Prüfvereinbarungen können sich in den KZV-Bereichen stark

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Bestandsaufnahme zur Wirtschaftlichkeitsprüfung
Prüfvereinbarungen können sich in den
KZV-Bereichen stark unterscheiden
Die korrekte Abrechnung zahnärztlicher Leistungen ist Pflicht – und eine Selbstverständlichkeit.
Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte unterliegen hier einer Fülle von Reglementierungen, zu denen auch die Wirtschaftlichkeitsprüfungen gehören. Im Folgenden wird ein kurzer
Überblick über die aktuelle Situation im Bereich der vertragszahnärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung gegeben.
Die gesetzlichen Vorgaben sind in den Paragrafen 12 und 70 des
Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) als Wirtschaftlichkeitsgebot festgeschrieben. Hiernach müssen die Leistungen „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein. Sie dürfen das
Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die
nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Das im vergangenen Jahr in Kraft getretene GKV-Versorgungsstärkungsgesetz hat Veränderungen im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfungen festgelegt, wobei die Umstellungen
schrittweise bis zum 01. Januar 2017 erfolgen.
gen durchgeführt und pauschale Honorarkürzungen vorgenommen werden. Festzulegen ist ferner, dass die Prüfungsstelle auf
Antrag der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, der Krankenkasse oder ihres Verbandes Einzelfallprüfungen durchführt.
Bereits mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) aus dem
Jahr 2003 wurde die Prüfung nach Durchschnittswerten als
zwingend vorgeschriebenes Prüfverfahren abgeschafft, womit
diese Prüfmethode nachrangig geworden ist. Eine statistische
Vergleichsprüfung kann jedoch aufgrund vertraglicher Vereinbarung ebenso wie Einzelfallprüfungen weiterhin durchgeführt
werden (§ 106 Abs. 2 S. 4 SGB V).
Wirtschaftlichkeitsprüfung und Prüfmethoden
Die Überwachung der Wirtschaftlichkeit in der vertragszahnärztlichen Versorgung durch Beratung und Prüfung ist eine gemeinsame Aufgabe der Krankenkassen und der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Mit dem GMG wurden eigenständige, gemeinsame Geschäftsstellen zur Unterstützung ehrenamtlich besetzter Prüfungsausschüsse gebildet. Die Prüfungsstelle
hat Entscheidungskompetenzen und übernimmt zugleich organisatorische Aufgaben für den paritätisch mit Vertretern der
Krankenkassen und der zuständigen KZV sowie einem unparteiischen Vorsitzenden besetzten Beschwerdeausschuss, dessen
Entscheidung sie jedoch nicht vorbereitet.
Nach § 106 Abs.2 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung geprüft (1.) durch arztbezogene Prüfung (zahn)ärztlich
verordneter Leistungen bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina (Auffälligkeitsprüfung) und (2.) zahnarztbezogene Prüfung zahnärztlicher und zahnärztlich verordneter Leistungen
auf der Grundlage von zahnarztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben, die mindestens zwei vom Hundert der
Ärzte je Quartal umfassen (Zufälligkeitsprüfung). Zudem können die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassen(zahn)ärztlichen
Vereinigungen über die oben genannten Prüfungen hinaus Prüfungen zahnärztlicher und zahnärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren.
Nach § 106 Abs.3 Satz 3 SGB V sind in den Verträgen auch
festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfun-
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Prüfungsstelle und Beschwerdeausschuss
Prüfvereinbarungen der KZV-Bereiche
Die Prüfvereinbarungen in den einzelnen KZV-Bereichen können sehr unterschiedlich aussehen. Details des Verfahrens werden von der Prüfungsstelle und dem Beschwerdeausschuss festgelegt, weshalb es wichtig ist sich mit diesen Regelungen ver-
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traut zu machen. Die Prüfvereinbarungen weichen hierbei oftmals nicht unerheblich voneinander ab. Hierzu gehören zum
Beispiel folgende Inhalte:
▶Ablauf einer Auffälligkeitsprüfung (beispielsweise Sichtungsverfahren auf Basis anonymisierter 100-Fall-Statistik, Aufgreifen von Abrechnungen)
▶Ablauf Stichprobenprüfung (Zufallsprinzip), Antragsprüfung, Auffälligkeitsprüfung
▶Procedere Prüfmethode
▶Vorprüfung durch Berater
▶Procedere einer Anhörung
▶Festlegung von Maßnahmen/Prüfungsbescheid, wie Feststellung der Wirtschaftlichkeit, Feststellung der Unwirtschaftlichkeit, Beratung des Vertragszahnarztes, Erteilung eines
schriftlichen Hinweises, Festsetzung einer Honorarkürzung,
Einschaltung der Stelle gemäß § 81 a SGB V (Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen)
▶Ablauf Widerspruchsverfahren vor Beschwerdeausschuss
Prophylaxe und Vorgehen
Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ist zunächst eine
gute Dokumentation der erbrachten zahnärztlichen Leistungen
ausgesprochen wichtig, da nur dokumentierte Leistungen abrechenbar sind (Lesen Sie dazu auch das Interview mit Dr. Dr.
