Lyme-Borreliose

Werbung
Best.-Nr. 60056 • Stand 1996
Bundesinstitut für
gesundheitlichen
Verbraucherschutz
und Veterinärmedizin
Bundesinstitut für
Infektionskrankheiten
und nicht übertragbare
Krankheiten
Lyme-Borreliose
Erkennung und Verhütung
Merkblatt für Ärzte
Herausgegeben von BgVV und RKI
1. Allgemeines
Zwei bedeutsame Infektionserreger werden in Mitteleuropa
durch Zecken auf den Menschen
übertragen. Während die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME)
virusbedingt ist, wird die LymeBorreliose (LB) durch ein spiralförmiges Bakterium (Spirochäte) verursacht. Die Bezeichnung „Lyme“
geht auf den Ort „Lyme“ im USBundesstaat Connecticut zurück,
wo 1975 bei Kindern und Erwachsenen gehäuft Fälle mit Arthritis
beobachtet wurden, die anamnestisch mit Zeckenstichen in Verbindung gebracht werden konnten.
2. Erreger und
Epidemiologie
Die unterschiedlichen Krankheitsbilder der Lyme-Borreliose waren
schon vor der Jahrhundertwende
bekannt, wobei der Erreger erstmals 1982 in den USA durch Burgdorfer beschrieben wurde. Erst
durch den Nachweis von Borrelia (B.)
burgdorferi konnte die Lyme-Borreliose als Infektionskrankheit eingeordnet werden. Bei den Erregern
handelt es sich um Borrelien, die, wie
die Erreger verschiedener Arten von
Rückfallfieber, taxonomisch der Familie Treponemataceae zugeordnet
werden. Durch genetische Analyse
▲
Das Merkblatt ist ausschließlich beim
Deutschen Ärzte-Verlag GmbH, Dieselstr.
2, 50859 Köln (nicht beim RKI oder BgVV)
zu beziehen.
wurde B. burgdorferi in mehrere Genospezies unterteilt. Bisher wurden
drei Spezies von B. burgdorferi sensu
lato (s.l.) von Patienten isoliert. Diese
sind B. burgdorferi sensu stricto,
B. garinii und B. afzelii, die auch in
Deutschland vorkommen. Bei europäischen Patienten wurde von Hautbiopsien überwiegend B. afzelii (8090 %), von Liquor cerebrospinalis dagegen vor allem B. garinii (ca. 70 %)
isoliert. Grundsätzlich können Vertreter der drei genannten Spezies sowohl von Haut als auch von Liquores
isoliert werden. B. burgdorferi ist ein
bewegliches, spiralig geformtes Bakterium, dessen Morphologie und Beweglichkeit im Dunkelfeldmikroskop
gut darstellbar sind. Die Länge des
Erregers beträgt 4-30 µm, die Dicke
0,18-0,25 µm. Die Anzüchtung ist
schwierig und gelingt nur in Spezialmedien bei einer Kulturdauer von
mehreren Wochen.
In Mitteleuropa überträgt die
Schildzecke Ixodes ricinus, auch
der Gemeine Holzbock genannt,
den Erreger der Lyme-Borreliose.
In Deutschland sind Vorkommen
dieser Zeckenart von der Nord- und
Ostseeküste bis in 2000 m Höhe in
den Alpen bekannt. Infizierte
Zecken kommen in ganz Deutschland vermutlich bis zu 1.000 m
Höhe vor.
Ixodes ricinus muß im Laufe seiner
Entwicklung drei Blutmahlzeiten
aufnehmen, jeweils eine als Larve,
Nymphe und Adulte. Nach jeder
1
Blutmahlzeit wird der Wirt verlassen, die Blutmahlzeit wird verdaut
und durch Entwicklung und Häutung das nächste Stadium erreicht.
Nach einer Reifungsphase von Tagen bis Wochen oder sogar Monaten wird ein neuer Wirt gesucht.
