Praxisempfehlungen DDG/DGIM Therapie des Typ-2

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DGG Praxisempfehlung
Praxisempfehlungen DDG/DGIM
Therapie des Typ-2-Diabetes
Autoren
R. Landgraf1, M. Kellerer2, E. Fach3, B. Gallwitz4, A. Hamann5, H. G. Joost6, H. H. Klein7, D. Müller-Wieland8,
M. A. Nauck9, H. M. Reuter10, S. Schreiber11, E. Siegel12
Institute
Die Institutsangaben sind am Ende des Beitrags gelistet.
Die Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes
Gesellschaft (DDG) zusammen mit der Deutschen
Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) lehnen
sich eng an die Inhalte der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) „Therapie des Typ-2-Diabetes“ an.
Die in diesen Praxisempfehlungen abgebildeten Inhalte sind zum großen Teil die konsentierten Abschnitte der ganzen Arbeitsgruppe (s. u.), die von
der DDG/DGIM konsentierten Kapitel und die Algorithmen für Diagnostik und Therapie sowohl der
DDG/DGIM als auch der Deutschen Gesellschaft für
Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
und der Arzneimittelkommission der deutschen
Ärzteschaft (AkdÄ). Umfangreiche Details einschließlich der wissenschaftlichen Belege finden
Sie in der Langfassung der NVL (www.versorgungsleitlinien.de).
Präambel (DDG/DGIM) zur Nationalen
VersorgungsLeitlinie (NVL) „Therapie
des Typ-2-Diabetes“
!
Letzte Aktualisierung
8/2016
Bibliografie
DOI http://dx.doi.org/
10.1055/s-0042-114151
Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2):
S117–S129 © Georg Thieme
Verlag KG Stuttgart · New York ·
ISSN 1861-9002
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Rüdiger
Landgraf
Deutsche Diabetes Stiftung
Staffelseestraße 6
81477 München
Tel.: 0 89/57 95 79 16
Fax: 0 89/57 95 79 19
[email protected]
Diese Nationale VersorgungsLeitlinie ist das Ergebnis eines langjährigen gemeinsamen Ringens um
die bestmögliche Versorgungsstrategie von Menschen mit Typ-2-Diabetes. Es ist ein großer Erfolg
und Meilenstein in der Geschichte der klinischen
Diabetologie, dass erstmals im Rahmen dieser
patientenorientierten integrativen Versorgungsstrategie einer multifaktoriellen Volkskrankheit in
den meisten Aspekten und Bereichen Einigung erreicht werden konnte.
Da der Typ-2-Diabetes aber keine einheitliche Erkrankung mit verstandener Pathophysiologie und
klinischem Verlauf ist, sondern ein komplexes
Krankheitsgeschehen, das über die Erhöhung der
Plasmaglukose definiert wird, gibt es nicht nur
wenig Evidenzen im Sinne von „Endpunktstudien“, sondern auch zahlreiche neue pathophysiologisch und hinsichtlich der Blutglukose relevante
Ansätze bei der Pharmakotherapie.
Daher ist es verständlich, dass bei der Pharmakotherapie des Typ-2-Diabetes keine Einigung erreicht
wurde.
Ein Hauptgrund liegt u. a. in dem unterschiedlichen Konzept (Verständnis, klinische Gewichtung
etc.) von Daten zur „Evidenz“ bei diesem komplexen Thema. DDG/DGIM favorisieren, auch in
Übereinstimmung mit dem Position Statement
der amerikanischen und europäischen DiabetesGesellschaft (ADA/EASD 2016), den Ansatz einer
patientenzentrierten Therapie. Bei diesem Konzept
stehen bei effektiver Senkung der Blutglukose die
klinische Situation (meist Multimorbidität), die Sicherheit der Patienten, Patientenpräferenzen und
Therapiezufriedenheit und -adhärenz, im Vordergrund; dies gilt insbesondere für die Risiken
schwerer Unterzuckerungen und einer klinisch relevanten Gewichtszunahme.
Dieser Dissens zwischen DDG/DGIM und der DEGAM/AdkÄ spiegelt die Komplexität einer noch unzureichend untersuchten Typ-2-Diabetes-Erkrankung wider. Es besteht in diesem Sinne auch die
gemeinsame Überzeugung, dass Nationale VersorgungsLeitlinien nicht nur Einigkeit, sondern auch
Divergenzen begründet und transparent formulieren sollten. Dies hilft auch, im nationalen Interesse
von Politik, Ärzteschaft, Kostenträgern und betroffenen Patienten Problemfelder und Forschungsbedarf aufzuzeigen.
Im Rahmen des Programms für Nationale VersorgungsLeitlinien (NVL) der Bundesärztekammer
(BÄK), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
(KBV) und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
(AWMF) haben die zuständigen Fachgesellschaften, nämlich die Deutsche Diabetes Gesellschaft
(DDG), die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM), sowie
der Verband der Diabetesberatungs- und Schulungsberufe Deutschland (VDBD) zusammen mit
der Arzneimittelkommission der deutschen Ärz-
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teschaft (AkdÄ) einheitliche, wissenschaftlich begründete und
praktikable Eckpunkte zur Diagnostik und Therapie (Basistherapie, orale Antidiabetika, Insulintherapie) für eine Nationale-VersorgungsLeitlinie(NVL)-Therapie des Typ-2-Diabetes konsentiert.
Autoren
!
Die genannten Autoren nahmen als offizielle Vertreter der jeweiligen Organisationen (alphabetisch geordnet) am Entstehungsprozess teil.
Prof. em. Dr. med. F. Arnold Gries (bis 01/2012), Prof. Dr. med. Joachim Spranger (bis 03/2012) und Prof. Dr. med. Ulrich Alfons Müller
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
Frau Hannelore Loskill
Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG)
Prof. Dr. med. Heinz Harald Abholz und Dr. med. Günther Egidi
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
Frau Almut Suchowerskyj
Deutscher Diabetiker Bund (DDB), Landesverband Niedersachsen
Dr. med. Monika Toeller, Mitautorin des Kapitels zur Ernährungstherapie
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Prof. Dr. med. Rüdiger Landgraf und
Prof. Dr. med. Stephan Matthaei (gest. 2016)
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und Deutsche Gesellschaft
für Innere Medizin (DGIM)
Dr. rer. med. Nicola Haller
Verband der Diabetesberatungs- und Schulungsberufe Deutschland (VDBD)
Beteiligte
!
Prof. Dr. med. Ina Kopp
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) – Moderation
Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Günter Ollenschläger
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) – Leitung des
Programms für Nationale VersorgungsLeitlinien – Endredaktion
Felix Greiner, Dipl.-Gesundheitswirt (06/2012 bis 10/2012), und
Carmen Khan, Internistin (ab 05/2012), sowie Dr. med. Beate
Weikert und Dr. med. Susanne Weinbrenner, MPH (bis 04/2012)
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) – Redaktion
Definition des Typ-2-Diabetes
!
