10. Fragebogen (Johannes Hauber, IG Metall)

Werbung
UE/GN/MSC
M 13
Kurzprotokoll
Sitzung der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Eisenbahnindustrie
Brüssel, 4. März 2015
Ort
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss, rue Belliard 99, 1040 Brüssel
Teilnehmer: siehe Anhang
Entschuldigt: Peter Scherrer (IG Metall), Daniel Dreger (FTM-CGT), Christian Garnier (FTM-CGT)
1. Übernahme von Ansaldo durch Hitachi (Carlo Anelli FIM-CISL)
-
-
-
-
-
Ansaldo ist nach deutlichen Verlusten in den letzten Jahren auf dem Weg der Erholung.
Obwohl das Unternehmen jetzt wieder profitabel ist, benötigte Ansaldo einen Partner, um
sich besser auf dem globalen Markt zu etablieren.
Darüber hinaus hat die Muttergesellschaft Finmeccanica gerade erst eine schwierige
Situation hinter sich, während die Lage in Italien auch nicht rosig ist.
Profile der neuen Partner ergänzen einander.
o Ansaldo: alle Arten von Zügen, Europa
o Hitachi: Signaltechnik, Asien
Da die Übernahme erst vor kurzem angekündigt wurde, gibt es bisher noch keine
Informationen über das industrielle Konzept. Wir glauben jedoch, dass der Erwerb von
Ansaldo für Hitachi mehr eine strategische Entscheidung war, die Verwertungsabsicht stand
dabei im Hintergrund.
Der Name Ansaldo könnte der neuen Bezeichnung „Hitachi Transport“ weichen. Der Sitz des
neuen Unternehmens, des weltweit viertgrößten Eisenbahnkonzerns, wird in London sein.
Hitachi hat mehrere Unternehmen in Italien (4) und in Großbritannien (3). Vor kurzem
wurde ein ehemaliges Bombardier-Werk in Durham (750 Beschäftigte) wieder in Betrieb
genommen.
Die Zukunft des Ansaldo-Werks in Palermo ist höchst ungewiss: Es ist nicht Teil der
Transaktion und wird sich neu aufstellen müssen.
Die anderen, gut strukturierten italienischen Werke wird Hitachi wahrscheinlich
weiterführen.
IndustriAll Europe wird bei der Herstellung von Kontakten zwischen Großbritannien und
Italien behilflich sein. Unite ist in Hitachi UK die einzige anerkannte Arbeitnehmervertretung
und Kollege Tony Murphy ist auf nationaler Ebene für die Eisenbahnbranche zuständig.
International Trade Union House (ITUH) – Boulevard du Roi Albert II 5 (bte 10) – B-1210 Brüssel
Tel.: +32 (0)2/226 00 50 [email protected] www.industriall-europe.eu
1
2. Österreich (Georg Grundei, GPA-djp)
-
Der ÖGB hat einen Eisenbahnausschuss eingerichtet.
Der Sektor floriert in Österreich dank der Konzentration auf neue Technologien und des
Bestrebens, hohe Standards einzuhalten.
Die Voestalpine ist mit weltweit rund 5000 Beschäftigten (800 davon in Österreich) das
größte österreichische Unternehmen.
Bislang gab es noch keine Standortverlagerungen im mitteleuropäischen Raum, die
Bedrohung ist jedoch immer präsent.
Verstärkter russischer Wettbewerb (bei Gleisen)
Siemens Mobility beschäftigt 2500 Mitarbeiter und ist mit zunehmendem Druck aus Asien
konfrontiert.
Bombardier hat den Auftrag für U-Bahn-Züge in Wien erhalten und mit Aufträgen für
präventive Instandhaltung (zur Reduzierung der korrektiven Instandsetzungsarbeiten)
begonnen. Die Instandhaltung ist für Bombardier kein Costcenter mehr, sondern ein
Profitcenter.
3. Frankreich (Pascal Lussiez, FGMM-CFDT)
-
-
-
-
Wichtige Projekte sind das neue U-Bahn-Netz um Paris und die Verbindung zwischen dem
Flughafen Charles-de-Gaulle und dem Stadtzentrum.
Die SNCF plant eine Gleissanierung und die Schaffung einer neuen Unternehmenseinheit:
Fer de France. Dies kann sich auf das neue Rollmaterial bzw. den Einsatz der neuen
Generation von Hochgeschwindigkeitszügen auswirken.
In Frankreich wird die Zahl der Regionen (Départements) deutlich reduziert. Da der Großteil
der Zugbestellungen auf regionaler Ebene erfolgt, könnte sich dies in Zukunft negativ
auswirken.
