Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde - Martha

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5/2016 Oktober
C 51932
Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde
www.omnimedonline.de
Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde
Implantate zur Hör-Rehabilitation:
Aktueller Stand und neue Entwicklungen
J. Lautermann
Summary
Rehabilitation of hearing can be achieved by conventional hearing aids,
middle ear surgery, implantable hearing systems and cochlear implants.
Thus almost every kind of hearing loss
can be addressed either by surgery or
non-surgical by hearing aids.
Hearing implants can be classified into
passive middle ear implants like titanium middle ear prostheses and active
middle ear implants like implantable
hearing systems and cochlear implants.
Keywords
Middle ear prostheses, implantable
hearing aids, cochlear implants.
Zusammenfassung
Grundsätzlich kann eine Rehabilitation
des Hörens über konventionelle Hörgeräte, hörverbessernde Mittelohroperationen, akustische Hörimplantate
(z.B. Knochenleitungsimplantate, aktive mechanische Mittelohrimplantate,
direkte akustische Cochlea-Implantate) sowie elektrische Hörimplantate
(z.B. Cochlea-Implantate oder Hirnstammimplantate) erfolgen. Auf diese
Weise ist es heute möglich, fast jede
Form einer Hörminderung apparativ
oder operativ zu versorgen.
Die am häufigsten verwendeten Hörimplantate werden unterschieden in passive Mittelohrimplantate, die im Rahmen von Tympanoplastiken eingesetzt
werden und aktive mechanische Hörimplantate oder Cochlea-Implantate.
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a
b
Abb. 1a und b: a) NiTiFLEX®-Stapesprothese. b) MatriX®-Stapesprothese (mit freundlicher Genehmigung der Firma Kurz)
Schlüsselwörter
Mittelohr-Hörprothesen, aktive mechanische Hörimplantate, Cochlea-Implantate.
Indikationen zu geben. Teilweise überschneiden sich auch die Indikationen
für verschiedene Hörsysteme, sodass im
Einzelfall unterschiedliche Möglichkeiten der Hörrehabilitation bestehen.
Einleitung
Passive Mittelohrimplantate
Die Entwicklung neuer Implantate zur
Rehabilitation des Hörens wie implantierbare Hörsysteme und Mittelohrimplantate schreitet stetig fort. »Es gibt
nicht viele Gebiete der Medizin, die in
den letzten zwei Jahrzehnten einen so
immensen Fortschritt erlebt haben wie
die implantierbaren Hörsysteme. Was
gestern noch ›State of the Art‹ gewesen
war, ist morgen vielleicht schon überholt« (zitiert nach 1).
Unter passiven Mittelohrimplantaten
verstehen wir Mittelohrimplantate, die
bei Tympanoplastiken oder Stapesplastiken zur Rekontruktion der Ossikelkette eingesetzt werden.
Andererseits werden implantierbare
Hörsysteme bereits von den meisten
deutschen Hals-Nasen-Ohren-Kliniken
eingesetzt und sind somit in der Routine-Versorgung bei der Behandlung
von Hörstörungen angekommen.
Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, dem
Leser einen Überblick über verschiedene Implantate, ihre Funktionsweise und
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Wir unterscheiden Partialprothesen
von Totalprothesen sowie Stapesprothesen.
Am grundsätzlichen Design der Prothesen hat sich in den letzten Jahren
wenig geändert.
So können zum Beispiel Titanprothesen mit integriertem Mikrokugelgelenk Makrobewegungen des Trommelfells folgen und sich zu dessen Lage
ausrichten. Gerade bei Unterdruck im
Mittelohr mit Retraktion des Trommelfells kann dieser Effekt zum Tragen
kommen.
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b
Abb. 2a und b: Knochenleitungshörgerät Baha® Connect
Neuigkeiten bezüglich der Prothesen
betreffen vor allem die Materialien.
Stapesprothesen aus superelastischem
Nitinol (NiTiFLEX®-Prothese) (Abb.
1a) lassen sich einfacher auf den langen
Ambossfortsatz aufschieben im Vergleich zu herkömmlichen Clip-Prothesen (Softclip-Prothese oder à-WengenProthese). Nachteil ist der Nickelbestandteil in der Legierung der Schlaufe
und somit die Kontraindikation bei
Nickelallergikern. Die NiTiBOND®Stapesprothese koppelt nur über punktuelle Druckpunkte an den langen Ambossfortsatz an, und – ähnlich wie bei
dem Nitinol-PTFE-Piston – muss die
Schlaufe über Wärmeapplikation geschlossen werden. Zu diesem Zweck
bietet sich die Benutzung des CO2-Lasers während der Operation an.