Der Typ-2-Diabetes ist eine chronische, sehr heterogene, multifaktorielle, progrediente Erkrankung, die durch vererbte und erworbene Insulinresistenz und durch qualitative und quantitative
Insulinsekretionsstörungen charakterisiert ist. Manifestationsfördernde beeinflussbare und nicht beeinflussbare Faktoren des
" Tab. 1 aufgelistet.
Typ-2-Diabetes sind in ●
Tab. 1
Manifestationsfördernde Faktoren des Typ-2-Diabetes.
nicht beeinflussbar:
– höheres Lebensalter
– Geschlecht
– Ethnizität
– positive Familienanamnese
– Gestationsdiabetes (in der Anamnese)
– intrauterines Wachstum (Thrifty Genotyp)
beeinflussbar:
– viszerale Adipositas
– körperliche Inaktivität
– energiereiche, ballaststoffarme Nahrung
– starker Softdrink-Konsum
– übermäßiger Alkoholgenuss
– Rauchen
– Depression
– diabetogene Medikamente
– schlechter Schlaf
– Hypertonie
– diabetogene Umwelt (sozialer Status)
Metabolisches Syndrom gemäß IDF-Kriterien:
Abdominelle Adipositas (Bauchumfang: Männer > 94 cm; Frauen > 80 cm);
Triglyceride 150 mg/dl; HDL-Cholesterin (Männer > 40 mg/dl; Frauen:
> 50 mg/dl); Blutdruck 130/85 mmHg; Fastenglukose 100 mg/dl oder
präexistíerender Diabetes. Definition des Metabolischen Syndrom: Abdominelle Adipositas plus 2 andere Faktoren
polyzystisches Ovarsyndrom und andere endokrine Erkrankungen
Therapieziele
In den vorliegenden Empfehlungen werden Zielkorridore angegeben, die – mit unterschiedlich hoher Evidenzstärke – den Arzt
und den Patienten evidenz- und konsensbasiert darüber informieren, welcher Zielkorridor/Zielwert nach heutigem medizinischem Wissensstand im Regelfall angestrebt werden sollte.
Unberührt davon bleibt das übergeordnete Ziel der Leitlinie, primär gemeinsam mit dem Patienten individuell vereinbarte Therapieziele zu finden.
Allgemeine Therapieziele
▶ Die Therapieziele des Menschen mit Typ-2-Diabetes hängen ab
▶
▶
▶
▶
▶
von der Patientenpräferenz, der (Ko-)Morbidität, Alter und Lebenserwartung, Lebensqualität, den psychosozialen Umständen
und Möglichkeiten sowie Fähigkeiten (z. B. Health Literacy =
Gesundheitskompetenz). Aufgrund der für die Betroffenen nicht
selten als schwere Lebenseinschränkung erlebten Diagnose des
Typ-2-Diabetes sollte eine Strategie der Zustimmung und der
langsamen Therapieeskalation verfolgt werden. Bei Menschen
mit Typ-2-Diabetes sollen für folgende Parameter individuali" Tab. 2:
sierte Therapieziele vereinbart werden ●
Lebensstil
Blutdruck
Glukosestoffwechsel
Lipidstatus
Körpergewicht
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Tab. 2
Allgemeine Behandlungs- und Betreuungsziele.
– Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Lebensqualität;
– Kompetenzsteigerung (Empowerment) der Betroffenen im Umgang
mit der Erkrankung;
– Verminderung eines Krankheitsstigmas;
– Behandlungszufriedenheit;
– Förderung der Therapieadhärenz;
– Reduktion des Risikos für kardiale, zerebrovaskuläre und sonstige
makrovaskuläre Folgekomplikationen;
– Vermeidung und Behandlung mikrovaskulärer Folgekomplikationen
(Erblindung, Dialyse, Neuropathie);
– Vermeidung und Behandlung des diabetischen Fußsyndroms;
– Vermeidung und Behandlung von Symptomen durch die Verbesserung
der Stoffwechseleinstellung;
– Behandlung und Besserung von Begleitkrankheiten;
– Minimierung der Nebenwirkungen der Therapie (z. B. schwere Hypoglykämien, Gewichtszunahme) und der Belastungen des Patienten
durch die Therapie (Medikalisierung);
– Reduktion von Morbidität und Mortalität.
" Tab. 3)
Spezifische Therapieziele (●
Tab. 3
Orientierungsgrößen der Therapieziele.
Indikator
Orientierungsgrößen der Therapieziele
mg/dl
nüchtern-/präprandiale 100 – 125 mg/dl
Plasmaglukose (venös)
postprandiale Plasmaglukose (venös)
1 – 2 Std. postprandial
140 – 199 mg/dl
mmol/l
5,6 – 6,9 mmol/l
7,8 – 11,0 mmol/l
Indikator
Individualisierung der Therapieziele
HbA1c
HbA1c-Zielkorridor zur Prävention von
Folgekomplikationen von 6,5 – 7,5 %
unter Vermeidung von Hypoglykämien.
Lipide
LDL-Cholesterin-Senkung auf Zielwert < 100 mg/dl
(< 2,6 mmol/l); bei KHK oder weiteren Risikofaktoren < 70 mg/dl (< 1,8 mmol/l)
Gewichtsabnahme
bei Übergewicht
bei BMI von 27 bis 35 kg/m2: 5 % Gewichtsabnahme
bei BMI > 35 kg/m2: > 10 % Gewichtsabnahme
Blutdruck
systolischer Blutdruck: < 140 mmHg;
diastolischer Blutdruck: 80 mmHg
Diagnostik
" Tab. 4
Anamnestische und klinische Untersuchungen sind in ●
zusammengestellt.
" Abb. 1) erfolgt durch standardisierDie Sicherung der Diagnose (●
te und qualitätsgesicherte Laboruntersuchungen sowohl für die
Plasmaglukose als auch für HbA1c. Geräte zur Selbstmessung sind
dafür meist ungeeignet.
Als auffällige Gelegenheitsplasmaglukose gilt ein Wert von
≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l).
Normale Nüchternglukosewerte schließen einen manifesten Diabetes nicht aus. In diesen Fällen ist ein oraler Glukosetoleranztest
(oGTT) erforderlich. Um die Reproduzierbarkeit des oGTT zu erhöhen, ist eine strikte Standardisierung des Tests notwendig
" Tab. 5).
(●
Gegenüber der Diagnostik des Diabetes mithilfe von Plasmaglukosewerten zu definierten Zeitpunkten hat die Analyse des
HbA1c wesentliche Vorteile:
▶ weniger anfällig für präanalytische Variable im Vergleich zur
Plasmaglukose
▶ geringere intraindividuelle biologische Variabilität
▶ geringe tageszeitliche Schwankungen
Tab. 4 Anamnese und klinische Untersuchungen bei Menschen mit Typ-2Diabetes.
