XV. Heidelberger Graduiertenkurse Physik (10-14 Oktober 2005) Energie und Umwelt im 21. Jahrhundert Dienstag 11.10 (Teil I) der Klimawandel: Grundlagen und Prognosen • Einführung: Wetter, Klima und Klimawandel • Beobachtungen des Klimas: in der Schweiz und in der Welt → das Klima ändert sich! • zum Verständnis der Ursachen: Energiehaushalt der Erde und das 0-dimensionale Modell des Treibhauseffektes die wichtigsten Treibhausgase: Wasserdampf, CO2 , CH4 (Methan) • Modelle zur Klimaentwicklung: Methodik, Simulationen und Unsicherheiten CO2 Gehalt der Atmosphäre und mittlere Temperaturen • Argumente der Skeptiker • das IPCC (International Panel on Climate Change) und das Kyoto Protokoll 1 “Wir sind nicht in der Lage, das Klima in den kommenden Jahren voraus zu sagen, wenn wir es nicht einmal schaffen, das Wetter der kommenden Tage präzise zu melden. Was fehlt sind langfristige Daten.” Prof. H. von Storch, Professor am Institut für Küstenforschung (Geesthacht und Uni Hamburg), Academia Engelberg 2004, ETH-life 12.10.2004 macht so eine Aussage Sinn? Wetter, Klima und Klimawandel Wetter: Zustand der Atmosphäre in einem Zeitintervall und einer Region. die wichtigsten Messgrössen: Luftdruck, Temperatur, Feuchtigkeit und Wind. Klima: die Gesamtheit aller meteorologischen Erscheinungen, die den mittleren Zustand der Atmosphäre an einer bestimmten Region der Erdoberfläche kennzeichnen. Klimafaktoren sind: geographische Breite, Verteilung von Land und Meer, Meeresströmungen, sowie Gebirge, Wälder und Wüsten. • Klimazonen: Gebiete mit ähnlicher zeitlicher Variation des Wetters bedingt durch die Sonneneinstrahlung und Geographie. • Klimastabilität: zeitliche Variationen der mittleren Wetterfaktoren variieren gleichmässig um das langjährige Mittel zur gegebenen Jahreszeit. • Klimawandel: systematische Veränderung der mittleren Wetterfaktoren in eine bestimmte Richtung. 2 Wetter und Klima: eine Definition Als Wetter bezeichnet man den Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort, wie er durch die Grösse der meteorologischen Elemente (Luftdruck, temperatur, -feuchte, Wind, etc.) und ihr Zusammenwirken gekennzeichnet ist. Das Wetter in unseren Breitengraden wechselt ständig, ist an jedem Ort zu jeder Zeit ein klein wenig anders. Davon unterscheiden müssen wir das Klima, dass fälschlicherweise mit dem Wetter oft in einen Topf geschmissen wird. Unter Klima verstehen wir per Definition die Gesamtheit aller meteorologischen Erscheinungen, die den mittleren Zustand der Atmosphäre an einer bestimmten Stelle der Erdoberfläche kennzeichnen. Klima ist also eine Art langfristiges Durchschnittswetter für eine Region. Braumeister des Klimas sind die geographische Breite, die Verteilung von Land und Meer, Meeresströmungen, aber auch Gebirge, Wälder und Wüsten kurz: die Klimafaktoren. Klimazonen entstehen vor allem dadurch, dass die Sonne die Erdoberfläche nicht überall gleichässig mit Energie versorgt. So unterscheidet man beispielsweise maritimes Klima und Kontinentalklima. Zudem wird die Erde in Klimazonen eingeteilt. In Deutschland leben wir in einem feucht-gemässigten Klima. Hier liegt übrigens auch der Grund für unser vergleichsweise wechselhaftes Wetter: Regelmässig treffen sich über uns polare Luftmassen mit wärmerer subtropischer Luft. In dieser Grenzzone entstehen die Tiefdruckgebiete, die uns mit Regen versorgen. Wer das Wort Klima hört, dem fallen auch Schlagworte wie Treibhauseffekt und Ozonloch ein. Entscheidender Klimafaktor hier ist der Mensch. (Westdeutscher Rundfunk