Halbleiterspektroskopie

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Halbleiterspektroskopie
Vorbereitung
Informieren Sie sich über folgende Themengebiete:
Transmission, Absorptionskoeffizient, Fabry-Perot-Interferenzen, Bandstruktur von
Halbleitern, Zustandsdichte von drei- und zweidimensionalen Systemen, Exzitonen,
Quantentrog (quantum well) und Quantenpunkt (quantum dot).
Proben
1: CdS/CdSe-Kolloide in einem Glasstab, deren Größe mit der Stablänge zunimmt.
(Kryostat-Probenhalter, von oben nach unten)
2: Dünner Cu2O-Kristall.
3: 60-facher Multiple Quantum Well (MQW) aus GaAs / Al0,3Ga0,7As.
4: CdS-Kristall.
5: Dicker Cu2O-Kristall.
Messungen
1
Untersuchen Sie die Transmissionsspektren von Probe 1 von 400 nm bis 800 nm für
verschiedene Probenstellen entlang des Glasstabs. Suchen Sie die Stellen, für welche die
Absorptionskanten weitestgehend in den blauen bzw. roten Wellenlängenbereich
verschoben sind und messen Sie deren Transmissionsspektren.
2
Messen Sie Absorptionsspektren des CdS-Kristalls bei RT von 450 nm bis 800 nm mit
unterschiedlich polarisiertem Licht. Suchen Sie dazu eine Probenstelle, die möglichst
homogene Interferenzstreifen im Spektrum aufweisen. Für die erste Messung justieren Sie
die Polarisation zunächst so, dass die Absorptionskante so weit wie möglich zum blauen
Spektralbereich verschoben ist. Messen Sie dann ein zweites Absorptionsspektrum mit
einer um 90° gedrehten Polarisationsrichtung.
3
Beobachten Sie das Transmissionsspektrum von Probe 3 (MQW) während Sie flüssigen
Stickstoff (T=77 K) in den Kryostaten einfüllen (Schutzbrille und Handschuhe tragen!).
Messen Sie das Transmissionsspektrum im Spektralbereich von 600 nm bis 820 nm
sobald sich die Absorptionslinien sich nicht weiter spektral verschieben.
4
Messen Sie die Absorptionsspektren von zwei Cu2O-Kristallen unterschiedlicher Dicke
(Probe 2 und Probe 5).
Aufgaben
1
Berechnen Sie den Radius der kleinsten Kolloide im Glasstab mit Hilfe der Annahme,
dass die Bandlücke von CdS/CdSe etwa mit der gemessenen Absorptionskante der
größten Kolloide im Stab übereinstimmt.
Stand 05.05.04
2
Bestimmen Sie die Schichtdicke der CdS-Probe für die Polarisation E ⊥ c nach der
Methode in Ref. 1 sowie die ungefähren Bandlückenenergien für die verschiedenen
Polarisationen. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Absorption und Brechzahl?
3
Bestimmen Sie die Dicke der GaAs Quantenfilme aus der Lage und Aufspaltung der
heavy-hole- und light-hole-Exzitonenresonanzen mit Hilfe des Modells unendlich hoher
Barrieren. Bringen Sie den spektralen Verlauf der Absorption in Zusammenhang mit der
Zustandsdichte eines zweidimensionalen Systems.
4
Identifizieren Sie in den Absorptionsspektren der Cu2O-Kristalle die np-Exzitonenserie
und berechnen Sie daraus die Cu2O-Bandlückenenergie und die Bindungsenergien der npExzitonen. Können Sie aus den Spektren auch die Bindungsenergie des 1s-Exzitons
ermitteln?
Hinweise
•
Bevor Sie den Stickstoff einfüllen, sollten Sie den Lüfter aufstellen, damit sich am Hals
des Kryostaten kein Kondenswasser niederschlägt.
•
Vor jeder Messung sollten Sie Hintergrund und Referenz für die Transmissions- bzw.
Absorptionsmessung neu bestimmen, da sowohl die Empfindlichkeit des Detektors als
auch die spektrale Charakteristik der Halogenlampe sich zeitlich langsam ändern.
Literatur
In der Literaturmappe sind Auszüge folgender Bücher enthalten:
1. H. Giessen: Diplomarbeit, Universität Kaiserslautern
2. A. Jolk: Exzitonentransport in Cu2O (Dissertation, Karlsruhe 2001)
3. Ch. Kittel: Einführung in die Festkörperphysik (Oldenbourg, 1993)
4. C. F. Klingshirn: Semiconductor Optics (Springer 1995)
5. N. Peyghambarian, S. Koch, A. Mystrowicz: Introduction to Semiconductor Optics
(Prentice Hall, 1993)
Materialparameter
GaAs:
Bandlücke (77 K): 1.511 eV.
Effektive Massen: me=0.07⋅m0 ; mhh=0.48⋅m0 ; mlh=0.087⋅m0 mit Elektronenruhemasse m0
CdS/CdSe:
Reduzierte Masse von Elektron und Loch (vgl. Formel 14.28f in Ref. 4): µ =0.2⋅m0
Berechnen Sie die wellenabhängige Brechzahl n⊥ von CdS mit Hilfe der Formel (vgl. Ref. 1):
n ⊥ (λ ) = AA 1 +
BB
2πc0
2
1
( CC
) − ( λ1 ) 2
mit Vakuumlichtgeschwindigkeit c0 in m/s, Wellenlänge λ in nm, AA=1.94, BB=4696 und
CC=390.
Stand 05.05.04
Fortgeschrittenen-Praktikum (FP oder PIII):
Institut für Angewandte Physik
Versuch: Halbleiterspektroskopie
Vorbemerkung: Mehrere der Versuche im FP des Instituts für Angewandte Physik zielen auf
das Verständnis verschiedener Effekte und Phänomene aus dem Bereich Halbleiterphysik in
Übereinstimmung mit der Hauptarbeitsrichtung des Instituts und der Anwendung in der
Industrie,
wie
z.B.
die
Versuche
pn-Übergang,
Solarzelle,
Halleffekt,
Lumineszenzspektroskopie, Photoleitfähigkeit oder Halbleiterspektroskopie. Die Mehrzahl
der Studierenden führt die Versuche zum FP im 5. oder 6. Semester durch. Das ist im
Hinblick auf die Dauer des Studiums sinnvoll, hat aber das Problem, dass die
Festkörperphysik (Physik V) oft erst im gleichen Semester gehört wird, sodass insbesondere
zu Beginn dieses Semesters noch kaum Festkörperkenntnisse vorliegen. Dieses Problem
sollen die nachfolgenden Ausführungen beheben. Der Aufbau ist folgendermaßen:
Die zur Vorbereitung dienenden Informationen zu den Halbleiterphysik-Versuchen sind
modular aufgebaut. Zunächst werden Grundlagen des Bändermodells eingeführt. Diese sind
für alle oben genannten Versuche identisch. Dann folgen weiterführende Abschnitte, die für
die jeweiligen Versuche spezifisch sind, z.B. pn Übergang und Zenereffekt für den Versuch
„pn-Übergang“, elektrische Leitfähigkeit und Halleffekt für den Versuch Halleffekt oder
optische Eigenschaften und Excitonen für den Versuch Halbleiterspektroskopie.
