24 TIERHALTUNG | Kälberdurchfall diegrüne | Nr. 5/2010 Der Kampf gegen Kryptosporidien Neugeborenendurchfälle betreffen Kälber in den ersten zwei bis drei Lebenswochen. Ausgelöst werden Neugeborenendurchfälle meist durch verschiedene Erreger, welche die Darmzotten schädigen und zu starkem Flüssigkeitsverlust führen. Bei der Behandlung ist deshalb das Vorbeugen der Austrocknung von zentraler Bedeutung. J gen erfolgt oft über Antibiotika. Jedoch lassen sich nicht alle Erreger mit Antibiotika bekämpfen. Dazu gehören auch die einzelligen Parasiten, die Kryptosporidien. Es gibt verschiedene Arten von Kryptosporidien. Cryptosporidium parvum (C. parvum) löst beim Kalb Durchfall aus. Bereits eine geringe Infektionsdosis kann die Erkrankung bewirken. Die Infektion Bild: Archiv Bild: U. Braun, Vetsuisse-Fakultät Zürich che Einbussen durch Gewichtsverluste oder einzelne Todesfälle sind bei beiden Ursachen die Folge. Die häufigsten Durchfallerreger sind Kryptosporidien, Rotaviren, Coronaviren und E.-coli-Bakterien. Über 40 Prozent der Erkrankungen sind auf Mischinfektionen zurückzuführen, die von mehreren Erregern verursacht werden. Die Behandlung solcher Erkrankun- eder Betriebsleiter kämpft damit: Neugeborenendurchfälle in den ersten zwei bis drei Lebenswochen. Sie können Ursachen infektiöser und nicht infektiöser Art haben: Infektiöse Durchfälle, wo Erreger übertragen werden, haben die grössere Bedeutung als nicht infektiöse Ursachen, die nicht übertragen werden können (z. B. Pansentrinker). Wirtschaftli- geschieht durch Aufnahme der Erreger übers Maul. Die Übertragung kann direkt von Tier zu Tier oder auch indirekt über Gegenstände erfolgen. Im Dünndarm befallen die Erreger die Darmzellen und vermehren sich dort. Infizierte Kälber scheiden bereits nach zwei bis sieben Tagen grosse Mengen an Oozysten aus. Bei den Oozysten handelt es sich um das infektiöse Entwicklungsstadium der Kryptosporidien. Die intensivste Oozystenausscheidung erfolgt, wenn die Kälber zwei bis drei Wochen alt sind. Kälber, die älter als drei Monate sind, Ein starker Flüssigkeitsverlust kann sich fatal auf das Kalb auswirken... ...und zu einer starken Übersäuerung führen. Auf dem Bild zwei festliegende, an Kryptosporidien erkrankte Kälber an der Vetsuisse-Fakultät Zürich. Diese Kälber können nur noch durch eine Infusion gerettet werden. Nr. 5/2010 | diegrüne Vermehrt bei Stallhaltung Eine Infektion kann im Stall und auf der Weide stattfinden. Krankheitsausbrüche sind jedoch meist bei Stallhaltung zu verzeichnen. Nicht jede Übertragung führt zwingend zu einem Krankheitsausbruch. Zum Beispiel ist in der Mutterkuhhaltung die Infektionsrate hoch, klinische Symptome treten aber seltener auf als beim Milchvieh. Eine Erklärung könnte darin liegen, dass Kälber in der Mutterkuhhaltung länger passiv Antikörper über die Muttermilch erhalten. Von grösster Bedeutung ist die Hygiene auf dem Betrieb. Schlechte Haltungs- und Hygienebedingungen fördern eine Infektion. In Betrieben mit Durchfallproblemen, die durch Kryptosporidien verursacht wurden, stellen ältere Kälber eine ständige Gefahr dar. Obwohl diese Kälber die Krankheit durchgemacht haben, können Oozysten noch lange ausgeschieden werden. Darmzellen werden beschädigt und sterben ab Durchfall resultiert immer aus einer ungenügenden Flüssigkeitsabsorption aus dem Darm. Die Kryptosporidien befallen die Darmzotten und führen dazu, dass diese sich immer weiter zurückbilden. Die Hauptfunktion der Darmzotten, nämlich die Aufnahme von Flüssigkeit aus dem Darm, wird durch die Oberflächenverkleinerung stark beeinträchtigt. Durch den Verlust von Puffersubstanzen, die von den Darmzotten nicht Merkpunkte ■ Frühzeitige und ausreichende Kolostrumversorgung sicherstellen. ■ Allgemeine Hygiene einhalten. ■ Gründliche Reinigung und Desinfektion der Abkalbe- und der Kälberboxen. ■ Nährstoffe (Milchtränke), Flüssigkeit