Finnland Info 510 14.1.10 Aus: Ramseier E., PISA 2006, Porträt des

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Finnland Info 510
14.1.10
Aus:
Ramseier E., PISA 2006, Porträt des Kantons Bern, , Forschungsgemeinschaft PISA Deutschschweiz/FL, Naturwissenschaften,
Mathematik, Lesen, S. 59
Internet:
http://www.erz.be.ch/site/biev_08_pisa_2006_-_portraet_des_kantons_bern-2.pdf
Leistungsunterschiede zwischen den Schultypen
Vor dem Hintergrund der verschiedenen kantonalen Oberstufenmodelle interessieren die Folgen, die eine
Einteilung in Schultypen nach sich zieht.
Die Ergebnisse zeigen mit einiger Variation zwischen den Fächern die selektionsbedingt zu erwartenden
Unterschiede zwischen den Schultypen: Im gymnasialen Unterricht werden durchschnittlich um gut 60 Punkte
bessere Leistungen erzielt als sonst an der Sekundarschule, die ihrerseits um gut 70 Punkte höhere Mittelwerte
aufweist als die Realschule.
Von homogenen Leistungsgruppen kann vor allem an den Realschulen nicht ernsthaft gesprochen werden, wie
die Verteilung der Schülerleistungen nach Schultyp (Abbildung 5.2) zeigt.
Man kann davon ausgehen, dass Schülerinnen und Schüler problemlos den anspruchsvolleren Schultyp besuchen könnten, wenn sie dort die Leistungen des untersten Viertels übertreffen würden.
Wenn man als Leistungsmass den Durchschnitt der Leistungen inMathematik, Naturwissenschaften und
Lesen verwendet, so könnten nach diesem Kriterium knapp 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler
erfolgreich statt einer Realschule eine Sekundarschule, bzw. statt letzterer den gymnasialen Unterricht
besuchen.
Damit besuchen im deutschsprachigen Teil des Kantons Bern etwa 2000 der knapp 10’000
Jugendlichen eines Jahrgangs Schulen mit einem tieferen Anspruchsniveau als sie aufgrund ihrer
Leistungsfähigkeit bewältigen könnten. Sie laufen Gefahr, schulisch unterfordert zu werden, sofern sie
nicht im Unterricht mit Fachniveaus oder individuell besonders gefördert werden. Ihnen drohen auch
schlechtere Aussichten bei der weiteren Bildungs-und Berufslaufbahn, sei es beim Übertritt in höhere
Schulen oder bei der Bewerbung für eine Lehrstelle.
Hervorhebung H. Joss
Anmerkung H.J.:
„20 % der Lernenden im Kanton Bern laufen Gefahr, schulisch unterfordert zu werden“.
Ein Sachverhalt, der dringend eine grundsätzliche Diskussion über die Angemessenheit der Selektion im Rahmen
der Volksschule verlangt.
Kann sich der Kanton solche fehlerhaften Zuweisungen leisten? Aus wirtschaftlichen und aus ethischen
Gründen?
Gravierend sind die negativen Selbstbilder, welche betroffene Lernende aufbauen. Diese negativen
Selbstzuschreibungen sind ausserordentlich löschungsresistent, sie können ein Leben lang wirksam bleiben.
Ich wiederhole mich: Am Beispiel der Erwachsenen, die Mühe haben mit Lesen und Schreiben, kann man dieses
Phänomen aufzeigen. Sie haben jegliche Hoffnung, jegliches Selbstvertrauen aufgegeben, an ihren sprachlichen
Kompetenzen zu arbeiten.
Schule bewirkt möglicherweise bei einem Teil der Lernenden einen ‚Abschaltvorgang‘. Wer oft genug negative
Rückmeldungen erhält, noch verbunden mit Beschämungen vor den Mitlernenden, schaltet ab, um sich vor
ständigen Misserfolgserlebnissen zu schützen.
So kann er ein einigermassen ausgeglichenes Selbstbild aufrecht erhalten, mit dem Preis einer völligen
Ausblendung des Themas Sprache.
Begegnet er als Erwachsener Situationen, die Merkmale von Schule aufweisen, fällt er sofort in die ursprüngliche
Abwehrhaltung zurück.
Finnland Info 510
Selektion: Wer übernimmt die Verantwortung für fehlerhafte Zuweisungen?
www.hansjoss.ch
Anders formuliert: die fehlerhafte Zuweisung ist eine Seite des Problems. Wesentlich gravierender sind die
psychischen Folgen, wenn Jugendliche resignieren und einen bestimmten Lernbereich abspalten und
ausblenden.
Noch anders formuliert: Die Oeffentlichkeit realisiert zu wenig, dass der selektive Uebergang psychische,
irreversible Störungen auslöst bei einem Teil der Jugendlichen, mit öffentlichen Geldern finanziert, zum Nachteil
der Gesellschaft. Unverantwortlich gegenüber Betroffenen.
Obschon die rund 70‘000 Erwachsenen im Kanton Bern, welche Mühe haben mit Lesen und Schreiben,
genügend Beweise liefern für die oben beschriebenen Traumatisierungen, wird das Thema Selektion im Moment
nicht diskutiert, dafür umso deutlicher tabuisiert.
Deshalb wird auch der Integrationsartikel 17 nicht näher auf dieses Thema eingehen. Es hätte zu weitreichende
Konsequenzen. Personell, finanziell und bildungspolitisch (Frühfranzösisch, Frühenglisch).
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Selektion: Wer übernimmt die Verantwortung für fehlerhafte Zuweisungen?
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