Die Kenntnis der hier dargestellten Grundlagen ist Voraussetzung für die sinnvolle
Durchführung des Versuchs und wird in der Besprechung vor Versuchsbeginn mit dem
Assistenten überprüft. Der Text der Vorbereitung soll selbst verfasst sein, kurz auf die
Grundlagen und auf die zu Beginn des Aufgabenblattes gestellten Fragen eingehen. Es ist
nicht nötig, den ganzen Text aus der Vorbereitungsmappe abzuschreiben oder zu kopieren. Es
ist verboten, Vorbereitungstexte „alter Meister“ aus dem Netz auszudrucken, da der
Lerneffekt dieses Verfahrens Null ist und die Texte im Netz erfahrungsgemäß mit Fehlern
behaftet sind.
Da die hier angegebenen Darstellungen sehr elementar und knapp sind und i.a. ohne Beweise
erfolgen, sondern mit dem Ziel, den Sinn und Zweck der Versuche nachvollziehen zu können,
ersetzen sie nicht die Teilnahme an der Vorlesung Physik V und eine intensive weitere
Beschäftigung mit der Festkörperphysik. Weiterführende Literatur zu den Versuchen ist am
Ende der Aufgabenblätter angegeben und entweder mit beigeheftet oder in der
Fakultätsbibliothek verfügbar.
1. Kristallstruktur
Wir betrachten, soweit nicht anders vermerkt, kristalline Festkörper, die sich durch eine
räumlich periodische Anordnung der Atome auszeichnen. Die (primitive) Einheitszelle wird
r
aufgespannt durch drei nicht koplanare Basisvektoren a i. Eine Translation, die den Kristall in
sich selbst überführt, lässt sich schreiben als
r
R=
3
ån
i
r
ai
mit ni=0, ±1, ±2,…
(1)
i =1
Die ari spannen ein abstraktes Punktgitter im Ortsraum auf, das sog. Kristallgitter. Die
Kristallstruktur besteht aus diesem abstrakten Punktgitter und der sog. Basis, die angibt, an
welchen Plätzen in der Einheitszelle die einzelnen Atome sitzen. Es können unterschiedliche
1
Kristallstrukturen für das gleiche Punktgitter auftreten, so haben z.B. Diamant, Zinkblende
oder Kochsalz ein kubisch flächenzentriertes Punktgitter, aber durchaus unterschiedliche
Kristallstrukturen.
Neben dem abstrakten Punktgitter im Ortsraum definiert man ein Punktgitter im reziproken
r
Raum, das sog. reziproke Gitter, aufgespannt durch die Vektoren b i mit
r
b1 = 2p ar 2 ´ ar 3 und zyklisch
VEZ
r
sodass gilt: ari × b j = 2pd ij .
(3)
(2)
r
Dabei ist VEZ das Volumen der Einheitszelle im Ortsraum. Ein Translationsvektor G im
reziproken Gitter schreibt sich somit
3
r
r
G = å hi bi
mit hi=0,±1,±2,…
(4)
i =1
Man definiert im reziproken Gitter sogenannte Brillouin Zonen (BZ). Die erste Zone besteht
aus allen Punkten des reziproken Raumes, die dem Ursprung (dem sog. Γ-Punkt) näher liegen
r
als allen anderen Punkten G .
Für eine einfache kubische Kristallstruktur mit der Gitterkonstante a erstreckt sich die erste
BZ in alle drei Richtungen des reziproken Raumes von
-
p
p
£ ki £
a
a
i=x,y,z
(5)
2. Die Zustände der Elektronen im Festkörper
2.1 Das Potentialtopfmodell
Die einfachste Vorstellung des Elektronensystems in einem Festkörper ist das Sommerfeldoder Potentialtopfmodell. Hier geht man davon aus, dass der Kristall einen Potentialtopf mit
einer Tiefe - V0 darstellt, dessen Zustände ( bei T = 0K ) bis zur Fermienergie EF aufgefüllt
sind.
Fig. 1: Das Potentialtopfmodell für einfache Metalle
2
Der Abstand von EF zum Vakuumniveau ist die Austrittsarbeit der Elektronen Ø.
Mit diesem Modell lassen sich einige Eigenschaften einfacher Metalle erklären, wie ihre
spezifische Wärme, ihre elektrische Leitfähigkeit oder ihr Paramagnetismus.
In diesem Modell ist aber die Existenz von Halbleitern oder Isolatoren nicht erklärbar. Dazu
bedarf es des nachfolgend erläuterten Bändermodells.
2.2 Das Bändermodell
Das Auftreten von Energiebändern, die von sog. verbotenen Zonen oder Energielücken
getrennt sind (englisch „gap“), in denen keine stationären, propagierenden
Elektronenzustände existieren (Fig.2), lässt sich verstehen ausgehend von freien Elektronen
und von den Orbitalen der Atome, aus denen der Kristall aufgebaut ist. Die zugehörigen
Methoden der Bandstrukturrechnung sind bekannt unter Namen wie NFE (nearly free
r r
electrons), OPW (orthogonalized plane waves), APW (augmented plane waves) und k × p
r
r
(nach dem Produkt aus Wellenvektor k und Impulsoperator p ) bzw. LCAO (linear
combination of atomic orbitals) oder tight binding approach.
Wir beginnen mit freien Elektronen. Wenn sich diese über einem konstanten Potential V0
bewegen, haben sie (nichtrelativistisch) die Energiedispersion
r
r
h2k 2
(6)
E ( k ) = E0 +
2me
mit ebenen Wellen als Eigenfunktionen
r
1 ikrrr
Ykr (r ) =
e .
W
(7)
r
Dabei sind 1/ W der Normierungsfaktor und k der Wellenvektor mit k = 2p / l
Siehe die gestrichelte Linie in Fig. 2a.
Fig. 2: Entwicklung des reduzierten Zonenschemas (b), ausgehend von freien Elektronen in
einem schwachen periodischen Potential (a) oder von Atomorbitalen (d, c).
3
h
Die ebene Welle ist gleichzeitig Eigenfunktion des Impulsoperators
grad mit dem
i
r
Impulseigenwert hk . Dies entspricht dem Modell unter 2.1. Wir betrachten jetzt ein
schwaches periodisches Potential längs der x-Achse (Fig. 3) und lassen eine ebene Welle auf
dieses Potential auftreffen.
Fig.
