Die kosmische Strahlung und ihre Untersuchung im CosmoALEPH-Experiment Staatsexamensarbeit am Fachbereich Physik der Johannes Gutenberg-Universitat Mainz Heiko Besier geboren in Wiesbaden Mainz Oktober 2000 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Die Entdeckung der kosmischen Strahlung 2.1 Die Entdeckung der Radioaktivitat . . . . . . . . . . . . . 2.2 Von der Hohenstrahlung zum Standardmodell . . . . . . . 2.2.1 Die Bausteine der Materie? . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Neue Teilchen aus der Hohenstrahlung . . . . . . . 2.2.3 Mit Teilchenbeschleunigern in kleinere Dimensionen 3 Physikalische Grundlagen 3.1 Die Elementarteilchen . . . . . . . . . . . 3.2 Einige fundamentale Teilcheneigenschaften 3.2.1 Masse . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Mittlere Lebensdauer . . . . . . . . 3.2.3 Teilchenzerfall . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Ladung . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Die fundamentalen Wechselwirkungen . . . 4 Kosmische Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Was ist kosmische Strahlung? . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Zusammensetzung der Primarstrahlung . . . 4.1.2 Energiespektrum der Primarstrahlung . . . . 4.2 Quellen kosmischer Strahlung . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Die Entstehung schwerer Elemente . . . . . 4.2.2 Zur Energiedichte der kosmischen Strahlung 4.2.3 Gegenuberstellung moglicher Quellen . . . . 4.3 Beschleunigungsmechanismen . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Fermi-Beschleunigung 2. Ordnung . . . . . . 4.3.2 Fermi-Beschleunigung 1. Ordnung . . . . . . 4.3.3 Synchrotronbeschleunigung . . . . . . . . . 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5 5 6 6 6 10 14 14 16 16 17 18 20 20 21 24 25 25 27 28 29 31 31 35 35 37 38 4.4 Odyssee im Weltraum . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Das galaktische Magnetfeld . . . . . . . . . . 4.4.2 Ursachen fur Energieverluste . . . . . . . . . . 4.4.3 Der Greisen-Zatsepin-Kuzmin-Cuto . . . . . 4.5 Teilchenschauer in der Erdatmosphare . . . . . . . . 4.5.1 Eigenschaften ausgedehnter Luftschauer . . . 4.5.2 Myonen in der kosmischen Strahlung . . . . . 4.6 Experimente zur Untersuchung kosmischer Strahlung 5 Das CosmoALEPH-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Ziel der Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Geographische Lage und geometrischer Aufbau . . . . . . 5.2.1 Geometrische Anordnung der Stationen . . . . . . 5.3 Das Hadronkalorimeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Aufbau der Szintillator-Stationen . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Die Komponenten eines Szintillationszahlers . . . 5.4.2 Aufbau der einzelnen Stationen . . . . . . . . . . 5.4.3 Die Auslese-Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Arbeitspunkte und Nachweiswahrscheinlichkeiten . . . . 5.5.1 Einstellung der Arbeitspunkte eines neuen Stacks 5.5.2 Ezienzbestimmung der Stationen . . . . . . . . 5.6 Photonuntergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Zeitsynchronisation und Datennahme . . . . . . . . . . . 5.8 Datenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Schlubemerkung Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 40 41 43 45 47 49 51 54 54 55 55 57 57 57 58 59 61 61 64 66 67 68 71 72 74 2 Kapitel 1 Einleitung Die in der Teilchenphysik untersuchten Elementarteilchen und die Beschreibung der fundamentalen Wechselwirkungen bilden die Grundlage der Physik. Es ist daher zu begruen, da diese Disziplin mittlerweile unter der Rubrik Elementarteilchenphysik in den Lehrplan von Rheinland-Pfalz aufgenommen wurde. Elementarteilchenphysik umfat als sogenannter Wahlpichtbaustein die Punkte Fundamentalteilchen, fundamentale Wechselwirkungen und Austauschteilchen sowie experimentelle Befunde. Als schwer kann es sich erweisen, Zugang zu einem Bereich zu nden, dessen Dimensionen so weit entfernt von den Alltagserfahrungen und Vorstellungen der Schuler liegen. Daher bietet es sich an, die Modelle und Grundlagen der Teilchenphysik an einem fur die Schuler interessanten Medium zu entwickeln. Ein solches Medium ist die Physik der kosmischen Strahlung. Wie sich in der vorliegenden Arbeit zeigen wird, bietet die Betrachtung der kosmischen Strahlung Gelegenheit, viele Bereiche der Physik (innerhalb und auerhalb des Lehrplans) zu behandeln und leistet daruber hinaus Verknupfungen mit den Wahlpichtbausteinen Astrophysik, Astronomie und Kosmologie. Das Faszinierende an diesem Bereich der Physik sind mit Sicherheit auch die Moglichkeiten und die vielen Unbekannten, die die Aktualitat dieser Forschungsdisziplin ausmachen. Im Unterricht konnte sich so die Vermittlung von gefestigtem Wissen und bisher ungelosten Problemen des Standardmodells verbinden lassen mit dem Forschungsgegenstand der kosmischen Strahlung, der trotz fast hundertjahrigen Bemuhungen immer neue Fragen aufwirft. Neben der Behandlung dieses Stoes sollte dem Schuler auch eine Vorstellung zu vermitteln sein, welche Vorgehensweisen bei der Forschung gewahlt werden und welche damit auftretenden Probleme man zu losen hat. Die Idee, eine Abhandlung uber die kosmische Strahlung und deren Untersuchung als Einfuhrung in die Teilchenphysik zu schreiben, entstand bei einem zweimonatigen Aufenthalt am Forschungszentrum CERN in Genf und Arbeiten an dem dortigen CosmoALPEH-Experiment. 3 Die vorliegende Arbeit gliedert sich folgendermaen: In Kapitel 2 ist die historische Entwicklung der Untersuchung der kosmischen Strahlung und der Teilchenphysik skizziert. Hier wird die enge Verknupfung und die U berschneidung beider Themengebiete bereits ersichtlich. Kapitel 3 beinhaltet die Grundlagen der Teilchenphysik und des Standardmodells, die anhand des Beispiels der kosmischen Strahlung plastisch dargestellt werden konnen und in Unterichtseinheiten uber kosmische Strahlung eingebettet werden sollten. Eine Einfuhrung in dieses Gebiet ist in Kapitel 4 gegeben. Der Weg kosmischer Strahlung wird hier von den angenommenen Quellen durch den interstellaren Raum bis zu Wechselwirkungen in der Erdatmosphare verfolgt und schliet mit einem Uberblick der Moglichkeiten zu ihrer Untersuchung. Kapitel 5 beschreibt Details des CosmoALPEH-Experimentes und dort durchgefuhrter Arbeiten und soll als Beispiel fur die Untersuchung und Nachweismethoden kosmischer Strahlung und ihrer Sekundarprodukte dienen. Hier soll auch ein Einblick in die Moglichkeiten und Probleme eines Experimentes vermittelt werden. Diese Arbeit ist gedacht als Handreichung fur Lehrer und Schuler der Oberstufe und will einen U berblick verschaen uber einen Bereich der Physik, der die meisten oenen Fragen in sich birgt. Wahrend in diesem Rahmen hauptsachlich der theoretische Hintergrund auch anhand von Beispielen vermittelt wird, bietet sich die Moglichkeit, die kosmische Strahlung auch mit den fur Schulen zur Verfugung stehenden Mittel zu untersuchen1 und die Unterrichtseinheiten durch Exkursionen zu entsprechenden Experimenten zu erganzen. 1 siehe auch [Kle00] 4 Kapitel 2 Die Entdeckung der kosmischen Strahlung 2.1 Die Entdeckung der Radioaktivitat Im Fruhjahr 1896 beschaftigte Antoine Henri Becquerel (1852-1908) die Frage, ob Kristalle von Sonnenlicht zum Strahlen angeregt werden. Im Rahmen dieses Experimentes entdeckte er eher zufallig, da ein von ihm als Kristallprobe verwendetes Uransalz selbst in einer lichtdichten Bleikassette Photoplatten belichtete. Diese neu entdeckte Strahlung wurde zunachst als rayons uranique dem Element Uran zugeschrieben. Doch zwei Jahre spater beobachtete Marie Sklodowska Curie (1859-1934) eine ahnliche Strahlung des Elements Thorium und entdeckte schlielich zusammen mit ihrem Mann Pierre Curie (1859-1906) das Element Radium, dessen Aktivitat die des Urans um ein millionenfaches ubertraf. Das neue Phanomen erhielt von ihnen den Namen Radioaktivitat. Auch Ernest Rutherford (1871-1937) untersuchte diese Naturerscheinung und konnte 1898 zeigen, da Rontgenstrahlung und Radioaktivitat im Grunde die gleichen Auswirkungen auf Gas haben. Ihm gelang es auch, zwei Arten von Radioaktivitat zu unterscheiden, die er als Alpha- und Betastrahlen bezeichnete. Eine weitere fundamentale Entdeckung, die in diese Zeit el, gelang Sir William Thomson (1824-1907) mit Hilfe seines Kathodenstrahlversuchs. Das von ihm 1897 nachgewiesene Kathodenstrahlteilchen sollte spater den Namen Elektron erhalten und sich als Konstituent der Betastrahlen herausstellen. Die Untersuchung radioaktiver Strahlen erfolgte zumeist mit Elektrometern, die sich die ionisiernde Wirkung der Strahlen auf Luft zunutze machten. Dies fuhrte zur Beobachtung eines seltsamen Phanomens. Die Elektrometer wiesen auch dann Strahlung nach, wenn keine radioaktive Quelle in der Nahe war. Die Suche nach der Quelle dieser Strahlung, die auch auf dem Meer, abseits von radioaktivem Gestein, 5 prasent war, veranlate den Jesuitenpater Theodor Wulf 1910, Strahlungsmessungen auf dem Eifelturm vorzunehmen, die ihm relativ zum Erdniveau hohere Werte lieferten. Daher vermutete er, da die Strahlungsintensitat mit der Hohe in der Atmosphare zunehme und die Quelle gegebenfalls im Weltall zu suchen sei. Ein von ihm angedachter Versuch wurde 1911 und 1912 von Viktor Hess durchgefuhrt, der Heiluftballonfahrten bis in 5000 Meter Hohe unternahm. Er stellte eine starke Zunahme der Strahlungsintensitat ab 1000 Metern fest und auf 5000 Metern ein dreibis funfmal hoheres Strahlungsniveau als auf Meereshohe. Fur die Entdeckung der kosmischen Strahlung erhielt Hess 1936 den Nobelpreis. Die Hohenabhangigkeit der Intensitat der Hohenstrahlung bestatigte sich bei spateren Experimenten - unter anderem durch Robert Millikan (1868-1953) - mit unbemannten Ballons in groeren Hohen. 2.2 Von der Hohenstrahlung zum Standardmodell 2.2.1 Die Bausteine der Materie? Mittlerweile war erwiesen, da Betastrahlung unter anderem aus Elektronen und Alphastrahlung, wie zwischen 1907 und 1908 von Rutherford und T.D. Royds gezeigt, aus ionisiertem Helium besteht. Diese Tatsache machte sich Rutherford bei seinem Streuexperiment zunutzte und entdeckte 1911 eine Substruktur des Atoms, den Atomkern. An diese Entdeckung schlo sich eine neue Vorstellung uber den Aufbau des Atoms an: das Bohrsche Atommodell, in dem die negativ geladenen Elektronen den positiven Atomkern in einem Gleichgewicht aus Coulomb- und Zentripetalkraft umkreisen1. Als James Chadwick (1891-1974) 1932 das Neutron entdeckte, vervollstandigte sich das Bild des Atomkerns. Man erkannte, da sich Kerne nicht nur aus Protonen (die lange Zeit als Wasserstokerne bezeichnet wurden), sondern aus Protonen und Neutronen zusammensetzen. Damit kannte man die drei vermeintlich fundamentalen Bausteine der Materie. 2.2.2 Neue Teilchen aus der Hohenstrahlung Ein groer Fortschritt fur die Untersuchung der Teilchenstrahlung war die Verbesserung des Geigerzahlers, die 1928 von Hans Geiger und Walther Muller abgeschlossen wurde. Dieser Detektor war in der Lage, ein einzelnes geladenes Teilchen nachzuweisen und einen Ladungsimpuls auszugeben, mit dem ein Lautsprecher oder ein Zunachst wurde allerdings angenommen, da sich neben den Protonen auch Elektronen im Atomkern aufhalten. 1 6 Elektrometer betrieben werden konnte. Walter Bothe und Werner Kohlhorster benutzten 1929 eine Anordnung aus zwei ubereinanderliegenden Zahlrohren, um die Flugrichtung der Teilchen der kosmischen Strahlen zu bestimmen, indem sie das gleichzeitige Ansprechen beider angeschlossenen Elektrometer, also sogenannte Koinzidenzen, beobachteten (siehe Abb. 2.1). Zur damaligen Zeit war man gemeinhin der Ansicht, da die kosmische Strahlung Kosmisches Strahlungspartikel aus besonders energiereichen Photonen bestehe, weshalb man sich die vielen Koinzidenzen der Meapparatur nur schwer erklaren konnte: Ein Photon ist mit einem Goldblock (4cm) Geigerzahler nur nachzuweisen, wenn es ein Elektron aus einem Atom "herausschlagt\. Dies mute ein Photon entweder in beiElektrometer den Zahlrohren tun, um eine Koinzidenz zu bewirken, oder ein herausgelostes Elektron Abbildung 2.1: Messung der Koinzimute auch den zweiten Detektor durch- denzrate queren. Wahrscheinlicher war jedoch das Auslosen beider Zahlrohre durch ein einzelnes Elektron. Um auszuschlieen, da die Koinzidenz durch ein Photon ausgelost wird, wurde ein massiver Goldblock zwischen beide Zahlrohre gebracht. Tatsachlich durchdrangen noch 75 Prozent der Teilchen den Metallblock. Daraus schlossen Bothe und Kohlhorster, da die kosmische Strahlung nicht aus Photonen bestehe, sondern ein Strom elektrisch geladener Teilchen mit hohem Durchdringungsvermogen sein musse. Ein weiterer Aufschlu uber die Natur der Strahlung gelang Bruno Rossi um 1930, als er statt der Geigerzahler Elektronenrohren in einem horizontalen Dreieck anordnete und trotz einer Bleiabschirmung zahlreiche Dreifachkoinzidenzen beobachten konnte. Die Teilchen der kosmischen Strahlung schienen sich also in der Atmosphare als eine Art Schauer auszubreiten. Nach wie vor war es jedoch nicht moglich, die Partikel der Strahlung zu identizieren. Als auerst hilfreicher Detektor hierfur erwies sich die von C.T.R. Wilson bereits 1911 entwickelte Nebelkammer. Durch diese Kammer ist es moglich, die Ionisationsspuren geladener Teilchen makroskopisch sichtbar zu machen. In Verbindung mit einem Magnetfeld B , dessen Feldlinien senkrecht zur Flugrichtung eines Teilchens mit der Geschwindigkeit v, der Masse m und der Ladung q stehen, kann man Aufschlu uber die Eigenschaften eines Teilchens erhalten. Hierbei macht man sich zunutze, da ein Magnetfeld eine ablenkende Kraft, die Lorentz-Kraft, auf ein geladenes Teilchen ausubt, wobei die Kraftwirkung fur positive und negative Ladungen genau entgegengesetzt ist (vgl. Abb. 2.2 - der B-Vektor des Magnetfeldes zeigt in die Zeichenebene). Die Flugbahn erfahrt eine Krummung, die beschrieben werden 7 kann durch den Radius (2.1) r = mv qB : Bei einem unveranderten Magnetfeld B und unter der Annahme, da das Teilchen einfach geladen ist (q = e), kann man den Impuls p = mv ermitteln. Oder anders ausgedruckt: Langsamere und leichtere Teilchen werden durch ein Magnetfeld starker abgelenkt als schwerere und schnellere. Die Nebelkammer, mit deren Hilfe bereits radioaktive Strahlung untersucht worden war, wollte Millikan verwenden, um etwas uber das Energiespektrum der kosmischen Strahlung zu erfahren. 1930 beauftragte r er daher seinen Studenten Carl Anderson mit dem B Bau einer solchen Kammer und eines leistungsfahigen Magneten. Schon die ersten Aufnahmen wiesen darauf hin, da die Strahlung in etwa zu gleichen Teilen aus positiv und negativ geladenen Teilchen bestehen musse: Um 1932 gelang Anderson die Aufnahme einer Teilchenspur, deren Krummung einer positiven Abbildung 2.2: Wirkung der Ladung entsprach. Wahrend Millikan die Spur einem Lorentz-Kraft auf geladene Proton zuordnete, vermutete Anderson ein die Kam- Teilchen mer von unten nach oben durchquerendes Elektron. Um die Flugrichtung der Teilchen eindeutig bestimmen zu konnen, teilte Anderson die Kammer mit einer Bleiplatte. Beim Durchgang durch diese Platte sollten die Teilchen Energie und damit Geschwindigkeit verlieren, was sich in einer starkeren Bahnkrummung nach der Platte auern wurde. Tatsachlich wies Anderson ein Teilchen nach, das den gleichen Krummungsradius und die gleiche Ionisationsdichte wie ein Elektron zeigte, nur entsprach die Orientierung der Bahn einer positiven Ladung. Er hatte das Positron entdeckt, das positiv geladene Antiteilchen des Elektrons (Abbildung 2.3 zeigt Andersons Nebelkammer-Aufnahme). Vollig unerwartet geschah dies nicht, da Paul A. M. Dirac (1902-1984) bereits einige Jahre zuvor bei der quantenmechanischen Beschreibung des Elektrons im Rahmen der speziellen Relativitatstheorie auf die notwendige Existenz eines positiv geladenen Elektron-Partners mit gleicher Masse gestoen war. Das erfolgreiche Konzept der Nebelkammer-Magnetfeld-Kombination erfuhr um 1932 noch eine entscheidende Verbesserung. Bislang wurde die Kammer willkurlich expandiert und belichtet, was eine relativ geringe Treerquote zur Folge hatte. Patrick Blackett und Giuseppe Occhialini automatisierten diesen Vorgang, indem sie sowohl ober- als auch unterhalb der Kammer einen Geigerzahler plazierten. Wiesen die beide Zahlrohre eine Koinzidenz, also einen Teilchendurchgang nach, wurde uber ein Relais die Kammer expandiert und eine Photoplatte belichtet. negativ geladenes Teilchen 8 Dieses einfache Prinzip, einen Detektor durch einen externen sogenannten Trigger "auszulosen\, ndet auch heute in vielen Experimenten seine Anwendung. Auch Anderson und sein Kollege Seth Neddermeyer verwendeten das optimierte Verfahren und entdeckten Mitte der dreiiger Jahre viele Spuren von Teilchen, die im Gegensatz zu Elektronen und Positronen ein viel hoheres Durchdringungsvermogen besaen, eine geringere Ionisationsdichte aufwiesen und keine Teilchenschauer erzeugten. Das neue Teilchen Abbildung 2.3: Nebelkammer-Aufbesa eine 200mal groere Masse als das Elek- nahme eines Positrons (das Magnettron. Wieder schien die Theorie dem Experi- feld B zeigt in die Zeichenebene) ment vorausgeeilt zu sein, denn Hideki Yuka- aus [And33]. wa (1907-1981) hatte 1935, zwei Jahre vor der Veroentlichung der experimentellen Ergebnisse, eine Theorie uber die starke Kraft, die den Atomkern zusammenhalt, aufgestellt. Mittler dieser Kraft sollte ein Austauschteilchen sein, dessen Masse einige hundertmal groer als die des Elektrons sein und zwischen der des Elektrons und des Protons liegen mute2. Daher erhielt es den Namen Meson (griech. mesos "mitten, in der Mitte\). Erst 1945 erwies sich bei Versuchen von M. Conversi, E. Pancini und O. Piccioni, da das Teilchen eine zu schwache Wechselwirkung mit Protonen und Neutronen zeigte, um die Starke der Kernkraft erklaren zu konnen. Das Ratsel loste sich erst, als C.F. Powell 1947 zusammen mit C.P.S. Occhialini und C.M.G. Lattes ein weiteres Teilchen entdeckte. Sie benutzten dunne Platten von Photoemulsionen, die von durchgehenden Teilchen praktisch "belichtet" wurden und somit die Teilchenspur sichtbar machten. Hiermit gelang ihnen die Entdeckung des Pi-Mesons, oder kurz Pion, das tatsachlich stark mit Protonen und Neutronen wechselwirkte - Yukawas Teilchen war in der kosmischen Strahlung entdeckt worden. Das zehn Jahre zuvor entdeckte My-Meson oder Myon, das zuerst fur Yukawas Austauschteilchen gehalten wurde, hat zwar eine ahnlich groe Masse wie das Pion und kommt ebenfalls sowohl mit positiver als auch mit negativer Ladung vor, es unterscheidet sich jedoch, wie sich spater zeigen wird, grundlegend vom Pion. Ein moglicher Hinweis hierauf war der Nachweis des elektrisch neutralen Pions (1947), dessen Masse (ca. 264 Elektronenmassen) nur geringfugig kleiner als die seiner geladenen Verwandten ist. In den darauolgenden Jahren wurden noch weitere Teilchen entdeckt, wie zum Bei2 Die Ruhemasse des Protons ist etwa um den Faktor 1836 groer als die des Elektrons. 