Charakterisierung von Kataklasezonen durch ihre - LIAG

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Charakterisierung von Kataklasezonen durch ihre petrophysikalischen
und geochemischen Eigenschaften mit multivariater Statistik
Helmuth Winter 1, Helmut Küchenhoff 2, Susanna Adelhardt 2 und Heinrich Soffel 1,1 Institut für Allgemeine und
Angewandte Geophysik, Ludwig-Maximilians-Universität München, Theresienstr. 41, D - 80333 München, email: [email protected] , 2 Institut für Statistik, Ludwig-Maximilians-Universität München,
Akademiestr.1, D - 80799 München, e-mail: [email protected]
Einführung
Kataklase- und Störungszonen besitzen als tektonische Deformationsbahnen eine herausragende
felsmechanische Bedeutung. Spezielle Mineralisationen können deutliche Veränderungen der
chemischen und physikalischen Eigenschaften bewirken. Aufgrund der verringerten Festigkeit des
Materials ist es oft schwierig, gut erhaltene Bohrkerne zur direkten Untersuchung aus solchen
Bereichen zu erhalten. Neben den Bohrlochmessungen steht als Untersuchungsmaterial meist nur
Bohrklein zur Verfügung.
An dem sehr dicht beprobten Bohrkleindatensatz der KTB Hauptbohrung wurde mit multivariaten
statistischen Verfahren versucht, die charakteristischen Eigenschaften von Kataklasezonen im
Vergleich zu ungestörten Bereichen herauszufinden. Die Daten wie Dichte, Suszeptibilität, Gehalt an
radiogenen Elementen, Ergebnisse von Röntgenanalysen (RDA und RFA), Infrarotspektroskopie
(IRS) und mikroskopischen Beobachtungen wurden zu einem einheitlichen, tiefenorientierten
Datensatz zusammengestellt. Diese Bohrklein-Datenmatrix umfaßt auf den 9101 m Tiefenstrecke
5922 Fälle und 68 Variable.
Aus Arbeiten an Bohrkernen der KTB Vorbohrung ist bekannt, daß charakteristische Veränderungen in Kataklasezonen besonders von der umgebenden Lithologie beeinflußt sind (Zulauf et al.,
1999). Für die statistische Bearbeitung der Bohrkleindaten wurden daher zwei Kataklasezonen
ausgesucht, die innerhalb einer einheitlichen Gesteinsart gelegen sind: Eine Kataklasezone in Gneis
(1738 - 2380 m, Abbildung 1) sowie eine Kataklasezone in Metabasit (4524 - 4908 m, Abbildung
2).
Rechenverfahren
Zur Erklärung von möglichen Zusammenhängen zwischen dem Kataklaseanteil im Bohrklein (CATR)
und den geochemischen und petrophysikalischen Eigenschaften wurde die multiple lineare Regression
angewendet. Es gilt folgende Modellgleichung:
Yi = β 0 + β 1 X1i + β 2 X2i + ... + β k Xki + ε i
wobei
Yi
β0
β 1 ... β k
X1i ... Xki
εi
die Zielvariable (CATR) am Tiefenpunkt i = 1 ... n,
eine berechnete Konstante,
die berechneten Koeffizienten für die
erklärenden Variablen (geochemische und petrophysikalische Daten) und
die unerklärten Anteile (Residuen) sind.
Bei der Regression wird ein optimales Modell gesucht, das möglichst viel Varianz der Zielvariable mit
möglichst kleinen Residuen ε i bei optimaler Auswahl von Xk Variablen erklärt. Für die Erklärung
der Varianz der Zielvariablen dient das Bestimmtheitsmaß R² , das als der Quotient von Streuung
der Modelldaten durch die Gesamtstreuung der Daten definiert ist (Fahrmeir et al., 1996). Für die
Rechnungen wurde das Statistikprogramm SPSS verwendet.
40
KTB Hauptbohrung 1738-2380 m Cataclastic rocks and selected explaining variables
H2O Quartz Al2O3 Na2O
Catacl.
Sus. Th.Cond. Carbon Sulfur
rocks [%] [103 SI] [W*K- 1*m- 1] [wt.-%] [wt.-%] [wt.-%] [wt.-%] [wt.-%] [wt.-%]
0
50 100
3
4
0 1 23 4 5
30 40 50 60
2
3
MgO
[wt.-%]
4
Cr
[ppm]
50 100 150
1700
1800
Depth [m]
1900
2000
2100
2200
2300
2400
0
1
2
0 0.5 1
1
2
3
15
20
1 2 3 4 5
Abbildung 1: Anteil kataklastischer Gesteine im Bohrklein sowie ausgesuchte petrophysikalische und
geochemische Variable für eine Kataklasezone im Gneis (1738-2380 m).
Tabelle 1: Ergebnis der multiplen linearen Regression für die Kataklasezone im Gneis (1738 - 2380 m).
Zielvariable: LN_CATR. Erklärende Variable in der Modellgleichung: C, H2O, S, Th, ThC,
Konstante. Die damit erklärte Varianz gegenüber der Gesamtvarianz (Bestimmtheitsmaß R² )
beträgt: 0.591.