3: Ein schwaches eindimensionales periodisches
Aufenthaltswahrscheinlichkeit der beiden Lösungen
Potential
V(x)
und
die
Dann wird an jedem Potential die ebene Welle etwas gestreut. Die Streuwellen interferieren
für einen allgemeinen Wert von kx weitgehend destruktiv, d.h. für ein solches k werden
Eigenenergie und Eigenfunktion (6) und (7) nicht wesentlich verändert.
Es gibt aber bestimmte kx-Werte, für die sich die rückgestreuten Wellen konstruktiv
überlagern. Diese sind für unser Beispiel gegeben durch
nl = 2 a
(8)
oder
kx = n ×
p
mit n= ±1, ±2…
a
.
(9)
Das sind gerade die Grenzen der 1 und der höheren BZ in einem einfach kubischen Gitter (5).
r
Der reziproke Raum ist also der Raum, in dem die k -Vektoren aufgetragen werden.
Die Überlagerung der einfallenden mit der rücklaufenden Welle führt zu einer stehenden
Welle. Diese hat für gleiches λ bzw. k zwei Lösungen, die sin kxx und die cos kxx Lösung. Bei
r
h 2k 2
ist die potentielle Energie der Zustände mit großer
gleicher kinetischer Energie
2m
Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Potentialminima kleiner als die der anderen
Lösung. Deshalb bilden sich an den Rändern der Brillouin Zonen zwei Lösungen
unterschiedlicher Gesamtenergie und damit Energielücken aus (durchgezogene Linie in Fig.
2a).
Da sich ein Wellenpaket, aufgebaut aus stehenden Wellen, auch nicht bewegt und damit die
Gruppen Geschwindigkeit vg null wird, d.h.
4
vg =
1 ¶E
×
=0
h ¶k x
,
(10)
muss die Dispersionskurve mit waagrechter Tangente auf den Zonenrand zulaufen.
Geht man statt von freien Elektronen von Atomorbitalen aus, so hat man zunächst bei großem
Abstand zwischen den Atomen die scharf definierten δ-förmigen Energieterme (Fig. 2d). Mit
abnehmendem Abstand fangen die Atomorbitale an zu überlappen. Diese Wechselwirkung
führt zu einer Aufspaltung in Bänder (Fig.2c). Die Bandbreite wächst mit weiter
abnehmendem Abstand, da dann die beteiligten Wellenfunktionen zunehmend überlappen.
Die genauere Untersuchung ergibt das sog. (Ewald-)Bloch Theorem:
In einem periodischen Potential sind die Wellenfunktionen der Elektronen sog. Blochwellen
r
1 ikrrr r r
Ykr (r ) =
e u k (r ) ,
W
(11)
r r
r
dabei ist u kr (r + R) = u kr (r ) , d.h. gitterperiodisch.
(12)
r
In u kr (r ) steckt die Information über die durch chemische Bindung und Wechselwirkung
veränderten Atomorbitale, während die Exponentialfunktion den Charakter der ebenen Welle
repräsentiert. In der Blochwelle sind somit beide obigen Ansätze vereint.
Für die Energieeigenwerte gilt:
r
r r
E (k ) = E (k + G ) .
(13)
Das erlaubt einerseits, die Dispersion von Fig. 2a periodisch fortzusetzen oder alle Äste mit
r
geeigneten Vektoren G des reziproken Gitters in die erste Brillouin Zone zu schieben. Das
liefert das sog. reduzierte Zonenschema von Fig. 2b, das man offenbar sowohl von dem
Ansatz nach Fig. 2a als auch 2d erreicht.
r
Das Bändermodell lässt sich im k oder reziproken Raum darstellen oder im Ortsraum.
(Fig. 4)
r
Fig. 4: Darstellung der Bandstruktur im k - und im Ortsraum.
Je nach Problemstellung wählt man die eine oder andere Darstellung.
Wir besetzen nun für T=0K die Zustände gemäß Fermi-Dirac Statistik mit den im Kristall
vorhandenen Elektronen. Dieser Auffüllprozess kann so ausgehen, dass man eine Reihe
5
vollständig gefüllter Bänder erhält und darüber ein (oder mehrere) teilweise gefüllte Bänder.
Solche Substanzen sind Metalle. Sie haben für T Þ 0 eine endliche (oder bei Supraleitern
eine unendliche) elektrische Leitfähigkeit und EF liegt im dem Band. Grund: In einem
teilweise besetzten Band kann ein Elektron unter beliebig kleiner Energiezufuhr an der
Grenze zwischen besetzten und unbesetzten Zuständen von einem Ort an einen anderen Ort
transportiert werden. Da das Band im Sommerfeldmodell immer nur teilweise besetzt ist,
lassen sich damit, wie schon erwähnt, nur Metalle beschreiben.
Gibt es nach Auffüllen aller Zustände bei T=0 nur vollständig gefüllte Bänder, dann eine
Energielücke und darüber vollständig leere Bänder, so hat das Material für T Þ 0 die
elektrische Leitfähigkeit σ=0, da vollständig leere Bänder trivialerweise nicht zur elektrischen
Leitfähigkeit beitragen können, vollständig besetzte ebenfalls nicht aufgrund des
Pauliprinzips. Die öfters und auch in manchen Lehrbüchern vertretene Auffassung, dass
Elektronen in Leitungsband frei beweglich sind, Elektronen in Valenzbändern dagegen fest an
die Atome gebunden seien, ist falsch. Dann dürfte es nämlich auch keine Löcher- oder pLeitung geben (siehe unten).
Hier gleich ein Hinweis zur Nomenklatur: alle bei T=0 vollständig besetzten Bänder heißen
Valenzbänder, alle teilweise besetzten oder leeren Bänder heißen Leitungsbänder.
Beträgt die Lücke Eg zwischen dem höchsten gefüllten Valenzband (VB) und dem niedrigsten
leeren Leitungsband (LB)
0 < Eg £ 4eV ,
(14)
so handelt es sich um einen Halbleiter (HL) und für
E g ³ 4eV
(15)
um einen Isolator. Die Grenze zwischen HL und Isolator ist fließend. So ist Diamant mit
Eg≈5.5eV noch ein typischer Halbleiter.
Die HL selbst werden noch eingeteilt in schmallückige HL (narrow gap semiconductors)
für 0 < E g £ 0,5eV ,
(16)
in „normale“ HL für
0,5eV £ E g £ 2eV
(17)
und in breitlückige HL (wide gap semiconductors)
E g > 2eV ,
(18)
die besonders in den letzten Jahren wieder von verstärktem wissenschaftlichen Interesse sind.
Berühren sich VB und LB, d.h. ist Eg=0, so spricht man von Halbmetallen.
6
Fig. 5: Typische Bandstruktur von Halbleitern mit tetraedrischer Koordination mit Details
(nach O. Madelung)
In Fig. 5 ist eine typische Bandstruktur von kubischen Halbleitern mit tetraedrischer
Koordination dargestellt. Die Komplexität der Bandstruktur rührt neben dem periodischen
Potential im Wesentlichen von der Rückfaltung der parabolischen Dispersion nach (13) in die
erste BZ her.
