15. Sportpsychologie 15. Einführung in die Grundlagen der Sportpsychologie Psychologie ist die Wissenschaft, die sich mit dem Verhalten und Erlernen von Personen befaßt. Verhalten kann man als die Gesamtheit aller Aktionen und Reaktionen eines Menschen auffassen. Erleben ist eine Bezeichnung für „innere psychologische Zustände und Prozesse, die bei der Auseinandersetzung mit Aspekten unserer materiellen und sozialen Umwelt auftreten“. Beispiel: In Gedanken an ein kommendes schweres Auswärtsspiel erlebt z. B. ein Spieler „Nervosität“ und einen Vorwettkampfzustand. Nach einer Niederlage erlebt man sich im allgemeinen niedergeschlagen. Sportpsychologie ist der Zweig der Psychologie, der sich mit Verhalten und Erleben des sporttreibenden Menschen auseinandersetzt. Im folgenden sollen Einflußgrößen oder Bedingungen des Verhaltens aufgezeigt werden, d. h. Antworten auf die Frage gegeben werden, was denn das Verhalten aus psychologischer Sicht beeinflußt. Für die TrainerInnen und BetreuerInnen, aber auch für die SportlerInnen ist es von grundlegender Wichtigkeit, zu wissen, warum sich jemand in bestimmten Situationen so und nicht anders verhält. Vereinfacht läßt sich sagen, daß das Verhalten eines Menschen abhängig ist von seiner Person („innen“) und seiner Umwelt („außen“), oder anders ausgedrückt: Verhalten (V) ist eine Funktion (f) von Person (P) und Umwelt (U). Auf eine Formel gebracht würde, es bedeuten V = f (P, U). Um etwas über Verhalten aussagen zu können, gibt es also grob zwei Fragen zu beantworten: 1. Wie ist die Person (SportlerInn) beschaffen? (Man kann auch sagen: Ich möchte wissen, wie es in dem Menschen aussieht)! – das ist die Frage nach der Person!); 2. Wie ist die Umwelt beschaffen, in der das Verhalten beobachtet wird? Zur Person kann man recht vereinfacht sagen, daß einerseits überdauernde, d.h. relativ verfestigte, weitgehend situationsabhängige Bedingungen oder „Faktoren“ wirksam sind, andererseits aktuelle, an Situationen gebundene. 119 15. Sportpsychologie Beispiel: Überdauernde „Faktoren“ einer Person sind z. B. Erbanlagen, Talent; Persönlichkeitsmerkmale wie Intelligenz oder Besonnenheit; Erfahrungen usw. Situative „Faktoren“ sind solche, die in bestimmten aktuellen Situationen „aktualisiert werden, z. B. Angst, Aggressionen, Motivation, Niedergeschlagenheit, Enttäuschung, Freude. Umweltbedingungen lassen sich in materielle und soziale einteilen. - Materielle Umweltbedingungen sind Gegenstände, nicht belebte Aspekte unserer Umgebung (z. B. Häuser, Autos, Kunstwerke; im Sport: Geräte, Feldmarkierungen, Spielregeln). - Die soziale Umgebung wird dargestellt von unseren Mitmenschen, von Gruppen mit denen wir Kontakt haben. In der sozialen und materiellen Umwelt stellt sich das dar, was man Gesellschaft nennt. Gesellschaft ist demnach das gemeinsame Bezugssystem unserer Umwelt. Im nachfolgendem Schema läßt sich das Gesagte vereinfacht darstellen113. Im Anschluß an dieser „Definition“ der Psychologie sollen im folgenden einige für KampfsportlerInnen interessante Aspekte dargestellt werden. 113 Vereinfachtes Bezugssystem psychologischer Bedingungen des Verhaltens. Beobachtbare Bedingungskomplexe sind doppelt umrahmt. 120 15. Sportpsychologie 15.1 Talent – Talentsuche Talent ist eine Erbanlage, die nicht veränderlich ist, sondern ebenfalls entdeckt und gefördert werden kann. Im Schema (Abb. Bei Fußnote 113) läßt sich entnehmen, daß außer den Erbanlagen (überdauernde – Einflüsse) noch andere Bedingungen wirksam werden müssen, um aus einem Talent z. B. im Kampfsport, einen sehr guten Kämpfer oder Kämpferin zu machen: 1. Gelegenheit, das Talent zu entdecken, d.h. irgendwann und irgendwo Kampfsport zu machen (daraus ableitbar ist die Forderung nach vielseitigem Angebot im Sportunterricht!); 2. Umweltbedingungen im sozialen Bereich (Familie, Schule, Beruf, TrainerInnen etc.) und materiellen Bereich (Finanzen, Hallen, Geräte etc.), die den Kampfsport fördern. 