden Gesamtspeicher. („keine Behälter“ / „keine Entleerung“) Markus Popp – Uni HD 5.2 Lernen konstruktivistisch Das Gehirn bildet seine eigenen Strukturen dadurch, • dass es Strukturen verarbeitet, und • durch die Verarbeitung sich selber strukturiert. è Lernen = „Konstruktion von Wissen“ Markus Popp – Uni HD 5.2 Lernen in der Schule Das Gehirn lernt immer. Unter Angst lernt man die Angst gleich mit. Auf eine gute L-S- Beziehung kommt es an. Auf Strukturen, die an Beispielen verdeutlicht werden, nicht auf Einzelheiten kommt es an. Auf Wiederholen und Üben kommt es an. 6. Literatur Markus Popp – Uni HD Ø Mietzel, G. (20078), Pädagogische Psychologie des Lernens und Lehrens. Göttingen u.a.: Hofgrefe, S. 33-52 und 201273. Ø Spitzer, Manfred, Lernen: Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Heidelberg u.a: 2007.