Es sind einige Details gezeigt. Liegen die globalen Extrema von VB und LB beim gleichen
r
r
k -Vektor in der 1 BZ (meist aber nicht immer bei k = 0 ), so spricht man von einem direkten
HL oder einem HL mit direkter Lücke, da der optische Übergang zwischen den Bandextrema
r
direkt mit einem Photon ( k » 0 ) möglich ist (z.B. GaAs). Liegen die Extrema bei
r
unterschiedlichen k -Werten, so ist der HL „indirekt“, da zusätzlich zu dem Photon noch ein
r
Phonon zur (Quasi-)Impuls oder ħ k -Erhaltung nötig ist (z.B. Si oder Ge).
3. Elektronen und Löcher
Wir verlassen nun den Fall T=0 und überlegen, wie man eine endliche Anzahl von Elektronen
im LB oder von unbesetzten Zuständen im VB erzeugen kann, wie also im HL eine endliche
Leitfähigkeit erzeugt werden kann. Dazu führen wir zunächst den Begriff des Lochs ein. Ein
vollbesetztes VB enthält ca. 1023 Elektronen/cm3. Entfernen wir daraus ein Elektron, so
können wir entweder die (1023-1) verbleibenden Elektronen betrachten oder den einen
unbesetzten Platz. Letzteres ist offensichtlich einfacher und führt zum Konzept der
Defektelektronen oder Löcher. Ein Loch ist ein unbesetzter Zustand in einem ansonsten fast
vollständig gefüllten Band. Elektrische Ladung, Spin und Impuls sind entgegengesetzt zu
denen des fehlenden Elektrons, da diese Werte für ein gefülltes Band Null sind. Das Loch hat
somit eine positive Ladung und trägt zum Stromtransport bei (Löcherleitung).
Zusammenfassend können wir folgendes festhalten: Elektronen und Löcher im (HL-) Kristall
sind sog. Quasiteilchen, die nur im Kristall existieren. Sie sind charakterisiert durch ihre
r
r
r
Dispersionsrelation E( k ) durch ihren Quasiimpuls hk . Quasiimpuls deshalb, weil hk nur
r
modulo der bi erhalten ist und weil Blochwellen keine Eigenfunktionen des Impulsoperators
7
sind. Dennoch gilt z.B. in Streuprozessen im Kristall ein Erhaltungssatz für die Summe aller
r r
hk i ± G .
Weiter werden Elektronen und Löcher durch ihre effektiven Massen charakterisiert. Die
effektive Masse wird durch folgende Überlegung eingeführt:
Für Transporteigenschaften bildet man durch die Überlagerung von Bloch-Wellen
Wellenpakete. Diese bewegen sich mit ihrer Gruppengeschwindigkeit.
( )
vg =
1 ¶E ¶w
=
h ¶k ¶k
(19)
r
r
Siehe auch (10). Eine äußere Kraft (z.B. äußeres E oder B -Feld) ändert v g gemäß
¶v g
1 ¶ 2 E 1 ¶ 2 E ¶k
1 ¶ 2 E ¶hk
.
=
=
=
a=
¶t
h ¶k¶t h ¶k 2 ¶t h 2 ¶k 2 ¶t
(20)
Dabei ist a die Beschleunigung, die Impulsänderung
Vergleich mit
1
a= F
m
r
¶hk
gibt die Kraft F .
¶t
(21)
führt zum Konzept der effektiven Masse von Elektronen und Löchern, mit der sie auf eine
äußere Kraft reagieren und die gegeben ist durch
r
r
1
1 ¶ 2 E (k ) 1 ¶ 2 E (k )
=
= 2
.
(22)
me , h h 2 ¶k 2
h ¶ki ¶k j
Die allgemeinere Schreibweise in (22) zeigt, dass es sich um eine Tensorgröße handeln kann.
Die effektiven Massen sind also umso kleiner, je größer die Bandkrümmung ist. Das ist ein
sehr sinnvolles Konzept, denn wir hatten weiter oben festgestellt, dass die Breite der Bänder
und damit ihre Krümmung umso größer wird, je größer der Überlapp benachbarter
Wellenfunktionen ist. Andererseits kann sich ein Elektron oder Loch umso leichter durch den
Kristall bewegen, je größer dieser Überlapp ist.
Wir betrachten noch einmal Fig. 4 a).
In kubischen Halbleitern findet man oft, dass das Valenzband bei k=0 durch die Spin-Bahn
Wechselwirkung B SO in zwei Teilbänder aufgespalten ist. Das obere ist bei k=0 vierfach
3
entartet (J=L+S= h ) und spaltet für k¹0 in zwei je zweifach entartete Bänder auf. Da diese
2
unterschiedliche Krümmung besitzen, werden sie als schweres und leichtes Lochband (hh und
lh) bezeichnet. Das Spin-Bahn abgespaltene Band (J=L+S= ½ ) ist nur zweifach entartet. In
einachsigen Kristallen wie GaN, ZnO, CdS, CdSe,… ist die vierfache Entartung durch das
maximale Kristallfeld schon bei k=0 aufgehoben. Man hat daher bei k=0 drei zweifach
entartete Valenzbänder, die von oben nach unten üblicherweise als A, B und C Valenzband
bezeichnet werden.
Für tiefe Atomorbitale (z.B. 1s) geht der Überlapp gegen Null und die effektive Masse gegen
∞. Für solche (und nur für solche) Elektronen kann man sagen, dass sie fest an ein Atom
gebunden sind.
Die Effekte, die uns im Folgenden interessieren, spielen sich ganz überwiegend im Maximum
des obersten VB und im Minimum des tiefsten LB ab. In diesen Bereichen ist die Dispersion
parabolisch und damit die effektive Masse konstant. Dies führt zur effektiven Massen
8
Näherung, in der Elektronen und Löcher als freie Teilchen mit Ladung ±e, Quasiimpuls
r
hk und konstanter effektiver Masse Me,h betrachtet werden.
Elektronen und Löcher sind Einteilchenzustände oder die Lösungen des N±1
Teilchenproblems in folgendem Sinne:
Bringt man in einen Kristall mit einem mit N Elektronen voll besetzten Valenzband ein
weiteres (das N+1 Teilchen), so stehen für dieses gerade die LB Zustände zur Verfügung.
Entfernt man ein Elektron (N-1 Teilchen), so kommt dieses gerade aus den VB Zuständen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in einem Halbleiter Elektronen und/oder Löcher zu
erzeugen.
-
Thermische Anregung. Bei endlicher Temperatur wird ein geringer Teil der
Elektronen thermisch von VB ins LB angeregt und lässt dort Löcher zurück. Es gilt
damit für die Elektronen- und Löcherkonzentration n und p
n = p = ni(T).