Die spinnenähnlichen, erwachsenen, längsovalen Zecken-Weibchen
sind mit einem augenlosen Rückenschild versehen. Sie haben nüchtern
eine Körperlänge von 2,4 - 4,8 mm,
vollgesogen jedoch bis 12 mm. Ihr
Köpfchen besteht aus einer vor
dem Körper aufsitzenden dunkelbis schwarz-braunen Basis sowie
aus dieser entspringenden relativ
langen, schlanken Mundwerkzeugen. Der ebenfalls dunkel- bis
schwarz-braune Rückenschild bedeckt bei den Weibchen im Gegensatz zu den Männchen nur den
oberseitigen, vorderen Teil des gelblichgrauen bis hellbraunen, weichhäutigen Körpersacks. Die erwachsenen Zecken und die Nymphen haben acht Beine. Die Nymphen sind
mit 1,2 mm (nüchtern) bis 2,0 mm
Körperlänge (vollgesogen) erheblich
kürzer als die adulten Zecken. Die
weichhäutigen
Körperabschnitte
sind hellgrau-gelb und mit einem
mittel- bis dunkel-braunen Rückenschild bedeckt. Dieser ist nach Form
und Umfang wie bei den Weibchen
ausgeprägt.
Die im Gegensatz zu Adulten und
Nymphen sechsbeinigen, am Rükkenschild hell- bis mittelbraun gefärbten Larven treten nur selten am
Insektenfresser, wie z. B. der Igel,
eine Rolle, aber auch Wild, Vögel
und Haustiere kommen als Wirte
in Betracht. Vögel spielen vermutlich eine wichtige Rolle bei der
Verbreitung Borrelientragender
Zecken über größere Entfernungen. Wenn auch zunehmend über
klinische Fälle bei Hund, Katze,
Pferd und Rind berichtet wird, so
ist das Wissen über Erkrankungen bei Haustieren noch gering.
Serologisch festgestellte Infektionsraten bei Hunden können Hinweise zur Höhe des Infektionsrisikos beim Menschen geben.
3. Übertragung
Abbildung
Zecken, wie man sie am Menschen finden kann:
(obere Reihe von links nach rechts:) Nymphe
ungesogen und vollgesogen; (Reihe darunter:)
Weibchen und Männchen, ungesogen;
(unten Mitte) Weibchen vollgesogen.
Vergrößerung ca. 2fach.
Foto: Prof. Dr. A. Liebisch, Institut für Parasitologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover.
Menschen auf. Sie sind mit
0,6 mm (nüchtern) bis zu 1,25 mm
(vollgesogen) Körperlänge kürzer
als die Nymphen. Der Rückenschild bedeckt wie bei Weibchen
und Nymphen nur den vorderen
Teil des Körpers. Die weichhäutigen Teile des Körpersacks sind
hellgrau bis grau-gelb (Abb.).
Anders als bei der endemisch auftretenden FSME können Befallsgebiete bzw. -flächen Borrelieninfizierter Zecken nicht eingegrenzt
werden. In den europäischen Nachbarländern Deutschlands ist die Situation ähnlich.
Die Infektionsraten von Ixodes ricinus mit B. burgdorferi s.l. liegen
zwischen 0 bis 40 % und variieren
bei den einzelnen Zeckenstadien
(Adulte ca. 20 %, Nymphen ca. 10 %,
Larven < 5 %). Auch in hämatophagen Fliegen und Mücken wurden die
Erreger gefunden. Der entsprechende Nachweis der Übertragung ist
bisher aber nicht gelungen.