121 15. Sportpsychologie 15.2 Motivation Motivation kann man vereinfacht als erlebtes Gefälle zwischen einem Ist- und einem Sollzustand beschreiben (gegenwärtige Leistung, psychologisch: Verhalten und zukünftige, erwartete Leistungen). Wobei aufgrund vergangener Erfahrungen ein bestimmter Abstand (Gütemaß) zwischen dem gegenwärtigen Zustand (Ist, z. B. Regionalkämpfe) und dem erwünschten, angestrebten Zustand (Soll, z. B. Nationalmannschaftseinsatz) definiert wird. Für die TrainerInnen ist von Bedeutung daß sie, um KämpferInnen zu motivieren, möglichst einen mittleren Grad der Erfolgswahrscheinlichkeit des Erreichen ihrer Ziele für ihre KämpferInnen anstreben sollten. Das Erreichen des Soll-Zustandes darf nicht zu leicht fallen (Desinteresse wäre eine Folge), es darf auch nicht zu schwer sein (Resignation könnte eine Folge sein: „schaffen wir ja doch nicht!“). Eine weitere wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist für die TrainerInnen, die nach den Gründen (Motivation), aus denen KämpferInnen in ihrer Mannschaft kämpfen. Zwei extreme Begründungen lassen sich hier skizzieren: Teilnahme (Siegen ist Nebensache, Hauptsache ist die gute Kameradschaft in der Kampfmannschaft etc.);Aufgabe, Leistung, Gewinnen, Aufsteigen ist die Hauptmotiviation, alles andere ist nur insofern von Bedeutung, als es diese Zielstellung beeinflussen kann. Probleme bei der Führung einer Kampfmannschaft können aus einer bezüglich Aufgaben- und Teilnahmemotivation entstehen. 15.3 Lernen Lernen ist die Veränderung von Verhalten bzw. von Verhaltensmöglichkeiten. Bezogen auf das Schema in 15.0. bedeutet dies die Auseinandersetzung mit aktuellen, situativen Bedingungen mit dem Ziel, überdauernde Bedingungen zu verändern. Beispiel: Um einen Wurf aus dem Kampfsport zu erlernen, muß z. B. in methodischen Reihen der Kämpfer oder die Kämpferin immer wieder bestimmte aktuelle, situative Bedingungen (vorwärts- oder rückwärts – Laufen, Ärmel- oder Kragenfassen) bewältigen, um schließlich einen überdauernden Erfahrungsniederschlag zu erreichen (Beherrschung der Kampfwürfe).114 114 Vgl. Wurftechniken: Budo – Bibliothek Georg Kulot, 1. Aufl. 1986 122 15. Sportpsychologie 15.4 Entwicklung Entwicklungspsychologie hat die Veränderung der im Schema 15.0 mit der Fußnote 113 schematisierten Bedingungskomplexe des Verhaltens im Laufe des Lebens zum Gegenstand. In der modernen Entwicklungspsychologie geht man davon aus, daß Entwicklung weder ausschließlich durch Erbfaktoren (Anlage) bestimmt wird noch aus schließlich durch die Umwelt (Milieu), sondern daß Entwicklung von der Wechselbeziehung Anlage – Umwelt getragen wird. Für die TrainerInnen, denen die Entwicklung eines Kämpfers oder Kämpferin vom Anfänger bis zum „fertigen“ Kämpfer oder Kämpferin betreibt, gilt es durchaus die Konsequenzen zu ziehen, daß Umweltanforderungen (Training, Wettkampf) immer auf die Anlage (Voraussetzungen) abgestimmt sein müssen, um einen optimalen Entwicklungsprozess zu fördern. Unterforderung wäre es, bei sehr guten Anlagen die Anforderungen in Training und Wettkampf zu gering zu halten, Überforderung wäre es z. B., bei schwachen Anlagen zu hohe Forderungen zu stellen. 15.5 Psychoregulation Der menschliche Organismus kann als selbstregulierendes System angesehen werden, d. h. er paßt sich psychisch und physisch bestimmten Umweltbedingungen an. Psychoregulation, d. h. die Regulierung psychologischer Zustände (Erleben) beherrscht jeder Mensch und praktiziert es täglich (z. B. Bekämpfung der Nervosität vor einer Prüfung oder das Beruhigen nach einer Aufregung usf.). Bedeutung für das Training gewinnt Psychoregulation dann, wenn Sportler solchen Belastungen ausgesetzt sind, daß sie nicht mehr allein und ohne Herabsetzung in ihrer Leistungsfähigkeit in der Lage sind, psychologische Belastungsbedingung (im Extremfall Streß) zu verarbeiten. Psychoregulation kann Entspannung (Relaxation) und Mobilisierung zum Ziel haben. Die Psychologie hält Methoden der Psychoregulation bereit, über die inzwischen auch positive Erfahrungen im Sport vorliegen: Autogenes Training, Biofeedback, Selbstbehauptungstraining, mentale Simulation115. 