Ansätze innerhalb des dekonstruktiven Feminismus zielen darauf ab

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BEGRIFFE
Gender
™ Ansätze innerhalb des dekonstruktiven Feminismus zielen darauf ab,
scheinbare Identitäten und Essenzen, insbesondere die Vorstellung einer wie
auch immer gearteten eigentlichen »Weiblichkeit« als rhetorische Effekte
einer phallozentrischen Herrschaftslogik zu defigurieren und lesbar zu machen. Hier spielt de Mans Begriff der Defiguration eine maßgebliche Rolle,
der darauf verweist, dass jede Figuration stets ihren eigenen rhetorischen
Charakter verstellt. Defiguration meint in einem gendertheoretischen Kontext damit die kritische Analyse und das Lesbar-Machen dieses figurativen
Moments von Geschlechtsidentitäten und Körperkonstruktionen. Die daran anknüpfenden Möglichkeiten der Refiguration, d. h. des Entwerfens und
Ausübens alternativer und nicht hegemonial normierter Körperpraktiken,
stehen dabei im Zentrum der Überlegungen.
Autobiographie, Dichotomie, Kritik, Lesen / Lektüre, Metalepse,
Metapher / Metonymie, Phallogozentrismus, Rhetorik
1.2 Jakobson, Zwei Seiten der Sprache, 1956 — 1.5 Lacan, Das Drängen des Buchstaben im Unbewußten, 1957 — 4. Menke, Verstellt – Der Ort der ¾Frau½, 1992
— Menke, Dekonstruktion. Lesen, Schrift, Figur, Performanz, 1995b — Nietzsche,
Vorlesungsaufzeichnungen (WS 1871/72 – WS 1874/75), 1995 — 5.2 Prager /
Seitz, Feministische Philosophie und Gendertheorie, 2017 — Quintilianus, Ausbildung des Redners, 1972 — 4. Vinken, Dekonstruktiver Feminismus, 1992 —
4. Weigel, Das Weibliche als Metapher des Metonymischen, 1986.
G.P. / S.S.
Gender
Gender ist eine zentrale sozial- und kulturwissenschaftliche Analysekategorie, die eng mit den Kategorien Klasse und »Rasse« (race) verbunden
ist. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Englischen und bezeichnet dort auch das grammatikalische Geschlecht. Der Begriff »Gender«
wurde 1955 von dem US-amerikanischen Psychologen John Money in
die Sexualwissenschaften eingeführt, um die Diskrepanz zwischen physiologischen Geschlechtsmerkmalen und den soziokulturellen Bedeutungen
von Weiblichkeit und Männlichkeit beschreiben zu können. Während der
Terminus Sex im Englischen auf das biologische Geschlecht verweist, bezeichnet Gender die soziokulturellen Merkmale der Geschlechter sowie
die entsprechenden sozialen Geschlechterrollen in ihrer kulturellen, historischen und diskursiven Bestimmtheit – ein Gedanke, der auch schon in
Beauvoirs Diktum »Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es«
angelegt ist.
Gender
BEGRIFFE
™ Feministische Theorien rekurrieren auf die Unterscheidung von Sex und
Gender nicht nur, um zwischen dem biologischen und dem sozialen Geschlecht
zu differenzieren, sondern auch, um den vermeintlich naturgegebenen Kausalzusammenhang zwischen dem biologisch fundierten Geschlecht und den
jeweils kulturell konstruierten, variablen Geschlechtszuschreibungen zu problematisieren und in Frage zu stellen. Damit einher geht die Vorstellung, dass
Gender im Sinne einer sozialen und kulturellen Konstruktion stets der sozialen
Inszenierung und Ausagierung bedarf. In den 1980er Jahren haben in diesem
Zusammenhang die amerikanischen Soziolog*innen Candace West und Don
Zimmerman den Begriff des »doing gender« geprägt. »Doing gender« verweist
in diesem Zusammenhang darauf, dass Gender als soziale Geschlechtsidentität nicht einfach gegeben ist, sondern im Zuge sozialer Interaktionsprozesse
zugeschrieben und ausgehandelt wird. Scheinbar naturgegebene Differenzen
werden somit als Effekte routinemäßiger und ritualisierter Selbstdarstellungs-,
Interpretations- und Zuschreibungsprozesse sichtbar. Gender ist in dieser
Perspektive – im Unterschied zu Sex – keine natürliche und starre Kategorie,
sondern eine konstruierte und dynamische, die von historischen, sozialen und
kulturellen Umständen abhängig und folglich veränderbar ist.
Butler wendet sich gegen die eindeutige Trennung von Sex und Gender
und zeigt auf, dass das biologische Geschlecht ebenso konstruiert ist wie
das soziale Geschlecht, insofern es keine Wahrnehmungsmöglichkeit von Sex
außerhalb seiner soziokulturellen und diskursiven Verfasstheit gibt. Damit
wird fraglich, dass es zuerst ein biologisches Geschlecht und einen natürlichen Körper gibt, von denen ausgehend sich in einem zweiten Schritt durch
kulturelle Prozesse der Einschreibung und sozialer Praktiken eine soziale Geschlechtsidentität herausbildet. Vielmehr werden vergeschlechtlichte Subjekte kontinuierlich durch die Wiederholung ritualisierter Akte innerhalb regulativer Diskurse hervorgebracht − Akte, die erst rückwirkend den Anschein
eines natürlich-biologischen Kerns von Gender erzeugen.
Diskurs, Identität, Iterabilität, Konstruktion, Körper, Metalepse,
Performativität, Queer
5.2 Babka, Unterbrochen, 2002 — 3. Beauvoir, Das andere Geschlecht, 1949
— 6. Braun / Stephan, Gender@Wissen, 2005 — 5.1 Butler, Das Unbehagen der
Geschlechter, 1990 — 6. Degele, Gender / Queer Studies, 2008 — 5.2 FaustoSterling, Sich mit Dualismen duellieren, 2002 — 5.2 Gildemeister / Wetterer, Wie
Geschlechter gemacht werden, 1992 — 5.2 Lorber, Gender-Paradoxien, 1994 —
5.2 Rubin, The Traffic in Women, 1975 — Scott, Gender, 1986 — West / Zimmerman,
Doing Gender, 1987 – 3. Wittig, The Straight Mind and Other Essays, 1992.
A.B. / G.P.
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