Anamnese:
Übergewicht/Adipositas, hoher Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen,
Durst, häufiges Wasserlassen, ungewollte Gewichtsabnahme, Infektionsneigung – insbesondere Entzündungen der Haut oder Schleimhäute,
Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schwäche, körperliche Aktivität, Medikamenteneinnahme (z. B. Glukokortikoide), Alkoholkonsum, Rauchen, Depression, Störungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit, Sehstörungen, erektile Dysfunktion, Geburt von Kindern > 4000 g.
Zu beachten ist, dass der Typ-2-Diabetes initial symptomarm ist bzw. dass
die Symptome häufig verkannt werden.
Familienanamnese:
Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen,
Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenerkrankung, Amputation, frühe
Sterblichkeit
Körperliche Untersuchung:
besonders Größe, Gewicht (BMI), Taillen-/Hüftumfang, kardiovaskuläres
System, Blutdruck, periphere Arterien (siehe www.awmf-online.de/),
peripheres Nervensystem (siehe NVL Neuropathie), Haut, Augenuntersuchungen (siehe NVL Netzhautkomplikationen), Fußuntersuchung
(siehe NVL Fußkomplikationen)
Laborwerte:
Blutglukose, HbA1c, Kreatinin, eGFR, Kalium, Lipidprofil, Urin-Analysen
einschließlich Albuminurie (siehe NVL Nierenerkrankungen), Ketonkörper im Urin (nur bei hohen Glukosewerten)
Technische Untersuchungen:
EKG, Belastungs-EKG bei Verdacht auf Myokardischämie und normales
Ruhe-EKG (siehe NVL Herzinsuffizienz und Koronare Herzerkrankung),
bildgebende Untersuchung mittels pharmakologischer Belastung als Alternative zum Belastungs-EKG, Fettleber (Sonografie), augenärztliche
Untersuchung, Knöchel-Arm-Index bei nicht oder nur schwach tastbaren
Fußpulsen (Cave: Mediasklerose)
Tab. 5
Durchführung des oGTT nach WHO-Richtlinien.
– Testdurchführung am Morgen nach 10–12 Stunden Nahrungs- und
Alkoholkarenz nach einer ≥ 3-tägig kohlenhydratreichen Ernährung
(≥ 150 g KH pro Tag)
– im Sitzen oder Liegen (keine Muskelanstrengung); nicht rauchen vor
oder während des Tests
– zum Zeitpunkt 0 Trinken von 75 g Glukose (oder äquivalenter Menge
hydrolysierter Stärke) in 250 – 300 ml Wasser innerhalb von 5 min –
Kinder 1,75 g/kg KG (maximal 75 g)
– Blutentnahme zu den Zeitpunkten 0 und 120 min
– Verwendung spezieller Blutentnahmeröhrchen, sachgerechte Probenaufbewahrung und -verarbeitung
– Test kontraindiziert bei interkurrenten Erkrankungen, bei Z. n. MagenDarm-Resektion oder gastrointestinalen Erkrankungen mit veränderter
Resorption oder wenn bereits ein Diabetes mellitus festgestellt wurde.
▶ nüchtern: nicht Voraussetzung für die Bestimmung
▶ geringer Einfluss durch akuten Stress (z. B. Infektionen)
▶ geringer akuter Einfluss durch Antidiabetika und Medikamente,
▶
▶
▶
▶
die den Glukosestoffwechsel beeinflussen (z. B. Glukokortikoide)
HbA1c reflektiert die mittlere Plasmaglukose der letzten 8 – 12
Wochen (biostatistisch!).
HbA1c ist ein wahrscheinlich besserer Prognoseparameter für
mikro- und makrovaskuläre Komplikationen.
Standardisierung der HbA1c-Assays verpflichtend (noch unzureichend umgesetzt; siehe „Definition, Klassifikation und
Diagnostik des Diabetes mellitus“,
eine Messung, mehrere Informationen (Diagnose eines Diabetes, Beurteilung des Glukosestoffwechsels, Prädiktor für Komplikationen)
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▶ billiger in der Analytik und bequemer für Patient und Arzt im
Vergleich zum oGTT
Aus diesen Gründen haben sich medizinische Fachgesellschaften
wie die ADA, die DDG u. a. und Institutionen wie IDF und WHO beginnend mit dem Jahr 2010 entschlossen, HbA1c als Diagnoseparameter einzuführen. Auf der Grundlage epidemiologischer Daten zur
Retinopathie wurde ein Cut-off eines HbA1c von ≥ 6,5 % beschlossen. Dieser Schwellenwert ist jedoch umstritten, denn in dem Bereich des HbA1c von < 6,5 % müssen nach den international akzeptierten Plasmaglukose-Diagnosekriterien ca. 50 % als manifeste
Diabetiker eingestuft werden. Daher hat sich die DDG entschlossen,
in einem Bereich des HbA1c von 5,7 bis < 6,5 % zusätzlich Plasmaglukoseparameter zur Diagnostik heranzuziehen.
Die Analytik des HbA1c unterliegt außerdem einer Reihe poten" Tab. 6 aufgelistet sind.
zieller Interferenzen, die in ●
Neben der Berücksichtigung von möglichen Diskrepanzen zwischen Plasmaglukosewerten und HbA1c sollte der HbA1c bei folgenden Menschen nicht zur Diagnose eingesetzt werden:
▶ Kinder und Jugendliche
▶ Schwangere bis 3 Monate post partum
▶ Menschen mit Verdacht auf Typ-1-Diabetes (jedes Alter)
▶ Menschen mit akuten Diabetessymptomen
Tab. 6
▶ Prädiabetes mit akuter Stresshyperglykämie (Apoplexie, Myokardinfarkt etc.)
▶ Menschen unter Medikamenten (< ca. 2 Monate), die zu einem
raschen Blutglukoseanstieg führen (Glukokortikoide, Psychopharmaka), Z. n. Pankreasoperation
▶ akute Pankreaserkrankung
▶ HIV-Patienten
▶ (prä-)terminale Nierenerkrankung
DDG/DGIM und DEGAM/AkdÄ konnten einen Diagnose-Algorithmus nicht konsentieren. Eine vergleichende Gegenüberstellung
" Abb. 1, 2.
der beiden Algorithmen finden Sie in ●
" Tab. 7)
Monitoring von Menschen mit Typ-2-Diabetes (●
Therapie
!
Basistherapie
Schulung
Allen von Diabetes mellitus Betroffenen sowie gegebenenfalls ihren Angehörigen soll als unverzichtbarer Bestandteil der Diabetesbehandlung ein strukturiertes, evaluiertes und zielgruppen- und
Faktoren, die zu einer Beeinflussung oder Verfälschung des HbA1c-Messwertes führen.