(23)
Dabei ist ni(T) die sogenannte intrinsische Elektronenkonzentration. In typischen HL
ist ni bei Raumtemperatur (RT) sehr klein, wie eine Betrachtung des Boltzmannfaktors
zeigt. In diesem Fall liegt das Fermi Niveau oder chemische Potential der Elektronen
etwa in der Mitte der Bandlücke. Die Begriffe Fermienergie EF oder (Elektro-)
chemisches Potential werden in der HL-Physik i.a. synonym gebraucht. EF gibt die
Energie, bei der die Besetzungswahrscheinlichkeit den Wert 0.5 hat, unabhängig
davon, ob bei dieser Energie Zustände existieren oder nicht. Im Allgemeinen liegt EF
im HL in der Energielücke.
-
Dotierung. Im thermischen Gleichgewicht kann die Konzentration einer
Ladungsträgersorte zu Lasten der anderen stark durch Dotierung erhöht werden. Unter
Dotierung versteht man den gezielten Einbau von Fremdatomen. Donatoren (z.B.
Gruppe V Elemente in Si) haben ein lokalisiertes und schwach gebundenes Elektron,
das bei RT thermisch leicht ins LB angeregt werden kann gemäß
D0 « D+ + e ,
(24)
während Akzeptoren einen unbesetzten Zustand knapp über dem VB anbieten, der aus
diesem ein El aufnehmen bzw. ein Loch ins VB abgeben kann gemäß
A0 « A- + h .
(25)
Im thermodynamischen Gleichgewicht gilt stets
2
n × p = ni (T ) ,
(26)
d.h. man kann entweder n oder p erhöhen (sog. Majoritätsladungsträger) zu Lasten der
anderen Ladungsträgersorte (Minoritätsladungsträger). Dotierung mit Donatoren und
Akzeptoren führt über Elektron-Loch Rekombination zur Kompensation.
-
Optische Anregung oder Ladungsträgerinjektion. Die Ladungsträgerkonzentration
kann auch durch optische Anregung erhöht werden (→ Photoleitfähigkeit, Solarzelle)
oder durch Injektion in einen pn-Übergang (→ Gleichrichter, Solarzelle,
9
Lumineszenz). In diesen Fällen entfernt man sich vom thermodynamischen
Gleichgewicht und (26) gilt nicht mehr.
4. Excitonen, Anregungsquanten im Elektronensystem von Halbleitern
und Isolatoren
Wir haben in Abschnitt 3 die Elektronen und Löcher als Lösung des (N±1) Teilchenproblems
kennen gelernt. In diesem Versuch und in den folgenden Ausführungen interessieren wir uns
für die Anregungszustände des N-Elektronenproblems. Wir betrachten einen Halbleiter (oder
Isolator) mit vollständig gefülltem Valenzband und leerem Leitungsband als Grund- (oder
Vakuum-) Zustand (Fig. 5a). Die Gesamtenergie dieses Zustandes wählen wir als
Energienullpunkt (Fig. 5b).
Fig. 6: Die Anregung des Elektronensystems eines Halbleiters im Bändermodell (a) und im
Excitonenbild (b)
Die Anregung besteht nun darin, dass wir z.B. durch die Absorption eines Photons ein
Elektron vom Valenzband ins Leitungsband anheben (Fig. 5a). Bei diesem Anregungsprozess
wird notwendigerweise auch ein Loch im Valenzband erzeugt mit entgegengesetztem k
Vektor und Spin. In diesem Bild sind die Anregungszustände des N-Elektronensystems
immer Zweiteilchenzustände. Bei der Rekombination werden entsprechend stets zwei
Teilchen vernichtet.
In diesem Bild würde man erwarten, dass die Absorption bei der Bandlücke einsetzt und für
einen dreidimensionalen Halbleiter mit dipolerlaubtem Band-Band Übergang wurzelförmig
ansteigt, wie später näher erläutert wird, d.h. die Absorptionskonstante a ( hw ) sollte in
diesem Fall gegeben sein durch
a (hw ) = A2 hw - E g für hw ³ Eg
= 0 sonst
(27)
10
Obwohl man (27) als Näherung öfters verwendet, z.B. bei der Bestimmung von Eg aus der
Photoleitfähigkeit oder bei der Solarzelle, wird eine wurzelförmige Absorptionskante, die bei
Eg einsetzt, in Wirklichkeit nie beobachtet.
Der Grund liegt in der Zweiteilchennatur der Anregung. Elektron und -Loch haben
entgegengesetzte Ladung und bilden eine Reihe gebundener Zustände unterhalb der
Bandkante. Die Quanten dieser Anregungszustände heißen Excitonen. Sie können in
einfachster Näherung verstanden werden in Analogik zum Wasserstoff- oder Positronium
Atom, allerdings mit folgenden Unterschieden:
Elektron und Loch bewegen sich in einem polarisierbaren Medium, dem Festkörper. Dieser
Effekt lässt sich im einfachsten Fall durch eine Dielektrizitätskonstante e beschreiben. Weiter
gehen in die reduzierte Masse der beiden entgegengesetzt geladenen (Quasi-)Teilchen die
effektiven Elektron- und Lochmassen ein, nicht die freie Elektronen- und Protonenmassen.
Das hat zur Folge, dass die excitonische Rydberg- (oder Bindungs-) Energie E Xb und der
excitonische Bohrradius a XB von den Werten des Wasserstoffs abweichen.
E Xb = RY ´
a XB = aB
me mh
m 1
m 1
= 13.6eV
mit m =
2
2
m0 E
m0 e
me + mh
em
m0
, dabei ist aB der Bohrradius des H-Atoms.
(28a)
(28b)
Je nach Materialeigenschaften findet man in Halbleitern typischerweise Werte
4 meV £ E Xb £ 200 meV
(28c)
und
1nm £ a XB £ 20 nm
,
(28d)
dabei nehmen E Xb mit zunehmenden Eg i.a. zu und a BX ab.
Die Dispersionskurve E( k ) eines Excitons für einen Halbleiter mit direkter Bandlücke lässt
sich somit schreiben als
2
1
h2 k
E X (nB , k ) = Eg - E
+
2
2M
nb
b
X
,
(28e)
dabei sind nB die Hauptquantenzahl, k = ke + kh und M die effektive Translationsmasse des
Excitons, d.h. M = me + mh. Für große Bindungsenergien (> hw LO ) fällt der Zustand mit nB=1
oft aus der idealen Rydbergserie nach (28e) heraus und liegt energetisch tiefer. Die
Wellenfunktion des Excitons lässt sich näherungsweise folgendermaßen schreiben:
Y ( R, r e , r n , k ) =
1 ik R
e f e (r e ) ´ f n ( r n )
W
Æ nb,l,m ( r e - r n )
11
(28f)
Das sind die sog. Wannierexcitonen (aB > Gitterkonstante), während bei den in Isolatoren
auftretenden Frenchelexcitonen Elektron und Loch im Allgemeinen in einer Einheitszelle
m r e + mh r n
sitzen. Dabei sind R und k die Schwerpunkts-Koordinate ( R = e
) und der
me + mh
Schwerpunktimpuls k = k e + k m.