9 spiel das Kaon (1947) und das Lambda (1951), die man als seltsame Teilchen bezeichnete, da sie eigenartige Eigenschaften besaen, die man damals nicht verstand. Sie waren zudem von keiner Theorie vorausgesagt worden und kamen, ahnlich wie das Myon, in der bekannten Materie nicht vor. Viele fundamentale Erkenntnisse hatte man zu dieser Zeit schon gewonnen: Die Materie baut sich auf aus Protonen und Neutronen, die den Atomkern bilden, und den Elektronen, die den Kern im Atom umgeben. Die Krafte zwischen zwei Objekten werden durch Austauschteilchen vermittelt (der Trager der elektromagnetischen Kraft, die auch zwischen Elektron und Atomkern wirkt, ist beispielsweise das Photon). Zu einigen Teilchen existieren Antiteilchen, die sich durch das Ladungsvorzeichen von ihrem Verwandten unterscheiden. Die meisten Teilchen sind instabil und besitzen eine begrenzte Lebensdauer. Sie zerfallen in leichtere Teilchen. Ungelost war allerdings noch der ordnende Zusammenhang zwischen den vielfaltigen Teilchen und deren Wechselwirkungen, der nach einigen weiteren Entdeckungen im Rahmen des Standardmodells der Teilchenphysik erreicht wurde. 2.2.3 Mit Teilchenbeschleunigern in kleinere Dimensionen In den 30er und 40er Jahren war die kosmische Strahlung als "naturliche\ Teilchenstrahlung die Quelle fur Erkenntnisse. Um jedoch die Wechselwirkung zwischen Teilchen und deren Struktur und Eigenschaften gezielter untersuchen zu konnen, bediente man sich nun sogenannter Teilchenbeschleuniger. Bereits 1929 hatte Ernest Orlando Lawrence mit der Entwicklung des Zyklotrons begonnen. Die Idee des Beschleunigers war es, Protonen im Spalt zwischen zwei D-formigen Polschuhen mittels einer hochfrequenten Wechselspannung zu beschleunigen und durch ein senkrecht zur Beschleunigungsebene stehendes Magnetfeld auf eine Kreisbahn zu zwingen. Da der Impuls der Protonen durch jeden Beschleunigungsvorgang zunimmt, vergroert sich der Radius der Kreisbahn, bis die Protonen das Zyklotron in einem denierten Strahl verlassen und fur Experimente genutzt werden konnen. Ab einer Protonenenergie3 von ungefahr 30 MeV kommt jedoch der relativistische Massenzuwachs (siehe 3.2.1) zum Tragen, der die Umlaurequenz der Protonen verlangsamt. Um die Frequenz der beschleunigenden Wechselspannung an die verringerte Umlaurequenz anzupassen, wurde Mitte der vierziger Jahre nach einer Idee von 3 zu den Energieeinheiten siehe Kapitel 3.2.1, zur Notation Tabelle 2.1 10 Peta Tera Giga Mega Kilo Milli Mikro Nano Pico Femto P T G M k m n p f 15 12 9 6 3 0 , 3 , 6 , 9 , 12 , 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 15 Tabelle 2.1: Gebrauchliche Vielfache der physikalischen Einheiten Ed McMillan das Synchrozyklotron entwickelt, mit dessen Hilfe 1949 das neutrale Pion entdeckt werden konnte. Da der Radius des Zyklotrons jedoch die Obergrenze der erreichbaren Energie mitbestimmt, wurde auf der Suche nach Techniken fur hohere Energien die Synchrotron-Idee geboren. Entsprechend Gleichung 2.1 lat sich der Radius der zu beschleunigenden Teilchen konstant halten, wenn man die Starke des Magnetfeldes an deren Impuls anpat. Zwei Jahre nach dem "Cosmotron\ in Brookhaven, einem 3-GeV -Protonsynchrotron, wurde 1954 in Berkeley das "Bevatron\ in Betrieb genommen, das Protonen auf 6; 2 GeV beschleunigen konnte. Diese Energie genugte fur die gezielte Suche nach einem bestimmten Teilchen. Nachdem Anderson 1932 das Positron als "Antielektron\ entdeckt hatte, war man nun bestrebt, die Symmetrie der physikalischen Gesetze in bezug auf Materie und Antimaterie bestatigt zu sehen, indem man das Antiproton nachwies. Der Theorie nach mute man ein ruhendes Ziel (engl. target ) mit Protonenenergien von etwas uber 6 GeV beschieen, um Antiprotonen zu erzeugen. Tatsachlich gelang es der Arbeitsgruppe um Emilio Segre bis zum Herbst 1955, etwa 100 Antiprotonen nachzuweisen, wofur Segre und Owen Chamberlain 1959 den Nobelpreis erhielten. Die immer groer werdenden Teilchenenergien, die mit Beschleunigern erreicht werden konnten, ermoglichten die U berprufung einer weiteren Theorie. Die Vielzahl der bis dahin bekannten seltsamen Teilchen, von denen Kaon und Lambda bereits genannt wurden, konnte durch eine prinzipiell gemeinsame Substruktur erklart werden. Man konnte sie als Kombination neuer Teilchen darstellen, der Quarks4, von denen zunachst das Up-Quark, das Down-Quark und das Strange-Quark der Theorie genugten. 1964 postulierte Murray Gell-Mann die Existenz dieser Quarks, mit denen er alle seltsamen Teilchen erklaren konnte (im selben Jahr entwickelte Georg Zweig die gleiche Idee). Bei den Untersuchungen verschiedener Anregungszustande des Protons kam man zu dem Ergebnis, da das Proton kein Elementarteilchen ist. Beispielsweise am SLAC (Stanford Linear Accelerator Center) wurden Protonen mit hochenergetischen Elektronen beschossen. Nun ist es eine Grundlage der Quantenphysik, da jedem Teilchen eine Wellenlange zugeordnet werden kann (die De-Broglie-Wellenlange = h=p, wobei p der Impuls des Teilchens und h = 6; 6261 10,34 Js = 4; 1357 10,21 MeV s die Planck4 "{ Three quarks for Muster Mark.\, aus James Joyce: Finnegans Wake, 1939 11 Konstante ist). Diese Wellenlange wird kurzer, je groer der Impuls des Teilchens ist. Um in das Proton "hineinsehen" zu konnen, dessen Durchmesser etwa 2 10,15 m betragt, mu die Wellenlange der Elektronen kleiner als dieser Wert sein, um auch etwaige kleinere Strukturen aufzulosen. Aus dieser Bedingung ergibt sich mit der De-Broglie-Gleichung eine Mindestenergie der Elektronen von ca. 620 MeV . Der Linearbeschleuniger am SLAC erreichte Ende der 60er Jahre Energien von 20 GeV , womit Auosungen von etwa 1/30 des Protondurchmessers erzielt werden konnten. Die Ergebnisse dieses Experimentes sowie die ahnlicher Experimente am CERN (Centre Europeenne pour la Recherche Nucleaire) in Genf erbrachten den Beweis, da das Proton aus drei Quarks besteht. Genauer gesagt besteht es aus zwei Up- und einem Down-Quark und das Neutron aus einem Up- und zwei Down-Quarks. Das daraus resultierende Bild eines Atoms ist in Abbildung 2.4 schematisch dargestellt. Aus den aufgefuhrten Groendimensionen Elektron der einzelnen Bestandteile lat sich er(< 10 m) ekennen, da der Kern 10000 mal kleid u u ner als die Atomhulle ist. Das entspricht Quark u d Kern d (< 10 m) (~ 10 m) etwa dem Groenverhaltnis eines Sesam- Proton u korns zu einem Heiluftballon. Nach Up, (~ 10 m) e- u d ud d Neutron (~ 10 m) Down und Strange folgte der Nachweis Atom des Charm-Quarks Mitte der 70er Jahre, (~ 10 m) des Bottom-Quarks 1977 am Fermilab in Chicago und des Top-Quarks 1994 eben- Abbildung 2.4: Schematischer Aufbau falls am Fermilab. eines Helium-Atoms mit GroendiDamit waren sechs Quarks - Up, Down, mensionen Charm, Strange, Top und Bottom - experimentell nachgewiesen, zu denen sich das Elektron, das Myon und das 1975 entdeckte Tauon, oder Tau gesellten. All diesen Teilchen ist gemeinsam, da sie keine uns bekannte Substruktur besitzen, also Elementarteilchen sind. Um den "Zoo" der fur diese Arbeit relevanten Teilchen zu vervollstandigen, soll an dieser Stelle noch ein bis heute nicht vollstandig verstandenes Teilchen erwahnt werden. Beim ,-Zerfall, der Quelle der anfangs angesprochenen Beta-Strahlung, wandelt sich im Kern ein Neutron in ein Proton um, wobei es ein Elektron abstrahlt. Bei diesem Proze scheint Energie verloren zu gehen. 1930 stellte Wolfgang Pauli die Hypothese auf, da die fehlende Energie von einem bis dahin unbeobachteten Teilchen mit sonderbaren Eigenschaften ,weggetragen' wurde. Dieses Teilchen mute elektrisch neutral sein, und eine sehr kleine (oder gar keine) Masse besitzen. Es erhielt von Enrico Fermi 1933 den Namen Neutrino (ital. "kleines Neutrales\) und wurde erst 1956 von Clyde Cowan und Fred Reines nachgewiesen. Der Grund dafur ist die extrem schwache Wechselwirkung des Neutrinos mit anderen Teilchen. -18 -18 -15 -15 -15 -10 12 Heute kennt man drei Arten: das Elektron-Neutrino, das Myon-Neutrino und das Tau-Neutrino. Zusammen mit Elektron, Myon und Tau werden die Neutrinos zu den Leptonen (griech. lepton - klein, kleine Munze), den ,leichten' Teilchen, gezahlt. In [Clo89], [Wei84] und [Wal91] nden sich ausfuhrliche historische Darstellungen, denen auch die meisten Daten dieses Kapitels entnommen wurden. Die Strukturierung der Teilchenvielzahl und die Beschreibung ihrer Eigenschaften und Wechselwirkungen soll im nachsten Kapitel vorgenommen werden. 13 Kapitel 3 Physikalische Grundlagen Die groe Zahl verschiedener Teilchen, ihr Verhalten und ihre Wechselwirkungen konnen mit Hilfe des Standardmodells der Teilchenphysik erklart werden. Da die Teilchen der kosmischen Strahlung nicht mehr mit der klassischen Mechanik beschrieben werden konnen, werden in diesem Kapitel auch einige Grundlagen der Speziellen Relativitatstheorie eingefuhrt. Den Rahmen des Standardmodells bilden drei Aussagen, die im folgenden erlautert werden sollen [Wal91]: 1. Die Materie besteht aus einigen genau denierten Elementarteilchen, die man in Quarks und Leptonen unterteilt. 2. Diese Teilchen sind Trager von Ladungen verschiedener Art. 3. Die bis heute beobachteten Vorgange konnen dargestellt werden durch den Austausch geeigneter Teilchen, die an die verschiedenen Ladungen der Elementarteilchen koppeln. 3.1 Die Elementarteilchen In Tabelle 3.1 sind die Elementarteilchen mit den in der Teilchenphysik verwendeten Abkurzungen aufgefuhrt. Sie konnen als elementar angesehen werden, da sich alle bekannten Teilchen aus ihnen zusammensetzen (sofern sie nicht mit ihnen identisch sind). Desweiteren besitzen sie keine bekannte Substruktur und werden deshalb als punktformig (oder zumindest < 10,18 m) angenommen. Zu jedem Lepton und jedem Quark gibt es ein Antiteilchen, das die gleiche Masse, jedoch die entgegengesetzte elektrische Ladung besitzt (die Antiteilchen sind nicht in Tab. 3.1 aufgefuhrt). Das Positron als Antiteilchen des Elektrons und das positiv geladene Myon sind bereits erwahnt worden. Die Antiteilchen der Neutrinos und der Quarks erhalten in der Notation einen Querbalken uber der Abkurzung. 14 Leptonen Masse Familie 1 2 3 Ladung [ ] [e] 0 511 ,1 , 6 2 5 10 0 105 7 ,1 0 27 0 1777 1 ,1 18 0 2 M eV =c e - Elektron e - e-Neutrino - Myon - -Neutrino - Tau - -Neutrino ; < ; ; < ; ; < Quarks Masse Ladung [ ] [e] u - Up 1,5-5 +2 3 d - Down 3-9 ,1 3 c - Charm 1100-1400 +2 3 s - Strange 60-170 ,1 3 t - Top 173800 5200 +2 3 b - Bottom 4100-4400 ,1 3 2 M eV =c = = = = = = Tabelle 3.1: Die Elementarteilchen Die Elementarteilchen werden in drei Familien unterteilt, die sich dadurch unterscheiden, da die Leptonen und Quarks der zweiten und dritten Familie eine jeweils groere Masse als die der vorigen Familie besitzen. Auerdem zerfallen die Teilchen der zweiten und dritten Familie in relativ kurzer Zeit in die der ersten (abgesehen von Neutrinos). Aus dem Elektron, dem Up-Quark und dem Down-Quark bauen sich die Atome der uns umgebenden Materie auf. Genauer gesagt, die Up-Quarks und Down-Quarks bilden in einer Dreierverbindung Proton und Neutron (vgl. Tabelle 3.2). Diese Teilchen, die aus drei Quarks bestehen, nennt man Baryonen (griech. barys "schwer\), solche, die aus drei Antiquarks bestehen, Antibaryonen. Zu den Antibaryonen gehort auch beispielsweise das Antiproton. Neben Dreierverbindungen von Quarks oder Antiquarks gibt es auch die Verbindung eines Quarks mit einem Antiquark. Die resultierende Teilchenart nennt man Meson. Ein bereits bekanntes Meson ist das Pion, das in der kosmischen Strahlung entdeckt wurde. Quarks treten also nur auf als qqq-, qqq- und qq-Systeme, alle anderen Kombinationen sind nicht moglich. Die Dreier- und Zweierverbindungen von Quarks werden unter dem Begri Hadronen (griech. hadros "stark\) zusammengefat. In Tabelle 3.2 sind einige Beispiele fur solche Quarkverbindungen aufgefuhrt. Hadronen Baryonen qqq & Antibaryonen qqq Mesonen qq Quarks Masse Ladung Quarks Masse Ladung 2 [MeV=c ] [e] [MeV=c2 ] [e] p-Proton uud 938; 3 +1 +- Pion ud 139; 6 +1 , p-Antiproton uud 938; 3 ,1 -Pion ud 139; 6 ,1 0 n-Neutron udd 939; 6 0 -Pion uu und dd 135; 0 0 Tabelle 3.2: Beispiele fur Hadronen 15 3.2 Einige fundamentale Teilcheneigenschaften In diesem Abschnitt sollen anhand der bisher bekannten Teilchen grundlegende Eigenschaften beleuchtet werden, wie beispielsweise Lebensdauer, Masse, Ladung und Spin. Um das Verhalten von Teilchen zu verstehen, ist ein kurzer Einblick in Einsteins Spezielle Relativitatstheorie notig. Diese Theorie basiert auf der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit (c 3 108 m=s) in beliebig gleichformig bewegten Bezugssystemen. Jedes massive Objekt besitzt ein sogenanntes Ruhesystem, in dem seine Geschwindigkeit, bzw. sein Impuls gleich null ist. Wird das Objekt aus einem anderen Bezugssystem beobachtet, das sich relativ zu dessen Ruhesystem bewegt, so kommt es zu Eekten wie Massenzuwachs, Zeitdilatation und Langenkontraktion (s.u.). Der Beobachter nimmt Zeit, Raum und Masse anders wahr, als ein Beobachter im Ruhesystem des Teilchens. Diese Abweichungen verstarken sich mit zunehmender Geschwindigkeit des Objektes. 3.2.1 Masse Wie oben erwahnt, hangt die Masse eines Teilchens von dem Bezugssystem ab, aus dem man es beobachtet. Nur in seinem Ruhesystem tragt es auch seine Ruhemasse. Fur einen Beobachter in einem anderen Bezugssystem, das sich relativ zu diesem Ruhesystem bewegt, hat das Teilchen ein groere Masse: (3.1) m = q m0 v2 = m0 ; 1 , c2 wobei m0 die Ruhemasse, v die Teilchengeschwindigkeit und c die Lichtgeschwindigkeit ist (g qangige2 Abkurzungen bei relativistischen Berechnungen sind = v=c und = 1= 1 , vc2 ). Sagt man also beispielsweise, das Elektron besitzt die Masse me = 9; 1095 10,31 kg, so meint man damit seine Ruhemasse. Die Geschwindigkeiten, die wir in unserer makroskopischen Alltagswelt erleben, sind jedoch verglichen mit der Lichtgeschwindigkeit so gering, da der Massenzuwachs vernachlassigt werden kann. Ein Mensch mit einer Masse von 70 kg mute sich schon mit etwa 32000 km h uber die Erde bewegen, um in deren Ruhesystem 1 g Masse hinzuzugewinnen. In der mikroskopischen Welt beobachtet man hingegen Teilchengeschwindigkeiten nahe c, die eine relativistische Betrachtung erfordern. Die relativistische Massenzunahme aus Gleichung 3.1 entspricht auch der Zunahme der kinetischen Energie eines Teilchens, weshalb die Gesamtenergie auch dargestellt werden kann als: E = mc2 = m0c2 (3.2) Die Masse eines Teilchens sowie seine Gesamtenergie erhohen sich also mit der Teilchen-Geschwindigkeit, was in 3.2 in einem mit der Geschwindigkeit groer wer16 denden enthalten ist. Die Tatsache, da ein einfacher linearer Zusammenhang zwi schen E und m besteht, bezeichnet man als Masse-Energie-Aquivalenz . Dieses Prinzip bedeutet, da sich Masse vollstandig in Energie umwandeln kann und Energie wiederum in Teilchen und damit in Masse umgewandelt werden kann. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfur ist die Paarbildung, ein Proze, in dem aus einem Photon, das Energie, aber keine Ruhemasse besitzt, ein Elektron und ein Positron entstehen. Aus der Masse-Energie-A quivalenz resultiert auch die Gepogenheit der Teilchenphysik, Massen nicht in Masseneinheiten, sondern in Energieeinheiten auszudrucken. Die entsprechende Energieeinheit ist das Elektronenvolt (eV ). 1 eV entspricht der kinetischen Energie, die ein Elektron gewinnt, wenn es eine Spannungsdierenz von 1 Volt durchlauft. Dementsprechend ist die Ruhemasse des Elektrons (gema Gleichung 3.2) me ' 511000 eV=c2 , oder 511 keV=c2 (da in den meisten Betrachtungen c = 1 gesetzt ist, werden oft Energien, Impulse und Massen in eV angegeben, wobei gilt 1 eV ' 1; 602 10,19 Joule). In Tabelle 3.1 ndet man bei den Neutrinos lediglich Obergrenzen fur die Ruhemassen. Das liegt daran, da Neutrinos nur schwach wechselwirken und somit nur schwer nachzuweisen sind. Die Massenbestimmung ist immer noch Gegenstand aktueller Experimente. Sollten die Neutrinos tatsachlich eine Masse besitzen, hatte dies weitreichende Folgen fur einige Theorien (sie konnten sich nicht mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, konnten zerfallen, wurden die Gesamtmasse des Universums eventuell erheblich vergroern etc.). Die Masse der Quarks ist aus einem anderen Grund schwer zu bestimmen. Quarks konnen nicht isoliert betrachtet werden, und im gebundenen Zustand sind Bindungsenergie und Ruhemasse der gebundenen Teilchen kaum zu trennen. 3.2.2 Mittlere Lebensdauer In Kapitel 1 sind schon einige Teilchen angesprochen worden, die instabil sind und damit eine begrenzte Lebensdauer besitzen. Als Beispiel ist die mittlere Lebensdauer der geladenen Leptonen und des Pions in Tabelle 3.3 aufgefuhrt. Es lat sich leicht errechnen, welchen Weg Myonen in 2; 2 10,6 s zurucklegen, wenn sie sich annahernd mit Lichtgeschwindigkeit (0; 999c) bewegen, namlich s = 0:999c2; 210,6 s 660 m. Das wurde bedeuten, da Myonen, die in der oberen Atmospharenschicht in etwa 10 km Hohe erzeugt worden waren, kaum den Erdboden erreichen konnten. Da dies aber doch der Fall ist, liegt wiederum an der Speziellen Relativitatstheorie, oder genauer, an der Relativitat der Zeit. Die Lebensdauer besitzt nur im Ruhesystem Teilchen e 0 Lebensd. [s] stabil 2; 2 10,6 2; 9 10,13 2; 6 10,8 8; 4 10,17 Tabelle 3.3: Die mittlere Lebensdauer einiger Teilchen 17 des Myons die entsprechende Groe. Im Bezugssystem des Experimentators auf der Erde erfahrt das Teilchen eine Zeitdilatation der Form: (3.3) t = q t0 v2 = t0 : 1 , c2 (Die Zeit erfahrt also die gleiche relativistische Veranderung wie die Masse - Gleichung 3.1). Das heit in anderen Worten, fur das bewegte Teilchen vergeht die Zeit langsamer. Errechnet man mit Gleichung 3.3 nun die in unserem Bezugssystem langere Lebensdauer der obigen Myonen, zeigt sich, da die Myonen im Mittel 14 km zurucklegen konnen und somit viele die Erde erreichen. Da dies der Fall ist, hat in zahlreichen Experimenten seine Bestatigung gefunden. 