www.quarks.de/wetter/0502.htm 27.8.96) 3 Beobachtungen zum Schweizer Klima • Die 1990er waren die wärmste Dekade des 20. Jahrhunderts (1998 war das weltweit wärmste Jahr). In der Schweiz war es im jährlichen Mittel 1994 am wärmsten; 2002 war das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Temperaturmessungen - sowohl weltweit als auch in der Schweiz. • Messungen der letzten 30 Jahre in der Schweiz zeigen einen Anstieg der mittleren Temperatur zwischen 1-2 0 C, etwa dreimal stärker als im Weltdurchschnitt. • Die Schweizer Gletscher sind in der Messperiode 2002/2003 so stark geschmolzen wie noch nie seit Beginn der Erhebungen im Jahre 1880 (Andreas Bauder, Verantwortlicher für das Gletschermessnetz, in der NZZ 13.1.04) • Sommer 2003: Von Mitte April bis Ende August lagen die Lufttemperaturen fast durchwegs deutlich über dem langjährigen Mittel. Die Monate Juni und August brachten eine bisher einmalige Häufung von Hitzerekorden, darunter die höchste je in der Schweiz gemessene Lufttemperatur von 41,5 0 C. Begleitet wurde die Hitze von einer anhaltenden Trockenheit. 4 Entwicklung der Temperatur(Schweiz) weitere detaillierte Informationen unter www.meteoschweiz.ch 5 Klima Beobachtungen: Welt • Die “globale mittlere Temperatur” ist in den letzten 100 Jahren um 0.6 ± 0.20 Celsius gestiegen (in den letzten 30 Jahren jeweils um etwa 0.170 Celsius pro 10 Jahre). Der Anstieg in den nördlichen Polarregionen ist etwa doppelt so gross. (Details: Arctic Climate Impact Assessment Symposium 9-12 Nov. 2004 http://www.acia.uaf.edu/) • Der Temperaturanstieg auf der Nordhalbkugel ist grösser als auf der Südhalbkugel. Von den 10 wärmsten Jahren in der Messgeschichte lagen 9 nach 1990 und die drei wärmsten Jahre waren 1998, 2002 und 2003! • Gletscher werden kleiner (Himalya, Anden etc.), die Winter werden kürzer, wärmer und es gibt weniger “Schnee”. Details unter www.ipcc.ch (The Scientific Basis) 6 Entwicklung der Temperatur (Welt) Details unter www.ncdc.noaa.gov/oa/climate/globalwarming.html 7 die mittleren Temperaturen auf der Erde steigen an! Details unter: www.ncdc.noaa.gov/oa/climateresearch.html .6 Temperature Anomaly (∞C) Global Temperature .4 .2 .0 -.2 Annual Mean 5-year Mean -.4 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 Year 8 Eiszeiten und Warmzeiten? das Maximum liegt etwa 9000 Jahre zurück! Eiszeiten sind “periodische” Kälteperioden mit starker Vereisung und Temperaturvariationen von bis zu 50 C in 50000 Jahren. Die gängige Erklärung hängt mit einer verändertern Sonneneinstrahlung durch Variation in der Orientierung der Erdachse bezüglich der Sonne (Astronom Milankovitch)! Man unterscheidet drei Perioden von 100000-, 41000- und 26000 Jahren. (1) Eccentrischer Orbit, tilt der Erdachse (zwischen 21.50 und 24.50 ) und (3) Precession der Erdachse. Am Ende der Eiszeiten beobachtet man “schnelle” Erwärmungen von 0.15 − 0.20 C in 100 Jahren. Diese Veränderungen sollte man mit der Erwärmung von 0.3 − 0.50 C in den letzten 30–50 Jahren vergleichen! 