Der eingebildete Kranke Es gibt eine berühmte Komödie von Moliere „Le malade imaginaire“, der eingebildete Kranke. „Ich habe ein komisches Kribbeln im Bauch, ehrenwort, ich bilde mir das nicht ein“ „Ich bin doch kein Simulant“. Solche und ähnliche Sätze begegnen mir oft in der Sprechstunde. Gibt es eingebildete Krankheiten? Wo liegt der Unterschied zur Simulation? Simulation heisst eine Wahrnehmung vortäuschen, die man nicht hat. Aus meiner Erfahrung ist das recht selten und betrifft meist Rentenbegehren. Es gibt kaum etwas, womit wir unsere Patienten mehr verletzen können als mit der Behauptung: „Sie simulieren ja nur“. Ganz anders steht es mit der echten Wahrnehmung. Wir nehmen ständig Signale aus unserem Körper wahr. Die meisten sind völlig normal. Manchmal spüren wir auch etwas, das uns beunruhigt, das wir schwer einordnen können. Wahrnehmung entsteht immer im Kopf, wobei nur ein ganz kleiner Teil der Nervensignale schliesslich bewusst wahrgenommen wird. Es ist deshalb nur logisch: Wahrnehmung ist immer subjektiv. Nur ich selber kann wahrnehmen, niemand kann das für mich tun. Es kann und darf deshalb niemand meine Wahrnehmung in Zweifel ziehen! Dass Wahrnehmung subjektiv ist heisst nicht, dass sie eingebildet ist. Wir spüren, was wir spüren. Basta. Natürlich kommt es vor, dass eine Krankheit unsere Wahrnehmung verändert. Schizophrene hören Stimmen oder vermuten Zusammenhänge, die in der Realität nicht existieren. Trotzdem: Was sie wahrnehmen ist für sie wahr, eine subjektive Realität. Ein Spezialfall sind die funktionellen (psychosomatischen) Krankheiten. Seelische Konflikte werden unbewusst in körperliche Symptome umgewandelt, werden zum Reizdarm, zum Magengeschwür etc. Auch in der Psychosomatik gilt: Was wir wahrnehmen ist wahr. Stehen wir zu unserer Wahrnehmung! Dr. med. Martin Jost, www.drjost.ch