„Falsch“ hohe Werte von HbA1c
–
–
–
–
–
–
–
–
–
„Falsch“ niedrige Werte
–
Eisenmangel (mit und ohne Anämie)
–
Infekt- und Tumoranämie
–
Z.n. Organtransplantation
–
Splenektomie und aplastische Anämie
–
terminale Niereninsuffizienz ([Kreatinin > 5 mg/dl]: karbamyliertes HbA)
–
Hämoglobinopathien (HbH, HbF, …)
–
Pharmaka (hohe Dosen ASS, Immunsuppressiva, Proteaseinhibitoren)
–
genetisch bedingte Hyperglykierung bei bestimmter ethnischer Zugehörigkeit –
Alter des Menschen
–
große Höhen
Folsäuremangel (Schwangerschaft)
hämolytische Anämie
Blutverlust
nach Bluttransfusionen
Pharmaka, wie Erythropoetin, Eisensupplementierung
chronische Niereninsuffizienz mit verkürztem Ery-Überleben
Leberzirrhose mit verkürztem Ery-Überleben
ernährungsbedingt (Alkohol, Fett)
Hämoglobinopathien (HbS, HbC, HbD)
●
Symptome des Diabetes
(d. h. Gewichtsverlust, Polyurie, Polydipsie)
und/oder erhöhtes Diabetes-Risiko
(Bestimmung mit Diabetes-Risiko-Test, z. B. DRT, FINDRISK)
und/oder auffällige Gelegenheitsplasmaglukose
HbA1c *
**
≥ 6,5 %
≥ 48 mmol/mol
5,7 bis < 6,5 %
39 bis < 48 mmol/mol
< 5,7 %
< 39 mmol/mol
Nüchternglukose oder oGTT
NPG ≥126 mg/dl oder
2h-oGTT-PG ≥200 mg/dl
NPG 100 – 125 mg/dl oder
2h-oGTT-PG 140 – 199 mg/dl
NPG <100 mg/dl und/oder im oGTT
NPG <100 mg/dl und 2h-PG <140 mg/dl
Diagnose:
Diabetes
Diagnose:
kein Diabetes
Aufklärung über Diabetesrisiko, Lifestyle-Intervention,
Behandlung von Risikofaktoren. Erneute
Risikobestimmung und HbA1c nach einem Jahr
* bei Diabetes-Symptomen zusätzlich sofortige Glukosemessung
** wenn eine Verfälschung des HbA1c-Wertes zu erwarten ist, primär Diagnose durch Glukosemessung
Abk.: NPG: Nüchtern-Plasmaglukose, 2h-oGTT-PG: 2h-Plasmaglukose im oralen Glukosetoleranztest (75 g); mg/dl
Landgraf R et al. Praxisempfehlungen DDG/DGIM … Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117–S129
Abb. 1 Sicherung der Diagnose (s. auch " Abb. 2).
Bei der Laboreinsendung zur Messung der Plasmaglukose ist auf eine effektive Hemmung der Glykolyse in den Erythrozyten durch Verwendung von Blutentnahmeröhrchen mit Natriumfluorid (NaF)
zu achten, wobei zusätzlich ein Glykolyseinhibitor
wie Citrat/Citratpuffer zugesetzt werden sollte. Eine
detaillierte Diskussion der diagnostischen Kriterien
siehe Praxisempfehlungen „Definition, Klassifikation
und Diagnostik des Diabetes mellitus“.
DGG Praxisempfehlung
Symptome eines Diabetes mellitus
(d. h. Gewichtsverlust, Polyurie, Polydipsie)
und/oder erhöhtes Diabetes-Risiko1
und/oder auffällige Gelegenheitsplasmaglukose
Zugang über HbA1c:
Bestimmung HbA1c
≥ 48 mmol/mol
(≥ 6,5 %)
39 bis < 48 mmol/mol
(5,7 bis < 6,5 %)
Zugang über venöse Plasmaglukose:
Bestimmung Nüchternplasmaglukose (NPG) oder
oraler Glukose-Toleranz-Test (oGTT)
2, 3
< 39 mmol/mol
(< 5,7 %)
NPG > 7,0 mmol/l
(> 126 mg/dl)
und/oder
2h-oGTT-PG ≥ 11,1
mmol/l (≥ 200 mg/dl)
NPG 5,6 – 6,9 mmol/l
(100 – 125 mg/dl)
und/oder
2h-oGTT-PG 7,8 – 11,0
mmol/l (140 – 199
mg/dl)
NPG < 5,6 mmol/l
(< 100 mg/dl)
und/oder im
oGTT-NPG < 5,6 mmol/l
(< 100 mg/dl) und
2h-PG < 7,8 mmol/l
(< 140 mg/dl)
Aufklärung über:
· Diabetesrisiko
· Lifestyle-Intervention
· Behandlung von Risikofaktoren
· erneute Risikobestimmung und
HbA1c nach 1 Jahr
Bestimmung NPG oder oGTT:
zum weiteren diagnostischen
Vorgehen siehe Zugang
Plasmaglukose
Diagnose:
Diabetes
Legende:
1
Erhebung durch Fragebögen
2
Bei Diabetes-Symptomen sofortige
Glukosemessungen
3
Wenn eine Verfälschung des HbA1cWertes zu erwarten ist (siehe oben),
primär Diagnose durch Glukosemessung
Diagnose:
kein Diabetes
Abb. 2 Algorithmus zur Diagnose eines Typ-2-Diabetes mellitus. Links:
von DDG/DGIM empfohlene Diagnostik. Rechts: von DEGAM/AkdÄ favorisierte Diagnostik. Bei der Laboreinsendung zur Messung der Plasmaglukose
ist auf eine effektive Hemmung der Glykolyse in den Erythrozyten durch
themenspezifisches Schulungs- und Behandlungsprogramm angeboten werden (siehe NVL Strukturierte Schulungsprogramme).
Plasmaglukoseselbstmessung
Bei einer Indikationsstellung zur Plasmaglukoseselbstmessung
" Tab. 8 aufgeführten Situationen bei Menschen
sollten die in ●
mit Typ-2-Diabetes berücksichtigt werden. Aus den Messungen
sollten sich mögliche Therapiekonsequenzen ergeben.
Uringlukoseanalysen sind kein Standard in der Diagnostik und in
der Therapieentscheidung und -überwachung, denn die Uringlukose wird nur positiv bei hohen Blutglukosewerten (Glukosetransportkapazität interindividuell sehr unterschiedlich, altersabhängig, bei verminderter Nierenfunktion nicht systematisch
untersucht, bei bestimmten Erkrankungen erniedrigt und nicht
verwertbar bei Schwangerschaft und beim Einsatz von Medikamenten wie SGLT 2-Inhibitoren).
