LWL -Jugendheim Tecklenburg Einrichtung für Mütter/ Väter und ihre Kinder Lotte Krümpelstr. 15 49504 Lotte Tel: 05404 / 917580 Fax: 05404 / 917 58 15 Email: [email protected] 1. Formale Beschreibung Als Erweiterung der Einrichtung für Mütter/ Väter und ihrer Kinder richtet sich das Angebot in Lotte an erwachsene schwangere Frauen/ Mütter oder Väter mit psychischen Erkrankungen und/ oder kognitiven Beeinträchtigungen, einhergehend mit der notwendigen sozialpsychiatrischen Unterstützung. Zielgruppe Aufnahmealter Platzzahl Erwachsene schwangere Frauen/ Mütter, ggf. Väter mit psychischen Erkrankungen und/ oder kognitiven Einschränkungen. Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis, depressive Störungen, bipolare Störungen, Angst- und Zwangserkrankungen, Essstörungen, Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen. Ausschlusskriterien: Akute Suizidalität, akuter Suchtmittelmissbrauch Ab dem 18. Lebensjahr (ggf. können auch minderjährige Mütter aufgenommen werden) 7 für Mütter mit je einem Kind Aufnahme von Geschwisterkindern möglich Personalschlüssel 1 : 1,5 für die Mütter/Väter 1 : 3 für die Kinder Qualifikation des Personals 1,00 Stelle: Dipl. Psychologin, kommissarische Gruppenleitung; Integrative Gestaltberaterin Systemische Familienberaterin, Elternkurstrainerin, Familientherapeutin i.A. 1,00 Stelle: Dipl. Pädagogin, Stellvertretende Gruppenleitung; 0,75 Stelle: Dipl. Pädagogin 0,38 Stelle: Dipl. Pädagogin; Systemische Familienberaterin 0,75 Stelle: Fachkinderkrankenschwester 1,00 Stelle: Dipl. Sozialpädagogin 1,00 Stelle: Dipl. Sozialpädagogin 0,50 Stelle: Dipl. Sozialpädagogin; Fachberaterin für psychosoziale Entwicklung und Management 0,38 Stelle: Dipl. Sozialpädagogin; Systemische Familienberaterin 0,50 Stelle: Erzieherin, staatl. anerkannte Heilpädagogin 0,50 Stelle: Hauswirtschaftskraft 144,03 € für die Mutter / den Vater 95,59 € für das Kind §§ 19, 34, 35, 35a, 41 SGB VIII §§53/ 54 SGB XII § 70 ff. FGG Hauswirtschaftskraft Pflegesatz Rechtsgrundlage 1.1 Theoretische Grundlagen/ Fundierung der Arbeit Kinder mit psychisch erkrankten Eltern befinden sich in einer besonderen risikobelasteten Lebenssituation. Zudem treten psychische Erkrankungen eines Elternteils oftmals in Kumulation und Wechselwirkung mit weiteren Risikofaktoren auf. Derartige Lebensumstände können zu einer Beeinträchtigung der seelischen und körperlichen Gesundheit des Kindes führen und zu einer Gefährdung der Bindungs- und Beziehungsfähigkeiten von Geburt an. In der aktuellen Bindungsforschung belegt ist der Zusammenhang zwischen einer sicheren Bindungsorganisation im Sinne eines Schutzfaktors auf die gesunde Gesamtentwicklung des Kindes. Dem gegenüber sind durch längsschnittliche Studien Zusammenhänge zwischen Formen unsicherer Bindungsorganisation und späteren Verhaltensauffälligkeiten bzw. Störungsbildern im Kindes- und Jugendalter nachgewiesen. Auszugehen ist außerdem von einer generationenübergreifenden Weitergabe von Bindungsstilen. Schließlich zeigen verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen der Bindungsforschung einen statistisch signifikanten ursächlichen Zusammenhang zwischen Störungen des Bindungsverhaltens und der Ausbildung psychischer Erkrankungen. Ohne die stetig wachsenden wissenschaftlichen Erkenntnisse der Neurobiologie im Kontext mit psychischen Erkrankungen zu vernachlässigen, gewährt der bindungstheoretische Ansatz konkrete Implikationen für präventive Maßnahmen (bzw. therapeutische Interventionen) im Hinblick auf die frühe Eltern-Kind-Interaktion und damit auf die Sicherung des Kindeswohls. 2 Insgesamt sehen wir unsere Aufgabe darin, in fachlicher Qualität zu einer Aussage zu gelangen, ob bei der psychisch erkrankten Mutter und ihrem Kind ausreichende Ressourcen für eine gemeinsame Perspektive vorhanden sind bzw. wie diese sich entwickeln und stärken lassen. 