3.2.3 Teilchenzerfall An dieser Stelle soll kurz der Vorgang beschrieben werden, der nach Ablauf der Lebensdauer (die mittlere Lebensdauer ist nur ein statistischer Mittelwert) stattndet: das Teilchen zerfallt. Diesen Ausdruck sollte man aber nicht zu wortlich auassen, da das Teilchen nicht in seine Bestandteile zerfallt, sondern seine Masse gema der Masse-Energie-A quivalenz in Energie umwandelt, die wiederum neue Teilchen erzeugen kann. Das geladene Pion zerfallt z.B. in ein entsprechend geladenes Myon und ein Myon-Neutrino, bzw. -Antineutrino: + ,! + + , ,! , + 0 ,! + (3.4) (3.5) (3.6) An dieser Stelle sei betont, da das Pion nicht aus Myon und Neutrino besteht, sondern aus Quark und Antiquark (genauer: j+i = judi, j,i = judi und fj0i = juui und jddig). Wahrend durch den Zerfall von + und ,, (3.4) und (3.5), wieder Materie in Form des Myons entsteht, zerstrahlt das 0, wie in (3.6) zu sehen, in zwei Photonen ( ), also in Energie. Dies ist bereits ein Hinweis auf die unterschiedlichen Wechselwirkungen, die in der Teilchenphysik eine Rolle spielen. Die geladenen Pionen zerfallen schwach, wohingegen das neutrale Pion elektromagnetisch zerfallt (auf diese Arten der Wechselwirkung wird in Kapitel 3.3 naher eingangen). Die Zerfallsreihe der geladenen Teilchen setzt sich allerdings noch fort, da das Myon in Elektron bzw. Positron und zwei Neutrinos zerfallt: + ,! e+ + e + , ,! e, + e + 18 (3.7) (3.8) Abbildung 3.1 zeigt die Spuren eines solchen Prozesses in Photoemulsionsplatten. Ein positiv geladenes Pion zerfallt in ein ebenfalls positives Myon und ein Myonneutrino, dessen Spur als neutrales Teilchen allerdings nicht sichtbar ist, da es keine ionisierende Wirkung auf die Emulsion hat. Das Myon legt aufgrund seines geringen Impulses (und der damit geringen Geschwindigkeit) nur noch einen kurzen Weg zuruck, bevor es in ein Positron, ein Elektron-Neutrino und ein Myon-Antineutrino zerfallt. Letztere bleiben wieder fur den Detektor unsichtbar. Der Spurverlauf der Pion Myon Elektron Abbildung 3.1: Spur eines Pion-Zerfalls in einer Photoemulsion (aus [Lon92]) Zerfallsprodukte Myon und Positron suggeriert schon die Notwendigkeit mindestens eines dritten Teilchens, das einen Impuls vom Zerfallspunkt ,wegtragt'. Fur diesen Proze gibt es bestimmte Erhaltungsgroen: Energie, Impuls, Baryonen- und Leptonenzahl und Ladung. Die Gesamtenergie des Systems mu bei diesem Proze erhalten sein, das heit z.B. bei (3.7) die Gesamtenergie des Myons (seine Ruhemasse und seine Bewegungsenergie) mu gleich der Summe der Energien des Positrons und der Neutrinos sein (Ruhemasse und Bewegungsenergie des Positrons und der Neutrinos). Ebenso gilt die Impulserhaltung. Das bedeutet fur obiges Beispiel, da die Vektorsumme der Impulse der Zerfallsprodukte gleich dem Impulsvektor des zerfallenen Teilchens sein mu. Den Leptonen (z.B. Elektron) wird die Leptonzahl L = 1 zugeordnet und den Antileptonen (z.B. Positron) die Leptonzahl L = ,1. Die Summe dieser Zahlen mu vor und nach dem Zerfallsproze gleich sein. Fur den Zerfall (3.7) folgt also: L = Le + Le + L = (,1) + 1 + (,1) = ,1. Fur die Baryonenzahl ist der Erhaltungssatz analog. Eine weitere Groe, die grundsatzlich erhalten bleibt, ist die Ladung. 19 3.2.4 Ladung Eingangs des Kapitels ist bereits erwahnt worden, da Teilchen verschiedene Ladungen tragen. Seit 1897 ist bekannt, da die elektrische Ladung gequantelt ist, das heit, sie tritt nur als ganzzahliges Vielfaches einer elementaren Ladungsmenge e = 1; 6022 10,19 Coulomb auf. Durch die Entdeckung der Quarks mute man jedoch nicht nur das Bild von Proton und Neutron als Elementarteilchen revidieren, sondern auch e als Elementarladung. Die Quarks tragen die in Tabelle 3.1 aufgefuhrten ,Drittelladungen'. Quarks existieren aber nicht isoliert und man beobachtet nur Quarkverbindungen, die in der Summe wieder ein ganzzahliges Vielfaches von e ergeben. Ein einfaches Rechenbeispiel liefert fur die Nukleonen: Die Ladung des Protons, das aus zwei Up- und einem Down-Quark besteht, ist qp = qu + qu + qd = (+2=3)e + (+2=3)e + (,1=3)e = +1e. Das Neutron (ein Up- und zwei Down-Quarks) hat eine Ladung von qn = qu + qd + qd = (+2=3)e + (,1=3)e + (,1=3)e = 0. Die elektrische Ladung ist also den Leptonen und den Quarks gemein. Es gibt aber eine Eigenschaft, die nur die Quarks besitzen: die Farbladung. Genau wie die elektrische Ladung die Ursache der elektromagnetischen Krafte ist, ist die Farbladung fur die um ein Vielfaches starkeren Farbkrafte zwischen den Quarks verantwortlich. Wahrend es nur eine elektrische Ladung und ihren Gegenpol, Plus und Minus gibt, kennt man drei Farbladungen, die fur gewohnlich mit Rot, Blau und Grun bezeichnet werden, sowie deren Gegenpole, Antirot, Antiblau und Antigrun. Die Bezeichnung dieser Ladungen durch Farben ist wie bei Plus und Minus reine Konvention. Die Theorie dieser Krafte ist die Quantenchromodynamik. 3.2.5 Spin Diese Teilcheneigenschaft wird im folgenden keine groe Rolle spielen, mu aber der Vollstandigkeit halber erwahnt werden. Der Spin entspricht teilweise dem aus der klassischen Mechanik bekannten Drehimpuls, weshalb er auch oft als Eigendrehimpuls eines Teilchens bezeichnet wird. Ein Teilchen mit Spin kann man sich ansatzweise als kleinen Kreisel vorstellen, der sich um seine eigene Achse dreht. Dieses Bild dient der Anschauung, wird jedoch der Wirklichkeit nicht gerecht, da es sich um keine normale Drehbewegung handelt. Wie der Drehimpuls kann der Spin nur feste Werte annehmen, ist also gequantelt. Der kleinste Wert, den er annehmen kann 20 ist h=4, wobei h die bereits erwahnte Planck-Konstante ist. Dieser Wert entspricht auch dem Spin des Elektrons: se = h=4. In der Quantentheorie wird zumeist h=2 = 1 gesetzt, wodurch der Spin des Elektrons einfach als se = 1=2 bezeichnet werden kann. Gundsatzlich unterscheidet man zwischen Teilchen mit halbzahligem und solchen mit ganzzahligem Spin, wobei zum Beispiel das Photon mit Spin = 1 zu letzteren gehort. Die Teilchen mit halbzahligem Spin werden Fermionen genannt und diejenigen mit ganzzahligem Bosonen. Alle Elementarteilchen haben Spin 1/2 und zahlen somit zu den Fermionen, wohingegen die im nachsten Abschnitt vorgestellten Austauschteilchen (unter anderem das Photon) zu den Bosonen gehoren. Auch die Nukleonen sind Fermionen und ihr Spin setzt sich zusammen aus zwei Quarkspins und einem Quarkspin, der genau entgegengesetzt zu diesen orientiert ist. Es existieren auch Anregungszustande oder Resonanzen von Nukleonen. Eine Resonanz, die spater (Kapitel 4.4.3) behandelt werden wird, ist das Delta-Teilchen. Es hat Spin 3/2, der zustandekommt durch drei gleichorientierte Quarkspins, kommt in vier Ladungszustanden vor: ++; +; 0 und , und besitzt eine Masse von 1232 MeV . 3.3 Die fundamentalen Wechselwirkungen Es sind vier fundamentale Krafte bekannt, die zwischen Teilchen oder Korpern wirksam werden. Die Kraft, die unserer Erfahrung im Alltag am leichtesten zuganglich ist, ist die Massenanziehungskraft, die Gravitation. Die elektromagnetische Kraft wirkt zwischen elektrischen Ladungen. Sie ist starker als die Gravitation, wodurch zum Beispiel unser Korper, dessen Atome und Molekule von der elektromagnetischen Kraft zusammengehalten werden, die gewunschte Stabilitat erhalt, ohne da seine Bausteine der Gravitation nachgeben wurden. Auf die Notwendigkeit der nachsten Kraft stot man, wenn man sich uberlegt, warum sich die positiv geladenen Protonen im Atomkern nicht gegenseitig abstoen und der Kern auseinanderiegt. Der Grund hierfur ist eine Kraft, die wiederum starker als die elektromagnetische ist, die sogenannte starke Kraft. Die Bindung von Protonen und Neutronen im Atomkern, also die ,Kernkraft', ist jedoch nur ein Nebeneekt der starken Farbkrafte, die zwischen den Quarks wirksam sind. Die vierte Wechselwirkung, die schwache Kraft, besteht zwischen sogenannten ,schwachen' Ladungen. Sie kommt bei vielen Teilchenzerfallen zum Tragen. In Tabelle 3.4 sind die vier Krafte zusammengefat. Alle Krafte sind Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Ladungen und werden hervorgerufen durch den Austausch entsprechender Teilchen. Die Eigenschaften dieser Austauschteilchen sind in Tabelle 3.5 aufgefuhrt. 21 Wechselwirkung stark Austauschteilchen g-Gluon KrafteReichweite verhaltnis Beispiel 1fm 1 Kernkrafte, Krafte zwischen Quarks , 2 elektromagn. -Photon 1 10 Krafte zwischen elektr. Ladungen 0 , 3 , 5 schwach W ; Z -Boson 10 fm 10 -Zerfall , 34 Gravitation Graviton 1 10 Massenanziehung Tabelle 3.4: Die elementaren Wechselwirkungen Starke Kraft - Die Reichweite der starksten Kraft ist beispielsweise im Kern be- schrankt auf den Durchmesser der Protonen bzw. Neutronen, der von der Groenordnung 1fm ist. Zwischen den Quarks innerhalb der Nukleonen wird standig eine Vielzahl von Gluonen (engl. glue - kleben) ausgetauscht, die keine Ruhemasse besitzen, aber ebenfalls Farbladungen tragen. Modellhaft kann man sich diese Quarkbindung wie ein von den Gluonen gebildetes Gummiband vorstellen, das die Bindungskraft verstarkt, je weiter die Quarks voneinander entfernt werden. Die Grenze liegt, wie oben erwahnt, bei einem Femtometer. Da die Nukleonen im Kern sehr dicht nebeneinander sitzen, kommt es zwischen ihnen auch zum Austausch von Gluonen. Daraus resultiert die anziehend wirkende Kernkraft. Elektromagnetische Kraft - Die Starke dieser Kraft nimmt mit dem Abstand R zwischen zwei elektrischen Ladungen ab, Fem / 1=R2 , und hat eine unendliche Reichweite, so da prinzipiell alle elektrischen Ladungen miteinander wechselwirken. Bei groen Abstanden tritt jedoch meist eine Abschirmung durch andere Ladungen oder eine U berlagerung durch andere Krafte auf. Dies AustauschMasse elektr. Farb- schwache teilchen [GeV] Ladung ladung Ladung Spin g-Gluon 0 0 ja nein 1 -Photon 0 0 nein nein 1 0 W ; Z -Boson 80; 4; 91; 2 1; 0 nein ja 1 Graviton? 0 0 nein nein 2 Tabelle 3.5: Die Eigenschaften der Austauschteilchen 22 geschieht auch im Kern, wo die elektromagnetische Kraft aufgrund der rund 1000mal starkeren Kernkraft (vgl. Tab. 3.4) in der Bilanz vernachlassigbar ist. Das Photon als Austauschteilchen tragt keinerlei Ladung und ist ebenso wie das Gluon masselos. Schwache Kraft - Die kurze Reichweite der schwachen Kraft erklart sich durch die sehr kurze mittlere Lebensdauer der W- und Z-Bosonen, die nur etwa 10,23 s betragt. Die groe Masse dieser Austauschteilchen ist fur die relative Schwache oder Seltenheit der schwachen Wechselwirkung verantwortlich. Gravitation - Das Potential der Gravitation fallt wie das der elektromagnetischen Kraft mit 1=R ab. Die Gravitation ist die vergleichsweise schwachste Kraft und kann in mikroskopischen Dimensionen vernachlassigt werden. Je groer jedoch die Massen sind, zwischen denen diese Wechselwirkung auftritt, desto bedeutsamer wird sie fur die Kraftebilanz. Bei astronomischen Groenordnungen ist sie praktisch die einzig zu berucksichtigende. Im Gegensatz zur elektromagnetischen Kraft gibt es keine Abschirmung dieser Kraft, da es nur einen "Pol" gibt. Die Gravitationskrafte addieren sich prinzipiell. Eine sehr anschauliche Einfuhrung in die Teilchenphysik bietet zum Beispiel [Wal91]. Eine Verbindung von Teilchenphysik mit kosmischer Strahlung, allerdings auf recht hohem Niveau, ndet man in [Gai90] und [Kla97]. 23 Kapitel 4 Kosmische Strahlung Die in Kapitel 2 erwahnte Hohenstrahlung ist das Resultat von Wechselwirkungen in den oberen Atmospharenschichten. Kosmische Teilchen treen in einer isotropen Verteilung mit einer Rate von etwa 1000 pro Quadratmeter und Sekunde auf die Erdatmosphare auf. Diese Teilchen bezeichnet man als Primarteilchen, da durch ihre Wechselwirkung mit den Kernen der Atmosphare, vorwiegend Sauersto und Sticksto, eine Vielzahl weiterer Teilchen entsteht, die entsprechend Sekundarteilchen genannt werden (analog hierzu sind die Bezeichnungen Primar- und Sekundarstrahlung). Das Energiespektrum der Primarstrahlung reicht von 106 eV bis uber 1020 eV , was ungefahr 20 Joule entspricht. Die Fragen, woher diese Teilchen kommen und wie sie auf derart hohe Energien Abbildung 4.1: Schematische Darstellung der Ausbreitung und Modikation kosmischer Strahlung in der Galaxis (aus [Rol88]) 24 beschleunigt werden, sollen hier untersucht werden. Die Abhandlung folgt dem Weg von den Entstehungsorten bis zum Nachweis auerhalb und innerhalb der Erdatmosphare, der in Abbildung 4.1 skizziert ist. Nach einer Betrachtung der Art und Energieverteilung der Primarstrahlung werden mogliche Quellen und Beschleunigungsmechanismen verglichen. Der Weg durch das interstellare Medium bringt eine Modikation der an der Quelle beschleunigten Strahlung mit sich, was den Inhalt eines weiteren Abschnittes bildet. Die Beschreibung schauerartiger Teilchenkaskaden, die in unserer Atmosphare durch die Primarteilchen verursacht werden, beschliet die Abhandlung. 4.1 Was ist kosmische Strahlung? 4.1.1 Zusammensetzung der Primarstrahlung Die primare kosmische Strahlung besteht grotenteils - zu etwa 98 Prozent - aus vollstandig ionisierten Atomkernen, einem Bruchteil Elektronen und einigen Photonen. Wie aus der folgenden Tabelle [Kla97] ersichtlich ist, bilden Wasserstokerne, also Protonen, die Hauptkomponente, gefolgt von Heliumkernen, wohingegen schwerere Kerne als Helium selten vertreten sind. Dies ndet seine Begrundung in den Beschleunigungsmechanismen und Wechselwirkungen im interstellaren Raum, auf die spater eingegangen wird. Protonen : 85% Helium-Kerne : 12% Kerne mit Z 3 : 1 , 2% Elektronen : 1 , 2% Photonen : 0; 1% Die genaue Elementzusammensetzung der Kernkomponente der kosmischen Strahlung ist in einem Energiebereich von einigen MeV bis zu einigen TeV experimentell bestimmt. Hingegen ist die chemische Zusammensetzung bei hoheren Energien weitgehend unbekannt und Gegenstand aktueller Experimente. Wie sich spater zeigen wird, lassen sich hoherenergetische Kerne aufgrund ihres groen Impulses und ihrer niedrigen Rate nur durch die Untersuchung der von ihnen in der Atmosphare produzierten Sekundarteilchen identizieren. In Abbildung 4.2 sind die relativen Elementhaugkeiten im Sonnensystem und in der kosmischen Strahlung gegenubergestellt. Unterschieden werden die Elemente anhand ihrer Protonenzahl. Die Daten der kosmischen Strahlung stammen aus zwei Energiebereichen, wobei die geschlossenen Kreise fur den Bereich 70 bis 280 MeV=A (also pro Nukleon) und die oenen fur 1000 bis 2000 MeV=A stehen. Die Rauten reprasentieren die chemische Zusammensetzung des Sonnensystems. 25 Abbildung 4.2: Relative Haugkeit der Elemente von Helium bis Nickel in kosmischer Strahlung (Kreise mit durchgezogenen Linien) und Sonnensystem (Rauten mit gestrichelten Linien), normiert auf Silizium (aus [Gai90]) Neben einer grundsatzlichen Vergleichbarkeit der Elementhaugkeiten sind zwei Elementgruppen in der kosmischen Strahlung um einige Groenordnungen hauger vertreten als in der Materie des Sonnensystems: zum einen Lithium (Li), Beryllium (Be) und Bor (B) und zum anderen Scandium (Sc), Titan (Ti), Vanadium (V), Chrom (Cr) und Mangan (Mn). Eine Erklarung hierfur liefert die Kollision von Kernen der Primarstrahlung im interstellaren Medium. Dabei kann es zur Spallation kommen, d.h. Kerne werden in Fragmente zertrummert. Man kann also Li, Be, B als Spallationsprodukte von Kohlensto (C) und Sauersto (O) und Sc, Ti, V, Cr, Mn als Produkte von Eisenspallation (Fe) sehen. Durch das Verhaltnis der Haugkeit dieser durch Spallation entstandenen Kerne zu deren Vorkommen im Sonnensystem kann man auch etwas uber den in interstellarer Materie zuruckgelegten Weg erfahren, wenn man den Wirkungsquerschnitt1 fur Spallation berucksichtigt. Desweiteren lat sich die ungefahre Verweildauer in der Galaxis bis zum Nachweis abschatzen (siehe Kapitel 4.4.2). Die wegen der Skalierung in Abbildung 4.2 nicht berucksichtigten WasserstokerFormelzeichen , Ma fur die Wahrscheinlichkeit, da eine bestimmte Reaktion stattndet, wenn zwei Teilchen aufeinandertreen. Einheit ist das Barn [] = 1b = 10,28m2 . 1 26 ne, also Protonen, sind in der kosmischen Strahlung relativ zu Kernen mit Kernladungszahl Z > 1 seltener als in der Materie des Sonnensystems vertreten. Dies konnte einerseits an der schweren Ionisierbarkeit von Wassersto liegen, womit freie Protonen seltener fur einen Beschleunigungsproze zur Verfugung stehen wurden, andererseits an einer andersgearteten Zusammensetzung der Quelle. 