115 siehe unter Kap. 12.0 bis 12.6 in dieser Diplomarbeit 123 16. Sport und Menstruationszyklus 16. Sport und Menstruationszyklus Die körperliche und psychische Leistungsfähigkeit der Frau wird durch den Menstruationszyklus im allgemeinen dahin gehend beeinflußt, daß sie im Anschluß an eine Periode ansteigend, dann ab der Zyklusmitte wieder absteigend ist und kurz vor Menstruationsbeginn sowie in den ersten Tagen der Menstruation116 ihren Tiefpunkt erreicht. Es besteht ein Unterschied zwischen gut trainierten und weniger gut oder nicht trainierten Frauen in der Weise, daß die Leistungsschwankungen geringer sind und die sehr gute Leistungsfähigkeit über einen längeren Zeitraum erhalten bleibt. Eine Minderung der Leistungsfähigkeit um den Menstruationstermin herum kann sich auch bei trainierten Frauen bemerkbar machen, und zwar besonders dann, wenn es sich um Ausdauerleistungen unter stärkerer psychischer Belastung (Wettkampf) handelt. Bei kurzdauernden Leistungsanforderungen, die schnelles Reaktionsvermögen verlangen, sind dagegen in der Zeit des üblichen Leistungstiefs auch Bestleistungen möglich. Training und Wettkampf können während des ganzen Menstruationszyklus durchgeführt werden, jedoch sollten dabei einige Einschränkungen gemacht werden. Die Trainingsquantität sollte sich nach den individuellen Schwankungen der Leistungsfähigkeit richten. Es besteht diese Möglichkeit in der häufigeren oder länger dauernden Unterbrechung des täglichen Trainings, der zeitlichen Verkürzung des Training oder der kurzdauernden Trainingspause. Hinsichtlich der Trainingsqualität, d. h. der Trainingsgestaltung kommt während der Menstruation am ersten eine Reduzierung von Ausdauerübungen, von ausgesprochenen Bauchmuskelübungen und von Übungen mit starker Erschütterung in Frage. Das Nachlassen der Konzentration muß beachtet werden, um der in dieser Zeit verstärkten Unfallgefahr vorzubeugen. Im Wettkampf können infolge der starken psychischen Beanspruchung sonst nicht beobachtete Leistungsminderungen auftreten. 116 Menstruation (von lat. Menstruus = monatlich; Menses, Regel, Periode) die beim Menschen und bei Affen etwa alle 4 Wochen eintretende 3 – 6- tägige Blutung der Gebärmutterschleimhaut des geschlechtsreifen weiblichen Individuums. Der M. vorgang wird durch Sexualhormone gesteuert. Beim Menschen im gemäßigten Klima beginnt die M. im 13 – 15. Lebensjahr, sie hört auf im 45. – 50. Lebensjahr. Während der Schwangerschaft ist der Zyklus stillgelegt. Universal-Lexikon, S. 1358, Band 4, 1982 124 16. Sport und Menstruationszyklus Das Training mit Frauen erfordert von Seiten der TrainerInnen eine besondere gute Beobachtungsgabe, Einfühlungsvermögen und individuelles Eingehen auf die Besonderheiten im Menstruationszyklus einer jeden Sportlerin. Nur so kann das Training optimal gestaltet werden. Von den Sportlerinnen sollte ein Regelkalender und ein Trainingsbuch geführt werden, um durch Training und Wettkampf bedingte Regelstörungen erkennen zu können. Falls erkennbare Zusammenhänge zwischen Regelstörung und Training bestehen, müssen die nötigen Konsequenzen daraus gezogen werden. Für jugendliche Sportlerinnen gilt die individuelle Trainingsgestaltung bezgl. Der Trainingsquantität und der Trainingsqualität in besonderem Maße, da während der puberalen Wachstums- und Entwicklungsphase besonders starke Schwankungen in der Leistungsfähigkeit auftreten können. Die Leistungsfähigkeit steigt zwar während der Pubertät117 stark an, jedoch besteht gleichzeitig eine verstärkte körperlich – psychische Labilität durch die beginnende Funktion der Keimdrüsen.118 Erst mit Einregulieren des Sexualzyklus, d. h. bis zum Erreichen eines stabilen Zyklus etwa im 15./16. Lebensjahr, wird ein neuer Gleichgewichtszustand erreicht. Für jugendliche Sportlerinnen ist unbedingt neben dem Spezialtraining ein vielseitiges, ausgleichendes Bewegungsangebot zu fordern. 