WIPO Arbitration and Mediation Center ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS PwC Business Trust v. Nicole Kraemer Verfahren Nr. D2005-0481 1. Die Parteien Die Beschwerdeführerin (die “Beschwerdeführerin”) in diesem Verfahren ist PwC Business Trust, U.S.A., vertreten durch Assumpto Zorraquino, PriceWaterhouseCoopers, Spain. Die Beschwerdegegnerin (die “Beschwerdegegnerin”) in diesem Verfahren ist Nicole Kraemer, Deutschland. 2. Domain Name und Domainvergabestelle Die streitigen Domainnamen lauten <pwcespana.com> und <pwcglobal.net> (die “Domainnamen” bzw. der “Domainname”), registriert bei Schlund+Partner AG (die “Domainvergabestelle”), Deutschland. 3. Verfahrensablauf Am 3. Mai 2005, wurde per E-Mail beim World Intellectual Property Organization Arbitration and Mediation Center (das “Center”) eine Beschwerdeschrift (die “Beschwerde”) in englischer Sprache eingereicht. Am 9 Mai 2005, folgte diese auch in Papierform. Am 4. Mai 2005, bestätigte die Domainvergabestelle, dass die gegenständlichen Domainnamen bei ihr registriert seien und dass die Beschwerdegegnerin im aktuellen Verfahren deren Inhaberin sei. Am 17. Mai 2005, teilte das Center dem Beschwerdeführer mit, dass gemäss der Verfahrensordnung Paragraph 11 bei Fehlen einer abweichenden Parteivereinbarung oder einer abweichenden Regelung in der Registrierungsvereinbarung das Verfahren in der Sprache der Registrierungsvereinbarung durchgeführt werden muss, welche im vorliegenden Fall deutsch sei. Das Center setzte zur Einreichung einer deutschen Beschwerde eine Frist bis 22. Mai 2005 an. Die verbesserte Beschwerde in deutscher Sprache wurde dem Center am 20. Mai 2005, seite 1 elektronisch und 25. Mai 2005, in Papierform von der Beschwerdeführerin zugestellt. Dies geschah in Übereinstimmung mit der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (“ICANN”) vom 24. Oktober 1999 (die “Richtlinie”), den Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (die “Verfahrensordnung”), und den WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (die “Ergänzenden Verfahrensregeln”). Am 17. Mai 2005, schickte das Center der Beschwerdegegnerin die Mitteilung einer Beschwerde und der Einleitung des Beschwerdeverfahrens (die “Beschwerdemitteilung”) zu. Die Frist zur Einreichung einer Beschwerdeerwiderung wurde auf den 22. Mai 2005, festgesetzt, ohne dass sich diese innert Frist vernehmen liess. Nach Feststellung der Säumnis der Beschwerdegegnerin lud das Center den Unterzeichnenden ein, als Einzelpanelist in diesem Verfahren mitzuwirken und schickte ihm eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit, die ordnungsgemäss unterschrieben am 4. Juli 2005, zurückgesandt wurde. Das Center teilte den Parteien daraufhin gleichentags die Bestellung des Unterzeichnenden als Einzelpanelist mit. 4. Sachverhalt Die folgenden Fakten und Aussagen sind der Beschwerde sowie den mitgereichten Beilagen zu entnehmen. Die Beschwerdeführerin ist ein Delaware Business Trust, der 1998, ins Leben gerufen wurde. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin sämtlicher Rechte, Titel und Interessen an den Namen, Marken und weiteren Immaterialgüterrechten der PriceWaterhouseCoopers Organisation. Letztere verfügt über ihre Mitgliedergesellschaften, welche wiederum in der PriceWaterhouseCoopers Limited mit Sitz im Vereinigten Königreich (UK) zusammengefasst sind, in 144 Ländern und 769 Städten weltweit Niederlassungen. Die PwC-Gruppe, mit über 122’000 Mitarbeitern, gehört zu den vier grossen Anbietern im Bereich Wirtschaftsprüfung, Buchhaltung, Steuerberatung, Unternehmensberatung und Rechtsberatung. Die Beschwerdeführerin ist unter anderem Eigentümerin zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler Marken, unter welchen die PwC-Gruppenmitglieder ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten. Die Beschwerdeführerin lizenziert die besagten Rechte an die einzelnen