4.1.2 Energiespektrum der Primarstrahlung Abbildung 4.3 zeigt den Teilchenu dN=dE (Anzahl Teilchen pro Energie) in Abhangigkeit von der Teilchenenergie. Die rechte Kurve unterscheidet sich von der linken durch eine Modikation des Flusses mit dem Faktor E 2;7. Durch diesen ,Trick' lat sich die Struktur des Energiespektrums besser erkennen, wie zum Beispiel das sogenannte Knie bei etwa 1015 bis 1016 eV und der Knochel ab etwa 1018 eV , die in der linken Abbildung gekennzeichnet sind. Das Energiespektrum lat sich gut durch ein Potenzgesetz beschreiben: dN E , (4.1) dE Der Exponent andert sich entsprechend den verschiedenen Steigungen dreier unterscheidbarer Bereiche des Spektrums. Im ersten Bereich von 1011 bis 1015 eV ist ' 2; 7. Im steileren Abfall nach dem Knie ist ' 3, und das Plateau ab 1019 eV entspricht 2; 4 2; 5. Das unterschiedliche Verhalten des Teilchen-Flusses vor und nach dem Knie ist noch nicht gut verstanden. Eine mogliche Erklarung wurden verschiedene Quellen und Beschleunigungsmechanismen liefern. Eine weiteres Mo- Abbildung 4.3: Energiespektrum der Primarteilchen. Die linke Abbildung [Blu00] zeigt den Teilchenu in Abhangigkeit der Energie. Die rechte Abbildung [Epj98] zeigt den um den Faktor E 2;7 modizierten Flu. 27 dell ist folgendes: Hoherenergetische Kerne konnten eine kurzere Verweildauer im galaktischen Magnetfeld aufweisen (groere Larmorradien - s. S. 40 - mit zunehmender Energie) und damit seltener in der von uns nachgewiesenen kosmischen Strahlung vorkommen. Ein Hinweis darauf ware ein vermehrtes Vorkommen schwerer Elemente oberhalb des Knies, da diese im galaktischen Magnetfeld eine starkere Ablenkung erfahren, also eher im geschlossenen Feld verbleiben wurden als gleichenergetische leichtere Kerne und somit eine langere Verweildauer besaen. Leider ist die chemische Zusammensetzung oberhalb einiger TeV (1 TeV = 1012 eV ) nicht gut bekannt, und das experimentell bestimmte Energiespektrum ist unabhangig von der Elementzusammensetzung, so da obiges Modell oder die Identikation moglicher Quellen noch nicht bestatigt werden konnen. Ein Grund hierfur sind auch die aus Abbildung 4.3 ersichtlichen extrem niedrigen Raten der hochenergetischen Kerne, wodurch zuverlassige Aussagen erschwert werden. Der Energiebereich ab etwa 1019 eV birgt ein interessantes Problem, das Gegenstand aktueller Untersuchungen ist: Ab einer Energie von 6 1019 eV sind Kerne der Primarstrahlung in der Lage, mit Photonen der 2,7-Kelvin-Hintergrundstrahlung Pionen zu produzieren, wodurch sie einen erheblichen Teil ihrer Energie einbuen. Dies konnte eine mogliche Obergrenze fur hier beobachtbare Teilchenenergien bedeuten (mehr dazu in Kapitel 4.4.3). 4.2 Quellen kosmischer Strahlung Neben den geladenen Teilchen sind hochenergetische Photonen und Neutrinos dadurch ein sehr interessanter Bestandteil der kosmischen Strahlung, da sie bei ihrem Nachweis eine relativ unverfalschte Richtungsinformation tragen. Ihre Spur kann also zu sogenannten Punktquellen zuruckverfolgt werden. Im folgenden sollen jedoch Groe Symbol Wert Astronomische Einheit/A. Unit AE/AU 1; 4959787066(2) 1011 m Parsec pc 3; 0856775807(4) 1016 m = 3; 262::ly Lichtjahr ly 0:9461:: 1016 m = 0; 3066::pc Sonnenmasse M 1; 9884(3) 1030 kg Erdmasse ME 5; 9722(3) 1024 kg Sonnenradius (A quator) R 6; 96 108 m Erdradius (A quator) RE 6; 378140 106 m Galaxieradius (Milchstrae) RG 15 kpc Dicke der galaktischen Scheibe dG 300 pc Tabelle 4.1: Einige kosmologische Konstanten 28 hauptsachlich Kerne und ihre hadronischen und leptonischen Produkte betrachtet werden, von denen man sich Aufschlu uber die Zusammensetzung der Quellen und die Beschleunigungsmechanismen erhot. Die Beschleunigung geladener Teilchen auf die oben erwahnten Energien erfolgt fast ausschlielich uber elektromagnetische Wechselwirkung. Nach einem kurzen Abri uber die Entstehung der entsprechenden Elemente folgt eine Betrachtung der Objekte, die als ,Teilchenbeschleuniger' in Frage kommen. Die Theorien uber Beschleunigungsmechanismen bilden den Inhalt eines eigenen Abschnittes (Kapitel 4.3). 4.2.1 Die Entstehung schwerer Elemente Die ,Brutstatte' der Kerne der Primarstrahlung sind Sterne. Die Entwicklung eines Sterns soll hier kurz skizziert werden. Das Ausgangsstadium bildet eine interstellare Materiewolke (im wesentlichen H2), die sich so verdichtet hat, da sich die Teilchen gegenseitig anziehen. Durch die wachsende Gravitiationskraft wird die Materie immer dichter und heier. Einen Stern in dieser Entwicklungsphase bezeichnet man als Protostern. Es hat einen Radius von ungefahr 100 AE (zum Vergleich der Radius unserer Sonne in AE: 0; 005). Bei einer Temperatur von 1800 Kelvin werden die H2-Molekule aufgespalten, bei 10000 K ionisiert der Wassersto. Da diese Prozesse Energie benotigen, und mit stagnierender thermischer Energie der Druck gleich bleibt, gibt der Stern weiter der Anziehungskraft nach und konzentriert sich. Bei 105 K ist das Gas nahezu komplett ionisiert, und die Kontraktion setzt aus. Der Radius dieses Stadiums liegt bei etwa 0; 25 AE . Der Stern sammelt weiterhin Material aus einer ihn umgebenden Molekularwolke, wodurch seine Masse standig wachst. Durch die somit erhohte Anziehungskraft steigen Druck und Zentraltemperatur. Erreicht diese circa 4 106 K , setzt das sogenannte Wasserstobrennen ein. Betrachtet man die Zeitskala, so dauert der Kollaps der Materiewolke zum Protostern einige hundert Jahre, wahrend die Phase bis zum Wasserstobrennen je nach Sternenmasse 104 bis 108 Jahre lang ist. Mit dem Wasserstobrennen setzt die Verschmelzung von Wasserstokernen zu Heliumkernen ein: Fusion zu 2H: Fusion zu 3He: Fusion zu 4He: H + 1H ,! 2 H + 1 H ,! 3 He + 1H ,! 1 H + e+ + e 3 He + 4 He + e+ + e 2 Hier ist exemplarisch eine Reaktionskette dargestellt, in der die Nukleonen leichterer Kerne, in diesem Fall Wasserstokerne und Deuteronen2, zu schwereren Kernen verschmelzen. Die Fusion erzeugt uber freiwerdende Energie einen Strahlungs2 Kerne des schweren Wasserstoes mit je einem Proton und einem Neutron 29 druck, der fur die Dauer des Prozesses ein interstellare Materiewolke Kraftegleichgewicht mit der Massenanziehung bewirkt. Der Stern ist somit stabil. Nach einer Kontraktion Brenndauer in der Groenordnung von 106 Protostern + Stern mit Wasserstoffbrennen Jahren ist der Wassersto im Zentrum verHüllenexpansion braucht, und ein Wassersto-Hullenbrennen setzt ein, durch das sich die Hulle aufblaht. Je Roter Riese nach Masse kann ein Roter Riese entstehen. Durch Helium-Zufuhr aus der Hulle nimmt Verwandlung von Helium in schwerere Elemente die Masse des Helium-Kerns zu, soda der bis etwa Eisen Stern weiter in sich zusammensturzt. teilweise hinund herpendelnd Wiederum bewirkt die Kontraktion eine Erhohung der Zentraltemperatur, bis schlielich das Heliumbrennen zundet. Die HeliumSupernova kerne verschmelzen aquivalent zum Wasserstobrennen zu schwereren Kernen, beispielsweise bilden drei Heliumkerne einen KohlenEndstadien stokern (3 4H ,!12 C). Ist das Helium im NeutronenWeißer Zentrum verbraucht, kommt es abermals zum Schwarzes stern, Pulsar Zwerg Loch Hullenbrennen. Sterne, die leichter als drei Sonnenmassen sind (M 3M ), konnen die Abbildung 4.4: Stadien der SternentHulle als Planetarischen Nebel abstoen, wo- wicklung (nach [Kla97]) bei der Kern als Weier Zwerg zuruckbleibt. Bei schwereren Sternen ndet aufgrund des fehlenden Strahlungsdrucks wiederum eine Kontraktion statt, die durch hohere Temperatur im Kern ( 109 K ) die Verbindung von Kohlenstokernen zu schwereren Elementen verursacht. Sterne zwischen 3 und 15M zerstoren sich selbst in einer explosionsartigen Verbrennung und enden in einer Supernova. Sterne mit groeren Massen setzen die Kernfusionen fort, die bis zur Produktion von Eisen (Z = 26) fuhren konnen, wobei die Brennphasen immer kurzer werden. Solche Objekte konnen auch mehrere ,zwiebelartige' Fusionsschalen besitzen. Ist der nukleare Brennsto aufgebraucht, kollabiert der Stern, und seine aueren Hullen explodieren in einer Supernova. Zuruck bleibt der Kern als weier Zwerg, uber dessen Schicksal die ihm verbliebene Masse entscheidet. Ist diese groer als 1; 44M (Chandrasekhar-Masse), bildet sich ein Neutronenstern : die Gravitation pret die Elektronen praktisch in die Protonen (inverser BetaZerfall ), wodurch Neutronen entstehen. Das von einer dunnen Eisenkruste umgebene Sternenzentrum besteht nur noch aus dichtgepackten Neutronen und hat eine Dichte von etwa 1017 kg=m3 (entspricht einem Zuckerwurfel mit 100:000:000 t Masse) bei einem Durchmesser von circa 10 km. 30 Massivere Sternkerne, die schwerer als 1; 5,2M (Oppenheimer-Volkov-Masse) sind, kollabieren weiter und bilden vermutlich Schwarze Locher. Die verschiedenen Stadien der Sternentwicklung sind in Abbildung 4.4 skizziert und in [Luh99], [Kla97], [Phi94] und [Her86] ausfuhrlicher dargestellt. Interessant als Beschleunigungsquellen sind beispielsweise (vor allem fur den niederenergetischen Bereich der kosmischen Strahlung) unsere Sonne, ein Stern im Stadium des Wasserstobrennens, Novae (Abstoung eines Teiles der Sternenhulle), Supernovae und Neutronensterne. 4.2.2 Zur Energiedichte der kosmischen Strahlung Einen Aufschlu uber das notige Leistungsvermogen beschleunigender Objekte liefert eine Betrachtung der Energiedichte. Diese betragt in der kosmischen Strahlung etwa 1 eV=cm3 und entspricht damit ungefahr der des interstellaren Magnetfeldes. Man kann nun abschatzen [Gai90], welche Energiezufuhr notig ist, um diese Energiedichte in der kosmischen Strahlung zu erzeugen. (4.2) L = V 5 1033 Js,1 Hierbei wird fur das Volumen V der Milchstrae ein Radius von 15 kpc und eine Dicke von 300 pc angenommen, ist die obige Energiedichte und die mittlere Aufenthaltsdauer der Teilchen im Volumen unserer Galaxis. Supernovaexplosionen erzeugen Energien (kinetische und optische) von etwa 1044 J . Nimmt man nun an, da im Mittel sich alle 30 Jahre eine Supernova ereignet, so kommt man auf eine mittlere Leistung von 1035 Js,1. Selbst ein Energieubertrag von einigen Prozent wurde also bereits der Energiedichte genugen. Ebenfalls in Frage kommen junge Pulsare, das sind extrem schnell rotierende Neutronensterne, die anfangs eine Rotationsenergie von bis zu 1046 J besitzen. Doppelsternsysteme, in denen eines der beiden Objekte ein Neutronenstern oder ein schwarzes Loch ist, die beide von Begleitern Material ,abziehen' und somit beschleunigen, sind ebenfalls Kandidaten. Solche raumlich beschrankteren Gebiete bezeichnet man als Punktquellen. Fur den extragalaktischen Anteil der kosmischen Strahlung konnten aktive Galaxiekerne verantwortlich sein. Diese erklart man sich zur Zeit durch supermassive schwarze Locher, deren Masse bei 108M liegt. 4.2.3 Gegenuberstellung moglicher Quellen Sonnenwind - Der als Sonnenwind bezeichnete permanente Teilchenstrom, der hauptsachlich aus Protonen und Elektronen sowie vereinzelten schwereren Ionen besteht, entstammt der auersten Gashulle der Sonne, der sogenannten 31 Korona. Die Beschleunigung der Teilchen erfolgt wahrscheinlich uber Schockwellen, die von der Sonnenoberache ausgehen. Ist die Sonne im Normalzustand, erreichen die Teilchen Geschwindigkeiten von etwa 350 kms , was einer kinetischen Energie von 500 eV entspricht. Somit liegt beispielsweise die Gesamtenergie von Protonen nur unmerklich uber ihrer Ruhemasse. Groere Sonnenaktivitaten konnen Teilchengeschwindigkeiten bis zu 800 kms erzeugen ([Lon92]). Die Maximalenergie des Sonnenwindes liegt somit knapp unterhalb von 109 eV pro Nukleon. Novae - Bei Novae stot ein Stern einen Teil seiner aueren Gashulle ab, ohne in einer Supernova zu enden. Die ausgestoenen Teilchen erreichen Geschwindigkeiten zwischen 300 und 3000 kms und konnen bis zu Energien von etwa 1011 eV [Mai96] beschleunigt werden. Supernovae - Bei einer Supernova werden die aueren Gashullen eines Sternes mit bis zu 10000 kms weggeschleudert. Das ausgestoene Material breitet sich ringsum in das weniger dichte interstellare Medium aus. Dieses wird in einer kugelformigen Schale zusammengedruckt, einer Stowelle oder Schockwelle, die sich weiter mit dem Ursprungsort der Supernova als Zentrum ausdehnt. Die Expansionsgeschwindigkeit nimmt jedoch ab und betragt zum Beispiel nach ungefahr tausend Jahren circa 1000 kms - die Materie ist zu diesem Zeitpunkt etwa vier Lichtjahre vom Ursprungsort entfernt (die altesten uns bekannten Supernova-Reste sind etwa 100.000 Jahre alt, haben eine Durchmesser von 200 Lichtjahren und eine Ausbreitungsgeschwindigkeit von 50 kms [Her86]). Die Beschleunigung geladener Teilchen erfolgt an solchen Stofronten (s. Abbildung 4.7) bis zu einem Maximum von 1014 eV [Gai90]. Pulsare - Neutronensterne, die mit Perioden zwischen einigen Millisekunden und Sekunden rotieren, bezeichnet man als Pulsare. Sie sind pulsierende Radioquellen, senden also elektromagnetische Strahlung im Bereich von etwa 100 kHz und 10 GHz aus. Das mitrotierende Magnetfeld des Neutronensterns induziert elektrische Felder, in denen geladene Teilchen beschleunigt werden konnen. In einigen Pulsar-Modellen [Aha96] sind Feldgradienten bestimmt worden, die Teilchen bis zu einer Energie von 1016 eV beschleunigen konnen. Binarsysteme - Bendet sich ein Neutronenstern in einem Doppelsternsystem, so zieht er aufgrund seiner groen Gravitationskraft Material von seinem Begleiter ab, das ihn in einem aquatorialen ,Gurtel' umkreist. Aufgrund des starken Magnetfeldes des Neutronensterns verlieren geladene Teilchen durch Synchrotronstrahlung soviel Energie, da sie das Feld nicht verlassen konnen. Stattdessen sind Rontgenstrahlen, also Photonen mit Wellenlangen zwischen 0; 001 32 und 10 nm, typische Produkte der Wechselwirkungen der geladenen Teilchen in Binarsystemen. Ist, wie in einem zweiten Modell, das Magnetfeld vergleichsweise schwach ( 104 T ), und rotieren der Neutronenstern und seine Akkretionsscheibe mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, so konnen geladene Teilchen den Beschleunigungsort mit Maximalenergien von ungefahr 1016 eV verlassen [Gai90]. Aktive Galaxiekerne - Radiogalaxien, Blazare und Quasare besitzen einen hoch- energetischen Galaxiekern, der groe Energiemengen in Form von kontinuierlicher Strahlung oder hochenergetischen Teilchen emittiert. Quasare (Quasistellare Radioobjekte) sind aufgrund ihrer groen Entfernung zu uns (mindestens 100 Mpc) punktformig erscheinende Galaxien. Blazare (aus BL-LacertaeObjekte und Quasare) ist ebenfalls eine Bezeichnung fur besonders aktive Galaxien. Aktive Galaxiekerne schleudern Materie entlang sogenannter Jets von sich, die einige Promille bis Prozent eines Parsecs lang sind und Felder bis zu 10 Tesla erzeugen. Solche Beschleuniger konnten Teilchenenergien bis zu einigen 1019 eV erreichen, wenn es nicht aufgrund der hohen Teilchendichte und Magnetfelder in solchen Jets zu sofortigen Energieverlusten beschleunigter Objekte durch Wechselwirkungen kame. Eine angenomme Grenze fur Teilchen, die dem Jet entkommen, liegt bei 1016 eV . Fanaro-Riley-Klasse-II-Radiogalaxien sind Quasare, deren Jet-Enden, sogenannte Hot Spots, durch relativistische Schockwellen vermutlich Teilchen bis zu 1021 eV beschleunigen konnten [Ber00]. In Tabelle 4.2 sind die kosmischen Beschleuniger noch einmal zusammengefat, wobei gerade im Fall der Neutronensterne und Galaxiekerne gesagt werden mu, da Maximalenergien sehr von der Ausdehnung und dem angenommenen Magnetfeld abhangen. Quellen kosmischer Maximalenergie Strahlung [eV ] Sonnenwind 109 Novae 1011 Supernovae 1014 Pulsare (Neutronensterne) 1016 Binarsysteme (z.B. Neutronenstern + Begleitstern) 1016 aktive Galaxiekerne 1016 , 1021? Tabelle 4.2: Maximalenergien kosmischer Beschleuniger 33 Unabhangig vom Beschleunigungsmechanismus stellt sich nach Hillas [Hil84] die maximale Beschleunigungsenergie fur ein Teilchen mit der Ladung Z e dar als: Emax = Z 1 BG ! ! R 1018 eV ; 1 kpc (4.3) wobei R der Radius des beschleunigenden Bereiches ist, B dessen Magnetfeld und entweder die Geschwindigkeit der Schockwelle ( = v=c) oder die Ezienz des Beschleunigungsmechanismus. Dieser Gleichung liegt zugrunde, da das Magnetfeld des Bereiches das Teilchen auf eine Bahn zwingen mu, deren Radius die eigene Ausdehnung nicht ubersteigt. In Abbildung 4.5 sind verschiedene Objekte entsprechend ihrer Groe und ihres Magnetfeldes eingetragen. 15 Emax~ β ZBR log(Magnetisches Feld, Gauss) Protonen β =1/300 9 Protonen β =1 Fe-Kerne β=1 Neutronenstern Aktive Galaxiekerne Weisser Zwerg 3 Radio-Galaxien -3 Kollidierende Galaxien x Krebs-Nebel SNR Scheibe Galaktische Halo -9 x Virgo Galaxienhaufen 3 6 9 12 1 AE 15 1 pc 1 kpc 18 21 1 Mpc log(Ausdehnung, km) Abbildung 4.5: Hillas-Diagramm: Groe und Magnetfeld der moglichen Objekte fur Teilchenbeschleunigung (aus [Bha98]) Objekte unterhalb der betreenden Linien sind demanch nicht instande, Eisen bzw. Protonen auf 1020 eV zu beschleunigen. = v=c steht fur die Geschwindigkeit des beschleunigenden Plasmas (Stofront o.a.). 34 4.3 Beschleunigungsmechanismen Grundsatzlich konnen zwei Arten von Mechanismen unterschieden werden: die direkte und die stochastische Beschleunigung. Direkte Beschleunigung - U berall dort, wo durch ein bewegtes Magnetfeld elektrische Felder induziert werden, konnen geladene Teilchen beschleunigt werden. Beispiele hierfur sind Pulsare, Binarsysteme mit Neutronensternen und schwarze Locher mit Akkretionsscheiben. Direkte Beschleunigung ndet einmalig in sehr hohen elektrischen Feldern statt. Stochastische Beschleunigung - Diuse stochastische Schockbeschleunigung tritt in interstellaren magnetischen Materiewolken oder Schockfronten (auch von Supernovae) auf. Im Gegensatz zur direkten Beschleunigung ergibt diese statistische Beschleunigung ein Potenzgesetz fur das Energiespektrum (s. Gleichung 4.1). Die direkten Mechanismen sind durch Ausdehnung und Feldstarken des beschleunigenden Bereiches in ihrer Maximalenergie beschrankt, weshalb man davon ausgeht, da beide Mechanismen sich erganzen. Die Teilchen werden also ,vorbeschleunigt' und durch stochastische Beschleunigungen auf ihre Endenergie gebracht. Der folgende Abschnitt konzentriert sich auf die stochastischen Typen, die im Prinzip bereits 1949 von E. Fermi [Fer49] formuliert wurden und entsprechend FermiBeschleunigungen genannt werden. 