Ernährungstherapie und -beratung
Ernährungsempfehlungen für Menschen mit Typ-2-Diabetes sollen folgende Eckpunkte berücksichtigen (siehe NVL Strukturierte
Schulungsprogramme). Hier sollen nur einige Empfehlungen gegeben werden:
▶ Motivation zu gesunden, ausgewogenen Kostformen unter Berücksichtigung der bisherigen Ernährungsroutine des Patienten.
▶ Verzicht auf industrielle Lebensmittel-Fertigprodukte.
▶ Die Entscheidung über die Wahl der Kostform sollte individuell getroffen werden, da keine ausreichenden Studiendaten für
eine Empfehlung vorliegen.
▶ Die Einschätzung von Art und Menge der Kohlenhydrate der
jeweiligen Mahlzeiten sollte bei Menschen mit Typ-2-Diabe-
Diagnose:
Diabetes
Diagnose:
kein Diabetes
Verwendung von Blutentnahmeröhrchen mit Natriumfluorid (NaF) zu achten, wobei zusätzlich ein Glykolyseinhibitor wie Citrat/Citratpuffer zugesetzt werden sollte (siehe Praxisempfehlungen „Definition, Klassifikation
und Diagnostik des Diabetes mellitus“).
▶
▶
▶
tes, die Insulin spritzen, als wesentliche Strategie zur Glykämiekontrolle eingesetzt werden.
Menschen mit Typ-2-Diabetes ohne Insulintherapie sollte vermittelt werden, blutglukoseerhöhende Nahrungsmittel erkennen zu können.
Menschen mit Typ-2-Diabetes und Niereninsuffizienz sollte
eine tägliche Eiweißzufuhr von 0,8 g/kg empfohlen werden.
Menschen mit Typ-2-Diabetes sollten im Rahmen der individuellen Beratung über den differenzierten Umgang mit Alkohol beraten werden.
Praktische Empfehlungen für eine gesunde und
ausgewogene Ernährung
1. Kein generelles Zuckerverbot, jedoch Vermeiden von großen
Mengen an Haushaltszucker, Fruchtzucker, Polyolen (z. B. Sorbit, Xylit) bzw. von Getränken, die diese Stoffe enthalten. Große Portionen und häufigen Verzehr von fetten Lebensmitteln,
z. B. fettes Fleisch, fette Wurstwaren, fetter Käse, fette Backwaren, fette Fertigprodukte, fettes Fast-Food, Sahne, Schokolade,
Chips usw. vermeiden.
2. Pflanzliche Fette bevorzugen, z. B. Öle, Nüsse, Samen. Regelmäßigen Fischverzehr einplanen.
3. Lebensmittel, die reich an Ballaststoffen sind, in die Ernährung einplanen, z. B. Gemüse, frisches Obst, Vollkorngetreideprodukte.
4. Nicht mehr als 1 – 2 kleine Gläser an alkoholischen Getränken
pro Tag konsumieren.
5. Die Vielfalt des frischen Lebensmittelangebots nutzen und
genießen.
6. Gewichtsreduktion bei übergewichtigen und adipösen Menschen mit Typ-2-Diabetes unterstützt die Verminderung des
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DGG Praxisempfehlung
Tab. 7
Monitoring von Menschen mit Typ-2-Diabetes.
Anamnese: Diabetesdauer, Gewicht/BMI, ggf. Taillen-Größen-Relation
(Gewichtsverlauf, Übergewicht), Blutdruck, Fußstatus, bisherige Therapie (inklusive Diabetesmedikation), körperliche Aktivität, Ernährungsgewohnheiten, Rauchen, durchgeführte Diabetesschulung, Selbstkontrolle der Blutglukose, Hypoglykämien, Angstzustände, Depression,
erektile Dysfunktion
Tab. 8 Situationen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes, in denen Plasmaglukosemessungen notwendig sind oder passager notwendig sein können.
klinisch definierte Situationen
Diabetes-Stadium
– neu diagnostiziert, Einstellphase
Diabetes im Verlauf
– labil mit häufigen Unterzuckerungen (dann
vor allen Mahlzeiten bis zur Erreichung des
gewählten Therapiezieles, danach Rückkehr
zu Gelegenheitsmessungen)
– Therapieeskalation
– vorübergehend nach Rückgang von einer
Insulintherapie auf eine Behandlung mit
oralen Antidiabetika
zusätzliche Erkrankungen/Interventionen
– schwere Infektionen
– geplante Operationen
– psychische Erkrankungen mit unzuverlässiger Therapie
– wenn bei Sport/Bewegung unter blutglukosesenkenden Substanzen, die mit Hypoglykämien assoziiert sein können, entsprechende Symptome auftreten
– krankheitsbedingte akute Änderungen der
Ernährung (z. B. Durchfall/Erbrechen)
Diabetes-Therapie
– orale Antidiabetika (OAD) mit Hypoglykämie-Potential (Sulfonylharnstoffe, Glinide –
dann Gelegenheitsmessungen)
– Insulintherapie und Notwendigkeit von
Selbstanpassung der Insulindosis
– intensivierte konventionelle Insulintherapie (vor allen Mahlzeiten, gelegentlich
nachts) 1
– Insulinpumpentherapie (vor allen Mahlzeiten, gelegentlich nachts) 1
– Situationen mit besonderer Gefahr
(z. B. Führen von Lastkraftwagen,
Bussen, Kränen etc.)
Körperliche Untersuchungen: Gewicht, Blutdruck, kardiovaskuläres
und pulmonologisches System, Augen- und Fußuntersuchungen, Untersuchungen des peripheren Nervensystems (siehe NVL Neuropathie),
Untersuchung der Injektionsstellen bei insulinbehandelten Menschen
mit Diabetes
Laborwerte: HbA1c, Kreatinin-Clearance (eGFR), Lipidprofil, Urin-Analysen inkl. Albuminurie (siehe NVL Nierenerkrankungen), Ketonkörper
im Urin (nur bei hohen Blutglukosewerten)
Screening auf eine diabetische Neuropathie (siehe NVL Neuropathie
bei Diabetes im Erwachsenenalter): Menschen mit Typ-2-Diabetes
sollen ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung einmal jährlich auf eine
sensomotorische und autonome Neuropathie untersucht werden.
Screening auf Fußläsionen (nach NVL Typ-2-Diabetes – Fußkomplikationen; S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlußkrankeit): Menschen mit Typ-2-Diabetes
und keinen klinischen Befunden einer sensomotorischen Neuropathie
sollen mindestens einmal jährlich auf Fußläsionen untersucht werden.
Liegen bereits klinische Befunde einer sensomotorischen Neuropathie
vor, sollen regelmäßige Untersuchungen auf Fußläsionen alle 3 – 6 Monate erfolgen.
Screening auf eine Nephropathie (siehe NVL Nierenerkrankungen bei
Diabetes im Erwachsenenalter): Menschen mit Typ-2-Diabetes sollen
einmal jährlich auf eine Albuminurie gescreent werden, da dies eine wesentliche zusätzliche Risikoabschätzung für kardiovaskuläre und renale
Folgeerkrankungen erlaubt. Zusätzlich soll die eGFR bestimmt werden.