Nur für diesen gilt ein Erhaltungssatz. f e(re) und f h (rh) sind Wellenpakete, die aus
Blochwellen aufgebaut sind und Æ nB,l,m beschreibt die Relativbewegung von Elektron und
Loch und entspricht den Wasserstoff-Wellenfunktionen.
Die Dispersionskurven (28e) sind in Fig. 5b gezeichnet. Oberhalb von Eg beginnt das
Ionisationskontinuum der Excitonen. Fig. 5b gibt die Dispersionskurven der elementaren
Anregungen im Elektronensystem eines Halbleiters oder Isolators, d.h. der Excitonen, für den
Fall eines direkten Halbleiters.
Für einen indirekten Halbleiter ist in (28e) der Term h 2 k 3 / 2 M zu ersetzen durch
h 2 ( K - k Min ) 2 / 2M
,
(28g)
dabei ist k Min der k -Vektor, an dem das Minimum im Leitungskanal auftritt (siehe Fig. 4c
und e). Man findet in der Literatur häufiger Darstellungen, in denen die Excitonenzustände
unterhalb des Leitungsbandes eingezeichnet sind. Diese Darstellungen sind falsch, da dann
Einteilchenzustände (oder N±1 Teilchenzustände) und Zweiteilchenzustände (oder die
Anregungszustände des N-Teilchenproblems) in ein Bild gezeichnet werden, obwohl schon
die x-Achsen verschieden sind ( k e oder k n im ersten Fall, k = k e + k h im zweiten)!
Es soll hier schon auf einen wesentlichen Unterschied zwischen der Atom- und der
Excitonenspektroskopie hingewiesen werden. Während bei der Spektroskopie z.B. am HAtom das Atom schon vor Einstrahlung des Lichtes vorhanden ist und man z.B. die
Übergänge 1s ® nB p (nB=2,3,…) beobachtet, also die Lyman-Serie, wird bei der
Excitonenspektroskopie das Elektron-Loch Paar erst durch das Lichtquant erzeugt, d.h. man
beobachtet Übergänge 0 >Þ nB s > (nB = 1,2,3,...¥ ) , siehe die durchgezogenen Pfeile in Fig.
5b. Wenn man Excitonen durch eine Anregungsquelle erzeugt hat, lässt sich auch der
Übergang zwischen den einzelnen Excitonenniveaux beobachten (siehe die gestrichelten
Pfeile in Fig. 5b).
Bevor wir uns nun den optischen Eigenschaften der Excitonen zuwenden, insbesondere ihren
Absorptionsspektren, gehen wir noch auf zwei weitere Aspekte ein, nämlich auf die
Zustandsdichte und auf Halbleiterstrukturen reduzierter Dimensionalität.
5.
Die Zustandsdichte
Wie aus der Quantenmechanik bekannt (Theorie D), benötigt jeder Zustand im k-Raum pro
Richtung ein Volumen (Normierung in einer Box)
dt k =
p
.
l
(29a)
12
Im üblichen dreidimensionalen k-Raum bedeutet dies
d 3t k =
p3 p3
.
=
l3
V
(29b)
In einer Kugelschale im k-Raum mit Radius k und Dicke dk haben somit
V 4k 2 dk
p2
Zustände Platz.
N (k )dk =
(29c)
Diese Überlegung lässt sich für d-dimensionale Systeme verallgemeinern und man findet
N(k)dk ~ ldkd-1dk
für d= 1,2,3,…
(29d)
Dieses Ergebnis in Polarkoordinaten im d-dimensionalen k-Raum gilt für alle freien Teilchen,
die sich durch einen ebenen Wellenfaktor beschreiben lassen wie Photonen, Elektronen oder
Excitonen.
Für viele Anwendungen benötigt man die Zustandsdichte nicht im k -Raum, sondern in
Abhängigkeit von der Energie D(E). Hier geht die jeweilige Dispersionskurve der (Quasi-)
Teilchen bzw. der Quanten der elementaren Anregungen wie Phononen, Magnonen,
Plasmonen oder Excitonen ein. Aus N(k) dk lässt sich formal D(E) berechnen gemäß
D(E) dE= N(k(E))
1
1
1
dk
dE = N (k ( E )) dE dE = N (k ( E ))
dk = N (k ( E ))
dE
dE
n
(
)
grad
E
k
dk
g
k
(30)
Offensichtlich hängt D(E) von der Dispersion E( k ) bzw. der Umkehrfunktion k (E) ab.
Wir konzentrieren uns im Folgenden auf sog. effektive Masse-Teilchen, das sind alle Teilchen
oder Anregungsquanten mit einer quadratischen Dispersionsrelation
2
2
p
h2 k
E( k )=
=
2m
2m
(31)
(Interessierte können eine lineare Dispersionsrelation E~ k untersuchen und damit die
Hohlraumstrahlung oder die spezifische Wärme des Phononensystems in Debye-Näherung
herleiten)
Ohne uns um Vorfaktoren zu kümmern, liefert das Einsetzen von (31) in (30)
D(E) dE ~ E
d
-1
2
dE
.
(32)
Im Dreidimensionalen erhält man somit eine wurzelförmige Zustandsdichte, in zwei
Dimensionen (eine Reihe von) Stufenfunktionen (Heavyside-Funktionen), in einer Dimension
13
eine 1
-Abhängigkeit und im Nulldimensionalen, das nicht durch (32) abgedeckt ist, eine
E
Reihe von d-Funktionen. Dies ist nicht neu und entspricht z.B. den diskreten Termschemata
von Atomen oder von Teilchen im dreidimensionalen Potentialkasten.
In Fig. 6 sind die Zustandsdichte für d= 0,1,2,3 graphisch dargestellt.
Fig. 7: Die Zustandsdichte in Abhängigkeit von der Energie für effektive Masse Teilchen für
d= 0,1,2,3.
Für einen dreidimensionalen Halbleiterkristall ergibt sich nach (32) eine wurzelförmige
Zustandsdichte z.B. für Elektronen, Löcher oder Excitonen, soweit sie eine parabolische
Dispersion aufweisen. Siehe Gl. (31, 32, 28).
6.
Erzeugung von Halbleiterstrukturen reduzierter Dimensionalität
Die Untersuchung von Halbleiterstrukturen reduzierter Dimensionalität stellt seit etwa vier
Jahrzehnten ein auch anwendungstechnisch zunehmend wichtiges Forschungsgebiet dar.