9 Eiszeiten und die Milankovitch Cycles The influence of these cycles on insolation (INcident SOLar radiATION) from Berger’s (1991) solution for 65 degrees north latitude from the present to 1 million years ago. In the Northern Hemisphere, peak summer insolation occurred about 9,000 years ago when the last of the large ice sheets melted. Since that time Northern Hemisphere summers have seen less solar radiation. http://deschutes.gso.uri.edu/ rutherfo/milankovitch.html 10 der Treibhauseffekt Die Erdatmospäre ist “durchsichtig” für sichtbares Licht, aber die so-genannten Treibhausgase (die wichtigsten sind Wasserdampf (Wolken), CO2 und Methan) absorbieren einen Anteil der Infrarotwärmeabstrahlung der Erde. www.hamburger-bildungsserver.de/welcome.phtml?unten=/klima/treibhaus/ 11 der Energiehaushalt der Erde Bei einer stationären Situation: einfallende Energie - Black body radiation = 0! Black body radiation (Stefan-Boltzmann) I = σT 4 (mit σ = 5.67 × 10−8 W/m2 /K4 ) Intensitätsverteilung als Funktion der Wellenlänge (Wiens Law) λmax = a/T mit a = 2898 mit λ in microns 12 Das solare Spektrum im Weltraum und an der Erdoberfläche Ohne Treibhauseffekt wäre die Temperatur der Erde −180 C anstatt +150 C! 13 Die Energiebilanz im 0-dimensionalen Treibhaus Modell 51 units of incoming solar radiation absorbed by the earth’s surface is lost by re-emission at IR wavelengths, and by sensible and latent heat fluxes, as on the right hand side of the figure. Globally, the atmosphere is losing more energy by IR emission than is input by incoming solar radiation, but the deficit is made up for by latent heat released during condensation of water, and by conduction of heat from the surface. Summary of the mean global energy balance for the earth-atmosphere system. Numbers are percentages relative to the 100 units of incoming solar irradiance (S/4 = 1380/4 = 345 W/m2 ) at the top left of the Figure. From Wallace and Hobbs (1977), p321. http://ceos.cnes.fr:8100/cdrom-98/ceos1/science/dg/dg12.htm 14 Die Messungen des CO2 Gehalts der Atmosphäre 15 ein Zusammenhang zwischen CO2 und Temperatur Ref: http://www.ngdc.noaa.gov/paleo/pubs/crowley.html und Petit J.-R. et al., (1999) Nature. Vol. 399, p. 429-436 (Climate and atmospheric history of the past 420,000 years from the Vostok ice core, Antarctica). 16 Modelle der Klimaentwicklung: die Methodik und mögliche Probleme Vom 0-dimensionalen Treibhaus Erde zu lokalen Klimavorhersagen? • Teile die Erde in 3 (2) dimensionale Volumenelemente und • Kalibriere die Modelle z.B. zwischen 1900-1980 und teste Vorhersagen für die Jahre 19802000. • Benutzte die Kalibrierten Modelle für die Zukunft! mittlere Temperatur, Niederschläge, Extremwetter 17 Modelle der Klimaentwicklung: Vorhersagen 18 die wichtigsten Effekte bei der Klimaentwicklung? 19 Treibhausgase in der Atmosphäre 20 Was extreme Klimaskeptiker sagen (zum Beispiel unter www.biokurs.de/treibhaus/ und dann Ideologie: Dichtung und Wahrheit) Die “grossen Irrtümer” vom IPCC und anderen Wissenschaftlern: • Die menschliche Zivilisation der letzten 150 Jahre erhöht die CO2 -Konzentration der Atmosphäre. Als Folge erwärmt sich die Erde. • Die Wärme im erdnahen Bereich entsteht durch Wärmeemission der Treibhausgase CO2 , Methan, Ozon und FCKW ! • Das durch Menschen in die Atmosphäre abgegebene Verbrennungsgas CO2 sorgt für die Erwärmung der Erde. • Aufgrund der fortlaufenden Erhöhung der Treibhausgase schmelzen die Gletscher und Polkappen der Erde ab. Die Klimaskeptiker schreiben: “Die Existenz der sog. Treibhausgase, hat nichts mit dem Schmelzen von Eismassen zu tun. Die Menge des globalen Eises verändert sich zyklisch im Laufe der Erdgeschichte. (Arctic ocean Model; Milankovitch-Zyklen). Es gibt derzeit KEINEN globalen Trend der Gletscherschmelze (R.J. Braithwaite 2002” Glacier mass balance: the first 50 years of international monitoring” (Progress in Physical Geography 26: 76-95). Selbst wenn alle Gletscher abschmelzen, ist das wegen der minimalen Eismasse belanglos. An beiden Polen wird es kälter. Ausserdem nimmt die Eismasse der Antarktis nicht ab.” besonders die letzte Behauptung dieser Klimaskeptiker ist offensichtlich falsch! Mein Ratschlag.. Man muss sich die Zeit zum Studium des IPCC Reports nehmen und/oder versuchen die Risiken des Ignorierens abzuwägen! Mehr und mehr neue Ergebnisse bestätigen die Klimamodelle! 