60 % des Geschäfts französischer Eisenbahnunternehmen sind exportorientiert.
Wenn keine neuen Aufträge einlangen (TGV, S-Bahn im Großraum Paris, neue U-Bahn-Züge,
U-Bahn-Netz um Paris), sind in naher Zukunft aufgrund des Aktivitätsrückgangs über 10 000
Arbeitsplätze in Gefahr.
Bombardier:
o Zur Erhöhung des Cashflows kürzt Bombardier Investitionen und Stellen
(hauptsächlich indirekte Arbeitskräfte). Auf der anderen Seite werden neue
Produktionsstandorte in Indien, Marokko und Australien errichtet.
o Bombardier Crespin (1600 Beschäftigte) hat einige Mitarbeiter aus dem BrüggeWerk übernommen, das aufgrund fehlender Aufträge vorübergehend geschlossen
wurde. Den Arbeitnehmern wurde eine vorübergehende Beschäftigung außerhalb
des Unternehmens, unter anderem in Crespin, angeboten. Wenn Brügge den M7Auftrag für einen neuen Doppelstockzug für die belgische Eisenbahn nicht erhält,
wird das Werk vermutlich geschlossen.
o Crespin, wo bislang nur für den französischen Markt produziert wurde, bemüht sich
jetzt, noch ohne konkrete Erfolge, um Exportaufträge.
o Bombardier versucht als Reaktion auf den Auftragsrückgang auch, die Aktivität über
längere Zeiträume aufzuteilen.
International Trade Union House (ITUH) – Boulevard du Roi Albert II 5 (bte 10) – B-1210 Brüssel
Tel.: +32 (0)2/226 00 50 [email protected] www.industriall-europe.eu
2
-
Alstom:
o Bei Alstom Belfort wurde die Hälfte der Arbeitnehmer (300) entlassen.
o Das Werk in La Rochelle ist gefährdet, da das Projekt für den neuen TGV auf
unbestimmte Zeit verschoben wurde und neue Investitionen auf Eis gelegt wurden.
o Petit-Forest (Valenciennes) ist das einzig gut laufende Werk. Es ist neben Alstom
Charleroi in das M7-Projekt eingebunden.
o Da kaum Aufträge von der SNCF eingehen und die finanzielle Situation von Alstom
nicht sehr vielversprechend ist, sind weitere Umstrukturierungen in den
6 französischen Werken wahrscheinlich.
o Der Buy-out der Energiesparte hat Alstom 7 Mrd. € an Barmitteln eingebracht. Die
Verwendung dieser Mittel ist noch nicht klar. Alstom wird wahrscheinlich die globale
Präsenz ausbauen und Unternehmen in Südamerika, Südafrika und Asien
gründen/übernehmen.
4. Alstom Italien (Enrico Barbanti, FIOM CGIL)
-
-
Die Situation des Alstom-Werks in Mailand ist mehr oder weniger mit der von Belfort
vergleichbar. Bisher wurden zwar noch keine Umstrukturierungen angekündigt, es wird
jedoch damit gerechnet.
Wirtschaftliche Auswirkungen der Übernahme der Energiesparte von Alstom durch GE
(60 000 von insgesamt 90 000 Arbeitsplätzen wurden abgebaut):
o Übernahme der Signaltechniksparte von GE durch Alstom
o Alstom ist in Zukunft vollständig von den Verkehrsaktivitäten abhängig.
o Die Zukunft der Eisenbahnaktivitäten bei Alstom sieht nicht sehr positiv aus. Der
Markt für Hochgeschwindigkeitszüge ist ziemlich flau, da es keine Finanzierung für
die entsprechende neue Infrastruktur gibt.
o Die Aussichten für andere Marktsegmente (U-Bahn-Züge, Regionalzüge,
Straßenbahnen) sind gut, der Wettbewerb auf diesen Märkten jedoch viel stärker.
o In den nächsten Monaten werden Sozialpläne umgesetzt, Belfort macht den Anfang.
5. Gemeinsames Unternehmen Shift2Rail (Alexandra Gurau, Europäische
Kommission, GD Forschung und Innovation)
Siehe Präsentation im Anhang.
Das letzten Monat offiziell ins Leben gerufene Gemeinsame Unternehmen Shift2Rail (offizielle
Genehmigung durch den Rat am 10.02.) soll als Kooperationsplattform für den Bahnsektor (zu
den Gründungsmitgliedern zählen auch Siemens, Bombardier, Ansaldo und Alstom) dienen, um
in den nächsten Jahren die Innovation anzukurbeln. Das Budget in Höhe von 920 Mio. €
ermöglicht eine ausreichende Hebelwirkung, um den Schienenverkehr zu fördern und neue
Arbeitsplätze in Europa zu schaffen.