Klaus Oehler auf der nächsten Seite). Dies korrespondiert mit
den Dokumentationspflichten aus dem Behandlungsvertrag, die
im Patientenrechtegesetz ausdrücklich festgeschrieben wurden.
Selbstverständlich ist auch der Grundsatz der „peinlich genauen Abrechnung“ zu beachten, wobei dies auch impliziert, dass
Dokumentation und Abrechnung im Einklang stehen.
Besondere Sorgfalt ist auch angezeigt, wenn angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte beschäftigt werden. Diese sollte man
im Arbeitsvertrag explizit auf die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen (unter anderem SGB V, BMV-Z) verpflichten und die
Abrechnung kontrollieren, da Fehler dem Praxisinhaber im Außenverhältnis vollumfänglich angelastet werden.
Wichtig ist auch, dass man im Rahmen des Prüfverfahrens
vor der Prüfungsstelle und dem Beschwerdeausschuss den sogenannten Sachvortrag macht, in den man im Vorfeld Stellung
nimmt und an den mündlichen Verhandlungen teilnimmt.
Wenn man das Prüfverfahren bis zum Bescheid des Beschwerdeausschusses durchlaufen hat, ist es mit einem Vortrag der Argumente (zum Beispiel Praxisbesonderheiten, kompensatorische Einsparungen durch Ausgleich eines Mehraufwandes
durch einen Minderaufwand in einem kompensationsfähigen
Leistungsbereich) im Rahmen einer Klage vor dem Sozialgericht
zu spät. Dieses prüft die rechtliche Situation auf Basis der in den
Prüfverfahren vorgebrachten tatsächlichen Argumente.
Beistand zur Prüfung mitnehmen
Bei einer Prüfung sollte man auch immer überlegen, ob man einen Beistand mitnimmt, das kann ein versierter Kollege oder
auch ein Rechtsanwalt sein. Der Aufwand kann sich dann rechnen, wenn von den geprüften Quartalen eine Signalwirkung für
Folgequartale ausgehen kann. Zu beachten ist auch, dass im
Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen auch das Abrechnungsverhalten hinsichtlich der Plausibilität überprüft werden
kann. Ungereimtheiten können hier durchaus problematisch
werden, wenn das korrekte Abrechnungsverhalten bezweifelt
wird. Es ist in solchen Fällen gut, einen Beistand zu haben. Generell sollte man auch darauf achten, dass die Vorverfahren, bei
einer Rechtsschutzversicherung inkludiert sind, was keinesfalls
immer der Fall ist. Hier muss man das Kleingedruckte sorgfältig lesen.
Veränderungen durch neue Gesetze
Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) wurden die §§ 106 ff SGB V neu strukturiert und inhaltlich umfassend überarbeitet, wobei die Regelungen ab 01.01.2017 greifen.
Ausweislich der Gesetzesbegründung erschweren Umfang und
Unübersichtlichkeit von § 106 SGB V eine effektive Umsetzung
der Wirtschaftlichkeitsprüfungen und führen zu Unsicherheiten und abnehmender Akzeptanz. Um dem abzuhelfen, werde
der Regelungsinhalt des § 106 auf mehrere Paragraphen aufgeteilt, wobei eine inhaltliche Änderung damit nicht einhergehe,
hieß es in der Gesetzeserläuterung. Bei den Ärzten hat der GKVSpitzenverband hierauf basierend bereits im November 2015
eine neue Rahmenvorgabe für die Verordnung ärztlicher Leistungen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vereinbart.
