Verbesserung der Empathiefähigkeit durch ein Trainingsprogramm "Einfühlsame Gesprächsführung" Dr. Uwe B. Schirmer, Dipl. Pflegepädagoge, Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg (Referent) Dr. Marina Schall , Psychologin, Universität Konstanz. (Co-Autor) Schirmer, U.B., Schall, M. (2015). Verbesserung der Empathiefähigkeit durch ein Trainingsprogramm "Einfühlsame Gesprächsführung“. Pflegewissenschaft. Hpsmedia, Nidda. 17. Jahrg. S. 19-27. Hintergrund und Zielsetzung Kann man Empathie, also Einfühlung lernen? In der folgenden Studie gingen wir dieser Frage nach, indem wir die Veränderung in empathischen Fähigkeiten bei 39 Teilnehmenden, MitarbeiterInnen psychosozialer Berufe in psychiatrischen Einrichtungen, vor und nach der Teilnahme an einem Trainingsprogramm „Einfühlsame Gesprächsführung“, mittels Fragebogen mit teils offenen Fragen, untersuchten. Wir nahmen an, dass Teilnehmende nach dem Training mehr Gefühle und Bedürfnisse bei der eigenen Person und beim Gesprächspartner erkennen und formulieren würden als vor dem Training, was eine zentrale Kompetenz im kognitiven empathischen Prozess darstellt. Weiterhin gingen wir explorativ der Frage nach, welche Auswirkungen das Trainingsprogramm auf den beruflichen Alltag und die Beziehungsfähigkeit der Teilnehmenden hat. Methoden Quantitative und qualitative Analysen. Datenerfassung mittels Fragebogen als Präund post-Messung vor bzw. nach dem Training und Praxistransfercoaching (Intervention). Ergebnisse Die Ergebnisse der quantitativen Analysen zeigten, wie erwartet, eine Verbesserung der Fähigkeit, Gefühle und Bedürfnisse in der Konfliktsituation zu erfassen und verbalisieren. Die Ergebnisse der qualitativen Analysen zeigten zudem Veränderungen in der Beziehungsfähigkeit der Teilnehmenden, wie beispielsweise höhere Reflexionsfähigkeit über Interaktionsvorgänge sowie erhöhtes Maß an Verständnis, Akzeptanz und Annahme für das Befinden und Handeln der PatientInnen. Diskussion und Ausblick Empathie stellt im professionellen psychosozialen Kontext einen signifikanten Prädikator für den Erfolg von Therapie und Beratung dar (Liekham S 2004; Nystul 2005). Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass eine gänzliche Erfassung von Empathie durch eine empirische Untersuchung in Anbetracht der Komplexität im Gesamten nicht möglich ist (Tometten-Iseke 2012). Einzelne Fähigkeiten im kognitiven-empathischen Prozess zu beschreiben, zu qualifizieren und deren Erfolg zu untersuchen wird zum einen durch die Komplexität des Prozess limitiert, aber auch dadurch, dass die Ergebnisvarianz erheblich von Klientenfaktoren abhängig ist (Lambert 2003). Kognitive Empathie ist sicher nicht allein aus einer wirkmechanistischen Sicht der Gefühle und Bedürfnisse zu erklären, gleichwohl werden hier zwei wichtige Schlüsselfertigkeiten der Handlungskompetenz im kognitiv empathischen Prozess betrachtet (Saarni 2002; Denham 1998): die Fähigkeit, die Gefühle und die Bedürfnisse der eigenen und anderen Personen wahrzunehmen und zu verbalisieren. Die Befunde dieser Arbeit legen nahe, dass diese Schlüsselfertigkeiten durch das Training verbessert werden können. Die Ergebnisse aus der qualitativen Analyse zeigten außerdem, dass die Befragten als besondere Vorteile durch das Training die Entwicklung ihrer Handlungskompetenzen bessere Beziehung und stärkere Bindung zum Gegenüber beschreiben. Daneben berichten die Teilnehmenden von einer Förderung ihrer Fähigkeiten Patienten zu verstehen und anzunehmen, sowie einem veränderten Umgang mit Konflikten. Diese höchst wünschenswerten Auswirkungen sind wichtige Wirkfaktoren für den Erfolg in Pflege, Therapie, Beratung und Education und Grundlage professionellen Handelns für Angehörige in psychosozialen Berufen. Im Herbst 2016, sowie im Frühjahr 2017 werden auf 4 Stationen in einer psychiatrischen Klinik das Training und die Praxistransfercoaching verbunden mit Maßnahmen zu Organisationsentwicklung durchgeführt. Ziel ist eine Innovation mit dem Titel „Eine beziehungsfördernde Kultur und Umwelt auf einer psychiatrischen Station weiterentwickeln“. Literaturangaben Denham, S. A. (1998). Emotional development in young children. Guilford Press. Lambert, M. J. (2003). Psychotherapy outcome research: Implications for integrative and eclectic therapists. In John C. Norcross & Marvin R. Goldfried (Eds.), Handbook of psychotherapy integration (94-129) Oxford University Press. New York. Liekam, S. (2004). Empathie als Fundament pädagogischer Professionalität. Analysen zu einer vergessenen Schlüsselvariable der Pädagogik. eDissertation an der LMU München, verfügbar unter: http://edoc.ub.unimuenchen.de/2514/1/Liekam_Stefan.pdf. Nystul, M. (2005). Introduction to Counseling. An Art and Science Perspective. Allyn & Bacon, London. Saarni C. (2002). Die Entwicklung von emotionaler Kompetenz in Beziehungen. In: von Salisch M. (Hrsg.) Emotionale Kompetenz entwickeln. Kohlhammer S. 3-30. Tometten-Iseke A. (2012). Empathie in der Beratung. Waxmann Verlag, Münster.