16.1 Menarche119 - Es ist bekannt (durch Untersuchungen an Turnerinnen), daß bei Leistungssportlerinnen der Termin der Menarche um ca. ½ Jahr später liegt als beim übrigen Durchschnitt von 13,2 Jahren! Abhängigkeit der Menarche vom Konstitutionstyp 117 Pubertät (lat.) die, Geschlechtsreife, Entwicklungsalter: Brücke zw. Kind und Erwachsenem; entscheidende oft krit. körpl. und geistige Umwandlungsphase (volle Entwicklung der Geschlechtsorgane, Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale, Auftreten des Geschlechtstriebes); bei Knaben durchschnittlich vom 12. bis 18., bei Mädchen vom 10. bis 17 Lebensjahr Universal-Lexikon, S. 1053, Band 3, 1982 118 Keimdrüsen = Geschlechtsdrüsen Universal-Lexikon, S. 1053, Band 3, 1982 119 Menarche: die erste Menstruation (erste Blutung bei Mädchen) Lehrbuch der Kinderpsychologie, Klett-Gotta-Verlag S. 221, Band 2, 5 Aufl. 1996 125 16. Sport und Menstruationszyklus Sportliche Auswahl – weniger Pyknikerinnen120, mehr Leptosome und leptosom-athletische Typen. - Für bestimmte Sportarten retardierte Typen mehr geeigneter. - Familienanamnese!121 (Wenn man dies berücksichtigt, ist es unwahrscheinlich, daß schon vor der Menarche begonnenes Leistungstraining den Beginn der Funktion der Keimdrüsen (Geschlechtsdrüsen) verzögert. - 16.2 Menstruationszyklus Frühere Auffassung der besonderen Schonung während der Menses ist heute nicht mehr gültig. Im allgemeinen bringt eine sportliche Betätigung während dieser Zeit keine gesundheitlichen Schäden. Leistungsschwankungen durch verschieben der veget. Tonuslage sind gering. Im Menstruationszyklus sind Leistungsschwankungen bei Sportlerinnen geringer als bei sportlich Ungeübten. Zu beachten sind erhöhte Unfallgefahr durch größere Ermüdbarkeit und psychische Labilität. Mensesstörungen durch intensives Leistungstraining und Wettkampf sind meist vorübergehender Natur – dennoch „Verhalten der Menses ein guter Gradmesser für richtige Trainingsgestaltung“.(Menstruationsverschiebung). 16.3 Schwangerschaft und Geburt Kein Leistungssport in der Schwangerschaft! Der Organismus der Frau muß sich adaptieren; durchaus möglich, daß diese Adaption122 an die Schwangerschaft nicht gelingt., durch Aufflackern bisher latenter Erkrankung, oder daß diese Adaption den Körper in solchem Maße ausschöpft, daß eine geschwächte Abwehr anderen Krankheiten unterliegt. Deshalb sollte die schwangere Sportlerin nicht selbst entscheiden, was sie sich zumuten kann, sondern sich ärztlich beraten und überwachen lassen. 120 Pykniker, gedrungener Menschentyp, auch Pygmäen (griech. = Faustgröße) Zwergenvolk am Oreanos, in Ägypten, Äthiopien oder Indien, menschliche Zwergenrassen, von einer Durchschnittsgröße unter 150 cm. Universal-Lexikon, S. 1711, Band 4, 1982 121 Anamnese (griech. = Erinnerung), med.: Vorgeschichte des Kranken und der Krankheit Universal-Lexikon, S. 84, Band 1, 1982 122 Adaption = Anpassen oder Anpassung: z. B. durch Erfahrung und Lernvorgänge ermöglichte Einordnung des menschl. od. tier. Individuums in seine Umwelt, oder durch physiol. Veränderungen im Körper bewirkte Abstimmung von Organismen auf die Umweltbedingungen. Universal-Lexikon, S. 92, Band 1, 1982 126 16. Sport und Menstruationszyklus Der Leistungssport sollte aufgegeben werden. Nach dem Arbeitsgesetz darf eine schwangere Frau nicht weiterarbeiten, wenn sie einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt ist – Einteilung der Schwangerschaft in 3 Abschnitte: 1. bis 3. Monat 2. bis circa 6. Monat 3. nach dem 6. Monat Entsprechende Verhaltensweisen, Gymnastik und Schwimmen. 