Für die Zahnärzteschaft steht dies noch aus.
RA Michael Lennartz
www.lennmed.de
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Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Zahnarztpraxis
„Da kriegt manch einer feuchte Hände“
Sie ist das Damoklesschwert in der Zahnarztpraxis: die sozialrechtliche Wirtschaftlichkeitsprüfung. Treffen kann sie jeden – jederzeit. Wer in die Prüfung kommt, hat keine Wahl. Aufschub ist
nur aus ganz besonderen Gründen möglich, Absagen schon gar nicht. Die einzige Möglichkeit,
in Prüfzeiten trotzdem gut schlafen zu können, ist eine lupenreine Dokumentation von Behandlung und Leistung, ist Dr. Dr. Klaus Oehler überzeugt. Er leitet das Institut für zahnärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung und Behandlungsqualität in Osnabrück. DFZ-Redakteurin Sabine Schmitt
hat mit ihm über den Sinn und Unsinn von Wirtschaftlichkeitsprüfungen gesprochen.
DFZ: Herr Dr. Oehler, es gibt kaum ein Thema, das die zahnärztlichen
Praktiker so erregt wie das der Wirtschaftlichkeitsprüfung – und keines, das so viel Angst erzeugt. Warum ist das so?
Oehler: Dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung mit so viel Angst
einhergeht, liegt vor allem an der Art und Weise, wie sie durchgeführt wird. Es gibt wenig, worauf man sich verlassen kann. Zudem weiß niemand, was eigentlich genau sozialrechtliche Wirtschaftlichkeit bedeutet. Eine Definition sozialrechtlicher Wirtschaftlichkeit allein mit Blick auf die ausgelösten Kosten ist nicht
ausreichend. Die Rechtsprechung hat vor vielen Jahren einmal
festgelegt, dass die Prüfung intellektuell durchgeführt werden
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sollte. Mir persönlich würde es schon genügen, wenn sie überhaupt nur intelligent wäre. Aber darauf können wir nicht setzen.
DFZ: Wie ist es zu verstehen, wenn Sie sagen, dass es keine Definition von „wirtschaftlich“ gibt?
Oehler: Im Sozialgesetzbuch V gibt es den Paragrafen 106, der
regelt, dass die Krankenkassen und die Kassenärztlichen (KV)
und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV) die Wirtschaftlichkeit der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung überwachen. Nur, dass weder dort, noch irgendwo anders festgelegt ist,
was eigentlich „wirtschaftlich“ ist. Bei einer allein auf die Kos-
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Statement von Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV
Beratungsinstanz und Korrektur
„Die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots und die damit verknüpften Wirtschaftlichkeitsprüfungen sind gesetzliche Vorgaben, in die die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen unmittelbar eingebunden sind. Der Gesetzgeber vertraut hier also völlig zu Recht auf die Kompetenz der Selbstverwaltung. Besonders
Praxisanfängern können durch die Prüfungen notwendige Detailinformationen zu den Abrechnungsbestimmungen und -verfahren vermittelt werden. Aus
diesem Grund ist auch vorgesehen, dass in diesen Verfahren gezielte Beratungen in der Regel weiteren Maßnahmen vorangehen sollen. Wirtschaftlichkeitsprüfungen sollten daher keineswegs als bürokratischer Aufwand, sondern als Beratungsinstanzen verstanden werden. Sie dienen lediglich zur Korrektur von
nachweislich unwirtschaftlichen Leistungen. Die Sicherung der Wirtschaftlichkeit von Behandlungen liegt dabei letztlich im Interesse aller Zahnärztinnen und
Zahnärzte, denn die Ergebnisse der Prüfungen belegen das grundsätzlich korrekte Abrechnungsverhalten der Vertragszahnärzte.“
ten ausgerichteten Betrachtungsweise ist zum einen das Ziel
nicht definiert und zum anderen wird die Zeitspanne nicht angegeben, in der dieses Ziel erreicht werden soll.