Einheiten der Organisation. Unter den Marken befinden sich – unter zahlreichen weiteren – auch 33 Registrierungen für die Marke PWC als Wort/Bild- sowie als Wortmarke. Die Marke PWC ist im Wirtschaftsverkehr allgegenwärtig, so auch im Internet, z.B. unter den von der PwC-Gruppe betriebenen Websites <pwcglobal.com> und <pwc.com>. Die Beschwerdegegnerin ist eine natürliche Person. Unter der Bezeichnung PWC España, Member of Grupo PWC LTD, bietet sie – oder Drittpersonen – unter den Domainnamen Dienstleistungen im Bereich Steuerberatung, Unternehmensberatung und Finanzierung an. Die Domainnamen wurden von der Beschwerdegegnerin am 8. April 2004 bzw. am 29. September 2004, registriert. In Bezug auf den Domainnamen <pwcespana.com> wurde die Beschwerdegegnerin zweimal, am 15. September 2004 und am 30. September 2004, per E-Mail – die Postseite 2 und Briefzustellung war aufgrund falscher Angaben unmöglich – abgemahnt und aufgefordert, von der weiteren Verwendung des Domainnamens Abstand zu nehmen. Eine Reaktion blieb aus. 5. Parteivorbringen A. Die Beschwerdeführerin Die Beschwerdeführerin behauptet, dass die streitigen Domainnamen mit ihren Marken identisch oder zumindest verwechslungsfähig seien, ferner, dass die Beschwerdegegnerin keine Rechte bzw. kein berechtigtes Interesse hinsichtlich der Domainnamen habe, dass die Domainnamen bösgläubig registriert worden seien und bösgläubig genutzt werden. Deshalb seien die Domainnamen auf die Beschwerdeführerin zu übertragen. Auf die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin wird – soweit sie entscheidrelevant sind – in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen. B. Die Beschwerdegegnerin Die Beschwerdegegnerin wurde entsprechend Paragraph 2(a) der Verfahrensordnung über das gegenständliche Administrativverfahren in Kenntnis gesetzt. Eine Antwort ihrerseits blieb jedoch aus. Die Behauptungen der Beschwerdeführerin werden deshalb in Übereinstimmung mit der geltenden Praxis als unbestritten betrachtet (statt vieler Talk City, Inc. v. Michael Robertson, WIPO Verfahren No. D2000-0009). 6. Entscheidungsgründe Paragraph 4(a) der Richtlinie bestimmt, dass die Beschwerdeführerin kumulativ folgende Elemente nachzuweisen hat: (i) dass die Domainnamen mit einer Marke, aus welcher die Beschwerdeführerin Rechte herleitet, identisch oder verwechselbar ähnlich ist, (ii) dass die Beschwerdeführerin weder Rechte noch berechtigte Interessen an den Domainnamen hat und (iii) dass die Domainnamen bösgläubig registriert wurden und genutzt werden. a) Identischer oder verwechselbar ähnlicher Domainname Die Domainnamen lauten <pwcespana.com> und <pwcglobal.net>. In Bezug auf den ersten Domainnamen macht die Beschwerdeführerin lediglich verwechselbare Ähnlichkeit mit ihrer Marke PWC geltend. Hinsichtlich des Domainnamens <pwcglobal.net> hingegen behauptet sie auch Identität mit der faktischen Marke PWCGLOBAL. Ob allerdings die UDRP-Praxis eine von der Beschwerdeführerin behauptete breite Auslegung des Markenbegriffs, wie er von der Richtlinie verwendet wird, beinhaltet, und damit allenfalls auch die behauptete faktische Marke PWCGLOBAL mitumfassen würde, kann offen bleiben. Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, ist in Bezug auf beide Domainnamen eine verwechselbare Ähnlichkeit zur Marke der Beschwerdeführerin erstellt. seite 3 Es besteht mittlerweile eine gefestigte UDRP-Praxis, welche generischen oder nicht abhebungsfähigen Zusätzen bei einer vollständigen Übernahme einer Marke in einen Domainnamen die Fähigkeit, die Ähnlichkeit eines Domainnamens mit der respektiven Marke zu verhindern, abspricht (statt vieler, Microsoft Corporation v. S.L. Mediaweb, WIPO Verfahren No. D2003-0538). Die Rechtsprechung wurde auch spezifisch in Bezug auf die Kombination einer Marke mit einer geographischen Bezeichnung verfeinert. Demnach reicht auch ein solcher Zusatz nicht aus, um eine verwechselbare