6.9. Sicherungspfändung und Zwangsvollstreckung: oder wie man die Hand auf etwas legen kann Sie haben sicher schon einmal mit einem Kunden oder Schuldner zu tun gehabt, der es vorzieht, seine Schulden nicht zu bezahlen und stattdessen das Geld, das er Ihnen schuldet, für sich auf seinem Konto zu behalten. Diese Vorgehensweise hat zwei bedeutende Folgen: Einerseits werden die vorgeschalteten Unternehmen dadurch ärmer und das Wirtschaftssystem langsamer, andererseits werden Sie zur Bank Ihres Kunden, müssen aber die Zinsen zahlen, da Ihr Kassenbestand niedriger als üblich ist. Es gibt jedoch wirksame und häufig unbekannte Maßnahmen, die dem Gläubiger die Eintreibung seiner Außenstände erlauben. Dazu gehört auch die Pfändung. Bevor eine Pfändung vorgenommen wird, müssen zwei Bedingungen unbedingt erfüllt sein: Es muss ein juristischer oder privatschriftlicher Titel vorliegen und die Forderung muss sicher und liquide sein. Man unterscheidet zwei Arten von Pfändungen: ° die Sicherungspfändung, ° die Zwangsvollstreckung. Mit der Pfändung in der dritten Hand bezeichnet man eine Pfändung, die bei einem Drittschuldner durchgeführt wird. ALLGEMEINE MERKMALE DER SICHERUNGSPFÄNDUNG Durch die Sicherungspfändung wird das Vermögen eines Unternehmens ganz oder teilweise unverfügbar gemacht und damit vor einer möglichen Entziehung durch das Unternehmen geschützt. Der gepfändete Gegenstand bleibt Eigentum des Unternehmens, das den Nutzen daran behält und weiterhin den Gewinn daraus beziehen kann. Durch die Sicherungspfändung wird kein Vorrecht für den Gläubiger begründet und sie ist keine vorgeschriebene Etappe im Vorfeld des Zwangsvollstreckungsverfahrens. ALLGEMEINE MERKMALE DER ZWANGSVOLLSTRECKUNG Die Zwangsvollstreckung ist das Verfahren, mit dem ein Gläubiger, der im Besitz eines vollstreckbaren Urteils ist, mithilfe des Zwangsverkaufs der gepfändeten Vermögenswerte (bewegliche und unbewegliche Vermögensgegenstände) die tatsächliche Bezahlung seiner Forderung gegen einen Schuldner betreibt. Ziel ist selbstverständlich, den Preis der notleidenden Forderung zu erhalten. Anders als bei der Sicherungspfändung werden auch die Gewinne aus der gepfändeten Sache der Zwangsvollstreckung unterworfen. Für den Fall, dass der gepfändete Schuldner nach Erhalt der Zahlungsaufforderung (Zahlungsanordnung nach Urteil) nicht zahlt, wird der Zwangsverkauf eingeleitet. Dazu greift man auf den öffentlichen Verkauf zurück, der von einem Gerichtsvollzieher oder einem Notar durchgeführt wird. Auch ein gütlicher Verkauf durch den gepfändeten Schuldner ist möglich, in der Praxis wird aber von dieser Möglichkeit nur sehr selten Gebrauch gemacht. SICHERHEITSLEISTUNG Mit der Hinterlegung einer Sicherheitsleistung entweder bei der Caisse de Depot et Consignation oder beim Sequester kann der Schuldner die gepfändeten Vermögenswerte freisetzen oder einer Pfändung widersprechen. Die Sicherheitsleistung muss dem Betrag entsprechend, der zur Deckung der Hauptverbindlichkeit, zuzüglich Zinsen und Kosten, ausreichend ist. IHK-Infos 11-12/2012 Seite 31 INFORMATIONSPFLICHT, BILANZRECHT UND GESELLSCHAFTSGESETZ Der Jahresabschluss muss ein getreues Abbild vom Vermögen des Unternehmens geben. Nach dem Bilanzrecht und dem königlichen Ausführungserlass des Gesellschaftsgesetzes müssen in der Unternehmensbilanz sämtliche Aktiva und Passiva angegebenen werden. In der Anlange werden u.a. die Rechte und Pflichten erwähnt, die nicht in der Bilanz aufgeführt sind und sich erheblich auf das Vermögen, die Finanzlage oder das Geschäftsergebnis des Unternehmens auswirken können. Gestützt auf das Prinzip der Vorsicht empfiehlt die für die Bilanzierungsvorschriften zuständige Commission des Normes Comptables, die Sicherungspfändung in der Anlage des Jahresabschlusses aufzuführen, weil sie ihrer Meinung nach einen großen Einfluss auf das Vermögen des Unternehmens hat. Diese Empfehlung gilt auch, wenn für den Gegenstand oder den Grund der Pfändung Sicherheit geleistet wird. Alle vorstehenden Ausführungen gelten für die Zwangsvollstreckung bis zum Augenblick des Zwangsverkaufs. Beim Verkauf wird der außerordentliche Mehr- oder Minderwert der Vermögensveräußerung freigesetzt. Die Kosten des Zwangsverkaufs fließen ebenfalls als außergewöhnliche Kosten in die Buchführung des Schuldners ein. Nach Bezahlung des Gläubigers wird der Restbetrag abzüglich der Kosten dem Konto "Kreditinstitut" gutgeschrieben und die Forderung dem Verkauf und der Lieferantenverbindlichkeit belastet. BDO RUNDSCHREIBEN Nr. 3/2012 PHILlPPE DOTHEE [email protected] BDO Accountants FAZIT Das Zivilgesetz, das Hypothekengesetz und das Gerichtsgesetz bieten uns die Möglichkeit, auf wirksame und häufig selten genutzte Weise unbezahlte Forderungen einzutreiben. Diese Mittel sind in .der Praxis häufig kostengünstiger, vor allem im Hinblick auf die Sicherungspfändung, aber die Folgen für die Forderung sind äußerst wichtig. In der Tat lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Möglichkeit, erneut Geschäfte zu machen oder Dienstleistungen zu erbringen, mit der Pfändung endgültig aussichtslos geworden ist. Es ist daher nicht unerheblich, ebenfalls die geschäftlichen Konsequenzen dieser Maßnahme zu bedenken. IHK-Infos 11-12/2012 Seite 32