Bei der Endodontie ist das gut zu beobachten. Diese zahnerhaltende Therapie ist kostenaufwendig. Die mögliche Alternative der
Entfernung des Zahns wird aber später kostenaufwendiger infolge Anfertigung eines Zahnersatzes, da die bleibende Zahnlücke
in Deutschland auch bei gesetzlich versicherten Patienten eigentlich nicht vorkommt. Die Durchschnittsstatistik wird als Mittel
zum Zweck der Wirtschaftlichkeit herangezogen und ist doch nur
eine Krücke: In einem KZV-Bereich werden alle abgerechneten
Leistungen bezogen auf alle niedergelassenen Zahnärzte in dem
Bereich heruntergerechnet. Dann kommt man auf eine bestimmte Anzahl von Leistungen pro 100 Patienten. Als wirtschaftlich
wird angesehen, was der Durchschnitt macht. Da es jedoch immer um eine individuelle Behandlung geht, müssen die Eigenheiten des einzelnen Patienten in die Prüfung mit einfließen. Wer
mit seiner Behandlung aber vom statistischen Mittel abweicht, ist
auffällig und kommt in die Prüfung. Er kann dann nicht mit den
jeweiligen individuellen Besonderheiten des Patienten argumentieren, weil er ja an einer Statistik gemessen wird, wenn nicht der
einzelne Fall geprüft wird.
DFZ: Man muss also „auffällig“ werden, um zur Prüfung gebeten
zu werden?
Oehler: Die Auffälligkeitsprüfung ist nur eine Variante, wenn
ein Zahnarzt beispielsweise mit seinem Durchschnittsfallwert
den seiner Vergleichsgruppe in einer auffälligen Weise überschreitet. Wer beispielsweise mit seinem Fallwert im sogenannten offensichtlichen Missverhältnis zu seiner Vegleichsgruppe
abweicht, hat verdammt schlechte Karten, weil der Durchschnitt
möglicherweise viel mehr Patienten betreut und somit je Patient nicht so viele Leistungen erbringen kann. Aber dann muss
der Zahnarzt beweisen, dass er eben nicht unwirtschaftlich gearbeitet hat, sondern dass es möglicherweise Praxisbesonderheiten gibt, die sein Arbeiten genau so erfordern, wie er es getan
hat. Oder er kann kompensatorische Einsparungen nachweisen.
Aber, und hier gilt die alte Juristenweisheit: Wer beweisen muss,
hat schon verloren: Als Praxisbesonderheiten oder kompensatorische Einsparungen lassen die Prüfer nicht viel gelten, vielleicht mal eine besondere Ausrichtung auf Kinder oder chirurgische Leistungen, vielleicht die Vermeidung von Extraktionen.
Die Prüfgremien machen es schon aus Verfahrensgründen dem
Zahnarzt im Allgemeinen schwer. Denn es ist schon nicht klar,
wann eine Sachlage als nachgewiesen gilt. Und es kann ja nicht
jeder mit seinen eigenen Studien aufwarten. Es wird mit ungleichen Waffen gekämpft.
DFZ: Also lautet die Empfehlung: Immer schön im Durchschnitt bleiben, dann muss niemand die Prüfung fürchten?
Oehler: Nein, das wäre ja nun viel zu einfach – und auch falsch.
Denn es geht ja in der Praxis um Einzelfälle und wie gesagt eben
nicht um Statistik und Durchschnitt in der Zahnmedizin. Aber
die Prüfung kann auch Kollegen treffen, die nicht auffällig werden. Es gibt auch die Zufälligkeitsprüfung. Und die kann jeden
Zahnarzt immer treffen. Zwei Prozent aller Praxen in jedem
KZV-Bereich sollen jedes Jahr zufällig geprüft werden – so ist
es gesetzlich festgelegt. Wie die Auswahl bei den KZV stattfindet, ist vollkommen intransparent. Von diesen zwei Prozent der
Praxen werden in der Realität nicht alle geprüft. Wie die Aus-
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wahl der dann tatsächlich geprüften Praxen aussieht, weiß niemand. Sie ist also ebenfalls intransparent.
DFZ: Das heißt dann also, dass jeder Zahnarzt allzeit bereit sein muss,
eine Wirtschaftlichkeitsprüfung über sich ergehen zu lassen?