4.3.1 Fermi-Beschleunigung 2. Ordnung Voraussetzung fur die Fermi-Beschleunigung 2. Ordnung sind ,Wolken' geladener Teilchen, die sich durch das interstellare Gas bewegen. Die bewegten geladenen Teilchen erzeugen Magnetfelder in der Wolke. Dringt nun ein bereits beschleunigter Atomkern in dieses Plasma ein, wird er an den ,Unregelmaigkeiten' des Magnetfeldes elastisch gestreut, was schematisch in Abbildung 4.6 dargestellt ist. Elastische Streuung bedeutet in diesem Fall, da keine Kollisionen stattnden durfen, die einen Energieverlust fur den Kern mit sich bringen wurden. Der Kern erfahrt also nur Richtungsanderungen und verlat die Wolke in deren Ruhesystem mit der gleichen Energie wie vor dem Einschu, E10 = E20 . Allerdings nimmt er nach einigen Streuungen die gleiche mittlere Geschwindigkeit wie die Wolke an, die sich nach dem Verlassen der Wolke vektoriell zu seiner addiert. Wahrend das zu beschleunigende Teilchen im Ruhesystem der Wolke also keine Energieanderung erfahrt, betragt der relative Energiegewinn im System des umliegenden Gases E 4 2 : (4.4) E1 3 35 E2 v E1 Abbildung 4.6: Beschleunigung durch Magnetwolke Es gilt = v=c, wobei v die Geschwindigkeit der Wolke relativ zum Medium, in dem sie sich bewegt, ist. Durch eine einfache Abschatzung kommt man zu einem ahnlichen Ergebnis. Hat ein Teilchen mit der Geschwindigkeit u genau die gleiche Flugrichtung wie die Wolke und holt es diese ein, so kann man den Energiegewinn in zwei Fallen unterscheiden: a.) das Teilchen verlat die Wolke genau entlang seiner vorigen Richtung (4.5) Evor = 12 m(u + v)2 , 12 mu2 = muv + 12 mv2 b.) es wird genau in seine Herkunftsrichtung zuruckgestreut (4.6) Eruck = 21 m(u , v)2 , 12 mu2 = ,muv + 12 mv2 In beiden Gleichungen wird also von der resultierenden Energie die Teilchenenergie vor der Beschleunigung abgezogen. Da zwischen diesen beiden Extremen aber noch andere Streuwinkel moglich sind, soll der Energiegewinn E gemittelt werden: E = 12 (Evor + Eruck ) = 12 mv2 (4.7) Der relative Energiegewinn dieser Abschatzung ist dann vergleichbar mit 4.4 E = v 2 (4.8) E1 u Prinzipiell kann man diesen Mechanismus mit einem Laufband vergleichen: Ein Fuganger, der sich vor dem Betreten eines Laufbandes mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, behalt diese auch auf dem Laufband (also in dessen ,Ruhesystem') bei. Verlat er das Band, so hat sich im System der Erde die Bandgeschwindigkeit zu seiner eigenen addiert, was den Unaufmerksamen oft unglucklich aussehen lat. 36 4.3.2 Fermi-Beschleunigung 1. Ordnung Die Fermi-Beschleunigung 1. Ordnung beschreibt die Teilchenbeschleunigung an Schockfronten, die beispielsweise von Supernovae stammen. In Abbildung 4.7 ist dargestellt, wie sich eine breite ebene Schockfront mit der Geschwindigkeit ,~u1 bewegt. Das von der Front durchquerte ,geschockte' Gas entfernt sich mit einer Geschwindigkeit ,~u2 (relativ zur Front) von der Schockfront. Hierbei gilt ju2j < ju1j. Die resultierende Geschwindigkeit des Gases hinter der Front betragt also ~v = ,~u1 + ~u2. E2 B -u1 v=-u1+u2 E1 Abbildung 4.7: Beschleunigung durch Schockfronten Der relative Energiegewinn erfolgt im Prinzip ahnlich wie bei der FermiBeschleunigung 2. Ordnung und belauft sich auf: E 4 : E1 3 (4.9) = v=c steht wiederum fur die Geschwindigkeit des beschleunigenden Mediums. Vergleicht man die Ezienz der beiden Beschleunigungsarten, so mu man beruckFermi-Beschleunigung Komponenten rel. Energiegewinn 2. Ordnung/Original Teilchen u. Wolke E=E1 43 2 1. Ordnung/Erweiterung Teilchen u. Schockfront E=E1 43 Tabelle 4.3: Fermi-Mechanismen sichtigen, da magnetische Wolken typischerweise Geschwindigkeiten um 10 km=s besitzen, wahrend sich das Gas hinter Schockfronten mit bis zu 1000 km=s bewegt. Der angegebene Energiezuwachs beider Mechanismen bezieht sich jedoch nur auf einen einmaligen Beschleunigungsvorgang. Tatsachlich konnen Teilchen die Prozesse mehrfach durchlaufen. Im Fall der Wolke kann es auch zu Energieverlusten, 37 also Abbremsung eines Teilchens, kommen (deshalb wird der ursprungliche FermiMachanismus nach seiner Relevanz als Beschleunigung 2. Ordnung bezeichnet), im Mittel resultiert aber bei mehreren Beschleunigungen ein Energiegewinn. Im Fall der Schockfront bewirkt die Wechselwirkung mit dem Gas hinter der Front immer einen Energiegewinn, es gehen dem Beschleunigungsvorgang jedoch die Teilchen verloren, die nicht wieder die Schockfront passieren. Jene Teilchen, die nach der Beschleunigung das geschockte Gas wieder durch die Front verlassen, konnen vom in Abbildung 4.7 angedeuteten interstellaren Magnetfeld wieder in Richtung der Beschleunigungsregion abgelenkt werden. In [Gai90] wird gezeigt, da man uber eine Betrachtung der Wahrscheinlichkeit fur ein Teilchen, dem Beschleunigungszyklus zu entkommen, das von uns beobachtete Potenzgesetz des Energiespektrums erhalt. Das heit, das Modell stochastischer Beschleunigungen ist vertraglich mit Beobachtungen. Ausfuhrliche relativistische Rechnungen zu den Beschleunigungsmechanismen nden sich ebenfalls in [Gai90]. 4.3.3 Synchrotronbeschleunigung Der Synchrotronmechanismus beruht auf der Beschleunigung geladener Teilchen in elektrischen Feldern. Diese werden uberall dort erzeugt, wo Magnetfelder sich zeitlich andern. Die Synchrotronbeschleunigung ist ein Beispiel fur einmalige direkte Beschleunigungsmechanismen. Am Beispiel eines Pulsars, dessen starkes Magnetfeld B~ aufgrund der schnellen Rotation einer erheblichen zeitlichen A nderung unterworfen ist, lat sich der mogliche Energiegewinn fur geladene Teilchen wie folgt abschatzen (aus [Sch96]). Die Beschleunigungsspannung U hangt ab von der zeitlichen Anderung von B~ : d Z B~ dA~ = , Z E~ d~s = ,U dt Integriert man nun uber die Flache, die entsprechend nebenstehender Skizze ungefahr A L2 gro sein soll, und ersetzt t B v durch die Geschwindigkeit des Magnetfeldes und den zuruckgelegten Weg, so folgt: L BA = BA = BAv = BLv = ,U t L=v L Durchlauft also ein Teilchen mit der Ladungszahl Z die Spannungsdierenz U , so ist sein Energiegewinn: E = ZU = BLvZ (in eV) Setzt man in diese Gleichung die Ausdehnung von Neutronensternen L 103 m, ein typisches Magnetfeld von B 108 T und eine Tangentialgeschwindigkeit v = 38 2L=10,3 m 107 m=s, so erhalt man den Energiegewinn E 1018 eV : Diese einfache Abschatzung beeinhaltet naturlich noch keine Energieverluste durch Wechselwirkungen aufgrund der hohen Teilchendichte in solchen Beschleunigungsgebieten. 4.4 Odyssee im Weltraum In diesem Abschnitt soll die Ausbreitung geladener Teilchen im interstellaren und intergalaktischen Raum betrachtet werden. Wie in den bisherigen Betrachtungen liegt dabei der Schwerpunkt auf der hadronischen Komponente der kosmischen Strahlung. Wahrend sich beispielsweise Neutrinos geradlinig im Raum ausbreiten, da sie nur schwach wechselwirken, ist die Ausbreitung der Hadronen im wesentlichen zwei Einussen unterworfen: Die Ausbreitungsrichtung der geladenen Teilchen ist von zahlreichen und vielgestaltigen magnetischen Feldern beeinut. Die Energie ist, wie auch die Ausbreitungsrichtung, bestimmt durch Wechselwirkungen mit Teilchen des interstellaren Mediums. Abbildung 4.8: Querschnitt durch die galaktische Scheibe. Der Ausschnitt zeigt mogliche Regionen von Beschleunigung kosmischer Strahlung, die Starke B des galaktischen Magnetfeldes sowie die Dichte ISM des interstellaren Mediums mit einem Proton pro cm3(aus [Gai90]). 39 Abbildung 4.8 zeigt schematisch einen Querschnitt durch die galaktische Scheibe. Ihr Radius betragt etwa 15 kpc, und die Dicke der Scheibe an der Position unseres Sonnensystems, 8; 5 kpc entfernt vom Galaxiezentrum, ist ungefahr 300 pc. Im Ausschnitt sind U berreste von Supernovae dargestellt, die ein chaotisches Magnetfeld verursachen, das die Ausbreitung geladener Teilchen entsprechend dius werden lat. 4.4.1 Das galaktische Magnetfeld Betrachtet man die geringe mittlere Teilchendichte des interstellaren Mediums mit einem Wasserstoatom pro cm3 (eine Erdkugel mit dieser Dichte wurde etwa 1; 8 kg wiegen), so wird deutlich, da elektromagnetische Krafte und somit auch Magnetfelder ihre Wirkung ohne nennenswerte Abschirmung uber groe Distanzen entfalten konnen. Das galaktische Magnetfeld, dessen Feldstarke einige 10,10 T betragt, wird in der Hauptsache durch den Flu geladener Teilchen entlang der galaktischen Spiralarme verursacht, das heit, auch durch die geladene Komponente der kosmischen Strahlung. Die Feldlinien werden als konzentrische Ringe innerhalb der galaktischen Ebene angenommen. Auerhalb der Scheibe, also im galaktischen Hof (oder Halo, s. Abb. 4.8), ist die Struktur des Feldes nicht gesichert, und die Feldstarke wird durch rasch abnehmende Funktionen dargestellt [Ber00]. Der Radius der Bahn, den geladene Teilchen in diesem Magnetfeld beschreiben, ist der sogenannte Larmor-Radius ,1 kpc ; R Z1 1018E eV 10,B10 T (4.10) in den die Teilchenenergie E , die Ladungszahl Z und die Starke des Magnetfeldes B eingehen. Diese Formel ist im Prinzip aquivalent zu Gleichung 2.1, sie wurde nur an die entsprechenden Dimensionen angepat. Bei konstantem Magnetfeld fallen zwei Konsequenzen dieser Darstellung auf. Hoherenergetische Teilchen beschreiben einen groeren Bahnradius und schwerere Kerne, entsprechend ihrer groeren Kernladungszahl, einen kleineren. Das bedeutet, da bei hohen Energien eher leichtere Kerne (am wahrscheinlichsten Protonen) in der Lage sind, das Volumen der Milchstrae zu verlassen, was zu einer Ansammlung schwererer Elemente jenseits des Knies des in Erdnahe beobachteten Energiespektrums (Abb. 4.3) fuhren wurde. Dies ist auch die Annahme des sogenannten Leaky-Box-Modells (engl. leaky - undicht). In diesem Modell wird eine freie Ausbreitung kosmischer Strahlung in einem von Galaxie und Galaxie-Hof gebildeten geschlossenen Volumen mit einer Entkommenswahrscheinlichkeit beschrieben, die zeitlich konstant ist und aufgrund des Larmor-Radius von der Energie abhangt. 40 Es existieren noch einige weitere Modelle, wie beispielsweise das Diusions-Modell, das die Anisotropie, also die ,Ungleichmaigkeit', der Strahlungsverteilung in der Galaxie, berucksichtigt. Ausfuhrliche Betrachtungen der verschiedenen Modelle nden sich in [Gai90]. Bedenkt man, da Bereiche groerer magnetischer Felder eine vergleichsweise geringe Ausdehnung aufweisen, innerhalb der sie eine ablenkende Kraft auf geladene Teilchen ausuben konnen, so lat sich abschatzen, da sehr hochenergetische Kerne durchaus eine brauchbare Richtungsinformation tragen. 4.4.2 Ursachen fur Energieverluste Bremsstrahlung und Ionisation - Geladene Teilchen werden in Kernfeldern ab- gebremst und geben dabei Energie in Form von Photonen ab. Diese Bremsstrahlung fuhrt besonders in Bereichen hoher Dichten von Kernen zu nennenswerten Energieverlusten. Im interstellaren Medium ist die Teilchendichte mit einem Proton/cm3 jedoch zu gering fur einen groen Beitrag. In den Gebieten, in denen die Beschleunigung erfolgt, verlieren aufgrund der hohen Teilchendichte beispielsweise Elektronen einen betrachtlichen Teil ihrer Energie, wobei der Energieverlust mit E 1=m2 von der Masse des abgebremsten Teilchens abhangt. Dadurch wird klar, da die ungefahr 1800 mal schwereren Protonen erheblich weniger Energie verlieren (schwerere Kerne geben entsprechend noch weniger ab). Dies ist einer der Grunde, weshalb Elektronen nur zu einem kleinen Bruchteil in der Primarstrahlung vertreten sind. Beim Ionisationsproze geben bewegte geladene Teilchen Energie an Hullenelektronen passierter Atome ab. Auch dieser Proze mu nur in Bereichen hoher Teilchendichten berucksichtigt werden, da der Energieverlust von der Elektronendichte des Mediums abhangt. Synchrotronstrahlung - Diese Strahlung ist eine Form der Bremsstrahlung, die entsteht, wenn geladene Teilchen in Magnetfeldern abgelenkt werden. Tangential zur gekrummten Bahn, auf die sie gezwungen werden, strahlen solche Teilchen Energie durch Photonen ab. Der Energieverlust bei einem vollstandigen Kreis-Durchlauf (2) ist gegeben durch 4 2 E = 3e R mEc2 : 0 0 (4.11) In diese Formel gehen die Teilchenenergie E , die Teilchenmasse m0, der Bahnradius R sowie die Dielektrizitatskonstante fur Vakuum 0 = 8; 854 10,12 C=V m ein. Mit Hilfe dieses Ausdrucks lat sich der Energieverlust eines Protons der Energie 1018 eV bei einem Umlauf abschatzen. Mit Gleichung 4.10 41 erhalt man fur den Radius dieses Protons im galaktischen Magnetfeld einen Wert von etwa 300 pc. Setzt man diesen in Gleichung 4.11 ein, so ergibt sich ein Energieverlust von Ep 10,8 eV . Fur ein gleichenergetisches Elektron betruge der Verlust zwar schon Ee, 170 keV , ware aber ebenfalls vernachlassigbar. In groen Magnetfeldern, beispielsweise in Sternnahe, kommt der Energieverlust vor allem fur die leichteren Elektronen zum Tragen. Wechselwirkungen mit anderen Teilchen - Treen zwei Teilchen mit hoher re- lativer Geschwindigkeit aufeinander, so kommt es zu Wechselwirkungen, die bei kleinen Impulsubertragen elastisch sind, das heit, die wechselwirkenden Teilchen nicht verandern, jedoch im inelastischen Fall bei groen Impulsubertragen die Stopartner auch in ihrer Struktur verandern konnen. Die Wechselwirkungen, die hier betrachtet werden sollen, nden mit Protonen und Photonen statt. Zunachst soll die Wechselwirkungswahrscheinlichkeit von Protonen, Neutronen und schwereren Kernen mit Protonen betrachtet werden. Mitbestimmt wird diese durch den Wirkungsquerschnitt , den man sich bildlich als kleine Zielscheibe vorstellen kann, die das einfallende Teilchen treen mu, damit es zu einer Wechselwirkung kommt. Die Wirkungsquerschnitte fur die drei oben genannten Prozesse sind: pp ' 50 mb = 50 10,27 cm2 np ' 40 mb = 40 10,27 cm2 Ap ' 45 mb A0;691 (A > 1) Diese Werte steigen schwach mit der Energie an. Um die Wechselwirkungswahrscheinlichkeit P zu errechnen, betrachtet man ein zylindrisches Volumen, das mit N Protonen gefullt ist. Die Wahrscheinlichkeit, da ein Proton in der Querschnittsache A getroen wird, ist =A. P = N A = (Al) A = l A N l P hangt also nur ab von der Teilchendichte, dem Wirkungsquerschnitt und dem zuruckgelegten Weg. Fordert man nun, da sich auf jeden Fall eine Wechselwirkung ereignen soll, P = 1, und ersetzt l durch die Wechselwirkungslange , die fur den mittleren Weg bis zu einer Wechselwirkung steht, so ergibt sich 42 zum Beispiel fur einen Proton-Proton-Proze pp = 1 = 1; 25 1025 cm ' 6; 5 106 pc ; pp 3 wobei = 1=cm die Protonendichte im interstellaren Medium ist. Die Zeit, die ein hochenergetisches Proton benotigt, um diese Strecke zuruckzulegen, ist in der Groenordnung von 106 Jahren. Dies ist also die abgeschatzte mittlere Verweildauer kosmischer Strahlung in unserer Galaxis (aus [Sch96]). Bedenkt man, da der interstellare Raum mit elektromagnetischer Strahlung vieler Frequenzbereiche durchsetzt ist, mu man auch die Wechselwirkung geladener Teilchen mit Photonen berucksichtigen. Fur den Energieverlust von Elektronen ist die inverse Compton-Streuung der dominante Proze. Im Gegensatz zur eigentlichen Compton-Streuung ubertragen hierbei Elektronen durch Sto einen Teil ihres Impulses auf Photonen. Auch fur sehr hochenergetische Protonen ist die Wechselwirkung mit Photonen von Bedeutung. Der mogliche Einu dieses Prozesses auf das Energiespektrum der Primarstrahlung soll im nachsten Abschnitt skizziert werden. 4.4.3 Der Greisen-Zatsepin-Kuzmin-Cuto Der gesamte Raum ist erfullt von einer homogen verteilten Strahlung der Temperatur 2; 7 K , der sogenannten Hintergrund-Strahlung. Nach der Urknalltheorie entstand diese Strahlung in der Fruhphase des Universums und kuhlte seitdem von einigen tausend Kelvin bis auf die heutige Temperatur ab. Die Strahlungsdichte liegt bei etwa 400 Photonen/cm3, und die mittlere Temperatur von 2; 7 K entspricht einer Photon-Energie von ungefahr 6 10,4 eV . Grundsatzlich kollidieren auch Protonen niedrigerer Energien mit diesen Photonen, ab einer Proton-Energie von ca. 6 1019 eV kommt es jedoch zu einem besonderen Proze. Dem hochenergetischen Proton erscheint das Photon der Hintergrundstrahlung mit einer Energie von ungefahr 300 MeV , da es fast mit Lichtgeschwindigkeit auf dieses trit. Im Punkt dieser Wechselwirkung steht somit eine Energie von uber 1200 MeV (Ruhemasse Proton + 300 MeV ) zur Verfugung, die ausreicht, um das Proton anzuregen, eine sogenannte Resonanz zu bilden. Produkt dieser Anregung ist ein -Teilchen der Masse 1232 MeV , das ebenfalls einfach positiv geladen ist und nach sehr kurzer Zeit (< 10,20 s) wieder in ein Proton oder Neutron und ein entsprechend geladenes Pion zerfallt: ( + 0 + p + ,! ,! np + (4.12) + Die Wahrscheinlichkeit, da es zu einer Proton-Photon-Wechselwirkung kommt, ist bei einem Wirkungsquerschnitt von ungefahr p = 200 b sehr gering, wird aber in 43 Abbildung 4.9: Protonenergie in Abhangigkeit des durch die 2; 7 K -Hintergrundstrahlung zuruckgelegten Weges (aus [Ber00]) galaktischen Dimensionen doch bedeutsam. Die Wechselwirkungslange dieses Prozesses betragt [Sch96] (4.13) p = 1 = 1; 25 1025 cm ' 4 106 pc = 4 Mpc : p = 400=cm3 ist die oben erwahnte Photonendichte der Hintergrundstrahlung. Die mittlere freie Weglange bis zu dieser Wechselwirkung betragt also 4 Mpc. Die Pionproduktion fuhrt zu einem betrachtlichen Energieverlust von E=E0 = (10 , 20)% [Ber00], zumal bei ausreichend hohen Energien uber der Schwelle von 6 10,19 eV mehrere Pionen produziert werden konnen. Abbildung 4.9 zeigt das Verhalten der Energie eines Protons in Abhangigkeit des zuruckgelegten Weges. Aufgrund des prozentualen Energieverlustes sinkt die beobachtete Energie unabhangig von der Anfangsenergie oberhalb von 100 Mpc unter den Schwellenwert fur die -Resonanz. Dabei kommt es zu mehreren Proton-PhotonWechselwirkungen, bei denen Pionen entstehen. Der Greisen-Zatsepin-KuzminCuto hat zur Folge, da Protonen, die in unserem Sonnensystem mit Energien oberhalb von 6 1019 eV nachgewiesen werden, von einer Quelle stammen mussen, die weniger als 100 Mpc von uns entfernt ist. Zudem wurde man einen Abbruch (oder zumindest einen Einbruch) des Energiespektrums (Abb. 4.3) jenseits der betreenden Energie erwarten. Tatsachlich beobachtet man jedoch eine relativ konstante Fortsetzung des Spektrums (hierzu [Ber00] und [Bha98]) und damit bisher keine experimentelle Bestatigung des Energie-Cuto. Grundsatzlich ist der oben beschriebene Proze auch moglich, wenn Protonen mit Photonen des Sternenlichtes wechselwirken. Da diese eine hohere Energie als die Photonen der Hintergrundstrahlung besitzen, ist die Energieschwelle der Photonen entsprechend niedriger. Vernachlassigbar wird dieser Vorgang jedoch, wenn man sich 44 die Photonendichte ansieht. Betragt diese zum Beispiel in 1 AE (Tab. 4.1) Entfernung von unserer Sonne noch etwa 2 107 Photonen pro cm3, so sind es in einem Parsec Abstand nur noch 2 10,3 Photonen/cm3 (gegenuber 400 Photonen pro cm3 in der Hintergrundstrahlung) [Sch96]. Detaillierte Ausfuhrungen uber den EnergieCuto nden sich in den Original-Schriften [Gre66] und [Zat66]. 