Variable
(Constant)
H2O
C
S
Th
ThC
Unstandardized
Coefficients B
-5.052
1.749
1.746
.437
-.166
1.089
Std. Error
.944
.246
.506
.147
.063
.255
Standardized
Coefficients Beta
.376
.269
.233
-.121
.149
t
Sig.
-5.351
7.122
3.453
2.965
-2.622
4.275
.000
.000
.001
.003
.009
.000
50
Predicted
ln (CATR[%]+1) ln (CATR[%]+1)
012345
Depth [m]
1700
012345
Residuals
-2 -1 0 1 2
1700
1800
1800
1900
1900
2000
2000
2100
2100
2200
2200
2300
2300
2400
2400
Standardized Predicted Values
Observed
Frequency
Abbildung 2: Ergebnis der multiplen linearen Regression (Kataklasezone im Gneis, 1738 - 2380 m). Links:
Beobachtete und vorhergesagte Werte für ln (CATR [%] + 1) 40 sowie die Residuen im
Tiefenverlauf. Rechts oben: Histogramm der standardisierten Residuen.
30 Rechts unten: Streuplot
der Residuen gegen die vorhergesagten Werte (beide standardisiert).
20
10
0
- 3 - 2 -1
0
1
2
3
4 Standardized Residuals
3
2
1
0
-1
-2
- 3 -2 -1
0
1
2
3
Standardized Residuals
41
KTB Hauptbohrung 4524-4908 m Cataclastic rocks and selected explaining variables
H2O Quartz Al2O3
Catacl.
Sus. Th.Cond. Carbon Sulfur
rocks [%] [103 SI] [W*K-1*m -1] [wt.-%] [wt.-%] [wt.-%] [wt.-%] [wt.-%]
0
50 100
2
2.5
3
0 0.5 1
0 10 20 30
Na2O
[wt.-%]
MgO
[wt.-%]
2 4 6 8
Cr
[ppm]
0
300
4500
Depth [m]
4600
4700
4800
4900
5000
0
2
4
0 0.05 0.1
0 1 2 3
10 15 20
2
6
10
Abbildung 3: Anteil kataklastischer Gesteine im Bohrklein sowie ausgesuchte petrophysikalische und
geochemische Variable für eine Kataklasezone im Metabasit (4524 - 4908 m).
Tabelle 2: Ergebnis der multiplen linearen Regression für die Kataklasezone im Metabasit (4524 - 4908 m).
Zielvariable: LN_CATR. Erklärende Variable in der Modellgleichung: DEPTH, H2O, SUS, Na2O,
Konstante. Die damit erklärte Varianz gegenüber der Gesamtvarianz (Bestimmtheitsmaß R² )
beträgt: 0.636.
Variable
(Constant)
DEPTH
H2O
SUS
Na2O
Unstandardized
Coefficients B
-13.036
.002
1.144
.193
.378
Std. Error
2.294
.001
.166
.041
.062
Standardized
Coefficients Beta
.287
.376
.202
.285
t
Sig.
-5.684
4.993
7.122
4.711
6.063
.000
.000
.000
.000
.000
30
Frequency
Abbildung 4: Ergebnis der multiplen linearen Regression (Kataklasezone im Metabasit, 4524 - 4908 m).
Links: Beobachtete und vorhergesagte Werte für ln (CATR [%] + 20
1) sowie die Residuen im
Tiefenverlauf. Rechts oben: Histogramm der standardisierten Residuen. Rechts unten: Streuplot
der Residuen gegen die vorhergesagten Werte (beide standardisiert). 10
Observed
Predicted
ln (CATR[%]+1) ln (CATR[ %]+1)
Residuals
0
- 3 - 2 -1
4500
Depth [m]
4600
0 2 4
-2 -1 0 1 2
4500
4600
4700
4700
4800
4800
4900
4900
5000
5000
0
1
2
3
Standardized Residuals
Standardized Predicted Values
012345
3
2
1
0
-1
-2
-3
-4
- 3 -2 -1
0
1
2
3
Standardized Residuals
42
Ergebnisse
Erste Rechenversuche zeigten, daß eine Bedingung der linearen Regression, die Normalverteilung der
Residuen, nicht erfüllt ist. Zur Lösung des Problems wurde die Zielvariable transformiert:
LN_CATR = ln (CATR [%] +1). Da der Logarithmus nur für positive Werte definiert ist, für die
kataklastischen Gesteine aber auch der Wert 0% beobachtet wird, wurde zu jedem
Beobachtungswert 1 addiert und dieser dann logarithmiert.
Für beide Zonen wurde ein Modell mit einem automatischen Variablenauswahlverfahren unter
Einbeziehung von 26 Variablen erstellt. Als Kriterium für die Aufnahme einer Variable in die
Modellgleichung dienen statistische Signifikanzprüfungen (Nullhypothesentests, siehe Fahrmeir et al.,
1996). Diese Ergebnisse sind in den Tabellen 1 (Gneiszone) und 2 (Metabasitzone) wiedergegeben.