Oehler: So ist es. Ein Vertragszahnarzt muss immer darauf vorbereitet sein, in die Prüfung zu kommen. Das wichtigste, um
dann nicht zu verzweifeln, wenn es so weit ist, ist eine blitzsaubere Dokumentation von Anfang an. Wenn die Dokumentation nicht stimmt, dann können Sie alles vergessen. Ein Zahnarzt
muss sich mit Behandlungsstandards, Gebührenpositionen,
Richtlinien und Rechtssprechungen auskennen. Wenn ein Praxisinhaber nur sagt: „Ich bin zum Bohren geboren, der Rest interessiert mich nicht“, der wird sich schwer tun. Der kann zwar
Personal einstellen, dem er vertraut, aber er muss der Chef bleiben. Wenn er sich bis zur Ankündigung der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht damit beschäftigt hat, muss er sich spätestens
dann Expertise ins Haus holen. Denn dann steht viel auf dem
Spiel bis hin zum Zulassungsentzug. Vor der Prüfung sollte auf
jeden Fall noch einmal die komplette Patientendokumentation
durchgegangen werden, um eventuelle Fehler zu finden. Von der
Ankündigung bis zum Prüftermin bleiben je nach KZV unterschiedlich viele Wochen Zeit. Unterlagen kann die Prüfstelle
schon vorher anfordern.
DFZ: Warum ist das so wichtig?
Oehler: Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung fällt in der Prüfsituation selbst schnell mal das Wort Abrechnungsbetrug. Da kann
man jahrelang sauber gearbeitet haben, aber in der Situation
kriegt man dann trotzdem feuchte Hände und einen trockenen
Mund. Wenn es Fehler in der Dokumentation geben sollte, ist
es besser, der Zahnarzt weiß, wo sie stecken könnten, als unvorbereitet damit konfrontiert zu werden. Und dass es Fehler gibt,
ist nicht so unwahrscheinlich. Jeder macht mal einen Fehler.
Obendrein ist eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für alle Seiten
kostenaufwendig. Für die Ausschüsse ist eine solche Prüfung
kein Selbstzweck.
DFZ: Wäre es dann nicht einfacher, von vornherein eine Kürzung zu akzeptieren, als sich dem Stress dieser aufwendigen Prüfung auszusetzen?
Oehler: Ganz sicher nicht. Und das mit gutem Grund: Wer einmal rechtswirksam als unwirtschaftlich angesehen wurde – und
das ist der Fall, wenn er eine Leistungskürzung akzeptiert – bei
dem wird bei der nächsten Prüfung auf das vorherige Ergebnis
verwiesen, wenn er sein Verhalten nicht geändert hat. Das ist
ein Automatismus. Da steht dann bei wiederholt festgestellter
Unwirtschaftlichkeit schnell die Zulassung auf dem Spiel. Selbst
bei einem Vergleich, der mit der Prüfstelle geschlossen wird,
gibt der Zahnarzt zu, unwirtschaftlich gearbeitet zu haben. Es
kann also nicht Sinn der Sache sein, unwirtschaftliches Verhalten zuzugeben, nur um seine Ruhe zu haben. Die hat man nämlich nicht. Es sei denn, man würde die in der Prüfung festgestellte Unwirtschaftlichkeit umgehend abstellen.
DFZ: Wie kommt man dann aus der Sache raus?
Oehler: Mit dem derzeitigen System gar nicht. Und der Gipfel
ist, dass die Prüfergremien häufig genug empfehlen, Leistungen
zu erbringen, aber eben einfach nicht abzurechnen, damit sie
nicht in der Statistik auftauchen. Das ist zumindest Aufforderung zum Verstoß gegen vertragszahnärztliche Pflichten durch
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einen Amtsträger, wenn nicht sogar Anstiftung zu einer Straftat, Abrechnungsbetrug oder zum Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Denn nach Rechtsprechung muss
jede Leistung, die erbracht und abrechenbar ist, auch tatsächlich abgerechnet werden, sonst verstößt der Zahnarzt gegen seine Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung. Schon dieser
Pflichtenverstoß kann zum Zulassungsentzug führen.
DFZ: Also versagt das System der Wirtschaftlichkeitsprüfung, könnte man sagen. Haben Sie eine bessere Idee?
Oehler: Zunächst einmal denke ich, dass eine Prüfung in dem
bestehenden Kassenleistungssystem durchaus ihren Sinn hat,
sonst würde das System kaputt gemacht werden. Die Frage ist
aber, wie die Prüfung intelligent gemacht werden kann. Selbst
der Gesetzgeber sieht nachlesbar die derzeitige Form der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausdrücklich als minderwertig an.