und Puffer (Zwischentränke) zuführen. ■ Bei Verdacht eine Kotuntersuchung durchführen. ■ Halocur sorgfältig anwenden. mehr aufgenommen werden können und zusätzlich durch Milchsäure, die von zerfallenen Bakterien stammt, resultiert eine Übersäuerung des Kalbs. Zusätzlich wird Flüssigkeit in den Darm gepumpt, um den Säure-Base-Haushalt auszugleichen. Dem Körper wird noch mehr Wasser entzogen. Ein grosser Flüssigkeitsverlust ist die Folge davon. Nicht selten verlieren Kälber so 10 Prozent ihres Körpergewichts. Starker Durchfall, Austrocknung und Mattigkeit, Festliegen bis zum Koma sind die sichtbaren Folgen der Darmzottenzerstörung. Ein geschädigter Darm verträgt am besten Milch Der Flüssigkeits- und Pufferersatz sind bei einer Durchfallerkrankung oberstes Gebot. Je kleiner der Flüssigkeitsverlust, desto besser lässt sich ein Kalb therapieren. Ein hochgradiger Wasserverlust von über 8 Prozent des Körpergewichts zusammen mit einer starken Übersäuerung Die häufigsten Durchfallerreger ■ Parasiten: Kryptosporidien (C. parvum) 55% ■ Viren: Rotaviren 58,7% Coronaviren 7,8% ■ Bakterien: E. coli 5,5% ■ Mischinfektionen >40% Bild: Archiv scheiden nur noch geringe Mengen an Erregern aus, jedoch können die Erreger noch bis einjährig ausgeschieden werden. Der Erregernachweis ist im Kot möglich. In der Umwelt weisen die Erreger eine grosse Widerstandsfähigkeit auf. Bei einer guten Immunität des Kalbs limitieren sie sich jedoch von selbst. Haarausfall an den Gliedmassen des Kalbs kann eine Spätfolge einer Übersäuerung sein. können den Saugreflex hemmen. Solche Kälber können fast nur noch über eine Infusion gerettet werden. Ist der Saugreflex noch vorhanden, kann der Flüssigkeitsersatz über Zwischentränken bis dreimal pro Tag erfolgen. Der Ersatz von Puffern ist sehr wichtig, jedoch schwierig abzuschätzen, da man ohne Blutuntersuchung nicht weiss, wie stark die Übersäuerung ist. Haarausfall, der oft an den Gliedmassen der Kälber beobachtet wird, kann eine Spätfolge der Übersäuerung sein. Die ausgeschiedenen Nährstoffe müssen ebenfalls so gut und so schnell wie möglich ersetzt werden. Die beste Nährstoffquelle stellt auch bei Durchfall die Milchtränke dar. Denn ein geschädigter Darm verträgt Milch, die er gewohnt ist, am besten. Ein Absetzen von der Milch schadet dem Kalb zusätzlich. Beim Nachweis von Kryptosporidien kann zusätzlich zum Flüssigkeitsersatz mit Halocur behandelt werden. Geeignet ist dieses Präparat für den prophylaktischen und auch für den therapeutischen Einsatz. Bei bereits infizierten Kälbern wird die Ausscheidung von Oozysten reduziert und bei kontaminierten, jedoch noch nicht infizierten Tieren wird die parasitäre Entwicklung und somit auch die Ausscheidung von Oozysten stark vermindert. Allerdings kann es zu einer Verlängerung der Oozystenausscheidung kommen. Der therapeutische Einsatz von Halocur muss deshalb gut überlegt werden und sollte unbedingt am ersten Tag des Durchfallgeschehens erfolgen. Die Dosierung muss unbedingt beachtet werden, damit das Präparat vertragen wird. Halocur sollte nicht auf leeren Magen und nur nach der Aufnahme von Kolostrum, Milch oder Milchersatz oral verabreicht werden. Es wird empfohlen, Halocur nur in Beständen mit massiven Problemen und wenn, nur in Kombination mit anderen Massnahmen einzusetzen. Zur Unterstützung sollte in solchen Fällen ein Tierarzt zugezogen werden. Eine frühzeitige und ausreichende Kolostrumversorgung kann einer Erkrankung vorbeugen. Zu einer Bekämpfung trägt nur eine Reduktion der Umweltkontamination, also eine möglichst gute Hygiene, bei. Die Reinigung und Desinfektion von Abkalbe- und Kälberboxen hilft zur Vorbeugung gegen infektiöse Neugeborenendurchfälle. | Aline Küenzi Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag von Dr. med. vet. FVH Gabriela Knubben. Sie ist Tierärztin und Leiterin Ambulanz an der Universität Zürich.