Fortgeschrittene Wachstumsverfahren (Epitaxie wie die Molekularstrahl-Epitaxie (MBE) oder
die metallorganische chemische Gasphasenabscheidung (MOCVD, MOVPE)) erlauben es,
Halbleiterkristalle (fast) atomlagenweise zu wachsen. Das erlaubt z.B. sog. Quantentröge
(quantum wells, QW) herzustellen. Man wächst eine dünne Schicht (lz » 10nm) eines
Materials mit kleiner Energielücke (z.B. GaAs), den sog. Quantentrog oder – film, zwischen
dickeren Schichten mit größerer Bandlücke,
den sog. Barrieren (z.B. Al1-y Gay As). Das ergibt in Wachstums- oder z-Richtung folgende
Anordnung der Leitungs- und Valenzbandkanten (Fig. 7):
14
Fig. 8: Die Leitungs- und Valenzbandkanten eines Quantentroges mit Typ I Bandanordnung
Offenbar können Elektronen und Löcher in die Tröge eingefangen werden. Sie können sich
dann nur noch in der Ebene der Quantentröge, d.h. hier in der Ebene senkrecht zur
Zeichenebene, als freie Teilchen bewegen, in z-Richtung sind die Zustände quantisiert.
Für unendlich hohe Potentialbarrieren würde man Quantisierungsenergien En z erhalten:
h2 p 2 2
nz
2m l z2
mit nz= 1,2,3,… (siehe Theorie D).
En z =
(33)
Bei jedem Wert von nz setzt ein sog. quasi- 2-dimensionales Subband ein mit konstanter
Zustandsdichte und einer Dispersion
2
h 2 k^
h2 2
E (nz , k ^ ) = En z +
= En z +
(k x + k y2 )
2m
2m
(34)
Diese Zustandsdichte ist in Fig. 6 dargestellt für d= 2.
Für Potentialtöpfe endlicher Tiefe (Fig. 8) gibt es nur eine endliche Anzahl quantisierter
Elektronen- und Lochzustände.
Da das oberste Valenzband in kubischen Halbleitern wie GaAs in ein schweres und ein
leichtes Lochband aufspaltet (siehe Abschnitt 3) und die effektive Masse in die
Quantisierungsenergie eingeht, erhält man im Valenzband zwei Serien von Lochsubbändern,
die Heavyhole- und die Lighthole-Subbänder.
Dies ist für einen einzelnen Quantentrog in Fig. 9 dargestellt.
15
Fig. 9: Die quantisierten Zustände En z für Elektronen in einem unendlich und einem endlich
hohen Potentialtopf (a,b), schwere und leichte Löcher (hh und lh) in einem einzelnen
Quantentrog (c) (schematisch).
Bei jedem Wert von En z e,hh,lh fängt ein quasi 2-dimensionales Subband an. Wächst man
mehrere Quantentröge in einer Probe mit Barrieren, die so dick sind, dass sich die Zustände in
den unterschiedlichen Fragen nicht beeinflussen, so spricht man von Vielfachquantentrögen
(MQW). Sind die Barrieren so dünn, dass sich die Wellenfunktionen in z-Richtung
überlappen, so handelt es sich um ein Übergitter (superlattice, SL).
Schränkt man die freie Bewegung der Ladungsträger in einer weiteren Raumrichtung ein (z.B.
der y-Richtung), indem man z.B. mit Hilfe von Lithographie aus Quantentrögen schmale (ly »
30nm), lange Streifen formt, so erhält man sog. quasi eindimensionale Quantendrähte
(quantum wires) mit einer Dispersion
h 2k x
E (nz , n y , k x ) = En z + En y +
2m
2
.
(35)
Schränkt man die freie Bewegung auch in der dritten Raumrichtung ein, so erhält man
vollständig quantisierte Zustände, sog. Quantenpunkte (quantum dots, quantum boxes,
artificial atoms) oder Nanokristallite. Für eine Quaderform würde das bedeuten:
E(nx,ny,nz)= En x ,+ En y + En z .
(36a)
Für sphärische Quantenpunkte gilt für den ersten quantisierten Zustand
16
E(nB=1, l=0, m=0) =
h 2p 2
.
2mR 2
(36b)
Quantenpunkte können auf sehr verschiedene Arten hergestellt werden. Durch (Nano-)
Lithographie können aus Quantenfilmen kleine Inselchen mit Durchmessern bis herunter zu
30nm hergestellt werden. Beim Wachstum von Quantenfilmen können bei geeigneten
Bedingungen und Materialkombinationen sog. selbstorganisierte Quanteninseln auftreten, z.B.
in den Systemen InAs/GaAs oder CdSe/ZnSe. Die Inseln bestehen aus Verdickungen des
In1-yGayAs bzw. Cd1-yZnySe-Quantenfilms und/oder aus Bereichen mit kleineren y zwischen
den GaAs bzw. ZnSe-Barrieren. Beide Arten von Quanteninseln zeichnen sich dadurch aus,
dass ihre lateralen Abmessungen in der Quantenfilmebene deutlich größer sind als die Dicke
des Quantenfilms in Wachstumsrichtung.
Eine Möglichkeit, näherungsweise sphärische Quantenpunkte herzustellen, besteht darin, eine
Glasschmelze z.B. mit Cd und Se zu dotieren. Nach dem Abschrecken liegen diese
Komponenten atomardispers vor. In einem Temper- (oder Anlass-) Verfahren bilden sich
nach einem Keimbildungsschritt kleine CdSe Nanokristallite, deren Radius mit zunehmender
Temperdauer und –temperatur wächst. Solche halbleiterdotierte Gläser (mit CdSe, CdS1-x Se x ,
CdS, ZnSe, CuCl, CuBr u.a.) werden seit vielen Jahrzehnten als optische Kantenfilter
kommerziell eingesetzt. Die im Versuch vorliegende Probe wurde in einem Ofen mit einem
Temperaturgradienten getempert.
Zum Abschluss dieses Abschnittes noch zwei Hinweise: Die in (34) bis (36) gegebenen
Dispersionskurven sind wieder Einteilchen (oder N±1) -Teilchenzustände. Excitonen lassen
sich mit Elektronen und Löchern in den verschiedenen Subbändern bilden, z.B. ein (nb= 1 1e,
1hh) Exciton oder ein (nb= 1 1e, 2lh) Exciton. Die Auswahlregeln sind in erster Näherung so,
dass Excitonen mit der gleichen Quantisierungszahl nz in Leitungs- und Valenzband große
Oszillarstärke haben. Zum anderen sei darauf hingewiesen, dass (unvermeidliche)
Fluktuationen der Trogdicke lz oder des Kristallitradius zu einer inhomogenen Verbreiterung
der Quantisierungsenergien führen.
7.
Excitonenspektren in unterschiedlichen Halbleitern und in
Halbleiterstrukturen reduzierter Dimensionalität
Im Folgenden beschreiben wir, welche Absorptionsspektren zu erwarten sind für
unterschiedliche Halbleitertypen und für Strukturen reduzierter Dimensionalität.