Screening auf Netzhautkomplikationen (siehe NVL Typ-2-Diabetes –
Netzhautkomplikationen): Ein augenärztliches Screening soll durchgeführt werden:
– bei Typ-2-Diabetes bei Diagnosestellung (Erstuntersuchung),
– bei Typ-1-Diabetes ab dem elften Lebensjahr oder nach einer Diabeteserkrankungsdauer von fünf Jahren.
Wenn keine diabetische Netzhautveränderung festgestellt wird, soll das
Screeningintervall
– bei bekanntem geringem Risiko (= kein ophthalmologisches Risiko und
kein allgemeines Risiko) zwei Jahre,
– für alle anderen Risikokonstellationen ein Jahr betragen.
Sind dem Augenarzt die allgemeinen Risikofaktoren nicht bekannt, soll
der Patient vom ihm so behandelt werden, als ob ein ungünstiges allgemeines Risikoprofil vorläge.
Patienten mit diabetischen Netzhautveränderungen (= ophthalmologisches Risiko) sollen je nach Befund 1-jährlich oder häufiger untersucht
werden.
Bei neu auftretenden Symptomen wie Sehverschlechterung, verzerrtes
Sehen, Verschwommensehen und/oder „Rußregen“ vor den Augen soll
zeitnah eine Untersuchung beim Augenarzt erfolgen.
Abschätzung des makro- und mikrovaskulären Gesamtrisikos: Menschen mit Typ-2-Diabetes sollen mindestens alle 1 – 2 Jahre auf vaskuläre
Risiken (Hypertonie, Raucherstatus) untersucht werden. Darüber hinaus
sollen Lipide und Kreislaufparameter (Blutdruckmessung sowie Pulsmessung an verschiedenen Orten) kontrolliert und eine Mikroalbuminurie ausgeschlossen werden.
1
Bei einigen Patienten mit komplexeren Insulintherapien und Neigung zu Hypoglykämien kann eine kontinuierliche Glukosemessung sinnvoll und notwendig sein.
▶
▶
▶
▶
ziergänge, Besorgungen zu Fuß, Gartenarbeit) – als auch die
strukturierte körperliche Aktivität zu steigern.
Individuell soll entschieden werden, welche Bewegungs- oder
Sportarten für den Patienten geeignet sind.
Aerobes Ausdauertraining und Krafttraining sollten Menschen
mit Typ-2-Diabetes als strukturierte Bewegungsprogramme
empfohlen werden.
Es ist wünschenswert, dass körperliche Aktivität und/oder
strukturierte Trainingsprogramme von Menschen mit Typ-2Diabetes regelmäßig, wenn möglich mehrmals pro Woche,
durchgeführt werden.
Insbesondere Menschen mit Typ-2-Diabetes in der zweiten Lebenshälfte sollte empfohlen werden, Geschicklichkeit, Reaktionsfähigkeit, Koordination, Gelenkigkeit und Beweglichkeit
zu trainieren.
Tabakentwöhnung
vaskulären Risikos, steigert das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität.
" Abb. 3)
Körperliche Aktivität und Bewegung (●
▶ Menschen
mit Typ-2-Diabetes sollen motiviert werden, sowohl unstrukturierte körperliche Aktivität – ihre körperliche
Betätigung und Bewegung im Alltag (z. B. Treppensteigen, Spa-
Raucher sollen immer, wenn dies situativ angemessen erscheint,
über die besonderen Risiken des Rauchens für den Typ-2-Diabetes, mikro- und makrovaskuläre Folgeerkrankungen und Lungenerkrankungen aufgeklärt und spezifisch beraten werden. Ihnen
soll dringlich geraten werden, das Tabakrauchen aufzugeben,
wenn nicht gewichtige Gründe wie bspw. instabile psychische Erkrankungen dagegen sprechen.
Änderungswillige Raucher sollen hinsichtlich möglicher Verfahren
" Abb. 4).
zur Tabakentwöhnung regelmäßig beraten werden (●
Landgraf R et al. Praxisempfehlungen DDG/DGIM … Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117–S129
DGG Praxisempfehlung
Abb. 3
Stufenprogramm körperlicher Aktivität.
Typ-2-Diabetes
und/oder
weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren
Lebensstilmaßnahmen:
Steigerung der körperlichen Aktivität und Verbesserung der kardiovaskulären Fitness
Allgemein:
Aufklärung des Patienten zu körperlicher Aktivität
und Sport bei Diabetes und kardiovaskulären
Risikofaktoren
1) Kombination mit
anderen nicht
medikamentösen
Maßnahmen auf
jeder Stufe
1. Stufe:
Steigerung der körperlichen Aktivität im Alltag
(unstrukturierte Bewegung)
Wahl der 2. Stufe nach:
· Alter
· bisherigem körperlichen Aktivitätslevel
· individuellem Risikoprofil und
· unter Berücksichtigung der Patientenpräferenzen
und
2) Ggf. Kombination
mit medikamentösen TherapieMaßnahmen bei
unzureichender
HbA1c-Einstellung
oder weiteren
Risikofaktoren
2. Stufe:
Strukturierte Bewegungsprogramme
A)
aerobes
Ausdauertraining
B)
Krafttraining
Kombination von
A) und B)
3. Stufe:
Ggf. unterstützende Trainingsprogramme
(Yoga, Tai Chi, Ballspiele, Tanzen etc.)
Abb. 4 Algorithmus zum Vorgehen bei Tabakentwöhnung.
Ist der Patient zum jetzigen
Zeitpunkt aktiver Raucher?
Aufklären des Patienten über die
besonderen Risiken des Rauchens
ja
Möchte der Patient das Rauchen zum
jetzigen Zeitpunkt aufgeben?
ja
· Beratung und
Schulung bzgl. nicht
med. und med.
Verfahren der
Raucherentwöhnung
· Einbeziehung von
Angehörigen
nein
Hat der Patient in der
Vergangenheit geraucht?
ja
nein
nein
· regelmäßige
Dokumentation des
Tabakkonsums
· dringliche Empfehlung das
Rauchen aufzugeben
· motivationssteigernde
Maßnahmen (siehe „5 R’s“)
· Beratung und Schulung
zu Verfahren der
Tabakentwöhnung
Maßnahmen zur
Vermeidung eines
Rückfalls
Pharmakotherapie
Das im Therapiealgorithmus vorgesehene stufenweise Vorgehen
bezieht sich auf den Zeitpunkt der klinischen Diagnose eines Typ2-Diabetes im Stadium einer relativen Stoffwechselkompensation.
Frisch diagnostizierte Patienten mit Stoffwechseldekompensation
sollten simultan eine Basis- und Pharmakotherapie erhalten.