MatriX®-Stapesprothesen (Abb. 1b)
mit breiter perforierter Bandschlaufe
vereinfachen im Vergleich zum herkömmlichen K-Piston die Befestigung
durch Crimpen am langen Ambossfortsatz, seit kurzem sind diese Prothesen auch mit dünnerer Bandschlaufe
erhältlich.
Allen Stapes-Prothesen ist gemeinsam,
dass der Schaft, der in das Innenohr
eintaucht, nach wie vor aus Reintitan
gefertigt ist.
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Abb. 3: Magnet für Baha® Attract
Bei Tympanoplastiken sollte eine Hörverbesserung zunächst durch Einsetzen passiver Mittelohrimplantate versucht werden. Gute Hörergebnisse
sind vor allem bei guter Belüftung der
Pauke zu erwarten. Bei schlechter Tubenventilation sollte eine Tubendilatation mit dem Bielefelder Ballonkatheter erwogen werden.
Bei postoperativ nur geringer Schallleitungsschwerhörigkeit und zusätzlicher Innenohrschwerhörigkeit sollte
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postoperativ ein Luftleitungshörgerät
zur Hörrehabilitation benutzt werden.
Bei größeren residualen Schallleitungsschwerhörigkeiten können implantierbare Hörsysteme zum Einsatz kommen.
Aktive Mittelohrimplantate
Aktive Mittelohrimplantate werden in
voll- und teilimplantierbare aktive mechanische Hörimplantate unterschieden.
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Abb. 4a und b: Knochenleitungshörgerät Ponto®
a
b
Abb. 5a und b: Knochenleitungshörgerät Sophono®
Voraussetzung für die Implantation eines aktiven mechanischen Hörimplantats sollten eine stabile Hörschwelle
sowie reizlose Mittelohrverhältnisse
sein, falls das Implantat direkt im Mittelohr angekoppelt wird.
Passive
Knochenleitungsimplantate
Das teilimplantierbare Knochenleitungshörsystem Baha (»Bone anchored
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hearing aid«) dient zur Versorgung einer Mittel- und Innenohrschwerhörigkeit bei Erwachsenen und Kindern. Die
Firma Cochlear hat unterschiedliche
Soundprozessoren mit unterschiedlichen Verstärkungsleistungen, die auf
dem selben Implantat angewendet werden können. Bei Verwendung des
Baha® 5 Soundprozessors mit dem
perkutanen Baha® Connect System
(Titanimplantat wird perkutan im
Knochen verankert) (Abb. 2) sollte die
Knochenleitungshörschwelle besser als
45 dB sein. Bei dem Baha® Attract System, bei dem ein Magnet unter die
Haut implantiert wird (Abb. 3), muss
wegen der Dämpfung durch die transkutane Schallübertragung die Knochenleitungshörschwelle erfahrungsgemäß besser als 30 dB sein. Da der Schall
über den Knochen weitergeleitet wird,
spielt die Höhe der Schall-Leitungskomponente keine Rolle.
Bei einseitiger Taubheit und Implantation des Knochenleitungsimplantats
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auf dem tauben Ohr zur Erlangung eines pseudostereophonen Hörens sollte
die Innenohrhörschwelle auf dem gesunden Ohr besser als 20 dB sein.
Ähnlich wie das Baha® Connect funktioniert das Knochenleitungshörgerät
Ponto (Abb. 4), ähnlich wie das Baha®
Attract funktioniert das Knochenleitungshörgerät Sophono® Alpha 2 von
Medtronic (Abb. 5).
Nachteil der perkutanen Systeme sind
Infektgranulationen um den Titananker (Abb. 6), diese traten verstärkt
durch die ehemals durchgeführte Hautausdünnung auf. Nachteil der transkutanen Systeme ist die Dämpfung des
Schalls durch die intakte Haut.
