Alte Katzen vermitteln oder behalten was bedeutet Lebensqualität für alte Katzen im Tierheim? 2. Österreichisches Tierheim-Symposium Dipl.Tzt. Sabine Schroll Einleitung Alte Katzen haben besondere Bedürfnisse, die aber sehr oft übersehen oder vergessen werden, weil sie ihr bisheriges Leben vielfach autonom waren und gut für sich selbst sorgen konnten. Verhaltensprobleme, die Besitzer überfordern, können ein Grund sein, warum alternde Katzen im Tierheim abgegeben werden. Andererseits gibt es viele Menschen, die alte Katzen schätzen und sich bevorzugt für eine solche entscheiden. Lebenserwartung Die Lebenserwartung der Katze ist in den letzten 23 Jahren um 79% gestiegen und nimmt nach wie vor zu. Faktoren, die dazu beitragen sind hochwertige Fütterung, Kastration, Wohnungshaltung und eine gute medizinische Versorgung wie Impfungen, Früherkennung und Therapie chronischer Erkrankungen (Niereninsuffizienz, Schilddrüsenüberfunktion, etc.). Die Alterbestimmung ist nicht genau möglich; ab ca. 10 Jahren sind bei den meisten Katzen fleckige Veränderungen an der Iris zu sehen, ab rund 12 Jahren sind Katzen auch sichtbar alt mit verringerter Sprungkraft und vermehrtem Schlafbedürfnis. Jenseits der 14 bis 16 Jahre entwickeln rund 50% der Katzen zunehmende Symptome seniler Demenz bzw. Kognitive Dysfunktion. Das tatsächliche Alter in Jahren muss nicht unbedingt mit dem biologischen Alter übereinstimmen – es gibt Katzen die weitaus jünger aussehen als sie sind und umgekehrt frühzeitig gealterte Katzen. Typische Erkrankungen Erkrankungen der Zähne und der Mundhöhle: Zahnstein, Entzündungen des Zahnfleischs und Defekte an den Zähnen (FORL) können bei der Katze in jeder Altersphase auftreten. In der Mundhöhle treten auch häufig Tumorerkrankungen wie Plattenepithelcarcinome und Osteosarkome auf. Mit zunehmendem Alter steigt jedoch die Häufigkeit dramatisch an. Alle diese Störungen in der Mundhöhle sind hochgradig schmerzhaft! Das gilt auch für diejenigen Katzen die angeblich "ganz normal fressen". Zusätzlich werden von diesen schlechten Zähnen massenhaft Bakterien über die Blutbahn im ganzen Körper verstreut und führen zu weiteren Organschäden an der Niere, an den Herzklappen und den Gelenken. Eine regelmäßige Kontrolle der Zahngesundheit und die allfällige Sanierung der Mundhöhle ist eine der wichtigsten aktiven Vorsorgemaßnahmen für die alternde Katze. Das oft gefürchtete Narkoserisiko ist in Zeiten eines modernen Narkoseregimes keine Rechtfertigung einer älteren, alten oder sehr alten Katze ständige Schmerzen und eitrige Zahnherde zuzumuten. Nierenerkrankungen: Die chronische Niereninsuffizienz ist eine der typischen Erkrankungen der alten Katze. Durch die heute schon mögliche Früherkennung dieser chronischen Niereninsuffizienz können Katzen bereits zu einem Zeitpunkt behandelt werden bevor noch die ersten Symptome sichtbar werden. Wenn die typischen Symptome wie vermehrtes Trinken, reduzierter Appetit, Erbrechen und schliesslich die völlige Austrocknung und Vergiftung mit harnpflichtigen Stoffen (Urämie) sichtbar werden, ist es für erfolgreiche Therapien eigentlich schon zu spät. Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Eine weitere häufige Erkrankung von der bis zu 30% aller alten Katzen betroffen sind. Die Ursache für die Zunahme dieser Störung ist nach wie vor ungeklärt. Die betroffenen Katzen verlieren Gewicht obwohl sie gut oder sogar vermehrt fressen, die Herzfrequenz und der Blutdruck steigen. Einige Katzen werden reizbar und unruhig, andere sind auffällig matt. Durchfall und Erbrechen können weitere Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion sein. Es gibt verschiedene sehr effektive Behandlungsmöglichkeiten für diese Erkrankung; ohne Behandlung sterben diese Katzen an der Abmagerung und den Organschäden. Gelenkserkrankungen (Osteoarthrosen): Jenseits von 12 Jahren gibt es kaum Katzen, die einen schmerzfreien Bewegungsapparat haben. Abnützungserscheinungen und chronische Gelenksschmerzen werden von