Das OPAL Experiment Lehrstuhl für Elementarteilchenphysik Prof. D. Schaile, LMU München Sektion Physik OPAL (Omni-Purpose Apparatus at LEP) ist eines der vier großen Experimente am e e -Speicherring LEP (Large Electron Positron Collider) am internationalen Forschungszentrum für Elementarteilchenphysik CERN bei Genf. Im LEP-Ring, dem mit 27 km Umfang größten Beschleuniger der Welt, werden etwa 100 m unter der Erde Elektronen und Positronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und an vier Punkten miteinander zur Kollision gebracht. OPAL ALEPH LEP CERN North Area DELPHI SPS L3 CERN West Area Wirkungsquerschnitt / pb Allgemeines 10 OPAL Die Abbildung zeigt den Wirkungsquerschnitt für verschiedene e e -Reaktionen in Abhängigkeit der Schwerpunktsenergie. Reaktionen, die durch ein reelles Z0-Boson vermittelt werden können, weisen einen Peak bei etwa 91 GeV auf. Bei einer Energie von etwa 160 GeV wird die Schwelle zur Paarerzeugung von W-Bosonen überschritten. Der LEP-Beschleuniger ermöglicht seinen Experimenten Messungen im Bereich von 80 – 200 GeV. 4 10 3 10 2 CESR DORIS + − e e →Hadronen PEP PETRA TRISTAN + − + − e e →µ µ 10 + − e e →γγ + − − e e →W W + 1 0 20 40 60 Hadron calorimeters and return yoke Electromagnetic calorimeters Muon detectors Jet chamber Vertex chamber Microvertex detector θ z y ϕ Z chambers Solenoid and pressure vessel x Presampler Forward detector Silicon tungsten luminometer Time of flight detector Physik bei LEP2 5 10 Die Produkte solcher Kollisionen werden im OPAL Detektor nachgewiesen. Halbleiterzähler und Driftkammern liefern Spurinformationen, die Energie wird mit Hilfe von Kalorimetern bestimmt, Flugzeit- und Energieverlustmessungen geben Auskunft über die Identität der Teilchen. Der Detektor besitzt einen Durchmesser von etwa 11 m bei einer Länge von 12 m. In der OPAL-Kollaboration arbeiten über 300 Physiker aus 34 Instituten. 80 100 120 140 160 180 200 Schwerpunktsenergie / GeV Physik bei LEP1 Im Juni 1996 begann, nach einem Ausbau des Beschleunigers, mit einer Schwerpunktsenergie von 161 GeV die LEP2 Ära. Bis zum Jahre 1999 wird die Energie schrittweise auf 192 GeV erhöht. Untersuchung von W-Bosonen Eines der Hauptziele des LEP2 Programms ist die Untersuchung der W-Bosonen, der geladenen Austauschteilchen der elektroschwachen Wechselwirkung. Die paarweise erzeugten W-Bosonen zerfallen unmittelbar nach ihrer Entstehung. Bei einem leptonischen Zerfall (das W-Boson zerfällt in ein Lepton und das entsprechende Antineutrino) wird im Detektor ein isoliertes Lepton beobachtet, bei einem hadronischen Zerfall (das W-Boson zerfällt in ein Quark und ein Antiquark) zwei Teilchenjets. Das nebenstehende Bild zeigt den semileptonischen Zerfall eines W-Paares in zwei WW - > q q e ν Jets, ein Elektron und ein Antineutrino im OPAL-Detektor bei einer Schwerpunktsenergie von 172 GeV. Die beiden Teilchenjets hinterlassen Spuren (blau) in der zentralen Jet-Driftkammer. Ein Magnetfeld ermöglicht die Messung der Teilchenimpulse aus der Spurkrümmung. Die in den elektromagnetischen und Hadronkalorimetern erzeugten Cluster (gelb bzw. violett) liefern Informationen über die Energie der Teilchen. Das Elektron zeigt eine Spur (rot) in der Driftkammer und einen Cluster im elektromagnetischen Kalorimeter. Der fehlende Impuls des nicht nachgewiesenen Neutrinos ist durch den gepunkteten Pfeil angedeutet. Durch die vollständige Rekonstruktion der Ereignisse aus den beobachteten Zerfallsprodukten können die Massen der W-Bosonen bestimmt werden. Die Abbildung zeigt das Ergebnis eines OPAL preliminary (1996) Fits (rot) an die Verteilung der rekon25 s = 172 GeV struierten W-Massen bei einer Schwer20 punktsenergie von 172 GeV. Für diesen M = 80.16 ± 0.21 ± 0.11 Fit wurden 67 als reinhadronisch und 15 47 als semileptonisch selektierte Ereignisse verwendet. Insgesamt sollen im 10 OPAL-Detektor bis zum Jahre 1999 et5 wa 10 000 W-Paare aufgezeichnet werden. 