Als Reservoirtiere der Borrelien
spielen hauptsächlich Nager und
Der Zeckenstich ist der Hauptübertragungsweg für den Erreger
der Lyme-Borreliose, an den sich
Patienten häufig nicht erinnern
können. Zeckenbefall ist während
der Monate April bis September
besonders häufig, kann aber bei
Temperaturen über 10 °C zu allen
Jahreszeiten erfolgen. Die Zecken
sind in der warmen Jahreszeit am
Vormittag, am frühen Abend und
nachts am aktivsten. Beliebte Aufenthaltsorte der Zecken sind buschige Wald- und Wegränder,
Laub- und Mischwälder, hier vor
allem lichte Gehölze mit Unterwuchs sowie Parkanlagen und Gärten mit Büschen und Sträuchern als
Unterholz. Wirtssuchende Zecken
befinden sich je nach Stadium bis
zu einer Höhe von etwa 1 bis 1,5
Meter an Gräsern, Farnen und
niedrigen Zweigen, aber keinesfalls
auf Bäumen. Der Befall erfolgt deshalb beim erwachsenen Menschen
meist in Beinhöhe.
s.l. mit der Dauer des Saugaktes zunimmt. Die Entfernung sollte mechanisch erfolgen. Dazu sollte eine
Pinzette benutzt werden, mit der
die mit Widerhaken und Zähnen
versehenen Mundwerkzeuge der
Zecke direkt über der Haut erfaßt
und aus der Stichwunde herausgezogen werden.
Etwas schwieriger ist es insbesondere für den Ungeübten, die Zecke
nur mit Hilfe der Finger in gleicher
Weise aus der Stichwunde zu entfernen. Dabei ist darauf zu achten,
daß die Zecke zwischen Zeigefinger- und Daumenende dicht über
der Haut im Bereich des Köpfchens
gefaßt und durch langsames Ziehen
nach hinten – also entgegen
der Stichrichtung – vorsichtig herausgezogen wird.
Wichtig ist, daß der Zeckenleib weder gequetscht noch beschädigt
wird, da dies die Infektion durch
vorhandene Erreger fördern kann.
Ebenso sollte der Versuch unterbleiben, Zecken vor ihrer Entfernung
mit Öl, Cremes, Alkohol, Nagellackentferner oder ähnlichen Substanzen zu bedecken, um die verstärkte
Absonderung von erregerhaltigem
Speichel zu vermeiden.
Nach Möglichkeit sollten die Hände
und die Stichstelle desinfiziert werden (z. B. Betaisadona). In der Haut
verbleibende Mundwerkzeuge werden binnen Tagen „abgestoßen“.
Geschieht dies nicht oder entzündet
sich die Stichwunde, sollte der Arzt
aufgesucht werden.
3.1 Zeckenentfernung
Die Zecken bevorzugen Lokalisationen zwischen den Beinen, in den
Kniekehlen, unter den Armen, im
Nacken und am Kopf (Haaransatz),
die warm, feucht, gut durchblutet
sind und dünne Hautpartien aufweisen.
Aus der Haut gelöste und lebende
Zecken können in einem verschlossenen Gefäß, dem Teile von Grashalmen zur Verhinderung der Austrocknung beigegeben wurden, zur
Untersuchung an Medizinaluntersuchungsämter bzw. Institute für
Medizinische Mikrobiologie, Veterinärparasitologie oder Zoologie
der Universitäten oder Hochschulen eingesandt werden.
In der Haut festsitzende Zecken
sollten möglichst bald entfernt werden, da die Wahrscheinlichkeit
einer Infektion mit B. burgdorferi
Es liegen jedoch bisher keine Ergebnisse kontrollierter Studien vor, die
ausreichen, generell bei positivem
Borrelienbefund eine prophylakti-
2
sche Therapie zu empfehlen. Die Indikation zur Antibiotika-Prophylaxe
muß daher im Einzelfall vom behandelnden Arzt gestellt werden. Insgesamt nimmt die Übertragung wahrscheinlich mit zunehmender Dauer
des Saugaktes zu. Bei Saugakten
von weniger als 24 Std. scheint eine
geringere Infektionsgefahr zu bestehen.
3.2 Zeckenbefallsprophylaxe
Der wirksamste Schutz gegen einen
Befall mit Zecken besteht darin,
Flächen, die als Infestationsgebiete
bekannt oder dem Biotop nach als
solche einzustufen sind, zu meiden.