1.2 So leben wir Die Einrichtung liegt am Ortsrand von (Alt-) Lotte innerhalb einer verkehrsberuhigten Zone und ist von großzügig gestalteten Grünanlagen umgeben. Lotte verfügt über eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur und bietet Familien vielfältige Freizeitangebote. Alle alltagsbezogenen, infrastrukturellen Versorgungseinrichtungen liegen ebenso wie Kindergärten und Schulen in unmittelbarer Nähe der Einrichtung. Über den öffentlichen Nahverkehr sind alle weiteren Kooperationspartner in Osnabrück, Ibbenbüren und Lengerich gut zu erreichen. Die Räumlichkeiten der Einrichtung bieten insgesamt sieben Müttern/ Vätern mit ihren Kindern Wohnraum. Zur Verfügung stehen sechs Einzelwohnungen mit jeweils fünf Zimmern, Küche, Bad und einem Einzel-WC. Die beiden Wohnungen im Erdgeschoss werden zum einen als Büro-, Besprechungs- und Gemeinschaftsräume genutzt, stehen zum anderen für die Betreuung der Kinder zur Verfügung. Die weiteren vier Wohnungen werden jeweils von zwei Müttern mit ihren Kindern bewohnt. Bei entsprechender Anfrage kann eine Wohnung auch einer mehrköpfigen Familie zur Verfügung gestellt werden. 1.3 Das macht uns aus Die Sicherung des Kindeswohls hat oberste Priorität. Wir bieten über 24 Stunden eine „Rundum-die-Uhr-Betreuung“. Zudem gewährleisten die Mitarbeiterinnen eine engmaschige Begleitung und Kontrollen nach einem Phasenmodell. Dieses bietet Orientierung mit dem Ziel zunehmender Verselbständigung, sofern die grundsätzliche und entwicklungsgerechte Versorgung des Kindes durch die Mutter gewährleistet ist. Das Phasenmodell ist insbesondere für die Versorgung neugeborener Kinder entwickelt worden und kann je nach Alter des Kindes und je nach Selbständigkeit der Mutter individuell angepasst werden. Unangekündigte Kontrollen in den Wohnungen sind den Mitarbeiterinnen unabhängig von dem Phasenmodell stets vorbehalten. 3 Neben der Grundversorgung des Kindes - Ernährung, Pflege, Hygiene, entwicklungsbedingte Förderung – liegt ein besonderes Augenmerk auf der Sensibilisierung der Mutter für eigene Belastungsgrenzen, um zu vermeiden, dass sich das Überforderungserleben in unangemessenen bis gefährdenden Verhaltensweisen gegenüber dem Kind niederschlägt. Gleichzeitig stellen das Erkennen und angemessene Umgangsformen mit Belastungssituationen wesentliche Faktoren für die psychische Stabilität der Mutter dar. Um diese Sensibilisierung zu erreichen ist eine hohe Präsenz und Aufmerksamkeit der Mitarbeiterinnen erforderlich mit dem Ziel, Sicherheit zu vermitteln bzw. kurzfristig und schnell Entlastung schaffen zu können. Zusätzlich setzt dies eine Grundhaltung voraus, die das Eingestehen von Überforderung und das Annehmen von Unterstützung als Verantwortlichkeit gegenüber dem Kind und sich selbst wertet. Besonders gewichtet wird die Förderung der frühen Eltern-Kind-Beziehung und der Bindungsorganisation unter Berücksichtigung der speziellen Anforderungen des Säuglings- und Kleinkindalters. Dies geschieht neben der Begleitung und Anleitung im Alltag in Form entwicklungspsychologischer Beratung durch eine Psychologin mit Hilfe von Videointeraktionsanalysen. Eine ressourcen- und lösungsorientierte Vorgehensweise wird dabei favorisiert. In der Regel liegt bei Aufnahme eine psychiatrische Diagnose der Mutter vor. Weitere diagnostische Methoden helfen, die jeweiligen Schutz- und Risikofaktoren der Mutter-KindBeziehung genau zu betrachten, um in Folge ein individuell angepasstes Unterstützungsangebot und handlungsleitende Ziele formulieren zu können. Die Einrichtung verfügt über eine integrierte Kinderbetreuung. Das ausgebildete Fachpersonal sichert die körperliche, psychische und geistige Entwicklung des Kindes ggf. unter Einbeziehung medizinisch/ therapeutischer Abklärung und Hilfen, sichert und begleitet die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen. Die Kinder werden während der Abwesenheit der Mütter oder in kurzfristigen Krisensituationen durch das pädagogische Personal betreut. Zeigen sich Einschränkungen in der Interaktionsgestaltung zwischen Mutter und Kind, wird über die Kinderbetreuung gezielt Ausgleich geschaffen durch Förderangebote für das Kind als auch durch eine gezielte Anleitung von Mutter und Kind im Hinblick auf Beschäftigung, Spiel und Entwicklungsförderung. 