0 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Durch die W-Paarproduktion wird auch eiRekonstruierte Masse M / GeV ne direkte Messung der Kopplung dreier W W , Z0 W W ) ermöglicht. Existenz und Stärke Vektorbosonen (γ dieser Kopplungen sind ein sensibler Test des Eichcharakters des Standardmodells. Die Messungen der Boson-Boson Kopplung ergänzen die präzisen Untersuchungen der Boson-Fermion Kopplungen bei LEP1. Ru n : e v e n t 7 5 9 0 : 9003 C t r k ( N= 3 7 S ump = 1 0 2 . 5 ) E c a l ( N= 4 1 S umE= 1 1 1 . 3 ) E b e am 8 6 . 1 5 8 V t x ( - 0 . 0 9 , 0 . 0 5 , - 0 . 1 3 ) H c a l ( N= 8 S umE= 3 . 2 ) Mu o n ( N= 0 ) F i t t e d ma s s = 8 1 . 7 + / - 0 . 4 G e V e c a n d i d a t e , E = 4 9 . 6 GeV In den Jahren 1989 bis 1995 wurde LEP mit Energien im Bereich der Masse des Z0-Bosons (91.2 GeV) betrieben (LEP1). Dabei wurden etwa 5 Millionen Z0Zerfälle mit dem OPAL-Detektor aufgezeichnet. Die Daten erlauben eine Vielzahl neuartiger Untersuchungen zu den Eigenschaften von Elementarteilchen und ermöglichen damit Aussagen über die Grundstrukturen der Theorie. Nachfolgend zwei Beispiele: Y σ hadron [nb] nb Elektroschwache Physik 40 30 Eine der grundlegendsten Messungen bei LEP1 ist die Bestimmung der leptonischen und hadronischen Wirkungsquerschnitte im Bereich der Z0-Resonanz, d.h. die Messung der Linienform. Aus Lage und Breite der Resonanz lassen sich mit hoher Genauigkeit (10 4 – 10 5) die Masse und Zerfallsbreite des Z0-Bosons ermitteln. Das Verhältnis von Höhe zu Breite hängt von der Rate der Z0-Zerfälle in Neutrinos ab und erlaubt dadurch indirekt die Bestimmung der Anzahl der leichten Neutrinoarten (Nν 2 99 0 02) und damit der Zahl der Teilchenfamilien. 20 Nν = 2 Nν = 3 Nν = 4 10 89 90 91 92 93 94 s [GeV] Untersuchung schwerer Quarks und Leptonen X Ereignisse / GeV Z W Der hochauflösende Microvertexdetektor (Ortsauflösung 25 µm) erlaubt die Identifizierung und Untersuchung schwerer Teilchen (z.B. τ-Leptonen oder Mesonen mit b-Quarks). Diese haben typisch Lebensdauern im Bereich von 10 12 – 10 13 s. Aufgrund 1m der hohen Energie der Teilchen (LorentzBoost, Zeitdilatation) ergibt sich eine Zerfallslänge im Millimeterbereich, so daß solche Teilchen durch die Rekonstruktion sekundärer Zerfallsvertices nachgewiesen werden können. Das ermöglicht die genaue Bestimmung der Lebensdauer, die Messung der Wirkungsquerschnitte für 2mm die Erzeugung schwerer Quarks oder die Untersuchung exotischer Phänomene wie Übergänge zwischen Teilchen und Antiteilchen, die im B0 B0 System auftreten. Y Z X Suche nach dem Higgs-Boson Ein weiterer Schwerpunkt der LEP2 Analyse ist die Suche nach neuen Teilchen, insbesondere nach dem Higgs-Boson. Dieses Teilchen wird vom Standardmodell gefordert, um die Existenz massiver Eichbosonen zu erklären. Die Masse des Higgs-Bosons bleibt ein freier Parameter der Theorie. Bisher konnte das Higgs-Boson nicht nachgewiesen werden, es existieren aber untere Schranken für dessen Masse. Mit den Daten, die bis zu einer Schwerpunktsenergie von 172 GeV vom OPAL-Detektor aufgezeichnet wurden, ergibt sich diese Schranke zu 68.8 GeV. Nach anderen Teilchen, die sich aus Erweiterungen des Standardmodells, wie der Supersymmetrie, ergeben, wird ebenfalls intensiv gesucht. Bisher konnten auch für diese Teilchen nur untere Massenschranken angegeben werden. Weitere Informationen finden sich auf unserer OPAL Seite im World Wide Web: http://www.etp.physik.uni-muenchen.de/opal etp.html