Dazu gehören Landschaften mit langem, hohem Gras, Farnen und dichtem Unterholz, z. B. am Rand von
Waldwegen oder an Wildwechseln
bzw. in entsprechend bewachsenen
Gärten und Parks.
Beim Wandern oder Arbeiten auf
derartig bewachsenen Freilandflächen sollte zum Schutz gegen das
schnelle Ansaugen der Zecken geschlossene Kleidung, z.B. Jeans,
deren Beinenden möglichst in Stiefel oder in langschäftige Socken
zu stecken sind, und langärmelige
Hemden, getragen werden.
Möglichst einfarbig helle Kleidung
erleichtert das Absuchen auf
Zecken. Dieses Absuchen sollte in
zwei Stunden Abstand, spätestens
am Abend, wiederholt werden. Bei
Kindern sitzen Zecken nicht selten
am Haaransatz. Bei langem Kopfhaar sind sie dort durch überhängende Strähnen verdeckt.
Repellents (z.B. Autan) gegen Insekten wirken in gewissem Umfang
auch gegen Zecken. Nach etwa
zwei Stunden läßt ihre Wirkung allerdings nach.
4. Pathogenese
Die Lyme-Borreliose ist in Deutschland die häufigste zeckenübertragene Infektionskrankheit des Menschen. Im Gegensatz zur ebenfalls
zeckenübertragenen – aber virusinduzierten – Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) stellt die
Lyme-Borreliose eine in der nördlichen Hemisphäre verbreitete Infektionskrankheit mit mannigfaltiger
klinischer Symptomatik dar. B. burgdorferi s.l. wird beim Zeckenstich
nach Eindringen der Mundwerkzeuge der Zecke in die Haut übertragen.
Die Infektion kann zur lokalen oder
systemischen
Erregerausbreitung
führen. Das Erythema chronicum
migrans (ECM) ist die häufigste und
besonders typische klinische Manifestation der Lyme-Borreliose.
5. Klinik
Analog zur Syphilis wird die klinische Symptomatik der Lyme-Borreliose in drei Stadien eingeteilt, wobei atypische Verläufe häufig sind.
Konnatale Infektionen kommen vor,
sind aber sehr selten. Klinisches
Leitsymptom des Stadiums I ist das
Erythema chronicum migrans. Tage
bis wenige Wochen nach Zeckenstich bildet sich um die Einstichstelle ein Erythem, das sich langsam
zentrifugal ausbreitet und im weiteren Verlauf zentral abblaßt, so daß
es anfangs als scheibenförmiges,
später als ringförmiges Erythem imponiert. Multiple Erytheme sind beschrieben worden und sind dann
dem Stadium II zuzuordnen. Allgemeinsymptome wie Fieber, Myalgien, Kopfschmerzen und Lymphknotenschwellungen können auftreten.
Das ECM klingt meist auch ohne Behandlung nach Wochen bis Monaten wieder ab.
Leitsymptom des Stadiums II ist in
Europa die lymphozytäre Meningoradikulitis Bannwarth (Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom). Sie
tritt Wochen bis Monate nach Zekkenstich auf, wobei sich nur ungefähr die Hälfte der Patienten an den
Zeckenstich erinnert und nur ungefähr 40 % ein Erythema chronicum
migrans gehabt haben. Die Meningoradikulitis Bannwarth ist gekennzeichnet durch brennende radikuläre Schmerzen mit und
ohne Lähmungserscheinungen. Ein
weiteres Leitsymptom ist die Facialisparese. Bei Kindern treten häufiger meningitische Verläufe auf.
Diagnostisch wegweisend ist der ty-
3
pische Liquorbefund, der durch
eine lymphozytäre Pleozytose mit
Eiweißvermehrung gekennzeichnet
ist. Serologisch zeigen 50-90 % der
Patienten signifikant erhöhte Antikörper-Titer im Serum. Dem Nachweis der spezifischen Antikörperbildung im Liquor (vgl. 6 Diagnostik) kommt eine wichtige diagnostische Bedeutung zu.