4 Ebenso sind die Zeiten der Kinderbetreuung und – förderung neben dem internen Fachpersonal im Sinne des Normalitätsprinzips durch Kindergärten oder Tagesmütter etc. gesichert. Das Einbeziehen der wichtigsten Bezugspersonen und Familienangehörigen der Mutter stellt eine weitere Säule der Arbeit dar. Insbesondere die Kindesväter bzw. Lebenspartner der Frauen werden unterstützend in das gesamte Setting mit einbezogen, da eine gelingende Partnerschaft auch im Sinne des Kindeswohls als zentraler Schutzfaktor gilt. Der Partner/ Kindesvater wird, soweit die schwangere Frau / Mutter dies wünscht in Fragen der Versorgung, Pflege und Erziehung des Kindes mit einbezogen und kann bzgl. seiner elterlichen Kompetenzen ebenfalls Unterstützung erfahren. Die Struktur des Hauses sieht Besuchszeiten vor, ebenso Übernachtungsmöglichkeiten, die mit den Mitarbeiterinnen abzusprechen sind. Sollten sich hingegen Anzeichen physischer und psychischer Gewalt und/ oder sexueller Ausbeutung in der Partnerschaft oder gegenüber den Kindern abzeichnen, finden Mutter und Kind einen Schutzraum in der Einrichtung. Als grundlegende Voraussetzung für eine ergebnisorientierte sozialpädagogische Arbeitsbeziehung sehen wir eine akzeptierende und wertschätzende Haltung gegenüber den Bewohnerinnen, ihren Kindern und ihren Familien/ Angehörigen. Die Mitarbeiterinnen betrachten sich als Wegbegleiter für die persönlichen Entwicklungsprozesse; sie stehen verlässlich als Ansprechpartner, beratend und unterstützend zur Verfügung. Einfühlsamkeit, „Echtheit“ und Durchschaubarkeit in der Kommunikation wie im Handeln kennzeichnen die Kontaktgestaltung, ebenso wie die Bereitschaft (Notwendigkeit) klare Standpunkte zu beziehen, offensiv in die Auseinandersetzung zu gehen und Anforderungen zu stellen. Handlungsleitend sind dabei stets die im Hilfeplan festgeschriebenen Ziele. Wir arbeiten mit dem Bezugsbetreuersystem, d.h. die Bezugsbetreuerin ist für sämtliche organisatorischen wie persönlichen Belange der zu Betreuenden zuständig. Zudem halten wir es für erforderlich, dass neben der Bezugsbetreuerin für die Mutter eine weitere Mitarbeiterin die Bezugsbetreuung für das Kind übernimmt, um die Sicherheit zu erhöhen, dass die Belange des Kindes besonders im Blickfeld bleiben. 5 Alle aufgeführten Maßnahmen/ Interventionen dienen der Prävention und haben das Ziel, die psychische Stabilität der Mutter zu fördern, um zunächst den Alltagsanforderungen der Versorgung des Kindes gerecht zu werden. Unabdingbar ist dabei die Bereitschaft der Mutter, kooperativ mitzuwirken, um die Unterstützungsangebote auch nutzen zu können. Erst auf der Basis der psychischen Stabilität der Mutter und einer ausreichenden Versorgung des Kindes, können Perspektiven im Hinblick auf Bildungsgänge, Ausbildungs -, Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisse in Abhängigkeit von der individuellen Leistungsfähigkeit ins Auge gefasst werden. Es ist jeweils einzuschätzen, inwieweit und in welcher Form die Möglichkeiten für ein wirtschaftlich selbst bestimmtes Leben erhöht werden können. Im Weiteren gehört zur Prävention die Entwicklung einer zukünftigen Lebensperspektive für Mutter und Kind im Sinne eines weiteren Schutzfaktors. Prävention in der dargestellten Form kann nur gelingen auf der Grundlage interdisziplinärer Zusammenarbeit mit sozialpsychiatrischen Kooperationspartnern, Pädiatern und der Jugend- und Sozialhilfe. 