In der Fragerunde wurden folgende Themen diskutiert:
- Erforderliche Investitionen in die Infrastruktur: Shift2Rail wird keine Investitionen in die
Schieneninfrastruktur finanzieren, da solche Investitionen in den Anwendungsbereich von
„Connecting Europe“ fallen.
- Shift2Rail ist als Gemeinsames Unternehmen eine unabhängige Agentur. Die Teilnehmer
haben auf einer gewerkschaftlichen Vertretung in den Leitungsgremien bestanden.
International Trade Union House (ITUH) – Boulevard du Roi Albert II 5 (bte 10) – B-1210 Brüssel
Tel.: +32 (0)2/226 00 50 [email protected] www.industriall-europe.eu
3
-
Tätigkeitsschwerpunkt sind Demonstrationsprojekte, um die Markteinführung neuer
Technologien zu gewährleisten.
Shift2Rail ist ein Technologieprojekt, das im Alleingang keine Verlagerung zu anderen
Verkehrsträgern bewerkstelligen kann. Dazu sind politische Maßnahmen erforderlich.
Es ist noch zu klären, inwieweit die geistigen Eigentumsrechte an den von Shift2Rail
finanzierten Projekten geteilt werden müssen.
Ebenfalls offen ist noch, in welchem Ausmaß Wettbewerber bereit sind, Informationen über
ihre FuE- bzw. Innovationsarbeit zu teilen. Sie haben sich jedoch verpflichtet,
zusammenzuarbeiten, und sie erhalten auch recht hohe Summen an öffentlichen Geldern
zur Unterstützung dieser Kooperation.
6. Spanien (Alvaro Garrido, Andres Mateos)
-
-
-
-
Die spanische Fertigung ist auf die Außenmärkte ausgerichtet. Zur Bewältigung der
Herausforderungen durch den Wettbewerb wurden von der vorherigen Regierung
dreigliedrige Beobachtungsstellen für Arbeitsbeziehungen eingerichtet, mit denen positive
Erfahrungen gemacht wurden. Die Mitte-rechts-Regierung hat jetzt jedoch beschlossen, sie
wieder abzuschaffen.
Das spanische Eisenbahnsystem ist immer noch sehr kompliziert: verschiedene
Eisenbahnsysteme, unterschiedliche Spurweiten, zahlreiche unrentable Strecken, viele
Probleme im Zusammenhang mit der Regelung des Eisenbahnwesens, keine Kommunikation
zwischen Hochgeschwindigkeitsstrecken und anderen Teilen des Schienennetzes, nichtelektrifizierte Strecken, alte Signalsysteme, regionale Organisation des Netzes ohne
entsprechende Verbindungen zwischen diesen Regionen. Es ist klar, dass dringend neue
Investitionen (80 Mio. €) benötigt werden, es fehlt jedoch das Geld.
Alstom Spanien kämpft mit ähnlichen Problemen wie in anderen Ländern. Die Werke sind
aufgrund von Auftragsmangel nicht ausgelastet. Dies hatte den Abbau von 400 Arbeitsplätzen zur Folge.
Im Instandhaltungssektor herrscht scharfer Wettbewerb und branchenfremde Unternehmen
ohne entsprechende Erfahrung drängen vermehrt in den Sektor.
7. Großbritannien (Ken Usher)
-
-
-
Weiter Sorgen über die Zukunft von Alstom Transport nach dem Verkauf der Energiesparte
an General Electric.
Der EBR hat eine offizielle Beschwerde gegen Alstom wegen der Nichteinhaltung der
Bestimmungen über Fusionen in der EBR-Vereinbarung eingebracht.
Alstom verfügt in Großbritannien über keine Produktionsstätte (nur Reparatur- und
Überholungsarbeiten). Die Chancen stehen jedoch sehr gut, dass das Angebot für das
Großprojekt HS2 (52 Mrd. £) Erfolg haben wird. In diesem Fall wird im Raum Birmingham ein
neues Werk errichtet.
Die Vereinbarung mit General Electric (Alstom übernimmt die Signaltechniksparte von
General Electric) könnte im Rahmen des Joint Venture zwischen Alstom und Balfour Beatty
im Bereich der Signaltechnik neue Arbeitsplätze schaffen.