Eine kardiale Beteiligung kann allein oder in Kombination mit anderen Symptomen auftreten und
zeichnet sich durch AV-Blockierungen I.-III. Grades aus.
Als typische (seltene) Hautmanifestation des Stadiums II gilt die Lymphadenosis cutis benigna Bäfverstedt (Borrelien-Lymphozytom). Sie
imponiert als rötlich-livider Tumor
meist an Ohrläppchen, Mamille
oder Skrotum.
Ätiologisch gesicherte Manifestationen des Stadiums III sind die LymeArthritis und die Acrodermatitis
chronica atrophicans Herxheimer
(ACA). Sie treten Monate bis Jahre
nach Infektion auf.
Charakteristisch für die ACA ist ein
initial infiltratives Stadium, das zur
Atrophie der Haut führt, die sich zigarettenpapierdünn, livide verfärbt, darstellt. Prädilektionsstellen
sind die distalen Extremitätenabschnitte. Arthropathien und Polyneuropathien sind an den betroffenen Extremitätenabschnitten nicht
selten.
Die Lyme-Arthritis ist eine schubweise oder chronisch verlaufende
mono- oder oligoartikuläre Arthritis. Am häufigsten ist das Kniegelenk betroffen. Autoimmun-Mechanismen scheinen besonders bei
chronischen Verläufen eine wesentliche Rolle zu spielen.
Eine seltene Spätmanifestation der
Lyme-Borreliose ist die chronische
Enzephalomyelitis mit Para- und
Tetraparesen.
Bei fast allen Patienten in diesem
Stadium lassen sich spezifische
IgG-Antikörper im Serum nachwei-
sen. IgM-Antikörper fehlen im allgemeinen.
6. Diagnostik
In der praktischen Diagnostik steht
der Nachweis von spezifischen Antikörpern im Serum und Liquor an
erster Stelle. Meist werden der
ELISA und Immunfluoreszenztest
zum Antikörpernachweis verwendet. Vielfach wird der Immunoblot
als Bestätigungstest eingesetzt, hat
jedoch nicht den Stellenwert wie
bei der HIV-Diagnostik. Serologische Untersuchungsbefunde können allerdings eine umfangreiche
klinische
Differentialdiagnostik
nicht ersetzen. So schließt eine negative Serologie - besonders in den
frühen Stadien - eine Lyme-Borreliose nicht aus. Andererseits können auch hohe IgG-Antikörper-Titer nach einer früheren – möglicherweise klinisch inapparenten –
Infektion über Jahre persistieren.
Falsch-positive Reaktionen können
bei Autoimmunerkrankungen, bakteriellen (insbesondere Syphilis)
und einigen viralen Infektionen
(z.B. EBV-Infektion) auftreten.
Zudem muß mit diskrepanten Befunden verschiedener Untersucher
gerechnet werden, da die serologischen Verfahren zur Zeit noch
nicht standardisiert sind.
Ein wichtiger diagnostischer Parameter für eine Beteiligung des
Nervensystems (diagnostisch unbedingt erforderlich bei Verdacht
auf chronische Neuroborreliose)
ist der Nachweis intrathekal gebildeter Antikörper gegen Borrelien.
Bei einer Neuroborreliose im Stadium II (Meningoradikulitis Bannwarth) findet man dies häufig,
aber nicht immer; für die Diagnose einer chronischen Neuroborreliose (des ZNS) ist dieser Nachweis
unbedingt erforderlich. Hierzu ist
die Untersuchung eines LiquorSerum-Paares vom selben Tag erforderlich. Es wird ein Quotient
gebildet aus Borrelien-Antikörpern im Liquor (bezogen auf Gesamt-IgG im Liquor) und Borrelien-Antikörpern im Serum (bezogen auf Gesamt-IgG im Serum).
