VO – Einführung in die Ethnologie Europas

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VO – Einführung in die Ethnologie Europas
Marianne Six - Hohenbalken SS 2007
1.Vorlesung
Einführung
Die Feldforschung in Europa ist auch heute nicht von allen EthnologInnen
anerkannt und erwünscht. Es ist prestigeträchtiger außerhalb zu forschen
und Studien zu machen.
Kokot und Drackle sind der Ansicht, dass Ethnologie in Europa von
Ethnologen außerhalb, also von Nichteuropäern durchgeführt werden sollte.
Forschungen im eigenen Bereich sind an und für sich schon problematisch,
daher sollten diese auch zweimal geprüft werden!
Studien der 50er und 60er Jahre
Schwerpunkt war der Mittelmeerraum
Goddard – Untersuchung bäuerlicher Gesellschaften; lokale homogene
Einheiten
Die Frage war, welche Verbindungen es zwischen den kleinen
abgeschlossenen Gruppen gab. (Diese waren nie so isoliert wie die
Ethnologen dachten)
Cole + Wolfe – Studien (in den 60er) für das Buch „Die unsichtbare Grenze“,
welches 1974 veröffentlicht wurde.
Regionaler Schwerpunkt war der Mittelmeerraum. Malta, Griechenland,
Korsika, Zypern, Nordafrika.
Kokot – nannte es: Die Erfindung des „Mediterranen“ als das
paradigmatische „Andere“.
Peristiany – Hauptvertreter des Konzepts der Ehre und Schande – honour
and shame. So wie „Mittelmeermenschen“ angeblich
funktionierten.
Er beschrieb die Ehre des Mannes (beschützend, sorgend und großzügig)
und der Frau (keusch und untertänig) als etwas Unterschiedliches.
Es gab ein Konzept für alle, es wurden daher keine Differenzierungen
vorgenommen. Natürlich gab es Proteste von Ethnologinnen, da dies zu
kategorisierend und schemenhaft ist.
Pitt Rivers – Er ging etwas vorsichtiger mit dem Konstrukt des
Mittelmeerraumes und des Ehre-Schande Komplexes um.
Er forschte in Andalusien in einem kleinen Dorf. Ehre und Schande sei eine
Frage der Stellung des Individuums in der Gesellschaft.
Bei Jugendlichen und Ehre gab es einen Konsens.
Höher gestellte junge Erwachsene mussten nicht dieselbe Ehrhaftigkeit
haben.
Die Stadtforschung und die Kulturfrage von Stadt und Dorf im Vergleich,
waren bis zu den 80ern in der Soziologie beheimatet.
U. Hannerz – erst in den 80er 90er wurde die Stadtforschung ein eigenes
umfassendes Fachgebiet in der Anthropologie.
Hannerz schrieb diesen Exkurs zur Stadtforschung: Exploring the city“
Wandel in der Disziplin in den 70er Jahren
- nämlich die Studentenbewegung der 60er Jahre
- Aufstände in den COMECON- Staaten ließen die (west) europäischen
Kommunisten das Verhältnis zur SU neu überdenken
- Arbeiten von Althusser, Balibar (wissenschaftlicher Marxismus) und
Gramsci (Macht- und herrschaftsanalyse)
- ausgehend von Studien über die sog. 3. Welt - Dependenzansätze und
Modernisierungstheorien
Boissevevain (1975) „Towards a social anthropology of Europe"
(1994) - Tribalisierung Europas
Er sagte, dass es umfassendere übergreifende Forschungen auch in den
urbanen bereich geben muss.
Überregionale Einflüsse sollten wichtiger sein.
Es gab gute Denkansätze im Diskurs, eine bahnbrechende Arbeit ließ aber
auf sich warten.
80er Jahre
.) radikaler Konservatismus und neoliberale Politik
.) Zusammenfall des Realsozialismus in O-Europa und akademische
Debatten über Gesellschaftsmodelle
.) Unsicherheit bzgl. der Methodenfrage - Debatte über theoretische Ansätze
Fachzeitschriften: Anthropological Journal on European Cultures, Europea
SCHWERPUNKTE FÜR DIE 90er
Migration, Krieg und Flucht.
Grenzen und Rassismus im ökonomischen und politischen Bereich auf
europäische Institutionen ( staatliche und überstaatliche) und auf
Bürokratien. Eliten und Macht
Gefordert:
-
Staatengründung, nationale Integration
Industrialisierung und Urbanisierung,
Klassenkonflikt und Kommerzialisierung
Produktion und Konsum
Hinterfragung der offiziellen Geschichte bzw. Geschichtsschreibung
Wigger, Iris: Ein eigenartiges Volk. Die Ethnisierung des Zigeunerstereotyps
im Spiegel von Enzyklopädien und Lexika. In: Hund, W. D. (Hg.): Zigeuner.
Geschichte und Struktur einer rassistischen Konstruktion. Duisburg 1996.
Mit anderen Disziplinen kooperieren – Soziologie-GeschichteEthnologie!!!
POLITISCHE ÜBERLEGUNGEN
Goddard - Frage nach dem Konzept Europa
Einheit
ökonomische Interdependenzen, wachsende Integration auf politischer
Ebene
Differenzen
auf der Ebene der sozialen Organisation
auf der Ebene der Religion
auf Ebene der Sprachen ( romanische, germanische und slawische
Sprachen)
Europa als eine "erfundene Gemeinschaft" im Sinne von Benedict Anderson „imagined community“
Boisssevain nennt gesellschaftlichen Faktoren seit den 80er Jahren:
1) veränderte Produktionsbedingungen
2) Bevölkerungsbewegungen:
3) Revalorisierung der Traditionen und eine Idealisierung der
vorindustriellen Lebensweise
Bevökerungsbewegungen
Flucht und Migration
Der Mythos der homogenen Gesellschaft war nicht mehr haltbar. Aus
Sprach- und Religionsgruppen entstanden Interessensgruppen um
anerkannt zu werden. (selbstorganisierte Roma)
Es entstand ein Rechtspluralismus – eine innerstaatliche Migration vom
Land in die Stadt.
Die reichen Städter kauften dann die verlassenen Landhäuser.
Wie verändert der Tourismus (gutsuituierte Menschen auf Malta etc) die
Gesellschaft!?!
Revalorisierung
Die Traditionen werden revalorisiert und die vorindustrielle Lebensweise
wird idealisiert.
Dorfmuseen werden etwa unkritisch gestaltet.
Roma
Bis 1938 gab es ca. 7000 Roma in Österreich. Nach dem Holocaust ca. 700!!
Viele lebten am Rand des Burgenlands, auch Juden lebten dort.
Es gibt keine Gedenktafel oder Mahnmal in den Dorfmuseen. Keine Kritik
am Holocaust.
Wallfahrten werden zu einem Massenspektakel und die Nostalgie wird
vermarktet.
Der Marktwirtschaftsfaktor und die Heimatverbundenheit wird zum
Patriotismus!
Anmerkung des Autors: Vom Patriotismus zum Nationalsozialismus ist es
kein weiter Weg – Haider, Strache, Westenthaler etc etc
Im 21. Jahrhundert
u.a.
Anthropology of war and conflict
Soziale Sicherheit und Rolle des Staates
Diversity, citizenship
EU-Integrationsprozesse (nahe den Migrationsstudien)
Popular culture
Entwicklung im Postsozialismus
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