Die Koeffizienten β k der Modellgleichung stehen in der Spalte "Unstandardized Coefficients". Ein
vergleichbares Maß für den Einfluß der erklärenden Variable auf die Zielvariable sind die
"Standardized Coefficients". In den Abbildungen 2 und 4 werden die Beobachtungswerte der
Zielvariable LN_CATR mit den vorhergesagten Werten des Modells verglichen. Weiterhin sind
jeweils die Residuen und ihre Verteilung aufgetragen. Bei der Metabasitzone ist auch die Tiefe als
Variable vertreten, die in diesem Abschnitt den Trend modelliert.
Vom statistischen Standpunkt aus gesehen sind beide Ergebnisse akzeptabel: Die Signifikanzprüfung
weist nur minimale Abweichungen auf (kleine Werte "Sig." in Tabellen 1 und 2). Die Residuen sind
normalverteilt und zeigen keine Strukturen bezüglich der Vorhersagewerte. Zum Verständnis ist es
wichtig, daß kein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der Zielvariable LN_CATR und den
anderen Variablen in der Modellgleichung hergestellt, sondern damit die erklärte Varianz beschrieben
wird. Sie beträgt bei der Kataklasezone in Gneis 59 % und bei der in Metabasit 63 %.
Tabelle 3: Vergleich von Ergebnissen der multiplen linearen Regression mit Erwartungen
(nach Rauen et al., 1994 und Zulauf et al. 1999). Plus bzw. Minus kennzeichnen
eine Zu- bzw. Abnahme einer Variable in der Kataklasezone. Null bedeutet, daß
kein Zusammenhang gefunden wurde. Das Fragezeichen in der Erwartungsspalte
bedeutet, daß hierzu keine Angaben vorliegen. Vergleich: ⇔ Erwartung
bestätigt. Mit H2O wurde eine gemeinsame, signifikante Variable in beiden
Lithologien gefunden.
Ergebnis für Vergleich
Gneis
Erwartung
für Gneis
Variable
Erwartung
für
Metabasit
+
⇔
+
C
+
+
⇔
+
H2O *)
+
0
Na2O
+
?
S
?
+
Th
0
0
?
SUS
+
+
?
Thermal conductivity ?
*) Signifikante Variable in beiden Lithologien
Vergleich
⇔
⇔
Ergebnis für
Metabasit
0
+
+
0
0
+
0
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Zusammenfassende Diskussion
Mit multipler linearer Regression von Bohrkleindaten der KTB Hauptbohrung wurden charakteristische Variablen für zwei Kataklasezonen errechnet. In Tabelle 3 sind die Ergebnisse für die
beiden Lithologien Gneis und Metabasit zusammengefaßt und werden mit den Erwartungen aus
bisherigen Untersuchungen verglichen (Rauen et al., 1994; Zulauf et al., 1999). Es sind jeweils die
Vorzeichen der Koeffizienten für die betreffende Variable in der Modellgleichung angegeben.
Positive Koeffizienten beschreiben eine Zunahme des jeweiligen Variablenwerts mit höherem
Kataklaseanteil im Bohrklein und negative bedeuten eine Abnahme. Neben den Unterschieden in
beiden Zonen findet sich mit dem Kristallwasser auch eine gemeinsame Variable, die für
Kataklasezonen in beiden Lithologien charakteristisch ist.
Diese Ergebnisse sollen unter Einbeziehung von Bohrlochmessungen an weiteren Kataklasezonen der
KTB Hauptbohrung sowie anderen Kristallinbohrungen verifiziert werden. Von unserer
Arbeitsgruppe wird eine methodische Weiterentwicklung der statistischen Verfahren unter
besonderer Berücksichtigung der speziellen Struktur von bohrungsbezogenen Daten angestrebt. So
ist eine Korrektur der Autokorrelation und die Einführung von mit der Tiefe variierenden
Koeffizienten vorgesehen.
Aus der Sicht der statistischen Bearbeitung kann heute schon die Empfehlung gegeben werden, bei
künftigen Bohrungen möglichst alle Messungen an identischen Proben in gleichen Tiefen
durchzuführen, wie es bei den Bohrkleinuntersuchungen im KTB-Feldlabor schon teilweise
verwirklicht wurde. Damit erleichtert man die Erstellung einer einheitlichen Datenmatrix erheblich.
Danksagung
Wir danken Herrn A. Jerak für die Mithilfe bei der Durchführung der Rechnungen sowie der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Unterstützung des Projekts (Geschäftszeichen So
72/60).
Literatur
Fahrmeir, L., A. Hammerle, G. Tutz (1996). Multivariate statistische Verfahren. DeGruyter, Berlin.
Rauen, A., J. Duyster, S. Heikamp, A. Kontny, G. Nover, T. Röckel (1994). Electrical conductivity of a KTB core
from 7000 m effects of cracks and ore minerals. Scientific Drilling, 5, 197-206.
Zulauf, G., S. Palm, R. Petschick, O. Spies (1999). Element mobility and volumetric strain in brittle-viscous
shear zones of the superdeep well KTB. Chemical Geology, 156, 135-149.
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Zugehörige Unterlagen
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