Nur wenn dabei festgestellt wird,
daß im Liquor proportional mehr
Borrelien-Antikörper als im Serum vorhanden sind, liegt eine
spezifische intrathekale Antikörpersynthese vor. Histologische
Untersuchungen sind besonders
im Stadium der Lymphadenitis cutis benigna und der ACA diagnostisch bedeutsam.
Die Kultivierung von Borrelien aus
Patientenmaterial ist ätiologisch
beweisend. Der zeit- und arbeitsaufwendige kulturelle Nachweis
von B. burgdorferi wird nur in wenigen Speziallaboratorien durchgeführt. Bei Patienten mit ECM oder
ACA ist die Anzucht aus Hautbiopsien erfolgversprechend (> 50 %).
Der kulturelle Erregernachweis aus
Liquor cerebrospinalis gelingt dagegen nur in 10-20% der Neuroborreliosen. Besonders schwierig ist
die Kultivierung aus Gelenkpunktat
und Blut. Der Nachweis von Borrelien-DNA mittels PCR befindet sich
noch im klinisch experimentellen
Stadium, die Sensitivität scheint im
wesentlichen der der Kultur zu entsprechen.
7. Therapie
Eine gesicherte Indikation zur Antibiotika-Therapie besteht derzeit
nur für die klinisch manifeste
Lyme-Borreliose; eine prophylaktische Antibiose nach Zeckenstich,
nach Serokonversion im Anschluß
an einen Zeckenstich oder bei positiver Serologie ohne klinische Symptome ist nach heutigem Kenntnisstand nicht erforderlich.
Für die Behandlung der LymeBorreliose gibt es noch kein einheitliches Schema. Zur Zeit werden
Tetracycline
(z. B.
Doxycyclin),
Penicillin G, Cephalosporine, Amoxicillin oder Erythromycin über
10 bis 30 Tage eingesetzt. Penicillin G und Erythromycin erwiesen
sich in vitro und z.T. in vivo als
weniger wirksam. Hauptsächlich bei
Neuroborreliose und/oder Arthritiden wird Cephalosporinen der III.
Generation (Cefotaxim, Ceftriaxon)
bei einer Therapiedauer von 2-4
Wochen der Vorzug gegeben.
Ein Versagen der Antibiotika-Therapie ist vorwiegend im Stadium III
nicht selten.
Im Gegensatz zur FSME steht eine
aktive oder passive Immunisierung
für die Lyme-Borreliose zur Zeit
nicht zur Verfügung. Rekombinante Membranproteine waren
im Tierversuch gegen den Challenge mit homologen Stämmen wirksam, jedoch ist besonders in
Europa damit zu rechnen, daß
wegen der großen immunologischen Heterogenität der Stämme
die Entwicklung einer wirksamen
Vakzine schwierig wird. Auch stellen eine früher durchgemachte
Infektion oder erhöhte AntikörperTiter im Serum keinen Schutz
gegen eine erneute Infektion dar.
Daher kommt der Expositionsprophylaxe durch schützende Kleidung
und
ggf.
durch
spezifische
Repellentanwendung an deren Extremitätenabschlüssen eine hohe
Bedeutung zu.
8. Meldepflicht
Eine Meldepflicht besteht nicht.
Da jedoch die Meningitis – unabhängig vom Infektionserreger zu melden ist, unterliegen auch
die meningitischen Verläufe der
Lyme-Borreliose der Meldepflicht.
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Deutschen Ärzte-Verlages, Köln.
Zu beziehen bei Deutscher Ärzte-Verlag, Postfach 40 02 65, 50832 Köln.
25 Exemplare DM 35,00; 50 Exemplare DM 55,00; 100 Exemplare DM 85,00. Mindestabnahme 25 Ex.
Der Bezug eines einzelnen Merkblattes ist nicht möglich. Es besteht aber die Möglichkeit, das Merkblatt im Internet aufzurufen und für eigenen Gebrauch auszudrucken: www.aerzteverlag.de
4
Herunterladen