4.5 Teilchenschauer in der Erdatmosphare Im Mittel treten 1000 Teilchen pro Sekunde und Quadratmeter mit Energien oberhalb von 109 eV in die aueren Schichten der Erdatmosphare ein. Die oberen Atmosparenschichten sind Schauplatze der ersten Wechselwirkungsprozesse. Diese nden statt zwischen den Kernen der Primarstrahlung und Sticksto- und SauerstoKernen, den haugst vertretenen Elementen in der Atmosphare (N2 78%, O2 21%), wobei eine Vielzahl von weiteren Teilchen erzeugt wird. Samtliche aus der ersten Wechselwirkung entstandenen Teilchen und ihre Folgeprodukte bezeichnet .. Luftschauer−Entwicklung in der Atmosphare p, N, ( γ ) π ο .. Ionosphare + π− γ e+ e− Neutrino−, Myon− Komponente µ ~ 28 Xo ~ 12 λ ν elektromagnetische hadronische Komponente Komponente .. Troposphare Wetter .. Meereshohe ~ 1250 Xo ~ 530 λ CosmoAleph ASM 1996 Abbildung 4.10: Entstehung eines ausgedehnten Luftschauers (aus [Mul96]) 45 man als Sekundarteilchen (oder Sekundarsstrahlung ). Die Sekundarteilchen werden in drei Kategorien eingeteilt, die in Abbildung 4.10 skizziert sind, die hadronische, die elektromagnetische und die myonische Komponente. Da die Sekundarteilchen weitere Teilchen produzieren und somit eine kaskadenartige Ausbreitung in der Atmosphare stattndet, bezeichnet man dieses Phanomen als ausgedehnten Luftschauer. Bei der starken Wechselwirkungen zwischen den Kernen der Primarstrahlung und der Atmosphare kann es zum einen zu Spaltungen oder Fragmentierungen kommen, zum anderen werden Mesonen produziert, und zwar hauptsachlich Pionen und zu etwa 10% Kaonen. Kernfragmente und Mesonen, die ebenfalls aus Quarks bestehen, zahlen zu der hadronischen Komponente, die den Kern des Schauers ausmacht. Die neutralen Pionen zerstrahlen nach kurzer Zeit in jeweils zwei Photonen, die ausreichend energetisch sind, um Elektron-Positron-Paare zu bilden, welche zum Beispiel durch Bremsstrahlung wiederum Photonen produzieren und so fort. Die wechselseitige Produktion von Elektronen (bzw. Positronen) und Photonen verursacht die elektromagnetische Komponente. Die geladenen Pionen, die nicht stark mit atmosparischen Kernen wechselwirken, zerfallen in entsprechend geladene Myonen und zugehorige Neutrinos (s. auch Gl. 3.4, 3.5), erzeugen also die myonische Komponente. Auch die neutralen Kaonen sind eine Quelle fur diese Komponente, da sie uberwiegend in geladene Pionen zerfallen. Sind nun die Myonen zu niederenergetisch, um den Erdboden zu erreichen, zerfallen sie in Elektronen (bzw. Positronen) und Neutrinos gema Gleichung 3.7 und 3.8. Sie nahren damit also die elektromagnetische Komponente, wie auch der hadronische Schauerkern standig neue Pionen produziert. Die Ausbreitung des Schauers kann man sich vorstellen als eine von den Schauerteilchen gebildete Scheibe mit leichter Wolbung, deren Ausdehnung zunimmt, je weiter sie (annahernd mit Lichtgeschwindigkeit) in die Atmosphare vordringt. Der Groteil der produzierten Teilchen ist mit Elektronen, Positronen und Photonen in der elektromagnetischen Komponente enthalten, am Erdboden uberwiegt jedoch die Zahl der Myonen, da diese auf ihrem Weg durch die Atmosphare seltener wechselwirken und somit weniger Energie verlieren. Das Verhaltnis der geladenen Teilchen auf Meeresniveau sieht etwa wie folgt aus [Gru85]: Myonen 80 : Elektronen Hadronen 20 : 1 Um etwas uber die Masse und Energie des schauerauslosenden Teilchens zu erfahren, ist es sinnvoll, sich einige Eigenschaften von Luftschauern anzuschauen. 46 4.5.1 Eigenschaften ausgedehnter Luftschauer Da die Entwicklung von Luftschauern in der Atmosphare von der Art des Primarteilchens abhangt, soll hier kurz am Beispiel von proton- und eiseninduzierten Schauern verdeutlicht werden. Zahl der Sekundarteilchen - Zunachst soll von Primarteilchen der gleichen Energie E0 ausgegangen werden. Einen Eisenkern kann man nach dem Superpositionsmodell als Ensemble von 56 einzelnen Nukleonen betrachten. Jedes dieser Nukleonen tragt die Energie E0=56. Einen Eisenschauer kann man sich nach diesem Modell also als U berlagerung von 56 niederenergetischeren Protonschauern vorstellen. Die mittlere Anzahl der Sekundarteilchen, die in einer Nukleon-Nukleon-Wechselwirkung erzeugt werden, nimmt logarithmisch mit der Energie zu. Das fuhrt dazu, da ein Proton mit der Energie E0 ungefahr n ln E0 Sekundarteilchen erzeugt und ein Eisenkern n 56 ln E0=56 Teilchen mit entsprechend geringerer mittlerer Energie [Wet96]. Da also in einem eiseninduzierten Schauer eine groere Zahl Hadronen produziert wird als in einem protoninduzierten Schauer mit der gleichen Primarenergie, ist auch die Zahl der Pionen groer und damit auch die der Myonen, die ja hauptsachlich aus Pionzerfallen entstehen. Schauerprol - Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Hohe oder Atmospharentiefe, in der Protonen und Eisenkerne mit Sticksto- oder SauerstoAtomen wechselwirken. Da der Wirkungsquerschnitt fur Protonen kleiner als der fur Eisenkerne ist, ist die Wechselwirkungslange fur Protonen mit etwa 70 g=cm2 entsprechend groer als die fur Eisen mit etwa 15 g=cm2 [Wet96]. Dies fuhrt dazu, da Protonen einen langeren Weg in der Atmosphare zurucklegen und die erste Wechselwirkung in Hohen von 15 , 25 km geschieht. Eisenkerne wechselwirken bereits in 25 , 35 km Hohe. Dadurch, da der Kegel eines Eisenschauers hoher ansetzt als der eines Protonschauers gleicher Energie, resultiert auch ein groerer Schauerradius auf Meeresniveau, was in Abbildung 4.11 ersichtlich ist. Zudem besitzen die Sekundarteilchen beim Eisenschauer einen hoheren Querimpuls zur Schauerachse, der durch die vergleichsweise niedrigere Energie der Nukleonen des Eisenkernes zustandekommt - die Sekundarteilchen werden also unter einem groeren Winkel erzeugt. Dies vergroert den Schauerradius zusatzlich. Komponentenverhaltnis auf Meeresniveau - Da der Protonschauer tiefer in der Atmosphare beginnt, liegt auch das Maximum der elektromagnetischen und hadronischen Kaskade entsprechend tiefer als bei einem Eisenschauer. Das bedeutet, da mehr Hadronen und auch Elektronen des Protonschauers 47 h (km) γ p Fe 35 30 25 20 15 10 5 0 -0.5 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 x (km) E0 = 100 TeV ; CORSIKA & VENUS; nur sekundäre Teilchen mit E 10 GeV ; — Hadronen, — Myonen, — Elektr./ Positr., Photonen. Abbildung 4.11: Simulation der Schauerprole und Sekundarteilchen fur photon-, proton- und eiseninduzierte Schauer mit Primarenergie 1014 eV [Hec00] 48 den Erdboden erreichen. Das Verhaltnis der Elektronen- oder Hadronenzahl zur Myonzahl ermoglicht demnach eine Abschatzung der Masse des Primarteilchens [Blu00]. Problematisch bei der Bestimmung der Hohe der ersten Wechselwirkungen sind jedoch statistische Unsicherheiten, die von der variablen Energie des Primarteilchens verursacht werden. 4.5.2 Myonen in der kosmischen Strahlung Wie bereits oben erwahnt, bilden Myonen den groten Anteil geladener Teilchen auf Meeresniveau. Durch die Untersuchung der myonischen Komponente lat sich Aufschlu gewinnen uber Schauerbreite und Myonendichte, was wiederum auf Art und Energie des Primarteilchens verweist. Da auch das im nachsten Kapitel vorgestellte CosmoALPEH-Experiment auschlielich die myonische Komponente von ausgedehnten Luftschauern untersucht, sollen hier kurz einige Charakteristika [Epj98] dieser Komponente aufgefuhrt werden. Die meisten Myonen werden relativ hoch in der Atmosphare, ungefahr in 15 km Hohe, produziert und verlieren durch Ionisation ungefahr 2 GeV , bevor sie den Boden erreichen. Fur ein Myon der Energie E = 2; 4 GeV bedeutet dies eine Abnahme der mittleren Zerfallslange von 15 km auf 8; 7 km. Die mittlere Energie der Myonen am Boden betragt ungefahr 4 GeV . Ein genaueres Impulsspektrum ndet sich in Abbildung 4.12. Aufgetragen ist die Zahl der vertikal eintreenden Myonen pro Quadratmeter, Sekunde, Steradiant3 und GeV=c. Dieses Spektrum gilt jedoch ausdrucklich fur vertikale Myonen, da die hochstenergetischen Myonen fast horizontal einfallen. Das liegt daran, da die Pionen aus schrag in die Atmosphare einfallender Primarstrahlung einen langeren Weg durch weniger dichte Atmosphare zurucklegen und Abbildung 4.12: Impulsspektrum verdaher eher zerfallen als wechselwirken, wo- tikaler Myonen auf Meeresniveau durch der Impuls auf das Myon (und das [All84] Der Steradiant entspricht einem Raumwinkel, der durch eine Flache von 1 m2 auf einer Kugel von 1 m Radius deniert wird. 3 49 Myon-Neutrino) ubertragen wird. Pionen aus vertikalen Schauern geben eher Energie durch Wechselwirkung ab und produzieren so niederenergetischere Myonen. Die uber die Impulse integrierte Rate fur vertikale Myonen auf Meeresniveau ist ungefahr I ' 1 cm,2min,1, was etwa einem Myon pro Handache und Sekunde entspricht. Die Winkelverteilung fur Myonen am Boden ist gut beschrieben durch I () = I0 cos2 : (4.14) I0 ist die Zahl der vertikalen Myonen, und ist der Zenitwinkel, also der Winkel zu einem gedachten Lot auf den Erdboden. Diese Verteilung gilt als gute Naherung fur den Energiebereich von 0; 1 GeV bis 100 GeV (vgl. [All84]). Der Anteil positiv geladener Myonen uberwiegt den negativ geladener, wobei das Verhaltnis liegt zwischen: 1; 2 N+ =N, 1; 3. Dies ndet seine Begrundung in der uberwiegend positiven Ladung der Primarstrahlung, die entsprechend der Ladungserhaltung auch mehr positive als negative Pionen erzeugt. Myonen unter der Erde Die einzigen Teilchen der kosmischen Strahlung, die weiter als einige Meter in den Erdboden eindringen, sind Neutrinos und Myonen. Wahrend die Erde fur Neutrinos fast "durchsichtig" erscheint, ist die Eindringtiefe fur Myonen, neben der begrenzten Lebensdauer, beschrankt durch Energieverluste im Gestein: (4.15) , dE dX = a + (bbs + bpb + bnw ) Emu X ist die im Medium zuruckgelegte Strecke, a ist der Energieverlust durch Ionisation, bbs ist der Faktor fur Verluste durch Bremsstrahlung, bpb steht fur den PaarbildungsAnteil und bnw fur die nukleare Wechselwirkung der Myonen mit dem Gestein. All diese Groen sind energieabhangig. Bis zu einer Myonenergie von etwa 500 GeV wird der Energieverlust durch Ionisation dominiert. In Tabelle 4.4 sind die Reichweite und der Energieverlust von Myonen in Abhangigkeit ihrer Ausgangsenergie dargestellt. Das in der Tabelle benutzte Langenma m:w:e: (meter water equivalent) ist eine E [GeV ] R [m:w:e:] RGestein [m] a [MeV g,1 cm,2] 10 50 20 2,15 100 410 164 2,40 1000 2420 968 2,58 10000 6300 2520 2,76 Tabelle 4.4: Mittlere Reichweite von Myonen und Energieverlust durch Ionisation in Wasser und Standardfels (aus [Epj98]) 50 gangige Angabe fur Reichweiten, wobei als Normierung die Reichweite in Wasser benutzt wird. Die Einheit ist analog zu der der Wechselwirkungslange m:w:e: = 100 g=cm2. Um die Reichweite in anderen Medien zu errechnen, mu durch deren Dichte geteilt werden. Als Standardfels wird Fels mit einer mittleren Dichte von = 2; 5 g=cm3 bezeichnet [Epj98]. Mit den obigen Daten lat sich eine Abschatzung fur die Mindestenergie von Myonen machen. Das im nachsten Kapitel beschriebene CosmoALEPH-Experiment bendet sich unter etwa 130 m Fels, oder 325 m:w:e: bei der Dichte von Standardfels. Nach Tabelle 4.4 liegt die Mindestenergie fur Myonen unter 100 GeV , wodurch die Ionisation den Energieverlust dominiert. Vernachlassigt man die anderen Eekte, folgt aus Gleichung 4.15: Z 325 mwe 2 g ' 74; 5 GeV (4.16) E = a dX = 2; 3 MeVg cm 32500 cm 2 0 In diese Abschatzung geht ein Ionisationsverlust von 2; 3 MeV cm2=g ein (vergleiche Tabelle 4.4). Das bedeutet, allein durch diesen Energieverlust mussen Myonen mindestens 75 GeV Anfangsenergie besitzen, um die 130 m Fels zu durchdringen. Die Winkelverteilung der Myonen ist ebenfalls abhangig von der Tiefe, in der sich das Experiment bendet. Bei der Winkelverteilung mu berucksichtigt werden, da hochenergetische Myonen unter groeren Zenitwinkeln einfallen und der Weg durch das Gestein sich mit dem Zenitwinkel vergroert (hohere Energieverluste). Eine detaillierte Ausfuhrung zu Myonen unter der Erde ndet sich in [All84]. 4.6 Experimente zur Untersuchung kosmischer Strahlung Wegen der Vielzahl der Experimente, die sich mit kosmischer Strahlung befassen, folgt an dieser Stelle nur eine kurze Auistung der Moglichkeiten, kosmische Strahlung zu untersuchen. Grundsatzlich gibt es zwei Arten, die sogenannte klassische kosmische Strahlung nachzuweisen. Zum einen kann man die Primarstrahlung mit Detektoren auerhalb der Atmosphare, also frei von atmospharischen Einussen, beobachten oder in groen Atmospharenhohen mit Hilfe von Ballonexperimenten. Zum anderen lat sich durch Untersuchung der Sekundarprodukte Aufschlu uber die Art der Primarstrahlung gewinnen. Bis zu Energien unterhalb von etwa 1014 eV ist eine direkte Messung der Primarstrahlung noch moglich [Kla97]. Ein Beispiel fur einen ballongetragenen Detektor ist das JACEE-Experiment (Japanese-American Collaborative Emulsion Experiment). Das Experiment bestimmt die Ladung eintreender Kerne (mit 0; 2 e fur Protonen und Heliumkerne bis zu 2 e fur Eisenkerne), rekonstruiert mit Hilfe von Emulsionsplatten und Filmen Spuren sekundarer Teilchen, die bei einer 51 herbeigefuhrten Wechselwirkung im Detektor entstehen und mit deren Energie, um die Energie des Primarteilchens zu errechnen. Mit dem JACEE-Experiment konnen Messungen zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung im Energiebereich von etwa 1 bis 100 TeV pro Nukleon durchgefuhrt werden [Kla97]. Auerhalb der Atmosphare wurde beispielsweise 1985 mit dem Chicago "Egg\ Primarstrahlung im Bereich von 40 GeV bis zu einigen TeV untersucht. Der Detektor der Universitat von Chicago befand sich hierzu etwa eine Woche an Bord des Space-Shuttles. Die Ladung der Teilchen wurde mit Szintillatoren bestimmt und deren Energie mit Hilfe von zwei Gas-Cerenkov-Detektoren [Kla97] (CerenkovStrahlung wird von geladenen Teilchen emittiert, wenn sie sich in einem Medium schneller als das Licht bewegen - die Cerenkov-Strahlung ist das elektromagnetische Analogon zum Mach-Kegel in der Akustik, der entsteht, wenn Gerauschquellen sich mit U berschallgeschwindigkeit bewegen). Oberhalb von mehreren TeV werden jedoch die Flusse (oder Teilchenraten pro Flache) zu gering fur direkte Nachweismethoden. Aus diesem Grund untersucht man in Bereichen hoherer Primarenergien (ab etwa 100 TeV ) die Sekundarprodukte und damit ausgedehnte Luftschauer. Die derzeit grote Detektoranordnung zur Untersuchung ausgedehnter Luftschauer bendet sich in Akeno, Japan. AGASA (Akeno Giant Air Shower Array) besteht aus 111 Szintillationszahlern von jeweils 2; 2 m2, die uber eine Flache von 100 km2 verteilt sind und 27 Myondetektoren. Mit dieser Flache konnen die Schauer von Primarteilchen hochster Energien nachgewiesen werden. 1993 wurde ein Primarteilchen mit einer Energie von (1; 7 , 2; 6) 102 0 eV beobachtet [http://www-akeno.icrr.u-tokyo.ac.jp/AGASA/]. Im Aufbau bendet sich zur Zeit das Pierre-Auger-Observatory, das nach seiner 2003 geplanten Fertigstellung aus zwei Detektoranordnungen, die mit jeweils 1600 Detektoren uber eine Flache von jeweils 3000 km2 verteilt sind, bestehen soll. Die Experimente benden sich in der nordlichen und sudlichen Hemisphare in Utah (USA) und Argentinien [http://www.auger.org/auger.html]. Als Beispiel fur ein Luftschauer-Experiment unter der Erde wird im nachsten Kapitel CosmoALEPH beschrieben. Der Fly's-Eye-Detektor in Utah, der nun durch HIRes (High Resolution Fly's Eye) ersetzt ist, machte sich ein weiteres Sekundarprodukt der kosmischen Strahlung zunutze. Die geladenen Teilchen, die in Luftschauern produziert werden, regen die Stickstoatome der Atmosphare zur Fluoreszenz an, das heit, die Sticksto-Atome emittieren sehr schnell nach der Anregung Photonen, die mittels Photomultipliern (siehe Kapitel 5.4.1) nachgewiesen werden konnen. Da jedoch nur ungefahr ein Prozent der auf das Sticksto-Atom ubertragenen Energie als Photonen abgegeben wird, nden Beobachtungen in klaren mondlosen Nachten statt. 1993 wurde hier der Schauer eines Primarteilchens mit 3; 2 1020 eV beobachtet [http://www.cosmic52 ray.org/]. Wahrend sich die obigen Experimente auf die Untersuchung der Kernkomponente der kosmischen Strahlung beschranken, gibt es viele weitere Experimente, die andere Teilchen Arten kosmischen Ursprungs beobachten. Einige Satelliten messen beispielsweise die von aktiven Objekten emittierte Gamma-Strahlung. Ein vielversprechender Untersuchungsgegenstand sind auch Neutrinos, da man mit deren Hilfe Punktquellen fur kosmische Strahlung ausmachen kann. Eine umfassende Auuhrung aktueller und vergangener Experimente kann man auf einer Web-Seite des Heidelberger Max-Planck-Institutes fur Kernphysik nden: http://www-hfm.mpi-hd.mpg.de/CosmicRay/CosmicRaySites.html. Als Beispiel fur Luftschauer-Messungen unter der Erde soll im nachsten Kapitel CosmoALEPH-Experiment beschrieben werden. 53 Kapitel 5 Das CosmoALEPH-Experiment CosmoALEPH ist eine Anordnung von Detektoren, die eingerichtet wurde, um die in ausgedehnten Luftschauern entstehenden Myonen nachzuweisen. Im folgenden werden die Moglichkeiten des Experimentes sowie die Lage und der Aufbau der einzelnen Mestationen genauer beschrieben. 5.1 Ziel der Messungen Aufgabe der Mestationen ist es, durch Nachweis von Myonen die Breite von Schauerkegeln zu bestimmen. Aus dieser Groe lat sich rekonstruieren, in welcher Hohe ein Luftschauer entstanden ist. Da leichtere Kerne, bis hin zu Protonen, einen langeren Weg in der Atmosphare zurucklegen, bevor sie wechselwirken, kann man auf diese Art unterscheiden, ob der Luftschauer von einem leichteren oder einem schwereren Kern verursacht wurde. Betrachtet man ebenfalls, mit welcher Haugkeit Schauer verschiedener Ausdehnungen auftreten, lassen sich Aussagen daruber treen, mit welcher Haugkeit leichte und schwere Kerne in der kosmischen Primarstrahlung auftreten. Zu beachten ist, da durch den Fels, der sich uber dem Experiment bendet, niederenergetische Myonen gestoppt werden. Die Myonen, die den Fels durchdringen, mussen eine Mindestenergie von etwa 70 GeV besitzen. Ein weiterer Gegenstand fur Untersuchung sind unabhangige Luftschauer. In Zusammenarbeit mit dem LEP-Experiment L3 wird nach koinzidenten Myonereignissen gesucht, die aufgrund des Abstandes der beiden Experimente von unabhangen Luftschauern stammen mussen. Solche Schauer werden von zeitlich korrelierten Primarteilchen verursacht. Diese konnten dadurch entstehen, da Kerne im interstellaren Raum durch Wechselwirkung eine Art ,Superschauer' produzieren, deren Sekundarprodukte dann koinzident auf die Erdatmosphare auftreen. 