Abb. 6: Granulation um Baha-Anker
Aktives Knochenleitungsimplantat-System Bonebridge®
Bei der Bonebridge®, einem transkutan aktiven Knochenleitungs-Implantatsystem, wird das eigentliche Implantat (der »bone conduction floating
mass transducer« [BC-FMT]), welches
die Schwingungen des Schalls auf den
Knochen überträgt, transkutan unter
der Haut in den Knochen eingesetzt.
Der Audioprozessor, der durch einen
Magneten am Implantat gehalten
wird, nimmt den Schall auf und wandelt diesen in Signale um, die er dann
durch die Haut an das Implantat weitergibt. Das Implantat ist im Knochen
(Felsenbein) verankert und wandelt die
empfangenen Signale in mechanische
Schwingungen um, die an den umgebenden Knochen weitergeleitet werden.
a
Der BC-FMT kann in das Mastoid
(Abb. 7) eingebracht werden, häufig
muss jedoch bei minderpneumatisiertem Mastoid oder einer offenen Mastoidhöhle der BC-FMT retrosigmoidal
positioniert werden. Bei retrosigmoidaler Positionierung (Abb. 8) wird der
Knochen häufig bis zur Dura entfernt.
Früher bestehende Einschränkungen
durch ungenügende Knochendicke des
Schädelknochens können heute durch
eine Art »Unterlegscheiben«, den BCI-
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Abb. 7a und b: Vibrant® Bonebridge – Einlage mastoidal
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Lifts, kompensiert werden. Ähnlich
wie bei dem Knochenleitungsimplantat Baha stellen Infekte des Ohrs mit
Otorrhö und Feuchtigkeit im Gehörgang keine Kontraindikation dar.
Die tonaudiometrischen Voraussetzungen entsprechen ungefähr dem des
Baha® 5 Connect Systems, die Knochenleitungshörschwelle sollte besser
als 45 dB sein. Vorteil gegenüber dem
Baha® Connect ist die fehlende Penetration der Haut durch einen Titananker, Nachteil der höhere Preis des Systems, auch wenn es sich beim Baha um
ein Heil- und Hilfsmittel, bei der Bonebridge® um ein Implantat handelt.
Abhängig vom Haarwuchs ist der
Sprachprozessor am Kopf mehr oder
weniger sichtbar (Abb. 9).
a
Teilimplantierbares aktives
Mittelohr-Implantat-System
Vibrant® Soundbridge
Im Vergleich zur Bonebridge®, die im
wesentlichen nur den Schall-Leitungsblock überbrückt, wird durch die wesentlich leistungsstärkere Vibrant®
Soundbridge auch die Knochenleitungsschwelle angehoben. Bei der Vibrant® Soundbridge wird der FMT direkt im Mittelohr angekoppelt. Bei intakter Kette sollte die Schallempfindungskomponente besser als 60–80 dB
zwischen 0,5 und 4 kHz sein. Der FMT
wird entweder über eine posteriore
Tympanotomie an den langen Ambossfortsatz (Abb. 10a) angekoppelt
oder über eine ausgedehnte Antrotomie an den kurzen Ambossfortsatz
(Abb. 10b).
Indikationen sind insgesamt selten
und werden vor allem dann gestellt,
wenn konventionelle Luftleitungshörgeräte aus verschiedensten Gründen
(z.B. Unverträglichkeit der OhrpassStücke) nicht verwendet werden können. Häufiger sind jedoch Indikationen, bei denen nach Tympanoplastiken eine höhergradige kombinierte Schallleitungs- und Schallempfindungsschwerhörigkeit vorliegt.
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b
Abb. 8a und b: Vibrant® Bonebridge – Einlage retrosigmoidal mit Freilegung der Dura
In diesen Fällen kann der FMT entweder an eine Partialprothese (»Vibroplasty Coupler«) oder eine Totalprothese angekoppelt werden, vorausgesetzt, das Mittelohr ist belüftet. Ist dies
nicht der Fall, wird der FMT direkt an
das runde Fenster angekoppelt (Abb.
11). Dann sollte optimalerweise die
Schallempfindungskomponente geringer sein (zwischen 45 und 65 dB zwischen 0,5 bis 4 kHz).