Bestärkung und
Unterstützung des
Patienten mit dem Ziel
die Tabakabstinenz
beizubehalten
Die alphabetische Auflistung der oralen Antidiabetika wurde
ganz bewusst gewählt, weil alle Medikamente Vor- und Nachteile
besitzen und diese in Abhängigkeit von der Multimorbidität mit
jedem Menschen mit Typ-2-Diabetes einzeln besprochen und die
Patientenpräferenzen berücksichtigt werden sollen. Vor- bzw.
Landgraf R et al. Praxisempfehlungen DDG/DGIM … Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117–S129
S123
S124
DGG Praxisempfehlung
Nachrangigkeit würde jedem Patienten und Therapeuten die individuelle Entscheidung weitgehend abnehmen.
Metformin
Bis auf die wenig belastbaren Daten aus der UKPDS zu positiven
klinischen Endpunkten, haben neuere Meta-Analysen weder positive noch negative Effekte von Metformin auf kardiovaskuläre
Endpunkte zeigen können.
Die Indikation für die Therapie mit Metformin wurde auf Grund
umfangreicher Publikationen 2015 erweitert:
“Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
hat im März 2015 aufgrund der Bewertung neuer Daten zur Sicherheit der Anwendung von Metformin bei Patienten mit Niereninsuffizienz die Grenze für die Kreatinin-Clearance, ab der Metformin
kontraindiziert ist, von vormals < 60 ml/min (bzw. eGFR < 60/
1,73m2) auf jetzt < 45 ml/min (bzw. eGFR < 45 ml/min/1,73m2)
abgesenkt. Dies bedeutet, dass Patienten mit einer Nierenfunktionseinschränkung Grad 3a (CKD 3a: eGFR 60 – 45 ml/min) in Zukunft mit Metformin behandelt werden können, vorausgesetzt, es
bestehen keine anderen Erkrankungen, die das Risiko für eine Laktatazidose erhöhen. Die maximale Tagesdosis für diese Patienten ist
auf 1000 mg beschränkt, gegeben in zwei Einzeldosen. Die Nierenfunktion muss engmaschig kontrolliert werden (alle 3 – 6 Monate).
Metformin muss sofort abgesetzt werden, wenn die KreatininClearance unter 45 ml/min (bzw. eGFR < 45 ml/min/1,73m2) sinkt.
Besondere Aufmerksamkeit ist erforderlich, wenn sich die Nierenfunktion akut verschlechtern kann, z. B. bei Dehydratation (schwere Diarrhoe oder Erbrechen) oder bei Einleitung einer Therapie mit
Antihypertensiva oder Diuretika und zu Beginn einer Therapie mit
nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAID).” www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RI/2015/RImetformin.html
Sulfonylharnstoffe
Viele retrospektive Studien, Meta-Analysen und Cochrane Reviews zu Sulfonylharnstoffen mit und ohne Metformin zeigten
keinen eindeutigen Benefit dieser Substanzen als Mono-, wie als
Kombinationstherapie in Hinblick auf kardiovaskuläre Endpunkte. Vielmehr zeigten Sulfonylharnstoffe signifikante Steigerungen
der kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität.
Zusätzlich weisen Sulfonylharnstoffe ein Nebenwirkungsprofil auf,
das für viele Menschen mit Typ-2-Diabetes inakzeptabel ist: Gewichtszunahme und vor allem die Gefahr schwerer und prolongierter, teilweise letaler Hypoglykämien, insbesondere bei älteren
Menschen mit Polypharmazie und Nierenfunktionsstörungen.
Repaglinid
Auf Grund eines Beschlusses des G-BA erfolgte ab 01.07.2016 eine
drastische Verordnungseinschränkung für Glinide. Die Verordnungseinschränkung sieht wie folgt aus: „Ausgenommen ist die
Behandlung von niereninsuffizienten Patienten mit einer Kreatinin-Clearance < 25 ml/min mit Repaglinid, soweit keine anderen
oralen Antidiabetika in Frage kommen und eine Insulintherapie
nicht angezeigt ist.“ Eine ausführliche evidenzbasierte Stellungnahme über die Sicherheit, Effizienz und Effektivität einer Repaglinid-Therapie insbesondere bei Hochrisikopatienten von Repaglinid wurde dem G-BA übermittelt (www.deutsche-diabetesgesellschaft.de/stellungnahmen), eine Änderung des Beschlusses
erfolgte nicht.
DPP-4-Inhibitoren
Gliptine zeigen ein günstiges Sicherheitsprofil, einen gewichtsneutralen Effekt, niedrige Hypoglykämieraten und eine klinisch
relevante Verbesserung der HbA1c-Werte.
Die Ergebnisse der RCTs SAVOR® (Saxagliptin), EXAMINE® (Alogliptin), TECOS® (Sitagliptin) zum Effekt von DPP-4-Inhibitoren
auf kardiovaskuläre Endpunkte, zeigen in ihrem primären Endpunkt jeweils kardiovaskuläre Sicherheit des untersuchten DPP4-Inhibitors. Sie sind daher Alternativen zum Einsatz von Sulfonylharnstoffen, die ein deutlich höheres metabolisches und
kardiovaskuläres Risikoprofil aufweisen. In einer umfangreichen
Meta-Analyse zum Risiko von DPP-4-Inhibitoren auf eine Herzinsuffizienz oder eine Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz unter Einbeziehung von RCTs und Beobachtungsstudien kamen die
Autoren zum Schluss, dass der Effekt von DPP-4-Hemmern auf
eine Herzinsuffizienz ungewiss bleibt (relativ kurze Beobachtungszeiten und schlechte Qualität der Evidenz). Bei der Analyse
der Hospitalisierungsraten wegen Herzinsuffizienz fand sich jedoch ein leicht erhöhtes Risiko unter DPP-4-Inhibitoren bei Patienten mit existierenden kardiovaskulären Erkrankungen oder
multiplen Risikofaktoren für Gefässerkrankungen [Li L et al. Dipeptidyl peptidase-4 inhibitors and risk of heart failure in type 2
diabetes: systematic review and meta-analysis of randomized
and observational studies. BMJ 2016; 352: i610].
SGLT2-Inhibitoren
Beim Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren wurden sehr vereinzelt Ketoazidosen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes beobachtet [Peters AL
et al. Diabetes Care 2015; 38: 1687 – 1693], häufiger bei Menschen
mit Typ-1-Diabetes [Peters AL et al. Diabetes Care 2016; 39: 532 –
538]. Nach der US-amerikanischen Arzneibehörde FDA hat auch die
Europäische Arzneimittel-Agentur EMA daher eine Überprüfung
von SGLT2-Inhibitoren angekündigt, die zur Behandlung des Typ-2Diabetes zugelassen sind. Die SGLT-2-Inbitoren Hersteller in
Deutschland haben daher Ärzte und Apotheker am 09.07.2015 über
den Sachverhalt informiert.