Wir zeigen dazu charakteristische Spektren, die im Allgemeinen bei sehr tiefen Temperaturen
(£ 4,2K, d.h. fl. He) aufgenommen wurden. Da das Arbeiten mit fl. He im Praktikum zu
aufwändig ist, wird hier bei RT oder bei 77K (fl. N2) gemessen. Durch die Wechselwirkung
mit den thermisch angeregten Gitterschwingungen (Phononen) werden die Spektren
verbreitert, so dass nicht mehr alle Details sichtbar sind. Wir geben entsprechende Hinweise.
7.1
Dreidimensionale Halbleiter
Wir betrachten zunächst einen einfachen direkten Halbleiter mit einem dipolerlaubten BandBand Übergang. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn das Valenzband p-artige und das
Leitungsband s-artige Symmetrie besitzt (das bezieht sich auf den Faktor U k (r ) der
17
Blochwelle in Gl. ( ). Der Drehimpuls h der Photonen (oder die ungerade Parität des
Dipoloperators er) werden dadurch „aufgebraucht“. Im Absorptionsspektrum sieht man die
Excitonen mit s-Envelope-Funktion. In Fig. .. zeigen wir dazu Absorptions- bzw.
Transmissionsspektren für GaAs und CdS.
Fig. 14.9c,a 14.4c
Fig. 10: Absorptionsspektrum von GaAs (a) und Transmissions- und Reflexionsspektren von
CdS. Nach C. Klingshirn, Semiconductor Optics
Die mit BEC bezeichneten Linien in Fig. (a) sind auf Excitonen zurückzuführen, die an
Störstellen (Donatoren, Akzeptoren) gebunden sind. Sie sollen uns im Weiteren nicht
interessieren. Man sieht für GaAs die Absorption in die nB= 1,2 und 3 S-Excitonenzustände
bei k =0, gefolgt von den Übergängen in das Ionisationskontinuum ab Eg. Ohne ElektronLoch Coulomb Wechselwirkung würde man keine Excitonenzustände erwarten, sondern
18
aufgrund der wurzelförmigen Zustandsdichten in Valenz- und Leitungsband nur den
wurzelförmigen Anstieg der Absorption ab Eg, wie gestrichelt angedeutet.
Im Transmissionsspektrum von CdS sieht man die Excitonen für nB=1 bis 4 für die
Excitonenserien, die jeweils aus einem Elektron im Leitungsband und einem Loch im A- oder
B-Valenzband (siehe Abschnitt 3) gebildet werden. Diese Excitonen sind für nB=1 bis 3 auch
in Reflexion zu sehen (Fig. ..c).
Man sieht, dass in diesem einachsigen Material die A-Excitonen nur in der Polarisation
E ^ c , die B-Excitonen in den Polarisationen E ^ c und E úç c auftreten. Das Material zeigt
daher Dichroismuns und Doppelbrechung.
In den Transmissionsspektren sieht man ferner in den durchsichtigen Spektralbereichen sog.
Fabry-Perot Moden, die durch die natürliche Reflexion der Oberflächen des Kristallplättchens
hervorgerufen werden.
Bei hoher Temperatur sind die Excitonenlinien thermisch verbreitert. Das hat zur Folge, dass
man in diesem Versuch nur den Anstieg der Absorption zum nB=1 Exciton sehen kann,
darüber ist die Probe im Rahmen unserer Nachweisempfindlichkeit undurchsichtig. Man kann
aber die unterschiedlichen Lagen der Absorptionskanten und der Fabry-Perot Moden für die
beiden Polarisationen im Experiment sehr schön sehen.
In einer Gruppe von Halbleitern, mit Cu2O als prominentesten Vertreter, haben Leitungs- und
Valenzband gleiche (hier positive) Parität. Der Band-Band Übergang ist daher dipol verboten.
Gleiches gilt dann auch für Excitonen mit s-Envelope-Funktion. Das 1s (Ortho-) Exciton ist
daher nur als ganz schwacher Quadrupolübergang bei …eV zu sehen.
19
Fig. 11: Absorptionsspektrum des 1s Ortho-Excitons von Cu2O und die LO-Phononen
assistierte Wurzelkante (a), die Serien der nBP Excitonen nB=2 bis 8. (Aus C.
Klingshirn Semiconductor Optics)
Ein Absorptionsprozess wird möglich unter Beteiligung eines LO-Phonons ungerader Parität.
Da die LO-Phononen eine flache Dispersion haben, d.h. hw LO hängt fast nicht von k ab,
erreicht man in dem Prozess
hw Þ E X (nB = 1, k ) + hw LO (-k )
(37)
praktisch alle Excitonenzustände und man findet die wurzelförmige Zustandsdichte in dem
Absorptionsspektrum mit einer Einsatzenergie Ex (nb = 1, k = 0) + hw LO (k = 0) .
Auf dieser wurzelförmigen excitonischen Absorptionsbande sitzen die Absorptionspeaks, der
Excitonen mit P Envelope (d.h. l=1), die ungerade Parität haben. Man sieht hier die Zustände
bis nB=7.
20
Bei 77K sind im Versuch aufgrund der thermischen Verbreiterung noch die 2P- und 3PZustände sichtbar.
In indirekten Halbleitern wie Si, Ge oder InP sieht man ebenfalls die phononenbegleiteten
Übergänge in die Excitonenzustände bei E X (k0 , nb = 1) + hw Phonon (- K 0 ) einsetzen.
In Fig. 12 ist das Absorptionsspektrum einer MQW Probe zu sehen.
14.27a
Fig. 12: Absorptionsspektrum einer GaAs/Al0.3Ga0.7As MQW Probe
Da hh und lh unterschiedliche Quantisierungsenergien haben (siehe Gl. ( )), sind die
zugehörigen Valenzbänder (siehe Fig. ..) und damit auch die zugehörigen Excitonenzustände
aufgespalten. Im Experiment sind die nz=1, nB=1, hh- und lh-Excitonen gut zu trennen.
14.33
Abschließend wollen wir noch das Absorptionsspektrum eines halbleiterdotierten Glases
betrachten. Die d-förmigen erwarteten Absorptionspeaks sind durch Fluktuationen der Größe
der Kristallite verbreitert. Das ist sehr schön in Fig. .. zu sehen. Hier werden die
Absorptionsspektren einer derartigen Probe berechnet, wobei nur die Breite der
Größenverteilung variiert wird. Die Zunahme der inhomogenen Linienbreite ist offensichtlich.
21
Fig. 13: Berechnete Absorptionsspektren einer Glasprobe mit CdS Quantenpunkten und
unterschiedlichen Größenverteilungen. (Nach S.W. Koch, Phys. Blätter 46, 167
(1990))
Im Experiment sehen wir den Anstieg der Absorption zum ersten Übergang. Aus der
Verschiebung der Absorptionskante mit dem Ort (d.h. der Tempertemperatur) lässt sich die
Kristallitgröße abschätzen.
22
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