54 Abbildung 5.1: Lage der LEP-Experimente (aus [Mai96]) 5.2 Geographische Lage und geometrischer Aufbau Das Experiment bendet sich am Europaischen Laboratorium fur Teilchenphysik CERN bei Genf. Kernstuck des CERN ist der LEP-Speicherring (Large Elektron Positron Collider), der einen Umfang von etwa 27 km hat und in einer Tiefe zwischen 50 und 175 m liegt (siehe Abbildung 5.1). Im LEP-Ring werden Elektronen und Positronen beschleunigt und zwar in Form von jeweils vier raumlich begrenzten Teilchenpaketen (sog. bunches ). Die Teilchenpakete werden durch Magnete auf einer Kreisbahn gehalten und durch Fokussierung in vier Punkten zur Kollision gebracht. An diesen vier Punkten benden sich die LEP-Experimente ALEPH, DELPHI, L3 und OPAL. Ursprunglich war CosmoALEPH als Pilotexperiment konzipiert und umfate neben dem Hadronkalorimeter des ALEPH-Detektors vier Szintillatorstationen. Die Idee, die vier LEP-Experimente zusammenzuschalten, um mit diesen eine groe Flache fur die Luftschaueruntersuchung zu umfassen, wurde nicht realisiert, so da CosmoALEPH um eine zusatzliche Szintillatorstation erweitert wurde und in der jetzigen Konguration seit Ende 1998 Daten nimmt. 5.2.1 Geometrische Anordnung der Stationen Abbildung 5.2 zeigt die Anordnung der Szintillatorstationen um den ALEPHDetektor, der sich in einer Tiefe von circa 140 m unter der Erdoberache bendet. 55 Entfernungen: Gallery - Trolley Trolley - HCAL Bypass A - Bypass C Kaverne - Bypass A/B Kaverne - Alcove 18 m 39 m 98 m ~260 m ~925 m Alcove LEP Bypass C ALEPH HCAL Bypass A (seit 1998) Gallery (vor 1997) Bypass B (seit 1997) Trolley Abbildung 5.2: Geometrischer Aufbau der Stationen Die Station TROLLEY ist in der ALEPH-Kaverne selbst eingerichtet, wahrend die BYPASS-Stationen A, B und C in einem etwa 550 m langen Wartungstunnel, den man sich ungefahr als Kreissehne innerhalb des LEP-Ringes vorstellen kann, plaziert sind. BYPASS A und BYPASS B benden sich an den jeweiligen Enden, die den Wartungstunnel mit dem LEP-Tunnel verbinden, kurz unterhalb der Tunneldecke. BYPASS C liegt auf dem Dach einer Elektronik-Barracke, und ALCOVE ist in einer Nische neben dem eigentlichen LEP-Tunnel installiert. Die fur das Experiment entscheidende Groe, der Abstand der Stationen zueinander, ist in Tabelle 5.1 aufgelistet. d[m] Alcove Bypass A Bypass B Bypass C HCAL Trolley Alcove 666 1185 761 927 926 Bypass A 666 522 98 261 260 Bypass B 1185 522 306 261 271 Bypass C 761 98 306 167 162 HCAL 927 261 261 167 39 Trolley 926 260 271 162 39 Tabelle 5.1: Relative Abstande der Stationen in Metern (aus [Sch99]) 56 5.3 Das Hadronkalorimeter Neben den Szintillatorstationen wird das Hadronkalorimeter (HCAL) des ALEPHDetektors fur CosmoALEPH ausgelesen. Das HCAL besteht aus einem Hohlzylinder (dem sogenannten Barrel ) von 7; 24 m Lange, 4; 68 m Auenradius und 3; 00 m Innenradius und zwei Endkappen, die den Zylinder abschlieen. Der von CosmoALEPH benutzte Barrel-Teil setzt sich zusammen aus 12 Supermodulen, den in Abbildung 5.3 schematisch dargestellten Kreissegmenten. Die Supermodule bestehen aus 22 Lagen von jeweils einer Eisenschicht und einer Streamerkammer eine nach auen abschlieende Eisenschicht bil- Abbildung 5.3: Myonereignis im Hadet die 23. Lage. In den Streamerkammern dronkalorimeter konnen in einer bestimmten Gasmischung durch Hochspannung die Spuren ionisierender Teilchen sichtbar gemacht werden. Die Reichweite der Teilchen im HCAL ist begrenzt durch den Energieverlust in den Eisenlagen, was man sich zur Energiebestimmung zunutze macht. Fur die CosmoALEPH-Auslese werden jeweils 2 der 22 Lagen eines Supermoduls zu einer Lage zusammengefat und bilden mit der auere Eisenlage 12 Lagen pro Modul. Um ein Ereignis als Myondurchgang zu werten, wurden bestimmte Triggerbedingungen festgelegt. In zwei oder mehr Supermodulen mussen mindestens 8 Lagen ansprechen und zwei dieser Supermodule mussen sich direkt gegenuberliegen, beziehungsweise neben dem gegenuberliegenden Modul positioniert sein. Abbildung 5.3 zeigt ein solches Ereignis. 5.4 Aufbau der Szintillator-Stationen 5.4.1 Die Komponenten eines Szintillationszahlers Szintillatoren - Als Szintillation bezeichnet man das "Aufblitzen" eines Materials, wenn es von einem ionisierenden Teilchen durchquert wird. Dies geschieht beispielsweise dann, wenn ein ionisierendes Teilchen Atome des Materials anregt, die nach kurzer Zeit (Mikro- bis Nanosekunden) die gewonnene Energie wieder in Form von Photonen (also Licht) abstrahlen. Die hier verwendeten Szintilla57 Photomultiplier Lichtleiter Szintillator Abbildung 5.4: Szintillationszahler toren bestehen aus Kunststo, der fur Licht transparent und mit einem fur die Szintillation geeignetem Sto dotiert ist. Die von den durchgehenden Teilchen verursachten Photonen werden mit Lichtdetektoren nachgewiesen. Da nur im Szintillator entstandene Photonen detektiert werden sollen, sind Szintillator und Lichtleiter komplett mit schwarzem Kunststo umwickelt. Lichtleiter - Da die Lichtdetektoren aus baulichen Grunden nicht direkt an die Szintillatoren anschlieen konnen, bedient man sich sogenannter Lichtleiter. Da das Licht moglichst verlustfrei gefuhrt werden soll, achtet man auf eine gleiche Groe von Eintritts-, und Austrittsache. Als Material wird zumeist Plexiglas verwendet, dessen Brechungsindex Totalreexion der geleiteten Photonen verursacht und damit die Verluste minimiert. Photomultiplier - Als Lichtdetektoren werden Photomultiplier (dt. Sekundarelek- tronenvervielfacher) verwendet. Diese dienen zur Umwandlung kleinster Lichtsignale, schon weniger Photonen, in ein elektrisches Signal. Im Prinzip besteht ein Photomultiplier aus drei Teilen, einer photosensitiven Kathode, aus der einfallende Photonen Elektronen "herausschlagen\, einem System von mehreren Dynoden, die zur Verstarkung des Signales dienen und einer Anode, zu der die Elektronen beschleunigt werden und von der das Signal weitergeleitet wird. Zwischen den Dynoden liegen zumeist Spannungen zwischen 100 V und 200 V . Die von Photonen aus der Kathode gelosten Elektronen werden von Dynode zu Dynode beschleunigt, und schlagen durch ihre hoher werdende Energie jeweils mehrere Elektronen aus dem Dynodenmaterial. Das Ergebnis ist eine Elektronenlawine, mit der man Signalverstarkungen um einen Faktor 107 -108 erreichen kann. a Kathode cht Li b Anode Impulse Dynode Zähler Focus a b Abbildung 5.5: Prinzip eines Photomultipliers (aus [Kle00]) Hochspannung 5.4.2 Aufbau der einzelnen Stationen Prinzipiell sind die verschiedenen Szintillatorstationen gleich aufgebaut, sie unterscheiden sich jedoch teilweise durch die Bauart der Szintillatoren und die Anzahl 58 der Stacks. Als Stack wird ein ubereinander angeordnetes Paar von Szintillatoren bezeichnet, welche jeweils an beiden Enden uber einen Lichtleiter von einem Photomultiplier ausgelesen werden (eine Ausnahme bildet Stack 5 von BYPASS C, der aus vier einseitig ausgelesenen Szintillatoren besteht). Die beiden Photomultiplier einer Szintillatorlage sind in Koinzidenz geschaltet und bilden mit dem zweiten Photomultiplier-Paar des Stacks eine Vierfach-Koinzidenz, wie sie Abbildung 5.6 dargestellt ist. Die Szintillatoren werden beidseitig ausgelesen, um von elektronischem Rauschen innerhalb der Photomultiplier produzierte Signale auszuschlieen. Die Anordnung in Stacks wurde gewahlt, um einen gewissen Raumwinkel fur nachzuweisende Teilchen vorzugeben und somit den Photonenuntergrund aus radioaktiven Zerfallen im umliegenden Gestein zu minimieren. Station Stacks Mae [m2] Flache [m2] vert. Szint.-Abstand [cm] Alcove 8 2; 2 0; 4 7; 04 6 Bypass A 8 2; 2 0; 4 5; 28 2 , 14 Bypass B 4 3; 8 0; 44 6; 69 6; 5 Bypass C 4 3; 0 0; 3 5; 10 7,9 1 3; 0 0; 5 15; 5 Trolley 5 3; 0 0; 3 4; 50 7 Tabelle 5.2: Stackgeometrie (aus [Sch99], Abstande aus [Cas00]) 5.4.3 Die Auslese-Elektronik Das Auslesesystem der CosmoALEPH-Stationen ist in Abbildung 5.6 schematisch dargestellt. Die Signale der Photomultiplier werden zunachst zu separaten Diskriminatoreinheiten geleitet, die wahrend der Datennahme nur Pulshohen uber 70 mV weiterverarbeiten. Hierdurch konnen durch elektronisches Rauschen verursachte Zufallskoinzidenzen sowie Ereignisse, die durch Teilchen niederer Energie, zum Beispiel comptongestreute Elektronen, entstehen, unterdruckt werden. Die Diskriminatoreinheit gibt (wie auch die anderen NIM-Module) einen Rechteckpuls mit einer Amplitude von ,0; 8 V und variabler Pulsbreite aus, der an die Koinzidenz des Szintillators geleitet wird, welche wiederum die entsprechende StackKoinzidenz anspricht. Die Stack-Koinzidenzen sind zum einen verbunden mit einer Logic-Unit, die bei einem oder mehreren Stack-Ereignissen ihrerseits ein Signal an die Triggerkarte weiterleitet, zum anderen uber eine Zeitverzogerung (100 ns) mit der Pattern-Unit. Die Delay-Unit wird benotigt, um die Zeitdierenz zum Signalweg uber Logic-Unit und Trigger-Card auszugleichen. Die angesprochene Trigger-Card lost die Pattern-Unit aus, die dann das uber die Delay-Unit angekommene Signal 59 Diskriminatoren & SzintillatorKoinzidenzen & NIM & StackKoinzidenz andere Stacks andere Stacks Logic Unit (³ 1) Delay (100 ns) Trigger Card VME Bus Fast Clock Pattern Unit FIC Ethernet Z AXACA1Z Abbildung 5.6: Auslese-Elektronik der Szintillatorstationen 60 VME mit Stacknummer auf den VME-Bus gibt. Auerdem triggert sie die Fast-Clock, die ihrerseits die entsprechende Zeitinformation auf den VME-Bus schreibt. Zeit- und Stackinformation werden vom ebenfalls getriggerten FIC (Fast Intelligent Controler) gelesen und zu einem Ereignis zusammengefugt. Die gesammelten Daten werden vom FIC uber Ethernet auf den ALEPH-Online-Cluster geschickt. Das fur die Datennahme verantwortliche Programm MISTDAQ wird an anderer Stelle beschrieben. 5.5 Arbeitspunkte und Nachweiswahrscheinlichkeiten 5.5.1 Einstellung der Arbeitspunkte eines neuen Stacks Ziel der Messung war es, der Szintillatorstation BYPASS C einen neuen Stack hinSzintillator I PM 1 Szintillator II PM 2 zuzufugen. Hierzu war es notwendig, die Arbeitspunkte der zugehorigen PhotomulPM 3 Szintillator III PM 4 tiplier uber Variation der Hochspannung Szintillator IV derart festzulegen, da die Nachweiswahr- Abbildung 5.7: Anordnung der Szintilscheinlichkeit fur Myonen bereits hoch ist, latoren in Stack 5 wahrend sich die Nachweiswahrscheinlichkeit fur Photonen noch im Anstieg bendet. Es sollte erwahnt werden, da der Beitrag der comptonstreuenden Photonen bei den hier verwendeten einseitig ausgelesenen Szintillatoren zur Rate gering ist im Vergleich zu den beidseitig ausgelesenen Szintillatoren der anderen CosmoALEPH-Stacks. Dies ist bedingt durch die geringere Wahrscheinlichkeit, da comptonstreuende Photonen von zwei Szintillatoren nachgewiesen werden. Fur den neuen Stack standen vier einseitig ausgelesene Szintillatoren zur Verfugung, von denen jeweils zwei als eine Lage behandelt werden sollten. Entsprechend dem Aufbau in Abbildung 5.7 stellt sich die Stack-Konzidenz dar als (1 ^ 2) ^ (3 ^ 4). Die Szintillatoren haben eine sensitive Flache von jeweils 50 cm 200 cm, und der Abstand zwischen beiden Lagen betragt 15 cm. Um die Ezienz eines Photomultipliers bezuglich des Myon-Nachweises festzustellen, denierten wir mit der Koinzidenz dreier Photomultiplier Myonen. Die Rate der Myonen, verglichen mit der Vierfach-Koinzidenz aller Photomultiplier, lieferte die Ezienz des gerade untersuchten Photomultipliers gema (5.1) = nn4,fach : 3,fach Da die Photomultiplier fur die Ratenmessung ungefahr die gleiche Sensitivitat besitzen sollten, ermittelten wir die jeweilige Betriebsspannung, die einer 61 Photomultiplier-Rate von r = 500 Hz entsprach. Hierzu wurde das Signal des entsprechenden Diskriminator-Moduls direkt auf einen Zahler gegeben, wodurch sich folgende Werte ergaben: PM 1 PM 2 PM 3 PM 4 1940 V 2180 V 1945 V 2020 V Nach dem Angleichen der Raten erfolgte die Schaltung der Photomultiplier in Dreifach- beziehungsweise Vierfach-Koinzidenzen (entsprechend Abbildung 5.8), deren Signale zum Vergleich von zwei Zahlern ausgelesen wurden. Um die Zahlraten und damit die Nachweiswahrscheinlichkeiten in Abhangigkeit der Betriebsspannung aufzunehmen, variierten wir diese zwischen 1000 V und 2000 V . Dabei wahlten wir zunachst Schritte von U = 100 V und untersuchten dann den Bereich um den vermuteten Plateau-Anfang mit U = 50 V in einem Intervall von 150 V . Als Mezeit fur jede Einstellung legten wir 100 s fest. Die Einstellungen der Diskriminator-Schwellen waren zur Zeit der Messung Uthresh = 40 mV und die Zeitfenster an Diskriminator- und Koinzidenzmodulen t = 40 ns. Abbildung 5.9 zeigt die Myon-Nachweiswahrscheinlichkeiten in Abhangigkeit der anliegenden Hochspannung. Das erwartete Verhalten der Ezienz lat sich bei den Photomultipliern 1, 3 und 4 gut wiedererkennen: Nach einem steilen Anstieg geht die Nachweiswahrscheinlichkeit in einen Plateaubereich uber, in dessen Spannungsintervall auch der Arbeitspunkt zu wahlen ist. Da PM 2 erst bei Spannungen ab 2000 V seine grote Sensitivitat erreicht, konnte man angesichts der Baugleichheit einen Fehler vor der Photokathode vermuten, zum Beispiel Reexionen an den Kontakten des optischen Leiters (etwa bei Luftspalten zwischen Szintillator und dem optischen Leiter und daraus resultierender Totalreexion). Denkbar waren auch "Alterungsprozesse" im Photomultiplier selbst, womit eine Oberachenveranderung vor allem der anodennahen Dynoden gemeint ist, die sich auf die Fahigkeit, Elektronen zu PM 1 Diskrim. PM 2 Diskrim. PM 3 Diskrim. PM 4 Diskrim. & Zähler & & Zähler Abbildung 5.8: Aufbau zur Ezienz-Messung von PM 4 62 Effizienz PM 2 Effizienz PM 1 U[ V ] U[ V ] Effizienz PM 4 Effizienz PM 3 U[ V ] U[ V ] Abbildung 5.9: Myon-Nachweiswahrscheinlichkeiten in Abhangigkeit der Spannung emittieren, auswirkt. Dies hatte eine verminderte Verstarkung zur Folge. Ein weiteres Problem das auftreten kann, ist die Diusion von Gas in das Innere der Rohre. Die Fehler der Kennlinien-Graphen ergeben sich aus einer Binomial-Verteilung: v u u () = t (1 , ) ; wobei = nn4,fach : 3,fach n3,fach (5.2) Entsprechend der kurzen Mezeit und der damit niedrigen Rate (11 bis 37 Ereignisse) sind die Fehler zum Teil recht gro, und die gemessenen Ezienzen unterliegen 63 einer gewissen statistischen Streuung. Sie erlauben aber dennoch, den Beginn des Plateaus mit ausreichender Genauigkeit festzulegen. Da die Photomultiplier fur den Nachweis comptonstreuender Photonen moglichst wenig ezient sein sollen und die Photon-Nachweiswahrscheinlichkeiten erst bei hoheren Spannungen als in den Plateaubereich ubergehen, wahlten wir die Arbeitspunkte am Beginn der MyonEzienz-Plateaus, wo sich die Kennlinie der Photon-Ezienz noch im Anstieg bendet (genaueren Aufschlu wurde noch eine Aufnahme der Energiespektren von Myonen und Photonen liefern; siehe hierzu [Scr96]). Anhand der Mepunkte legten wir zunachst folgende Arbeitspunkte fest: PM 1 PM 2 PM 3 PM 4 2150 V 2300 V 1950 V 2000 V Mittlerweile wurde PM 2 auf 2200 V eingestellt, da 2300 V das Spannungslimit bei Dauerbetrieb fur Photomultiplier dieser Bauart ist. Die Spannung von PM 3 wurde auf 2000 V geandert. 5.5.2 Ezienzbestimmung der Stationen Die von den Stationen gemessene Myonrate mu unter anderem auch um die Ezienz der Szintillatorstacks korrigiert werden. Als Ezienz bezeichnet man die Wahrscheinlichkeit, da die Meanordnung ein durchgehendes geladenes Teilchen nachweist. Fur die Messungen der Ezienzen mu die Schaltung der Ausleseelektronik verandert werden (die Schaltung ist in [Sch99] dargestellt). Entweder die obere oder die untere Szintillatorlage wird als Myon-Trigger benutzt, das heit, sie gibt nur im Falle eines Myon-Durchganges ein Signal an die Elektronik weiter. Geschieht dies, so wird registriert, ob die entsprechend andere Lage (die sogenannte Read-Out-Lage) ebenfalls ein Myon "gesehen" hat. Das Verhaltnis der Raten Nreadout=Ntrigger = steht dann fur die Ezienz des untersuchten Szintillators. Da bekannt ist, da die erwartete Myonrate fur die CosmoALEPH-Stationen etwa bei 0; 4 Hz=m2 liegt [Mul96], werden die Trigger-Szintillatoren durch eine Erhohung der Diskriminator-Schwellen auf diese Rate eingestellt. Da die Anzahl der Photonen, die im Szintillator erzeugt werden, von der Energie des durchgehenden Teilchens abhangt und somit ein hoherenergetisches Teilchen einen groeren elektrischen Puls im Photomultiplier verursacht, sollte der Szintillatorzahler nur noch fur Myonen sensitiv sein. Da durch die Anordnung der Trigger- und Read-Out-Szintillatoren nicht alle Myonen, die die Trigger-Lage treen, auch von den entsprechenden Read-Out64 Szintillatoren gesehen werden, benutzt das Ezienzprogramm EFS99 bestimmte Trigger-Bedingungen. Fur die unten aufgefuhrten Ezienzen wurde gefordert, da mindestens ein weiterer Triggerszintillator auer dem uber dem Read-OutSzintillator feuern mute. Eine Ausgabetabelle des Programmes EFS99 ist am Beispiel der unteren Lage des TROLLEYs in folgendem Abschnitt aufgefuhrt. Auerdem sind die Stackezienzen von vier Szintillatorstationen aufgelistet (ALCOVE war zur Zeit der Messungen wegen LEP-Betrieb nicht zuganglich). Die Daten fur die Ezienzbestimmung wurden innerhalb von 14 Tagen im letzten Jahr genommen. t1, t2 und r1, r2 sind die Raten der Trigger- und Read-Out-Szintillatoren, ef1, ef2 und ef die Ezienz als deren Verhaltnis und def der Fehler eff , der sich entsprechend Gleichung 5.2 berechnet. Die Stackezienz ergibt sich aus dem Produkt der Nachweiswahrscheinlichkeiten des oberen (up) und unteren (lo) Szintillators: st = up lo. Der Fehler fur st q enstammt der Fehlerfortpanzung st = (up lo)2 + (lo up)2. EFFICIENCY RUNS JULY/AUGUST 1999 ================================ Loc t1 r1 t2 r2 ef1 ef2 ef def LOWER LAYERS ------------------------------------------------------------ ============ TROLLEY 131 86 177 116 0.657 0.655 0.657 +- 0.042 TROLLEY 78 59 157 120 0.756 0.764 0.764 +- 0.034 TROLLEY 106 78 166 127 0.736 0.765 0.765 +- 0.033 TROLLEY 88 63 165 116 0.716 0.703 0.716 +- 0.048 TROLLEY 115 93 114 93 0.809 0.816 0.816 +- 0.036 Beispiel einer SzintillatorKoinzidenz Loc ef def -------------------------TROLLEY 1 0.549 0.039 TROLLEY 2 0.592 0.031 TROLLEY 3 0.564 0.030 TROLLEY 4 0.580 0.042 TROLLEY 5 0.689 0.038 Stackkoinzidenzen [run ranges: lo(6826-6845) ---------- up(6849-6881)] Loc ef def --------------------------BYPASS A 1 0.365 0.014 BYPASS A 2 0.704 0.013 BYPASS A 3 0.664 0.019 BYPASS A 4 0.678 