13_Gamm_Kalkül_des_Schwebens Band: Fiktion und

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Band: Fiktion und Imaginäres in Kultur und Gesellschaft – Hg. B. Wirkus
Gerhard Gamm / Über Menschen und Maschinen – Gibt es ein Kalkül des Schwebens?
Zu Fichte, …
(S.123) … Auf der zweiten Ebene geht es um die elementare Operation unseres Denkens und
Sprechens, um die Als-Struktur, also darum, etwas als etwas zu identifizieren, x als y, das Symbol
als Kennzeichen einer Sache aufzufassen, allgemeiner: etwas als Bestimmung von etwas anderem
auszusagen.
Fichte zufolge ist es für das Verständnis dieser elementaren logischen Form unseres Denkens
unerlässlich, auf die (produktive) Einbildungskraft zu rekurrieren; sie ist eine (die) transzendentale
Bedingung unseres theoretischen Selbst- und Weltbezuges.
Vergl. dazu „Kunst als …“, „Performance als …“, „Bild als …“ als Kurzdefinitionsversuche
im Zentrum der Gedächtnistheater (Studien).
(S.125) Anders als bei Kant, für den eine Welt unter einer durch Kategorien und
Anschauungsformen fest gefügten Erkenntnisordnung nicht fraglich ist, greift die Einbildungskraft
bei Fichte in den Erkenntnisprozeß ein - …
(S.125) Das heißt, die Einbildungskraft löst oder entbindet die Reflexivität von einer starren
Rekursivität, sie überhebt die Reflexivität der Notwendigkeit, ständig nur rekursiv bestimmt auf die
entsprechenden Sachverhalte zurückkommen zu können.
Sie verkörpert in ihrem Schweben das Ungesättigtsein jeder Bestimmung, jedes Begriffs oder
Zeichens bzw. die Freiheits- und Handlungsspielräume der Subjektivität auf der Stufe des
theoretischen Weltbezugs.
(S.126) Kurz, …. Es ist nicht zu sehen, wie die algorithmische Informationsverarbeitung das
Schweben der Einbildungskraft, die radikale Ortlosigkeit dieses beweglichen Mediums in ihre Codes
transkribieren können sollte.
Für die mit der produktiven Einbildungskraft bezeichnete Tätigkeit haben die Maschinen keine
Stelle, sie können sie nicht codieren, weil ihr Operationsmodus der Wechsel selbst ist, eben
Jenes Zwischen einer schwebenden Mitte.
Vergl. dazu Jullien
Vergl. „schwimmen im WIE“ und „schwimmen im WAS“
(S.126) Die Einbildungskraft kann sich mühelos in dem bewegen, was für den Verstand bzw. die
Vernunft sogleich zu einer paradoxen Form gerinnt. >Die Einbildungskraft setzt überhaupt keine
feste Grenze; denn sie hat selbst keinen festen Standpunct; nur die Vernunft setzt etwas festes,
dadurch, dass sie erst selbst die Einbildungskraft fixiert<. (Fichte)
Für das Schweben der Einbildungskraft weiß man kein informationstheoretisches Äquivalent
anzugeben.
schweben, gerinnen, …
(S.126) Die Maxime lautet also nicht – wie bei N. Luhmann zum Beispiel – Entparadoxierung
(durch Invisibilisierung oder Verteilung der Lasten des blinden Flecks auf mehrere Beobachter, in
der Hoffnung, dass sie sich wechselseitig auf ihre blinden Flecke aufmerksam machen und dadurch
in der Lage sind, zu lernen oder das Problem insgesamt auf die Zeitachse zu verschieben), sondern
Schweben zwischen Bestimmung und Bestimmungslosigkeit, Spontaneität und Rezeptivität,
Besonderem und Allgemeinem, ohne durch die Paradoxie gehemmt oder blockiert zu werden.
Worauf Fichte mit dem Schweben der produktiven Einbildungskraft abzielt, ist also gar nicht so
verschieden von dem, was Platon im Sinn hatte, als er diese Operation auf den Namen Idee taufte.
(S.128) … was Fichte mit seiner Metapher des Schwebens andeutet: … eine signifikante Leere, auf
einen Chiasmus oder eine >Entität< bezogen zu sein, die weder gegenständlich codierbar noch
über diskrete Operationen skalierbar ist.
(S.128) Zu der ins Medium der Einbildungskraft eingebetteten menschlichen Rückbezüglichkeit
gehören weitere Bestimmungen, die an dieser Stelle nur summarisch genannt werden können. So
ist beispielsweise der Bezug auf leibliche und affektive Zusammenhänge für das Verständnis der
Einbildungskraft ebenso konstitutiv wie die ihr – anders als der Vernunft – eingeschriebene zeitliche
Struktur.
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