Der erste Schritt ist also: Zahnmedizin und deren Prüfung auf
Wirtschaftlichkeit darf nicht der Statistik unterliegen, sondern
dem Einzelfall. Bestimmte Leistungen, ureigene zahnärztliche
Leistungen wie beispielsweise Füllungen, müssten aus der Prüfung herausgenommen werden, wenn keine ungewöhnlichen
Auffälligkeiten vorliegen. Dann muss eine andere Definition für
sozialrechtliche Wirtschaftlichkeit festgelegt werden: Was und
wie kann überhaupt beurteilt werden, ohne den Patienten direkt
anzuschauen. Rasenmäher- oder Gießkannenprinzip sind nie
gut. Keiner weiß, was sozialrechtliche Wirtschaftlichkeit eigentlich bedeutet, aber alle sprechen davon.
Bei Leistungen kann ohnehin die Notwendigkeit und Qualität, deren Prüfung vom Gesetzgeber in den Vordergrund gestellt
werden soll, nur am Einzelfall und nicht statistisch geprüft werden. Die statistische Prüfung war schon immer unzureichend,
weil sie eben nicht alle Kriterien für die Wirtschaftlichkeit von
erbrachten Leistungen - zweckmäßig, ausreichend, notwendig
– prüfen kann. Die Prüfer der KZV müssten zunächst einmal
vernünftig geschult werden. Noch nie in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung gesteckt zu haben, ist kein ausreichendes Qualitätsmerkmal, um in einen solchen Ausschuss zu gelangen. Es ist
auch für die Geprüften besser, mit jemanden zu reden, der sich
auskennt. Dann müsste auch niemand mehr Angst vor der Prüfung haben. Die Sozialgerichte gehen davon aus, dass die Mitglieder von Prüfungsausschüssen Experten auf diesem Gebiet
sind. Manche KZV wissen nicht oder wollen nicht wissen, was
in den Prüfungen so alles abläuft.
Dr. Dr. Klaus Oehler
hat Rechtswissenschaften, Medizin und
Zahnmedizin studiert. Er ist Verfasser einiger
Standardwerke über zahnärztliche
Wirtschaftlichkeitsprüfungen,
zahnmedizinischen Standards und
zahnärztliche Sachverständige. Oehlers
neuestes Buch heißt „Zahnärztliche
Dokumentation“ (IZWP-Verlag, 158 Seiten,
49,90 Euro, ISBN:978-3-00-052820-0)
politik
Kommentar vom DFZ-Chefredakteur Dr. Joachim Hüttmann
Wie zweckmäßig ist eigentlich die
Wirtschaftlichkeitsprüfung?
„Bringst Du den Müll raus und mähst heute noch den Rasen? Ich bringe die Kinder in die Schule und
das Auto zur Inspektion.“ Im normalen Leben schließen wir ständig Vereinbarungen und treffen Verabredungen. Juristisch nennt man das Verträge. Geschlossen werden sie mündlich oder schriftlich
oder durch konkludentes Handeln, zum Beispiel wenn ich den Zapfhahn der Tanksäule in den Stutzen
des Tanks meines Autos stecke und den Betätigungshebel herunterdrücke oder mich auf den Stuhl
meines Friseurs setze und widerpruchslos Kamm und Schere in Aktion treten lasse.
So weit, so einfach. Kompliziert wird es immer dann, wenn Dritte im Bunde sind. So auch beim klassischen Dreiecks-Verhältnis
Patient/Patientin, Vertragszahnarzt/zahnärztin und Gesetzliche Krankenkasse. Denn anders als beim sogenannten Privatpatienten hat der Patient einen Leistungsanspruch nicht gegenüber dem (Zahn-)Arzt, sondern gegenüber seiner Krankenkasse. Diese gibt gegenüber ihren Mitgliedern und Versicherten als
Gegenleistung für deren Beitragszahlung ein Leistungsversprechen ab. Gewährt werden (zahn-)ärztliche Leistungen in der Regel als Sachleistung.