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Weitere aktive implantierbare
Hörsysteme
Das vollimplantierbare Hörimplantat
Carina® eignet sich für eine mittel- bis
hochgradige Schallempfindungs- oder
kombinierte Schwerhörigkeit. Das Mikrofon ist unter der Haut lokalisiert,
und es müssen keine äußeren Komponenten getragen werden. Das subkutane Mikrofon erfasst den Schall und
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b
Abb. 9a und b: Vibrant® BonebridgeSprachprozessor – kaschiert durch Haare
sendet ihn an das Implantat. Das Implantat sendet den Ton an den Aktuator, der das Signal in mechanische Vibrationen umwandelt. Diese Vibrationen werden auf die Kette oder das runde Fenster übertragen. Bei intakter
Kette sollte die Schallempfindungskomponente besser als 60–80 dB zwischen 0,25 und 6 kHz sein.
Bei dem vollimplantierbaren Hörgerät
Esteem® wird der Schall vom Hammer
abgeleitet und nach Verstärkung auf
den Stapes übertragen. Der Amboss
muss zu diesem Zweck demontiert
werden.
a
Das teilimplantierbare Cochlear™
MET® Mittelohrimplantat wird wie
das Carina®-System im Mittelohr an
die Ossikelkette oder die Fenstermembranen angekoppelt. Indikationen sind mittel- bis hochgradige
Schallempfindungs- oder kombinierte
Schwerhörigkeiten. Hier sollte bei intakter Kette die Schallempfindungskomponente besser als 70–90 dB zwischen 0,25 und 6 kHz sein.
b
Abb. 10a und b: Vibrant® Soundbridge. a) Ankopplung am langen Ambossfortsatz durch
posteriore Tympanotomie. b) Ankopplung am kurzen Ambossfortsatz durch Antrotomie
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Bei dem teilimplantierbaren direkten
akustischen Cochlea™ Implantat Codacs™ erfolgt die Ankopplung direkt
über eine Stapesprothese an die Perilymphe des Innenohrs. Indikationen
sind höchstgradige bis an Taubheit
grenzende kombinierte Hörverluste,
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zum Beispiel fortgeschrittene Otosklerosen oder Tympanosklerosen bei belüftetem Mittelohr (2).
Cochlea-Implantate
Cochlea-Implantate kommen zum Einsatz, wenn die Innenohrleistung durch
Hörgeräte nicht mehr adäquat verstärkt werden kann. Vereinfacht gesprochen, kann bei einem Verlust des
»cochleären Verstärkers«, der äußeren
Haarzellen, der Schall durch Hörgeräte
verstärkt werden. Bei einem Verlust
der eigentlich sensorischen Zellen, der
inneren Haarzellen, kann nur noch der
Hörnerv durch ein Cochlea-Implantat
stimuliert werden.
Angeboten werden in Deutschland Implantate der Firma Cochlear, MED-EL,
Advanced Bionics, Oticon Medical.
Weltweit sind ungefähr 250.000 Cochlea-Implantate implantiert worden, in
Deutschland schätzungsweise 40.000.
In Deutschland werden 3.300 bis 3.800
Cochlea-Implantate jährlich implantiert. Als Indikation wird in der
AWMF-Leitlinie benannt, dass ein
Cochlea-Implantat indiziert sei, wenn
mit Cochlea-Implantaten ein besseres
Hören und Sprachverstehen als mit
Hörgeräten absehbar zu erreichen sei.
Im Allgemeinen sollte hierbei im
Sprachaudiogramm die Einsilberverständlichkeit auf dem betroffenen Ohr
im freien Schallfeld mit bestmöglicher
Hörgeräteversorgung bei 65 dB unter
40% und die Tonschwelle im Audiogramm unter 60–70 dB liegen. Bei
asymmetrischen Hörverlusten kann
eine Cochlea-Implantation auf dem
schlechter hörenden Ohr mit einer
Hörgeräteversorgung auf dem kontralateralen Ohr kombiniert werden
(bimodale Versorgung). Bei psychisch
belastendem Tinnitus und Taubheit
kann durch Verstärkung der Umgebungsgeräusche durch eine CochleaImplantation zusätzlich eine Teilmaskierung der Ohrgeräusche erreicht
werden.
Über Mikrofon, Sprachprozessor und
Sendespule werden Töne in elektrische
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Abb. 11: Vibrant® Soundbridge – Ankopplung an das runde Fenster
a
b
Abb. 12a und b: Cochlea-Implantation durch rundes Fenster
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befinden verspricht eine erfolgreiche
Rehabilitation. Gerade bei älteren Patienten mit stark eingeschränkter
Kommunikation verspricht eine Hörrehabilitation eine Verbesserung der
kognitiven Fähigkeiten wie auch des
Depressions-Scores.