1.4 Das sind wir Das Team setzt sich multiprofessionell aus Mitarbeiterinnen verschiedener Berufsfachrichtungen mit qualifizierten Weiterbildungen zusammen und umfasst 7,0 Stellen zuzüglich einer Stelle für den hauswirtschaftlichen Bereich. Aktuell sind in der Einrichtung eine Dipl. Psychologin, drei Dipl. Pädagoginnen, vier Dipl. Sozialpädagoginnen, eine Erzieherin/ Heilpädagogin, sowie eine Hauswirtschafterin mit unterschiedlichen Stellenanteilen beschäftigt. Der Betreuungsschlüssel liegt bei dem intensiv angelegten Angebot bei 1 : 1,5 für die Frauen und 1 : 3 für die Kinder. Die Mitarbeiterinnen arbeiten im Schichtdienst. Eine Rund-um-die-UhrBetreuung ist gewährleistet. 6 1.5 Das sind unsere Schwerpunkte Unser Angebot richtet sich an erwachsene Frauen/ Mütter und Väter mit psychischen Erkrankungen und / oder kognitiven Einschränkungen. Die Einrichtung steht in Kooperation mit der LWL-Klinik in Lengerich (psychiatrisches und neurologisches Fachkrankenhaus). Somit ist eine fachärztliche Beratung bzgl. medikamentöser Einstellungen der Klientinnen, Indikationsstellung im Hinblick auf Therapiebedarf, stationäre Krisenintervention und ggf. psychotherapeutischer Begleitung gewährleistet. Fallanalysen unter psychiatrischen Gesichtspunkten finden in regelmäßigen Abständen statt. Starke Belastungen der Mütter führen u. U. zu Überforderungssituationen, die „Auszeiten“ ohne das Kind notwendig machen können. Die Betreuung und Versorgung des Kindes wird in diesem Fall rund um die Uhr durch das pädagogische Personal gewährleistet. Wird die Mutter ohne Kind in einer psychiatrischen Klinik untergebracht, so kann das Kind kurzfristig (d.h. bis zu drei Tagen) über das pädagogische Personal betreut werden. Längerfristig wird das Kind in einer familiären Übergangspflege betreut, die für diesen Zeitraum eng mit der Einrichtung zusammen arbeitet. Manchmal bedingt die psychische Erkrankung der Mutter anhaltend große Belastungen und Überforderungen vielfältiger Art, so dass der Aufbau einer tragfähigen Beziehung kaum möglich erscheint. Die Trennung voneinander zeigt sich dann womöglich als beste Lösung für die weitere Entwicklung von Mutter und Kind. Bei Empfehlungen in diese Richtung sehen wir uns verpflichtet, der Mutter wie allen anderen beteiligten Personen in höchst möglichem Ausmaß transparent zu begegnen, um plötzliche Trennungssituationen, die schwer oder gar nicht nachvollzogen werden können, zu vermeiden. Ist eine solche Empfehlung absehbar, wird die Mutter rechtzeitig begleitet und beraten bei der Suche nach Perspektiven ohne Kind, über ihre Rechte und Möglichkeiten der Mitbestimmung aufgeklärt, unterstützt und beraten bezüglich der weiteren psychosozialen Versorgung. Da in der Arbeit mit Mutter und Kind immer die Sicherung des Kindeswohls besonders belegt sein muss, hat das Dokumentationswesen mittels Elektronischem Gruppenbuch eine besondere Bedeutung. Es erfolgt eine Tagesdokumentation bezogen auf jede Mutter. Gleiches gilt für die 7 Kinder und für die Gesamtgruppe. Einzelgespräche, Gespräche mit Angehörigen usw. werden ebenfalls dokumentiert. Die differenzierten Dokumentationsstrukturen ermöglichen jederzeit die Informationsweitergabe und die Beantwortung der leitenden Fragestellungen an das Jugendamt, z. B. im Rahmen von vereinbarter Mitteilungspflicht. 1.6 Das sollte man noch wissen Das Angebot für Mütter/ Väter und ihre Kinder des LWL-Jugendheims Tecklenburg umfasst insgesamt vier Einheiten mit verschiedenen Schwerpunkten und Betreuungsintensitäten: - Einrichtung für Mütter/ Väter und ihre Kinder in Ibbenbüren - Kleinsteinrichtung für Mütter/ Väter und ihre Kinder in Ibbenbüren - Einrichtung für Mütter/ Väter und ihre Kinder in Lotte - Kleinsteinrichtung für Mütter/ Väter und ihre Kinder in Lotte Diese Einheiten stehen in enger Kooperation miteinander, um eine passgenaue Vermittlung der Anfragen und eine maximal individuell angepasste Angebotsstruktur zu erreichen. 8