der älteren Katze allerdings sehr unauffällig ertragen. Betroffen sind vor allem Knie-, Ellbogen-, Sprung- und Hüftgelenk, aber auch die kleinen Gelenke an den Zehen und zwischen den Wirbeln sind betroffen. Die Katzen vermeiden Sprünge zu ihren bevorzugten erhöhten Sitzplätzen oder überlegen ausnehmend lange bevor sie springen. Insgesamt bewegen sich diese Katzen weniger bis gar nicht, sind oft steif und langsam. Hier ist die genaue Beobachtung der Lebensgewohnheiten der Katze ganz besonders gefragt, um zu erkennen ob sie Schmerzen hat. Im Zweifel hilft eine diagnostische Schmerztherapie. Neben diesen Erkrankungen benötigt die alte Katze auch viel an zusätzlicher Pflege und Betreuung: Krallenpflege: Mit zunehmendem Alter nimmt das Krallenwachstum zu, die Abnützung fehlt hingegen. An den Vorderpfoten wachsen die Krallen kreisrund und schliesslich schmerzhaft in den Ballen ein. Auch nicht eingewachsene Krallen sind eine Verletzungsgefahr, weil der Katze die Elastizität im Bandapparat fehlt und sie mit den Krallen hängenbleibt. Fellpflege: Im Alter reduzieren die meisten Katzen ihr Putzverhalten oder limitieren es auf kurze Phasen an bequem erreichbaren Körperstellen. Regelmäßiges Kämmen und feucht Abwischen ist dann wichtig – und obwohl die Katzen es oft nicht besonders schätzen fühlen sie sich danach sichtlich wohler. Fütterung: Auch der Appetit schwindet bei der Katze mit zunehmendem Alter und es reicht nicht mehr, Futter einfach zur Verfügung zustellen. Viele alte Katzen fressen nur, wenn sie vom Menschen animiert werden, das Futter wiederholt, abwechslungsreich, körperwarm und gut riechend angeboten wird. Wärme: Geringe Futteraufnahme, fehlende Muskelmasse und wenig Bewegung führen dazu, dass alten Katzen auch bei normalen Raumtemperaturen sehr oft kalt ist. Optimal für das Wohlbefinden ist das Angebot ausreichend warmer Plätze unter einer Rotlichtlampe, Wärmematte oder SnuggleSafe. Dehydrierung: Wie alte Menschen geraten viele Katzen auch in einen zunehmenden Flüssigkeitsmangel, weil sie einerseits oft zu wenig trinken und andererseits durch eingeschränkte Nierenfunktion mehr Wasser verlieren. Regelmäßige subcutane Infusionen tragen daher erheblich zum Wohlbefinden alter Katzen bei. Typische psychische Probleme Unsauberkeit: Eines der häufigsten Verhaltensprobleme bei der Katze überhaupt und davon ist die alte Katze nicht ausgenommen. Entweder sind diese Katzen schon ihr ganzes Leben lang hin und wieder unsauber gewesen oder sie beginnen im Alter plötzlich unsauber zu werden. Für die alte Katze muss die Katzenkiste sehr leicht erreichbar und benützbar sein – d.h. ausreichend gross und flach mit angenehmer Einstreu. (Nächtliches) Miauen: Rund 50% aller alten Katzen beginnen zunehmend zu vokalisieren, vor allem nachts. Die Ursachen dafür sind zahlreich – Schmerz, Angst, Verwirrtheit, Unbehagen oder degenerative Vorgänge im Gehirn. Entsprechend vielschichtig sind auch die möglichen Massnahmen. Desorientiertheit: Diese Katzen wandern oftmals scheinbar sinn- und planlos herum und wirken verwirrt wenn man sie anspricht. Der Lebensraum einer senilen Katze sollte in diesem Fall kleiner und übersichtlicher gestaltet werden. Fazit Die optimale Betreuung alter Katzen im Tierheim ist durchaus möglich, aber die medizinischen Probleme und die zeitintensive Betreuung können erhebliche Kosten verursachen. Die Vermittlung alter Katzen auf einen privaten Platz ist sehr sinnvoll, wenn der neue Besitzer auch instruiert und zum Beispiel mit einem speziellen Merkblatt über den erhöhten Aufwand aufgeklärt wird. Alte Katzen müssen nicht euthanasiert werden, weil sie alt sind. Wenn sie aber nicht ihren Bedürfnissen entsprechend intensiv betreut und gepflegt werden, kann eine Euthanasie medizinisch indiziert sein. Seniorenclub: Was alte Katzen brauchen Krallen kürzen Fellpflege Wärme Lebensraum altersgerecht Fütterungsbetreuung Flüssigkeitszufuhr Schmerztherapie Medizinischer Check mit Zahn-/Fellpflege und Labor (halbjährlich-jährlich)