Erfüllt wird dieses Leistungsversprechen gegenüber GKV-Versicherten im zahnärztlichen Bereich von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) – ihre Aufgabe ist es, deren Versorgung
sicherzustellen. Zu diesem Zweck schließen die KZV und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung mit den Kostenträgern in
ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich entsprechende Verträge.
Da der Patient nicht Schuldner gegenüber dem Zahnarzt ist und
auch die Krankenkasse nicht an den Zahnarzt zahlt, sondern mit
befreiender Wirkung an die KZV, entfällt auch die sonst im Wirtschaftsleben unmittelbar vorgenommene Prüfung der Preiswürdigkeit. „War alles zu Ihrer Zufriedenheit?“. „Ja, bitte die Rechung!“. Das ist in den meisten Ländern der Welt auch für zahnmedizinische Behandlungen der Normalfall. Nicht so bei der
Sachleistung. Hier wird erst nachträglich geprüft, und so flattern
Prüfanträge oft erst Monate oder gar Jahre später in die Praxis.
Begrenzte Leistungen für begrenztes Geld
Verbunden mit all den unangenehmen Begleiterscheinungen
(abgesehen vom steigenden Blutdruck): Röntgenbilder einreichen, Behandlungsunterlagen vorlegen, Stellung beziehen. Sind
die Vorschriften eingehalten worden, ausreichend, wirtschaftlich, zweckmäßig und das Maß den Notwendigen nicht überschreitend therapiert zu haben? Konkret werden diese unbestimmten Rechtsbegriffe nämlich erst durch Anwendung der
Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) und
statistische Vergleiche mit der jeweiligen Zahnarztgruppe. Das
mag man bedauern (es ginge ja auch anders – siehe oben), es ist
aber systemimmanent. Ob die Entscheidungen der unabhängigen und paritätisch mit Vertretern von Kassen und KZV besetzten Prüfgremien den tatsächlichen Umständen der Leistungserbringung in den Praxen einigermaßen gerecht werden oder
nicht, hängt allerdings ganz entscheidend von der Qualifikation und der (auch standespolitischen) Grundhaltung der zahn-
ärztlichen Vertreter in diesen Gremien ab. So müssen sie unter
anderem der Versuchung widerstehen, sich als „Oberzahnarzt“
oder „Sparkommissar“ zu gerieren.
Fehler bei der Abrechnung können vorkommen, auch Fehlinterpretationen von Abrechnungsbestimmungen. Das hat aber
nichts mit der Wirtschaftlichkeit im Sinn des SGB V zu tun. Unwirtschaftlich bedeutet zunächst eine über ein bestimmtes Maß
hinausgehende Abweichung von der durchschnittlich abgerechneten Leistungsmenge. Oder anders ausgedrückt: Patienten haben Leistungen erhalten, auf die sie nach der Rechts- oder Vertragslage keinen Anspruch hatten. An diese Sprachregelung
sollten sich unsere Vertreter in den Prüfgremien halten. Das
sollte auch gegenüber den Vertretern der Kassen immer wieder
hervorgehoben werden. Den geprüften und gegebenenfalls mit
Honorarkürzungen bedrohten Kolleginnen und Kollegen ist zu
raten, sich nicht nur mit den Regularien auseinanderzusetzen,
sondern auch von ihrem Recht auf rechtliches Gehör Gebrauch
zu machen, um Entscheidungen nach Aktenlage zu vermeiden.
Juristische Unterstützung (auch durch den Freien Verband)
kann in komplizierten Fällen hilfreich sein. Der beste Freund
des Zahnarztes ist allerdings (auch mit Blick auf mögliche gerichtliche Überprüfungen) die sauber und lückenlos geführte
Dokumentation in der Patientenakte.
„Begrenzte Leistungen für begrenztes Geld“, das ist beileibe
keine Erfindung des Freien Verbands, sondern konstitutiver Bestandteil des Sachleistungssystems. Dass wir dessen Spielregeln
akzeptieren (müssen), heißt noch längst nicht, dass sie richtig
oder (wie es heute so oft heißt) alternativlos wären. Spätestens
seit der Diskussion um das Patientenrechtegesetz sollte sich herumgesprochen haben, dass eine Pflicht zur Aufklärung auch
über Behandlungsalternativen außerhalb des Leistungskatalogs
der GKV besteht.
Dr. Joachim Hüttmann
DFZ-Chefredakteur
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