Ähnlichkeit zu verhindern, sondern fördert ganz im Gegenteil den Eindruck, es handle sich um den entsprechenden Ableger des Markeninhabers in geographischer Hinsicht (statt vieler, Wal-Mart Stores Inc. v. Walmarket Canada, WIPO Verfahren No. D20000150). Dieser Praxis ist ohne Weiteres auch in Bezug auf <pwcespana.com> zu folgen. Der Domain <pwcglobal.net> wird bereits von der allgemeinen Praxis zu generischen Zusätzen erfasst. Allerdings wurden in diesem Zusammenhang sogar bereits Fälle mit fast identischer Sachlage zugunsten des Markeninhabers entschieden. So auch in einem Fall einer Marke, die jeweils ebenfalls aus den ersten Buchstaben einer Firma zusammengesetzt und mit dem Zusatz “global” versehen war (Digital Channel Partners Ltd. v. Marlies Bilham, Bilham Soutions, WIPO Verfahren No. D2001-0632). Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass unter der Richtlinie auch eine gefestigte Praxis besteht, wonach der Zusatz von generic top level domains, wie z.B. .net oder .com, im Anschluss an eine im Domainnamen vollständig wiedergegebene Marke ebenfalls nicht ausreicht, um eine verwechselbare Ähnlichkeit des Domainnamens mit der entsprechenden Marke zu verhindern (statt vieler, Ruby’s Diner, Inc. v. Joseph W. Popow, WIPO Verfahren No. D2001-0868). Vor diesem Hintergrund ist für das Beschwerdepanel eine verwechselbare Ähnlichkeit des Domainnamens zur Marke der Beschwerdeführerin im Sinne von Paragraph 4(a)(i) der Richtlinie rechtsgenügend dargetan. b) Rechte oder berechtigtes Interesse am Domainnamen Gemäss Paragraph 4(c) der Richtlinie kann ein Beschwerdegegner seine Rechte und berechtigten Interessen am Domainnamen darlegen. Insbesondere – aber nicht abschliessend – folgende Umstände beweisen die Rechte bzw. berechtigten Interessen des Beschwerdegegners am Domainnamen, falls vom Beschwerdepanel nach Würdigung aller vorgelegten Beweismittel als nachgewiesen erachtet: (i) Der Beschwerdegegner hat den Domainnamen oder einen diesem entsprechenden Namen im Zusammenhang mit einem gutgläubigen Angebot von Waren und Dienstleistungen benutzt oder eine solche Benutzung nachweislich vorbereitet, bevor er eine Mitteilung über das Beschwerdeverfahren erhielt; (ii) Der Beschwerdegegner ist (als Einzelperson, Unternehmen oder andere Organisation) unter dem Domainnamen allgemein bekannt, auch wenn er kein Recht an einer Marke erworben hat; oder (iii) Der Beschwerdegegner nutzt den Domainnamen in rechtmässiger nichtgewerblicher oder sonst lauterer Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irreführender Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen. seite 4 Die Beschwerdeführerin legte glaubhaft dar, dass die Beschwerdegegnerin weder Lizenznehmerin noch anderweitig zur Benutzung der Marke PWC berechtigt worden war. Die Beschwerdegegnerin ihrerseits hat keine Gründe dargetan, welche berechtigtes Interesse an den Domainnamen im Sinne des Paragraphen 4(c) der Richtlinie aufzeigen könnten. Ganz im Gegenteil besteht aufgrund der Aktenlage der starke Verdacht seitens des Panels, dass die Domainnamen einzig registriert worden waren, um mit Hilfe des Einbezugs der bekannten Firma und Marke der Beschwerdeführerin in die Domainnamen Anwender auf die entsprechenden Websites zu locken. Selbst der Inhalt der Websites lässt darauf schliessen, dass es der Beschwerdegegnerin – oder den dahinter stehenden Drittpersonen – einzig darum ging, vom renommierten Namen der PwC-Gruppe zu profitieren, um ihre Dienstleistungen zu verkaufen. Im Lichte dieser Erwägungen kann kein Recht oder berechtigtes Interesse an den gegenständlichen Domainnamen ausgemacht werden. Demnach hat die Beschwerdeführerin auch die Anforderung von Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie erfüllt. c) Bösgläubige Anmeldung oder Nutzung des Domainnamens Paragraph 4(b) der Richtlinie fordert, dass der Domainname bösgläubig angemeldet wurde und genutzt