Neuronale Stammzellen zerstören Hirntumoren - Online

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Neuronale Stammzellen zerstören Hirntumoren
Stammzellen des Gehirns bekämpfen
in jungen Jahren Hirntumore wie
zum Beispiel Glioblastome, die zu
den häufigsten und bösartigsten
Tumoren gehören. Jetzt haben
Forscherinnen und Forscher vom
Max-Delbrück-Centrum für
Molekulare Medizin (MDC) Berlin
und der Charité Universitätsmedizin Berlin einen
neuen Mechanismus entschlüsselt,
mit dem Stammzellen das junge
Gehirn vor diesen Tumoren
schützen. Danach setzen die
Stammzellen Substanzen frei, die
bei den Tumorzellen einen
Ionenkanal aktivieren, der
eigentlich als Geschmacksrezeptor
für Chilipfeffer bekannt ist.
Diese Aktivierung löst bei der
Tumorzelle Stress und damit ihren
Zelltod aus (Nature Medicine, http://dx.doi.org/10.1038/nm.2827)*.
Glioblastome können trotz Operation, Strahlen- oder Chemotherapie oder
einer Kombination dieser drei Behandlungsmaßnahmen, nicht geheilt
werden. Vor einigen Jahren hatte die Forschergruppe von Prof. Helmut
Kettenmann vom MDC gezeigt, dass neuronale Stammzellen zu
Glioblastomen wandern und sie angreifen. Die neuronalen Stammzellen
schütten ein Protein aus (BMP- Protein - bone morphogenetic protein),
das direkt die Tumorstammzellen angreift. Tumorstammzellen sind nach
heutigen Erkenntnissen der Forschung die eigentliche Ursache dafür,
dass ein Tumor immer wieder ausbricht.
Jetzt haben Kristin Stock, Jitender Kumar, Prof. Kettenmann (alle
MDC), Dr. Michael Synowitz (MDC und Charité), Prof. Rainer Glaß
(bisher MDC, jetzt Universität München) sowie Prof. Vincenzo Di Marzo
(Istituto di Chimica Biomolecolare Pozzuoli, Neapel, Italien), einen
neuen Wirkmechanismus der neuronalen Stammzellen bei Astrozytomen
entdeckt. Astrozytome sind ebenfalls Hirntumore, die wie die
Glioblastome zu den Gliomen zählen. Gliome treten überwiegend in
höheren Alter auf und sind meist tödlich.
© 2012 - Detlef Höwing als Projekt der Selbsthilfe Harnblasenkrebs
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Wie die MDC-Forscher zeigen konnten, wandern die neuronalen
Stammzellen auch zu den Astrozytomen. Dort schütten sie aber keine
Proteine, sondern Fettsäuresubstanzen (Fettsäure-Ethanolamide) aus,
die für die Krebszellen schädlich sind. Allerdings benötigen die
Fettsäuresubstanzen, um ihre tödliche Wirkung entfalten zu können, die
Hilfe eines Ionenkanals. Er wird in der Fachsprache als TRPV1-Kanal
(engl. Abkürzung für: transient receptor potential vanilloid Type 1),
oder auch Vanilloid-Rezeptor 1 bezeichnet. Er ist in der Forschung
kein Unbekannter. Er ist beteiligt an der Weiterleitung von
Schmerzreizen und besitzt unter anderem eine Bindestelle für
Capsaicin, dem scharfen Reizstoff von Chilischoten. Es gibt bereits
klinische Studien, in denen dieser Ionenkanal unempfindlich gemacht
oder blockiert wird, um neue Schmerztherapien zu entwickeln.
MDC-Forscher beschreiben neue Rolle von Ionenkanal Anders jedoch als
bei der Schmerzbekämpfung muss dieser Ionenkanal, der auf der
Oberfläche der Glioblastomzellen sitzt und dort sehr viel zahlreicher
ist als auf gesunden Gliazellen, aktiviert sein, um den Zelltod von
Gliomen auslösen zu können. Der aktivierte Ionenkanal löst
Stress-induzierten Zelltod bei den Tumorzellen aus. Ist TRPV1 dagegen
heruntergeschaltet oder blockiert, werden die Gliomzellen nicht
abgetötet. Die MDC-Forscherin und die MDC-Forscher sind damit die
ersten, die neuronale Stammzellen als Quelle für krebsabtötende
Fettsäuren identifiziert und die Rolle des TRPV1-Ionenkanals bei der
Bekämpfung von Gliomen nachgewiesen haben.