Eine kürzere Ertaubungsdauer verspricht häufig schnellere Rehabilitationserfolge, während bei Patienten,
die langzeitertaubt sind, längere Rehabilitationszeiten eingeplant werden
müssen. Die einzige Indikation für eine schnellstmögliche Implantation besteht bei Patienten mit Ertaubung nach
Meningitis und drohendem postinfektiösen bindegewebig-narbigen Verschluss der Cochlea (Abb. 14). Prälingual ertaubte Individuen lassen sich
häufig nicht sinnvoll rehabilitieren.
a
Die elektrisch-akustische Stimulation
kommt bei verstärkbarem Restgehör
im Tieftonbereich mit Hochtonsteilabfall zum Einsatz. Hierbei werden die
tiefen Frequenzen über ein Hörgerät
übertragen und die hohen Frequenzen
über ein Cochlea-Implantat.
Bei einseitiger Ertaubung sollte vor Indikationsstellung eines Cochlea-Implantats der Versuch einer Cross-Hörgeräteversorgung durchgeführt werden.
b
Abb. 13a und b: Cochlea-Implantation durch Cochleostomie
Impulse umgewandelt, induktiv auf
das Implantat übertragen und von hier
über ein Elektrodenkabel, welches in
die Cochlea implantiert wird, direkt
der Hörnerv erregt. Um die Elektrode
möglichst atraumatisch in die Scala
tympani der Cochlea einzulegen und
somit eine optimale Platzierung in Relation zum Hörnerv zu erreichen, wird
im Allgemeinen der Weg über das runde Fenster (via posteriore Tympanotomie) (Abb. 12) gewählt. Ist dies nicht
möglich, wird die Elektrode über eine
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Cochleostomie (Abb. 13) eingeführt.
Da über eine elektrische Stimulation
des Hörnervs gehört wird, muss das
Hören neu erlernt werden; im Gegensatz zu Hörgeräten spielt die Sprachrehabilitation somit eine entscheidende
Rolle.
Taub geborene Kinder sollten vor dem
ersten Lebensjahr implantiert werden,
Erwachsene können bis ins hohe Alter
implantiert werden, vorausgesetzt, das
physische und psychische Allgemein© Omnimed Verlag
Ähnlich wie bei aktiven mechanischen
Hörimplantaten wird die Indikation
für eine Cochlea-Implantation in einigen Fällen erst nach einer sanierenden
Tympanoplastik gestellt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Operation
ist zur Elekrodenplatzierung eine Mastoidektomie mit posteriorer Tympanotomie. Bei offenen Mastoidhöhlen
muss die Höhle zunächst entweder
mit Knorpelchips abgedeckt werden
(Abb. 15) oder eine Höhlenobliteration mit Gehörgangsverschluss präoperativ durchgeführt werden, um
eine postoperative Elektrodendislokation mit Extrusion sicher zu vermeiden. Voraussetzung für eine CochleaImplantation sind reizlose und infektfreie Verhältnisse im Mittelohr. Zur
Vermeidung postoperativer Meningiforum HNO (18) 2016
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Abb. 14: Bilaterale Cochlea-Implantation nach Meningitis, postoperative transorbitale
Felsenbeinaufnahme
Abb. 15: Cochlea-Implantation in offener Mastoidhöhle
tiden wird eine Impfung der betroffenen Personen gegen Pneumokokken,
Meningokokken und Hämophilus influenzae empfohlen.
Literatur
1. Siegert R (2014): Modifikationen und Neuerungen bei elektronischen Hörimplantaten
HNO 62 (7), 480
2. L enarz T, Schwab B, Maier H, Kludt E (2014):
Direkte akustische cochleäre Stimulation für
die Therapie der hochgradigen kombinierten
Schwerhörigkeit: Codacs Direct Acoustic Cochlear Implant System. HNO 62 (7), 481–489
forum HNO (18) 2016
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Jürgen Lautermann
Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie
Hörzentrum Martha-Maria
Röntgenstraße 1
06120 Halle/Saale
E-Mail Juergen.Lautermann@
Martha-Maria.de
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