wird, und nennt - nicht abschliessend - die folgenden vier Umstände, die, falls vom Beschwerdepanel festgestellt, Nachweis der bösgläubigen Registrierung und Nutzung beinhalten: (i) Umstände, die darauf hindeuten, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig deshalb erworben hat, um ihn dem Beschwerdeführer, der Inhaber der Marke ist, oder einem seiner Wettbewerber gegen Entgelt, welches seine nachweisbaren, mit dem Domainnamen unmittelbar in Verbindung stehenden Unkosten übersteigt, zu veräussern, zu vermieten oder auf andere Weise zu übertragen; (ii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen in der Absicht registriert, den Inhaber der Marke an deren Wiedergabe in einem seiner Marke entsprechenden Domainnamen zu hindern, sofern sein Verhalten einem entsprechenden Muster folgt; (iii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert, den Geschäftsbetrieb eines Wettbewerbers zu behindern, oder (iv) der Beschwerdegegner hat willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht versucht, durch die Benutzung des Domainnamens Internetbenutzer zu seiner Website oder zu einer anderen Online-Präsenz zu lenken, indem er eine Verwechslungsgefahr mit der Marke des Beschwerdeführers hinsichtlich Herkunft, Unterstützung, Zugehörigkeit oder Billigung seiner Website, seiner Online-Präsenz oder von auf seiner Website oder OnlinePräsenz angebotenen Produkten oder Dienstleistungen geschaffen hat. Die Beschwerdeführerin gehört – als Verwalterin u.a. sämtlicher Immaterialgüterrechte der PwC-Gruppe – zu den “Big Four” im Bereich Wirtschaftsprüfung sowie Unternehmens-, Steuer- und Rechtsberatung. Die Beschwerdegegnerin, welche unter den Domainnamen Dienstleistungen in diesen Bereichen anbot oder Dritten die Domainnamen zu diesem Zweck zur Verfügung stellte, musste vom Namen und den zahlreichen weltweit bekannten Marken der Beschwerdeführerin gewusst haben, zumal seite 5 die Beschwerdeführerin in der genannten Branche allgegenwärtig ist und bereits seit Jahren und weit vor Registrierung der gegenständlichen Domainnamen zahlreiche Websites unter Domainnamen betreibt, welche die Marke PWC beinhalten. Im Weiteren ist anhand der eingereichten Unterlagen nicht zu übersehen, dass sich die auf den Websites unter den Domainnamen angebotenen Dienstleistungen und das gesamte Erscheinungsbild der Websites ausserordentlich stark an die Auftritte der PwC-Gruppe in Präsentationen und im Internet anlehnen. Insbesondere die mitgereichten Auszüge aus den Websites, aber auch Fotos des Geschäftssitzes, lassen den Eindruck aufkommen, es handle sich dabei um eine dreiste Anmassung der gesamten „Corporate Appearance” der PwC-Gruppe, um von dessen Netzwerk und Ruf finanziell zu profitieren. Vor diesem Hintergrund besteht kein Zweifel, dass die Registrierung und Benutzung der Domainnamen willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht erfolgte, um durch Schaffung einer Verwechslungsgefahr mit der Marke der Beschwerdeführerin Internetbenutzer auf die Websites der Beschwerdegegnerin zu locken. Das Beschwerdepanel kommt daher zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen von Paragraph 4(a)(iii) der Richtlinie ebenfalls ausreichend bewiesen hat. 7. Entscheidung In Anbetracht der oben erwähnten Tatsachen und Umstände entscheidet der Einzelpanelist, dass die streitgegenständlichen Domainnamen mit der registrierten Marke der Beschwerdeführerin verwechselbar ähnlich sind, dass die Beschwerdegegnerin keine Rechte beziehungsweise kein berechtigtes Interesse hinsichtlich der Domainnamen hat und dass die Domainnamen bösgläubig registriert wurden und genutzt werden. Antragsgemäss wird dem Begehren der Beschwerdeführerin auf Übertragung der Domainnamen <pwcespana.com> und <pwcglobal.net> in diesem Verfahren nach der Richtlinie stattgegeben. ___________________________________ Bernhard F. Meyer-Hauser Einzelpanelist Datum:19 Juli 2005 seite 6