Allerdings nimmt die Aktivität der Stammzellen im Gehirn und somit der
körpereigene Schutzmechanismus gegen Gliome mit zunehmendem Alter ab.
Das könnte erklären, weshalb diese Tumore beim Menschen erst in
höheren Lebensjahren auftreten, nicht aber bei Kindern und
Jugendlichen. Wie kann der natürliche Schutz neuronaler Stammzellen
auch für ältere Gehirne nutzbar gemacht werden? Die Gabe von
neuronalen Stammzellen ist nach Auffassung der Forscher keine Lösung.
So segensreich sie in jungen Jahren offenbar sind, so können sie im
Alter gerade das Gegenteil bewirken und Hirntumore auslösen.
Eine Möglichkeit der Behandlung wäre, die TRPV1-Kanäle durch
Medikamente zu aktivieren. Bei Mäusen konnte die Gruppe zeigen, dass
ein synthetischer Stoff (Arvanil), der dem Capsaicin ähnelt, das
Tumorwachstum reduziert. Diese Substanz ist jedoch nicht als
Medikament zugelassen, da sie für den Menschen zu starke
Nebenwirkungen hat. Sie wird nur in der Grundlangenforschung an Mäusen
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eingesetzt, die den Stoff gut vertragen. „Prinzipiell“, so die
Forscher, „zeigt aber dieser Ansatz Möglichkeiten auf, neue
Medikamente zu entwickeln.“
*Neural precursor cells induce cell-death of high-grade astrocytomas
via stimulation of TRPV1
Kristin Stock1*; Jitender Kumar1*; Michael Synowitz1,2*; Stefania
Petrosino3; Roberta Imperatore4; Ewan St. J. Smith5,6; Peter Wend7;
Bettina Purfürst8; Ulrike A. Nuber9; Ulf Gurok10; Vitali Matyash1;
Joo-Hee Wälzlein1; Sridhar R.Chirasani1; Gunnar Dittmar11; Benjamin F.
Cravatt12, Stefan Momma13, Gary R. Lewin5, Alessia Ligresti3; Luciano
De Petrocellis4; Luigia Cristino4; Vincenzo Di Marzo3; Helmut
Kettenmann1*; Rainer Glass14*
*These authors contributed equally.
1 Cellular Neuroscience, 5 Molecular Physiology of Somatic Sensation,
7 Signal Transduction, Epithelial Differentiation, Invasion and
Metastasis,
8 Central Facility for Electron Microscopy, 11 Central Facility for
Mass Spectrometry; at the Max Delbrück Centre for Molecular Medicine
(MDC), 13125 Berlin, Germany.
2 Department of Neurosurgery, Charité-Universitätsmedizin Berlin,
13353 Berlin, Germany.
3 Endocannabinoid Research Group, Institute of Biomolecular Chemistry,
Consiglio Nazionale delle Ricerche, 80078 Pozzuoli (NA), Italy.
4 Endocannabinoid Research Group Institute of Cybernetics, Consiglio
Nazionale delle Ricerche, 80078 Pozzuoli (NA), Italy.
6 Skirball Institute of Biomolecular Medicine, New York University
Langone Medical Center, New York NY 10016
9 Lund Center for Stem Cell Biology and Cell Therapy, Lund University,
SE-221 00 Lund, Sweden.
10 Max Planck Institute for Molecular Genetics, 14195 Berlin, Germany.
12 The Scripps Research Institute, SR107, 10550 North Torrey Pines
Road, La Jolla, CA 92037
13 Restorative Neurology, Institute of Neurology (Edinger-Institute),
Johann Wolfgang Goethe-University Frankfurt, 60528 Frankfurt am Main,
Germany
14 Neurosurgical Research, Department of Neurosurgery, University of
Munich, 81377 Munich, Germany
Kontakt:
Barbara Bachtler
Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch in der
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Helmholtz-Gemeinschaft
Robert-Rössle-Straße 10
13125 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 94 06 - 38 96
Fax: +49 (0) 30 94 06 - 38 33
e-mail: [email protected]
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