21 Gibt es einen Zusammenhang zwischen Energieerzeugung und CO2 ? Die Lebensdauer von CO2 in der Atmosphäre liegt zwischen 100-200 Jahren! 22 Was wir in den letzten 30 Jahren gelernt haben Global 2000: der Bericht an den Präsidenten J. Carter (1978-1980) drei Szenarien: Keine Klimaveränderung, Erwärmung oder Abkühlung! das Szenario II: Erwärmung • Anstieg der globalen Temperaturen um 10 C. Die Polarregionen und die oberen nördlichen Breiten werden sich am stärksten erwärmen. • Die Zahl der extrem kalten Winter dürfte abnehmen. • Auch wenn bis zum Jahre 2000 keine einschneidenden weltweiten Klimaveränderungen zu gewärtigen sind, werden die anthropogenen Kräfte in beschleunigtem Tempo auf das Welt-Klima einwirken. Werden diese Kräfte und ihre Auswirkungen nicht bald mit Sorgfalt untersucht, überprüft und analysiert, werden die menschlichen Institutionen auf die schwierigen Entscheidungen, die in den achtziger oder spätestens in den neunziger Jahren auf sie zukommen, nicht ausreichend vorbereitet sein! 23 das Kyoto Protokol zu wenig, zu spät oder besser als gar nichts? • From December 1 through 11, 1997, more than 160 nations met in Kyoto, Japan, to negotiate binding limitations on greenhouse gases for the developed nations, pursuant to the objectives of the Framework Convention on Climate Change of 1992. The outcome of the meeting was the Kyoto Protocol, in which the developed nations agreed to limit their greenhouse gas emissions, relative to the levels emitted in 1990. The United States agreed to reduce emissions from 1990 levels by 7 percent during the period 2008 to 2012. • Oktober 2004: Russland hat das Protokol unterschrieben. Ab 2005 wird es gültig! This Protocol shall enter into force on the ninetieth day after the date on which not less than 55 Parties to the Convention, incorporating Parties included in Annex I which accounted in total for at least 55 per cent of the total carbon dioxide emissions for 1990. • Damit muss die Schweiz (und die EU!) den CO2 Ausstoss um 5% gegenüber 1990 senken! (2003 war der Verbrauch bei Treibstoffen 8.1% höher als 1990! Flugbenzin wird nicht gezählt!) • Wie kann das Kyoto Protokol in die Praxis umgesetzt werden? 24 Energienutzung und Klimaveränderung: die nächsten 100(?) Jahre Was würde passieren wenn wir jedes Jahr (relativ) 10% weniger Öl, Gas und Kohle verbrennen? 25 Ein Horrorszenario: der Anstieg des Meerwassers 26 Ausblick und Zusammenfassung • Die mittlere Temperatur der Atmosphäre ist in den letzten 30 Jahren um etwa 0.50 C gestiegen (so schnell wie noch nie!). • die Korrelation von CO2 mit dem Treibhauseffekt ist bekannt! • das Verbrennen der fossilen Energiequellen ist die einzige Erklärung für den Anstieg der CO2 Konzentration in der Atmosphäre! • Praktisch alle Naturwissenschaftler, die sich mit der Frage beschäftigt haben, akzeptieren den Treibhauseffekt und den CO2 Anstieg als Erklärung. • Selbst bei Erfüllung des Kyoto Protokols erwartet man einen weiteren Anstieg des CO2 Anteils von heute 370 ppm auf 450 ppm. • Das Kyoto Protokol ist ab Februar 2005 gültig (ohne die USA). Wie können Deutschland, die EU und die Schweiz das Gesetz erfüllen? 27 CO2 Anstieg und der Hubbert Öl Peak (von K.Aleklett ASPO)? 28