0.016 BYPASS A 5 0.706 0.012 BYPASS A 6 0.585 0.016 [run ranges: lo(6954-6986) ---------- up(6987-7021)] Loc ef def -------------------------BYPASS B 1 0.751 0.015 BYPASS B 2 0.697 0.013 BYPASS B 3 0.720 0.011 BYPASS B 4 0.753 0.012 [run ranges: lo(6772-6807) ---------- up(6933-6952/6954-7021)] Loc ef def -------------------------BYPASS C 1 O.551 0.017 BYPASS C 2 O.564 0.011 BYPASS C 3 O.522 0.011 BYPASS C 4 O.488 0.018 BYPASS C 5 O.386 0.016 run ranges: lo(6769-6809) ---------- up(6810-6881/6883-6905/6907-6931) 65 5.6 Photonuntergrund N (counts) Bei der Einrichtungen von CosmoALEPH el auf, da die vorher oberirdisch eingestellten Szintillatoren trotz der Abschirmung durch den daruberliegenden Fels eine hohere Rate zeigten. Es stellte sich durch Untersuchungen heraus, da dieser Untergrund hauptsachlich durch Photonen verursacht wird. Die Photonen losen im Szintillatormaterial durch Comptonstreuung Elektronen aus Atomen heraus, die dann als ionisierende Teilchen durch den Szintillator nachgeweisen werden konnen. Ein solches Elektron kann je nach Richtung des Photonimpulses auch den zweiten Szintillator eines Stacks durchqueren und so eine Stackkoinzidenz verursachen. Ebenso kann das auslosende Photon ein weiteres Elektron im zweiten Stack streuen. Die Photonen entstammen radioaktiven Zerfallen von Isotopen im umliegenden Gestein oder im Beton der Tunnelwande. Eine ausfuhrliche Beschreibung dieser Untersuchung ndet sich in [Scr96]. Um diesen Untergrund zu unterdrucken, wurde einerseits die Stack-Anordnung der Szintillatoren gewahlt und andererseits der Arbeitspunkt der Photomultiplier entsprechend angepat (siehe auch Kapitel 5.5.1). Eine zweite Quelle fur Photonen ist die Synchrotronstrahlung, die die im LEPRing beschleunigten Elektronen und Positronen emittieren. Die Stationen BYPASS A, BYPASS B und ALCOVE, die sich in unmittelbarer Nahe des LEPTunnels benden, sind von diesem Untergrund betroen. In Abbildung 5.10 ist dieser Eekt gut erkennbar. Aufgetragen ist die Anzahl der von einer Station gesehenen Ereignisse auf einer Zeitskala, die genau einem Umlauf eines Teilchenpaketes im LEP-Ring entspricht, also etwa 89 s. Unterteilt ist die Skala durch die Zahlintervalle der Fast-Clock 80-MHz-Oszillator, also 12; 5 ns als Zeitintervall). Eigentlich muten acht sogenannte Lepspikes innerhalb der 89 s bei allen Stationen sichtbar sein, BYPASS A und BYt [12,5 ns] PASS B werden jedoch aufgrund ihrer Position nur von Synchrotronstrahlung der Positro- Abbildung 5.10: Lepspikes in den nen bzw. Elektronen getroen. Genaugenommen Zahlraten von BYPASS B werden sie von reektierten Photonen der Strahlung getroen, da der Bypass-Tunnel innerhalb des Ringes liegt. An den betreenden Stationen bendet sich jeweils ein sogenanntes PDM-Modul, mit dem sich diskrete Zeitfenster aus der Datennahme ausblenden lassen, die Station wird also fur den Zeitraum, in dem ein Teilchenbundel sie passiert, "totgeschaltet\. 66 Abbildung 5.11: Die Plots zeigen die Anzahl der Ereignisse pro Fast-Clock-Tick (je 12; 5 ns). Auf dem linken Bild ist einer von vier LEP-Spikes zu sehen, dessen Zeitintervall auf dem rechten Bild ausgeblendet ist. Abbildung 5.11 zeigt das Ausblenden eines betroenen Zeitintervalls. Auf dem linken Bild sieht man einen Lepspike in einer hoheren Auosung bei einem Testlauf. Mit Hilfe der Lepspikes-Routine lat sich das im rechten Bild per Hand eingezeichnete Zeitfenster aus der Datennahme ausblenden. Die Anpassung mu bei jeder A nderung der Strahloptik erfolgen. 5.7 Zeitsynchronisation und Datennahme Um koinzidente Ereignisse zwischen den Stationen beobachten zu konnen, mussen die Zeitinformationen jedes Ereignisses synchronisiert werden. Neben dem Zeitstempel jedes stationseigenen FIC-Moduls gibt es zwei Zeitskalen. Die ,grobe' Zeitskala liefert das BST-Signal (Beam Synchronous Timing). Die Lange dieses Signals entspricht mit circa 88; 9 s der Zeit, die ein Teilchen fur einen LEP-Umlauf benotigt. Eine feinere Skalierung wird durch einen jeder Station eigenen 80-MHz-Oszillator (Fast-Clock) geliefert, der eine Zeitauosung von 12; 5 ns ermoglicht. Die Synchronisation erfolgt zuerst stationsintern und dann global, was prinzipiell folgendermaen funktioniert: Die Zeitskalierung durch BST-Signal und Fast-Clock erfolgt in Zeitintervallen von jeweils 2; 91 Sekunden. Dieses Intervall wird durch das sogenannte BSTR-Signal (BST-Reset) vorgegeben. Bei der internen Synchronisation wird versucht, mit Hilfe der FIC-Zeit das Ereignis einem BST-Reset-Intervall zuzuordnen. In der globalen Synchronisation werden die Dierenzen der Reset-Zyklen zwischen den Stationen berechnet und korrigiert. Dies ist notig, da das BST-Signal (und das BSTR-Signal) 67 unterschiedlich lange Wege zu den verschiedenen Stationen zurucklegen mu. Zudem sind auch Unterschiede der FIC-Zeiten, die zuvor intern auf die Zeit der AlphaWorkstation (CERN-Computer-Zeit) korrigiert worden sind, zu beachten, da mit ihnen die interne Zuordnung zu Reset-Zyklen erfolgt. Schlielich besteht eine Zeitinformation aus einem Resetzyklus, einer bestimmten Zahl BST-Signale und einer Anzahl von Fast-Clock-Ticks. Die Datennahme erfolgt uber das Programm MISTDAQ fur die Szintillatorstationen und PARASITE fur das HCAL. Der FIC einer jeden Station sendet Pakete von jeweils funf Ereignissen zum ALEPH-Online-Cluster, auf dem eine bestimmte Summe von Ereignissen aller Stationen zu einem sogenannten Run zusammengefat und in einer Datei abgespeichert werden. Details zur Datennahme und den beteiligten Komponenten und Programmen ndet man zum Beispiel in [Sch99]. 5.8 Datenanalyse Zur Suche nach koinzidenten Myonen werden die Zeitdierenzen zwischen den Ereignissen betrachtet. Da die Myonen, die einem Schauer zugehorig sind, mit nicht mehr als einigen Mikrosekunden Verzogerung auf die Stationen auftreen, wurde fur koinzidente Ereignisse ein Zeitfenster von 2 s festgelegt. Abbildung 5.12 zeigt die Anzahl der Koinzidenzen aufgetragen gegen die Zeitdierenz in Mikrosekunden zwischen neun der funfzehn moglichen Stationspaaren. Die Daten wurden im Laufe dieses Jahres in einer Oenzeit von ungefahr 151 Tagen (13022393 s) genommen. Das Stationspaar TROLLEY-ALCOVE ist als Beispiel fur ein Koinzidenzsignal aufgefuhrt, da sich nicht vom Untergrund trennen lat. Der Untergrund der sogenannten t-Plots wird ublicherweise bestimmt, in dem uber die Zahl der Ereignisse in der Region t = 10 s bis t = 80 s gemittelt wird. Der so ermittelte Untergrund mu dann vom eigentlichen Signal (Ereignisse in der Region 2 s) abgezogen werden. Die so gewonnenen Daten liefern die Zahl der Koinzidenzereignisse uber die diskreten Entfernungen, die von den festen Abstanden der Stationen zueinander vorgegeben sind (siehe Tabelle 5.1). In Abbildung 5.13 sind die Koinzidenzen der Stationen uber den Entfernungen aufgetragen. Die Kurve ist ein vorlauger Monte-Carlo-Fit1 . Die Daten, die vom November 1995 bis April 1999 genommen wurden, sind korrigiert auf die Ezienzen der beteiligten Stationen, die geometrischen Akzeptanzen (da die Stackanordnung nur die Betrachtung eines gewissen Raumwinkels ermoglicht) und den jeweiligen Myonu, da die Stationen unter verschieden dicken Felsschichten liegen. Um eine Aussage treen zu konnen, ob die gemessenen Koinzidenzraten vertraglich 1 Monte-Carlo ist die allgemeine Bezeichnung fur ein Simulationsprogramm 68 400 4000 200 2000 0 500 −50 0 ByC − TRO 50 0 ∆ t [µs] −50 0 ByC − ByA 50 0 ∆ t [µs] −50 0 ByC − HCAL ∆ t [µs] 50 −50 0 TRO − ByA ∆ t [µs] −50 0 TRO − ALC ∆ t [µs] 200 400 200 100 200 0 −50 0 ByA − HCAL 50 ∆ t [µs] 40000 −50 0 50 HCAL − ByB ∆ t [µs] 0 50 50 50 −50 0 50 TRO − HCAL ∆ t [µs] 0 100 100 20000 0 0 −50 0 TRO − ByB 50 ∆ t [µs] 0 50 Abbildung 5.12: Verteilungen fur Ankunftszeitdierenzen von Myonen fur einige Stationpaare (die Binbreite betragt 1 s) sind mit den erwarteten Eigenschaften ausgedehnter Luftschauer, wurden die Daten verglichen mit Simulationen von proton- und eiseninduzierten Luftschauern. Zu diesem Zweck wurde das SAM-Monte-Carlo2 entwickelt, das die von CORSIKA (COsmic Rar SImulations for KAscade) vorausgesagten Eigenschaften der Myonkomponente ausgedehnter Luftschauer fur CosmoALEPH parametrisiert. Das Ergebnis der SAM-Simulationen fur proton- und eiseninduzierte Schauer ist in Abbildung 5.14 zu sehen und als sehr vorlaug zu verstehen. Da die Koinzidenzrate in Abangigkeit der Entfernung gleichbedeutend ist mit der Rate bestimmter Schauerbreiten, lat sich Aufschlu gewinnen uber die chemische Komposition der Primarstrahlung. CosmoALEPH weist SAM-Simulationen zufolge um den Knie-Bereich ( 5 1015 eV ) 2 Simulation of Atmospheric Muons, von A.-S. Muller und M. Schmelling 69 coinc./m /day 4 CosmoALEPH 10 Preliminary 1 10 10 10 -1 combined limits SAM Data 1998/1999 Data 1997/1998 Data 1995 -2 -3 0 200 400 600 800 1000 1200 distance / m CosmoALEPH 4 coinc./m /day Abbildung 5.13: Normierte Koinzidenzraten zwischen normierten eektiven Flachen in Abhangigkeit der Entfernung [Cos00] 10 Preliminary 1 10 10 10 -1 -2 -3 0 SAM - total SAM - Fe SAM - p Data 100 200 300 400 500 distance / m Abbildung 5.14: Vergleich gemessener Koinzidenzraten mit vorlaugen SAMBerechnungen fur proton- und eiseninduzierte Schauer [Cos00] 70 des Primarenergiespektrums die hochsten Konzidenzraten nach. Durch einen Fit an die Daten lat sich eine vorlauge Aussage treen uber den Protonanteil an der Primarstrahlung in diesem Energiebereich: (68+18 ,26 )% [Cos00]. 5.9 Zusammenfassung Einige kleinere Messungen, beispielsweise der Abhangigkeit der Ezienz von der mittleren Myonrate und von den Signalbreiten, die an den NIM-Modulen gewahlt wurden, sind mangels signikanter Resultate nicht in diese Arbeit aufgenommen worden. Da die Ezienz der Szintillatoren eines Stacks und seine geometrische Akzeptanz auch durch Triggerbedingungen bei der Messung nur schwer voneinander zu trennen sind, gibt es zur Zeit U berlegungen, durch den Vergleich der mittleren gemessenen Myonraten der Stationen eine relative Ezienz der Stationen zu bestimmen. Die ergibt dann, normiert auf die bekannte Myonrate einer Station, eine Ezienz, die die Szintillatorezienzen, die geometrischen Akzeptanzen und den jeweiligen Energie-Cuto durch den daruberliegenden Fels beinhaltet. Da auch protoninduzierte Schauer Koinzidenzen uber 500 m horizontaler Entfernung verursachen, ware es wunschenswert, die Stationskombinationen, die den ALCOVE beinhalten, miteinzubeziehen, da hier Distanzen bis zu 1180 m betrachtet werden konnen. Problematisch ist jedoch die niedrige Rate ausgedehnter Schauer, die genau die Detektoranordnung treen. Vielversprechend ist die Zusammenarbeit mit L3C, die es ermoglichen sollte, uber eine Distanz von 8 km unabhangige Luftschauer zu untersuchen. Eine Sychronisation der Ereignisse sollte hierbei uber die GPS-Zeit erfolgen. 71 Kapitel 6 Schlubemerkung Die vorliegende Arbeit kann kein vollstandiges Bild der Teilchenphysik und der Physik der kosmischen Strahlung vermitteln, sondern soll einen U berblick uber diese Bereiche verschaen und Moglichkeiten aufzeigen, die Teilchenphysik in der Schule plastisch darzustellen. Vor diesem Hintergrund wurden auch die behandelten Themen ausgewahlt. Die Einfuhrung in die historischen Grundlagen beinhaltet die Entdeckungen, die fur die Entwicklung des Standardmodells und die Beschreibung der kosmischen Strahlung im Folgenden notwendig sind. Die physikalischen Grundlagen, die sich nicht nur auf das gleichnamige Kapitel beschranken, entsprechen grotenteils dem, was laut Lehrplan zu dieser Materie in der Schule vermittelt werden soll. Die Behandlung der kosmischen Strahlung umfat nur die Phanomene und Eekte, die eine luckenlose Beschreibung der Entstehung und Ausbreitung kosmischer Strahlung ermoglichen. So wurde beispielsweise auf eine Erwahnung des gegenwartig diskutierten sogenannten Top-Down-Modells verzichtet, das als Quelle hochstenergetischer kosmischer Teilchen den Zerfall von "superschweren" bislang unbekannten Teilchen annimmt. Dafur habe ich mich an einigen Stellen fur eine ausfuhrlichere Betrachtung entschieden, da sich dort Verknupfungen zu anderen Themen anbieten. Beispiele hierfur sind der Exkurs uber Sternentwicklung, der die Moglichkeit einer Behandlung des Themenblocks Astrophysik mit Aspekten der Chemie zeigen soll, oder der Greisen-Z.-K.-Cuto, dessen Verstandnis mit astronomischen und kosmologischen U berlegungen verbunden ist. Generell bieten sich hochenergetische und damit relativistische Teilchen dafur an, die relativistische Mechanik einzufuhren und dem Schuler eine Vorstellung zu verschaen, in welchen Fallen die klassische Mechanik eine sehr gute Naherung liefert und wo relativistische Betrachtungen notwendig sind. Das CosmoALEPH-Experiment, das fur mich den Ausgangspunkt fur U berlegungen lieferte, warum und wie kosmische Strahlung in der Schule behandelt werden soll72 te, kann sicher nicht in allen seinen Details Gegenstand des Unterrichts sein. Eine Darstellung des Prinzips der Untersuchung kosmischer Strahlung konnte sich jedoch als sehr hilfreich fur das Verstandnis der Herangehensweise und der Problematiken moderner Wissenschaft erweisen. Abschlieend sei noch einmal erwahnt, da die kosmische Strahlung auch Brucken schlagt zu Gebieten, die auerhalb der klassischen Physik liegen. Das Thema Strahlenbelastung erfordert gewi auch die Erwahnung einer naturlichen Radioaktivitat, der wir in Form der kosmischen Strahlung permanent ausgesetzt sind. Erwogen werden konnte auch die Moglichkeit, da ein kontinuierlicher Beschu mit geladenen Teilchen eventuell das Erbmaterial verandern und somit auch einen Beitrag zur Evolution liefern konnte. Die Untersuchung der Myonkomponente zeigt Abhangigkeiten von atmospharischen Bedingungen, da in Regionen hohen atmospharischen Drucks auch eine hohere Teilchendichte vorliegt. Da Myonen durch Wechselwirkung in solchen Regionen einen im Mittel hoheren Energieverlust erfahren, zeigt sich in einem verminderten Flu an der Erdoberache. Auch in anderen Wissenschaftsdiziplinen kann man sich diese "naturliche" Teilchenquelle zunutze machen. Ein schones Beispiel sind Untersuchungen, die Ende der 60er Jahre in der Chephren-Pyramide in A gypten vorgenommen wurden. Man vermutete neben der Belzoni-Kammer, die in der Mitte der Pyramidengrundache liegt, noch weitere Kammern im Pyramidenvolumen (wie bei der benachbarten Cheopspyramide). Myonen sind in der Lage, das Pyramidenmaterial zu durchdringen, und die Schwachung der Intensitat des Myonusses hangt direkt ab von der Dicke des Materials, da die Myonen durchqueren. Man plazierte in der zentralen Kammer einen Myondetektor und suchte nun nach hoheren Intensitaten bei gleichen Zenitund verschiedenen Azimutwinkeln. Die hohere Intensitat ware ein Hinweis auf einen Hohlraum und damit auf eine weitere Kammer gewesen. Man stellte jedoch keine signikanten Intensitatsdierenzen fest und schlo daraus, da keine weiteren Kammern in der Pyramide existieren [Alv70]. Diese Handreichung ist letztendlich gedacht als theoretischer Hintergrund und Ideenvorlage fur eine Unterrichtsreihe zum Thema kosmischer Strahlung. Das heit, eine Erganzung durch Medien verschiedener Art, Exkursionen zu Experimenten oder Sternwarten und Versuche fur den Unterricht (wie der in der Einleitung erwahnte) sind fur eine schulergerechte Aufarbeitung erforderlich. 73 Literaturverzeichnis [Aha96] F. Aharonian, H.J. Volk, Workshop on TeV Gamma-ray Astrophysics, Heidelberg (1994), Proceedings, Kluwer, 1996 [All84] O.C. Allkofer, P.K.F. Grieder, Cosmic Rays on Earth, Physik-Daten 251, FIZ Karlsruhe, 1984 [Alv70] L. Alvarez et al., Science 167 (1970) 832 [And33] C.D. Anderson, The positive electron, Phys. Rev. 43 (1933) 491 [Ber00] X. 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Kuzmin, Upper Limit of the spectrum of cosmic rays, in: Soviet Physics JETP Lett. 4 (1966) 78 76 Danksagung Danken mochte ich Herrn Prof. Dr. H.-G. Sander fur die Betreuung meiner Arbeit, die vielen Denkanstoe und Vorschlage, sowie seine Bereitschaft, sich alle Fragen anzuhoren und zu beantworten. Herrn Dr. Gunter Quast danke ich fur die Idee, eine Staatsexamensarbeit bei CosmoALEPH zu schreiben, und seinen oftmals erschlagenden Ideenreichtum. All den Mitgliedern der ETAP-Gruppe sei gedankt, die immer bereit waren, zu helfen und dabei einiges an Geduld bewiesen. Insbesondere bedanken mochte ich mich bei den folgenden Mitgliedern von (Cosmo-)ALEPH: Tom war unverzichtbar bei allen moglichen Fragen und Problemen, die Physik und Computer so aufzubieten haben. Vor allem gab es aber eine Menge zu reden und zu lachen (o.k., manchmal hysterisch, aber immer notig) - Viel Spa in Australien! Sascha war bei meinen CERN-Aufenthalten eine groe Stutze und Hilfe bei allen Problemen, die meine eher rudimentaren Software- und Franzosischkenntnisse mit sich bringen. Bei Anke mochte ich mich fur die Einfuhrung in CosmoALEPH bedanken und ihre stete Bereitschaft auch auf nicht immer geistreiche Fragen einzugehen. Michael sei gedankt fur zahlreiche Tips, interessante physikalische Ausuge und eine lustige Atmosphare im Zimmer. Horst Wachsmuth verdient ebenfalls Dank fur einige wertvolle Hinweise. Die inoziellen CosmoALEPH-Flying-Circus-Meetings mit Roland und Martin haben so manchen Tag vor dem Rechner ertraglich gemacht und fast alle Fragen, die das Universum und Kaeemaschinen stellen konnen, beantwortet. Ohne die Korrekturen und Ideen von folgenden Leuten ware diese Arbeit ziemlich peinlich ausgefallen: Tom, Sascha, Herr Sander, Gunter, Schwesterherz und Schwager (Danke fur alles mogliche!), Rudi (& Nina) und Heike*. Die freitaglichen Proben mit FUMP haben mich davor bewahrt, (ernsthafte) bleibende Schaden an der geistigen Gesundheit zu nehmen - eines Tages wird man erkennen, da es doch Musik ist. Meinen Eltern will ich dafur danken, da sie mir dieses Studium ermoglicht und alles mogliche ertragen haben. Da ich sowieso nicht alles auisten kann, will ich mich pauschal bei allen bedanken, die auch dann, wenn ich nur wirres Zeug von mir geben konnte, zu mir gehalten und interessiert genickt haben. Erklarung Hiermit versichere ich, die vorliegende Arbeit selbstandig verfat und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben. Mainz, Oktober 2000 (Heiko Besier)