Projektwoche 2014: KreSch Die Projektwoche begann für mich um halb acht Uhr morgens: aufstehen, duschen, frühstücken und mit dem Fahrrad zur Schule fahren. Angekommen in Raum S28 stellten wir gemeinsam mit Frau Hogrebe, unserer Kursleiterin, die einzelnen Schulpulte zu einem großen Tisch zusammen, an dem alle 15 Schüler/innen und die Lehrerin Platz hatten. Jeder erhielt ein Namensschild, das schon von zwei Schülern mit Sternchen und Blumen verziert worden war. Als alle eingetroffen waren, besprachen wir, wie wir uns die Woche vorstellten. Frau Hogrebe wollte anfangs größtenteils mit uns Schreibaufgaben bearbeiten, doch die meisten Schülerinnen und Schüler interessierten sich mehr dafür, ein eigenes Projekt anzufangen bzw. weiterzuführen, wenn sie zu Hause schon eines begonnen hatten. Trotzdem fingen wir zuerst mit einer Übung an. Jeder bekam einen Knopf und sollte sich nun die Geschichte des Knopfes ausdenken. Nach circa einer Stunde machten wir eine Vorleserunde. Es gab Geschichten mit Knöpfen in Lagerhallen, die entweder trostlos oder abenteuerlustig ihrem Schicksal entgegensahen, Knöpfe, die unzufrieden mit ihrem Leben als Teil eines Mantels oder einer Bluse waren oder genau dieses behalten wollten oder Knöpfe, die durch glückliche Fügungen das Leben von Menschen retteten. Danach erhielten wir die gewünschte Zeit für unsere eigenen Projekte. Einige wussten bereits genau, an welchen Geschichten sie arbeiten wollten, andere nutzten die Zeit, um sich Gedanken über eine neue Idee zu machen und dann einfach mal anzufangen. Nach einer langen Arbeitsphase und einer ausgiebigen Mittagspause stellten wir uns gegenseitig unsere Projekte vor: Einige wollten Fantasygeschichten schreiben, zum Beispiel über ein Feenreich oder über eine Schule für Jugendliche mit besonderen Fähigkeiten, andere entschieden sich für actionhaltigere Ideen, wie eine Geschichte über eine Terrorgruppe in den USA oder einen Mordfall, der aufgeklärt wird, wieder andere begannen Texte über Menschen, die nicht mit ihrem Leben zufrieden waren oder über eine Assi-Gegend und deren Bewohner. Also ein sehr bunt gemixtes Sortiment an Ideen, Anfängen und Schreibstilen. Die nächsten drei Tage verliefen ähnlich: am Anfang erhielten wir eine Schreibaufgabe, zum Beispiel sollten wir fünf Minuten durchgehend schreiben, ohne darüber nachzudenken, einfach, was uns gerade in den Sinn kam. Eine andere Aufgabe war, dass jeder einen leeren Zettel bekam und ganz unten einen Satz, nämlich den letzten einer Geschichte aufschrieb. Dann wurden die Zettel weitergegeben, der Nächste schrieb den vorletzten Satz und so weiter. Am Ende lag wieder vor jedem sein eigenes Blatt und wir staunten, was aus unseren ersten letzten Sätzen geworden war. Wir stellten fest, dass es oft Widersprüche in den Geschichten gab, sowohl in der Zeit, in der die einzelnen Sätze geschrieben waren, als auch in Details der Texte. Jeder von uns hat einen andern Schreibstil und eine andere Denkweise, wir interpretierten das Geschehen in den Geschichten manchmal sehr unterschiedlich. Es musste nur einer ein Wort einbauen, das mit dem Rest nicht zusammenpasste und der ganze Text verlor seinen Sinn, da alle nachfolgenden Sätze darauf eingehen mussten. So entstanden teilweise sehr lustige und schräge Ergebnisse. Nach den anfänglichen Schreibaufgaben erhielten wir Zeit für unsere individuellen Projekte, die schnell Formen annahmen und eine Richtung bekamen, auch wenn man sich zuerst noch gar nicht sicher war, wo man später landen wollte. Zwei Stunden pro Tag arbeiteten wir an unseren eigenen Texten, die einen klassisch mit Heft und Stift, die anderen am Laptop. Frau Hogrebe war begeistert von der Atmosphäre, die im Raum herrschte, während wir alle still versunken in unseren eigenen Welten waren und daran arbeiteten. Auch für uns war es einfacher sich zu konzentrieren, wenn so viele Andere um einen herum das Gleiche taten: Schreiben. Zwischendurch, am Anfang oder am Ende eines Tages, präsentierten wir uns, wie unsere Ideen sich weiterentwickelten und vorankamen. Wer wollte, konnte im Plenum eine Textstelle aus seiner Geschichte vorlesen und sich dazu die Meinungen, das Lob und die Kritik der Anderen anhören. Gerade wenn man sich selbst nicht sicher war, wie ein Text gelungen war, konnten die Sichtweisen der Mitschüler und von Frau Hogrebe sehr hilfreich sein. Wenn jemand eine Schreibblockade hatte oder gerade einfach nicht an seinem eigenen Projekt weiterkam, konnte er/sie sich eine Schreibaufgabe von Frau Hogrebe abholen, zum Beispiel etwas sehr übertrieben darstellen, ein Lob bzw. einen kritischen Text zu etwas entwerfen oder eine Geschichte über sich selbst in 20 Jahren schreiben. Wie würde die Zukunft sein? Wie wäre die Technik und Wissenschaft vorangeschritten? Wie würde der eigene Alltag aussehen? Auch diese Texte wurden sehr anschaulich und detailreich und deutlich von den individuellen Schreibstilen geprägt. Für den letzten Tag hatten wir uns etwas Besonderes überlegt: Jeder sollte eine Textstelle aus seinem Projekt, die er/sie nicht mag und eine Kostprobe, aus dem, was man in dieser Woche erarbeitet hatte, ausdrucken und mitbringen. Die Textstellen, die uns nicht gefielen, gaben wir, wie zuvor bei der Schreibaufgabe, bei der jeder einen Satz schreibt, im Kreis weiter. Am Ende erhielten wir unseren Text mit vielen Verbesserungsvorschlägen der Anderen zurück. Es war sehr interessant zu sehen, wie die Mitschüler und Frau Hogrebe das eigene Problem angehen würden. Danach lasen alle Schüler/innen, die dies wollten, die Kostproben ihrer Texte, die in dieser Woche entstanden sind, vor und die Zuhörer konnten ihre Meinungen dazu abgeben. Alle, die noch nicht vorgelesen hatten, legten ihre ausgedruckten Textstellen auf einen Tisch. Dort konnte sich jeder, der daran interessiert war, die Projekte des Anderen lesen und kommentieren. Es war unglaublich, was wir alle in so kurzer Zeit entwickelt und aufgeschrieben hatten. Jeder ganz individuell, mit seinem eigenen Schreibstil und den eigenen Ideen. Am Ende des letzten Tages bedankte Frau Hogrebe sich bei uns und wir uns bei ihr für diese angenehme und einzigartige Woche, die allen gut gefallen hatte. Die meisten werden an ihren Texten weiter schreiben. Und wer weiß - vielleicht gibt es irgendwann ein Buch oder einen Roman zu einer der Geschichten, die in dieser Projektwoche entstanden sind... Marie Prechtl