Der gewonnene „London Crossrail“-Auftrag hat das Bombardier-Werk eine Weile über
Wasser gehalten, nach dem Ende des Auftrags für die Londoner U-Bahn ist jedoch mit einer
neuerlichen Durststrecke zu rechnen.
International Trade Union House (ITUH) – Boulevard du Roi Albert II 5 (bte 10) – B-1210 Brüssel
Tel.: +32 (0)2/226 00 50 [email protected] www.industriall-europe.eu
4
-
Es gibt Gerüchte, dass Voith Industrial Services (führt Auftragsarbeit für Alstom durch) die
Bahnsparte verkaufen will.
Die Modernisierung der britischen Signaltechnikzentren ist bald abgeschlossen.
Eisenbahnprivatisierung in Großbritannien hatte zahlreiche negative Auswirkungen:
Privatisierung der Gewinne, Sozialisierung der Verluste. Trotz der erwiesenermaßen viel
höheren Effizienz öffentlicher Eisenbahnen geht die Privatisierung (trotz großer öffentlicher
Unterstützung für staatliche Eisenbahnverkehrsleistungen) weiter. Die Regierung hat jetzt
ihren 40-%-Anteil am Eurostar verkauft, womit der öffentliche Verkehr in Großbritannien
endgültig Geschichte ist.
8. Deutschland (Johannes Hauber, IG Metall)
-
Der Eisenbahnsektor beschäftigt 50 000 Mitarbeiter.
Steigender Umsatz der Deutschen Bahn
Der Eisenbahnausschuss der IG Metall tritt dreimal jährlich zusammen und bringt 50
Unternehmen zusammen.
Dieses Jahr wurde eine Konferenz organisiert, um die deutsche Regierung zu zwingen, sich
mehr auf den Eisenbahnsektor zu konzentrieren.
Die Bahnsparte von Siemens beschäftigt 11 400 Mitarbeiter und das Geschäft läuft gut.
Siemens hatte Werke in Nürnberg, Krefeld, Berlin, Braunschweig und München.
Alstom ist mit Standorten in Salzgitter und Braunschweig vertreten. In Ostdeutschland sind
noch Instandhaltungsaktivitäten angesiedelt.
Bombardier beschäftigt 8500 Mitarbeiter, hat die Belegschaft in den letzten beiden Jahren
jedoch um 1500 Arbeitnehmer reduziert. Diese Umstrukturierung hat jedoch noch keine
Erfolge gezeigt.
9. TTIP (Johannes Hauber, IG Metall)
Siehe Präsentation im Anhang.
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA ist zwar immer noch in der
Entwurfsphase, muss jedoch aufgrund der nachteiligen Auswirkungen auf Arbeitnehmerrechte,
Demokratie und öffentliche Dienstleistungen abgelehnt werden. Es schafft Sonderrechte für
ausländische Investoren und hat weitere Privatisierungen zur Folge. Augenfällig ist darüber
hinaus die mangelnde Transparenz.
Bisher haben sich die europäischen Gewerkschaftsverbände – im Gegensatz zu den nationalen
Gewerkschaften wie zum Beispiel IG Metall – noch nicht dazu entschieden, den „Stop TTIP“Kampagnen beizutreten, weil sie die Gesprächsbasis mit der Kommission aufrechterhalten
wollen, um eine direkte Einflussnahme auf die laufenden Verhandlungen sicherzustellen und das
Schlimmste zu vermeiden.
In Deutschland und Österreich ist der öffentliche Unmut über dieses Handelsabkommen zwar
sehr groß, in Frankreich Italien oder Spanien gibt es hingegen keine echte öffentliche Debatte
darüber.
10. Fragebogen (Johannes Hauber, IG Metall)
Johannes Hauber (IG Metall) stellt eine Kurzfassung vor. Einige Änderungen wurden
vorgenommen. Die neue Fassung wird auf Französisch und Englisch übersetzt und ausgesendet.
International Trade Union House (ITUH) – Boulevard du Roi Albert II 5 (bte 10) – B-1210 Brüssel
Tel.: +32 (0)2/226 00 50 [email protected] www.industriall-europe.eu
5
11. Sonstiges
Der von Ken Usher (RMT, GB) erstellte Entwurf für ein Papier über die Privatisierung des
öffentlichen Verkehrs im Vereinigten Königreich wird auf der nächsten Sitzung diskutiert.
International Trade Union House (ITUH) – Boulevard du Roi Albert II 5 (bte 10) – B-1210 Brüssel
Tel.: +32 (0)2/226 00 50 [email protected] www.industriall-europe.eu
6
Herunterladen