16.4 Geburt Die Geburt verläuft bei Leistungssportlerinnen im allgemeinen wie bei anderen Frauen auch. Eine gute Bauchmuskulatur wirkt sich in der 2. Phase des Geburtsverlaufs günstig (verkürzend) aus. Sportliche Betätigungen nach der Geburt: Circa 6 Wochen, sowie die notwendigen Richtlinien einhalten (zu denen auch körperliche Schonung gehört). Nach ca. 2 Monaten leicht zu trainieren beginnen, nach 4 Monaten intensiver zur Leistungsform (unter ärztlicher Aufsicht). Bessere Leistung nach Geburten. Nicht nur körperliche auch seelische Belastung (Kind) berücksichtigen. 16.5 Menstruationsverschiebung In letzter Zeit werden in zunehmendem Maße bei jüngeren Frauen Hormonpräparate123 verordnet, sei es zur Therapie von Menstruationsstörungen oder zur Kontrazeption.124 Damit ist die Frage der Menstruationsverschiebung bei Sportlerinnen nur noch von untergeordneter Bedeutung, denn es ist praktisch nicht zu entscheiden, aus welchen Gründen die Hormonpräparate eingenommen werden. Man kann auch nicht von einem Doping125 sprechen, 123 Hormone (griech. Anreger) wirken auf die Organe im menschlichen Körper ein, um mehr Leistung zu erbringen Universal-Lexikon, S. 900 Band 3, 1982 Kontrazeption, bekannt als Kontrateptivum (lat. Mz. – tiva), das Mittel zur Empfängnisverhütung Universal-Lexikon, S.1131 Band 3, 1992 124 125 Doping, das (von engl. :dope = Lack, Reizmittel), verbotene Anwendung schädlicher Reizmittel (z. B. Benzedrin, Perritin u.a, Weckamine) zur Erreichung von Höchstleistungen (bei Mensch, Pferden) im sportlichen Wettkampf Universal-Lexikon, S.448 Band 3, 1992 127 16. Sport und Menstruationszyklus weil eine leistungssteigernde Wirkung durch Anwendung von weiblichen Sexualhormonen nicht erwiesen ist. Bei jüngeren Mädchen mit instabilen Zyklus und noch nicht abgeschlossenem Wachstum sind Hormongaben problematisch, wenn nicht gar kontraindiziert126, da mit einer Verzögerung der Zyklusstabilisierung und einem vorzeitigen Schluß der Epiphysenfugen127 zu rechnen ist. Das Wachstum ist im allgemeinen mit dem 16 – 17. Lebensjahr abgeschlossen. Da immer mehr jüngere Mädchen am Leistungssport teilnehmen, sind die vorgenannten Hinweise von besonderen Bedeutung. Im Rahmen einer sportärztlichen Beratung ist folgendes zu beachten: Eingehende Anamnese des Menstruationszyklus. Bei Verdacht auf eine endokrine128 Störung oder organische Ursache einer Zyklusstörung, eingehende gynäkologische Untersuchung. 129 Bei Anwendung von Hormonpräparaten frühzeitige ärztliche Beratung- und Überprüfung der Verträglichkeit des Medikaments. 126 kontraindiziert bekannt als Kontraindikation (lat.) die, med.: Krankheitszustand, bei dem eine best. Behandlung nicht angewandt werden darf, sie ist kontraindiziert. Ggs. Indikation Universal-Lexikon, S. 1131, Band 3, 1982 127 Epiphyse, die (griech.), in der Anatomie:1) überknorpeltes Gelenkende eines Röhrenknochens. – 2) Zirbeldrüse (Glandulapinealis), eine unpaarige Ausstülpung des Zwischenhirns 0,15 bis 0,30 g; Funktion nicht abgeklärt Gehirn Universal-Lexikon, S. 546, Band 2, 1982 128 endokrine Drüsen (griech.) Drüsen mit sog. innerer Sekretion, d. h. der Sekretionsprodukte (Hormone)) an das Blut; z. B. Nebenniere, Schilddrüse, Inselzellen u. Hypophyse, Endokrinologie, Lehre von der inneren Sekretion, von Bau, Leistung u. Krankheiten der endokrinen Drüsen. Universal-Lexikon, S. 533, Band 2, 1982 129 Gynäkologie (griech.), med. Fachgebiet für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe Universal-Lexikon, S. 847, Band 2, 1982 128