In einem kürzlich erschienen ausführlichen Statement kamen die
beiden amerikanischen Fachgesellschaften American College of
Clinical Endocrinologists and American College of Endocrinology
zu folgendem Schluss [Handelsman Y et al. American College of
Clinical Endocrinologists and American College of Endocrinology
Position Statement on the Association of SGLT2-Inhibitors and
Diabetic Acidosis. Endocr Pract. 2016; 22: 753 – 762]:
▶ Es ist unklar, ob Menschen mit Typ-2-Diabetes eine höhere Frequenz von Ketoazidosen (KA) unter SGLT2-Hemmern erleiden.
Die Inzidenz einer KA in klinischen Studien ist niedrig (0.2 – 0.8
Fälle pro 1,000 Patientenjahre). Diese Zahlen spiegeln aber sicherlich nicht die Inzidenz in der Real World Medizin wieder.
Bis zu 6 % der Patienten mit Typ-1-Diabetes, die sich an SGLT2Inhibitor-Studien beteiligten, entwickelten eine KA.
▶ Die meisten Fälle einer KA sind schlecht dokumentiert und
möglicherweise wurden zwar Ketonkörper gemessen, aber keine Ketoazidose dokumentiert. Daher bedarf es zur KA-Diagnose der direkten Messung von Blutketonen (ß-OH-Butyrat),
und des arteriellen pHs. Eine Normo- oder leichte Hyperglykämie schließt eine KA nicht aus!
▶ Die meisten Patienten mit nachgewiesener KA hatten einen
Insulinmangel (vorwiegend bei Patienten mit Typ-1-Diabetes
oder LADA, wenige hatten einen bereits langdauernden Typ2-Diabetes)
▶ Beinahe alle Patienten (Typ-1- und Typ-2-Diabetiker) mit KA
befanden sich in einem katabolen Zustand (Operationen, Myo-
Landgraf R et al. Praxisempfehlungen DDG/DGIM … Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117–S129
DGG Praxisempfehlung
kardinfarkt, schwere Infektionen, langes Fasten, übermäßige
körperliche Belastung).
Empfehlungen auch der amerikanischen Fachgesellschaften im
Umgang mit SGLT2-Inhibitoren:
▶ Absetzen von SGLT2-Inhibitoren 24 Stunden vor einer größeren elektiven Operation.
▶ Unmittelbarer Stop der SGLT2-Hemmer-Therapie bei Notfällen
▶ Vermeiden des Stopps oder einer drastischen Reduktion einer
Insulintherapie.
▶ Vermeidung ketogener/extrem kohlenhydratarmer Kostformen und eines exzessiven Alkoholkonsums
▶ Bei entsprechender Symptomatologie an die Möglichkeit einer
Ketoazidose denken und eine entsprechende Diagnostik einleiten.
Die pathogenetischen Grundlagen und mögliche Auslöser (längeres Fasten, gleichzeitige Gabe von Metformin, übermäßiger Alkoholkonsum, starke Reduktion einer Insulintherapie, …) sind bisher im Einzelnen nicht bekannt oder unzureichend analysiert.
Die Auswirkungen einer SGLT2-Inhibitor-Therapie auf klinische
Endpunkte wurde in einer großen 2015 publizierten RCT [EMPA-REG OUTCOME Studie: Zinman B et al. Empagliflozin, Cardiovascular Outcomes, and Mortality in Type 2 Diabetes. N Engl J
Med 2015; 373: 2117 – 28] untersucht. Patienten mit einem
Typ-2-Diabetes und einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zeigten in einem Beobachtungszeitraum im Mittel von
3,1 Jahren) unter Empagliflozin im Vergleich zu Placebo weniger
kardiovaskuläre Ereignisse 10,5 % vs 12,1 % (HR 0,86; CI 0,74 –
0,99; p < 0,04 für Überlegenheit). Es gab keinen Unterschied in
der Rate von Myokardinfarkten und Schlaganfällen, aber eine signifikant niedrigere Ereignisrate für kardiovaskuläre Mortalität
(3,7 % vs 4,1 %; HR, 0.62 (95 % CI, 0.49 – 0.77;p < 0.001), für Gesamtmortalität (5,7 % vs 8,3 %; HR, 0.68 (95 % CI, 0.57 – 0.82);
p < 0.001) und Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz (2,7 % vs
4,1 %; HR, 0.65 (95 % CI, 0.50 – 0.85); P = 0.002).
In den weiteren Analysen der EMPA-REG Outcome Studie [Wanner C et al. Empagliflozin and Progression of Kidney Disease in
Type 2 Diabetes. N Engl J Med 2016; 375: 323 – 334] konnte gezeigt werden, dass Empagliflozin die Entwicklung und Progression einer Nephropathie bei Patienten mit einer eGFR initial von
≥ 30 ml/Min. verlangsamt: Beginn oder Progression der Nephropathie unter Empagliflozin im Vergleich zur Standardtherapie
(12,7 % vs 18,8 %; HR 0.61; CI 0.53 to 0.70; p < 0.001).
Der Post-Hoc renale Endpunkt (Verdopplung des S-Creatinins,
Nierenersatztherapie, oder Tod durch Nierenerkrankung) war
signifikant niedriger unter Empagliflozin im Vergleich zu Placebo: HR, 0.54 (95 % CI, 0.40 – 0.75; p < 0.001).
Damit ist für den SGLT2-Inhibitor Empagliflozin eindrücklich dessen positive Wirkung auf kardiovaskuläre und renale Endpunkte
belegt. Die zugrundeliegenden Mechanismen der kardio- und renalen Protektion von Empagliflocin sind Gegenstand umfangreicher
Studien: Sattar N et al. SGLT2 Inhibition and cardiovascular events:
why did EMPA-REG Outcomes surprise and what were the likely
mechanisms? Diabetologia (2016) 59: 1333 – 1339; Ele Ferrannini
E et al.CV Protection in the EMPA-REG OUTCOME Trial: A ”Thrifty
Substrate” Hypothesis. Diabetes Care 2016; 39: 1108 – 1114.
Eine kürzlich erschienene Metaanalyse kommt zu dem Schluss,
dass SGLT2-Inhibitoren insgesamt einen günstigen Einfluss auf
kardiovaskuläre Endpunkte zeigen (auch wenn die Analyse durch
die Datenfülle über Empagliflozin getrieben wird): Wu JHY et al.
Effects of sodium-glucose cotransporter-2 inhibitors on cardiovascular events, death, and major safety outcomes in adults with
type 2 diabetes: a systematic review and meta-analysis. Lancet
Diabetes Endocrinol 2016; 4: 411 – 19.
Die European Medicines Agency (EMA) hat einen Review-Prozess
gestartet, um der Frage nachzugehen, ob die Therapie mit SGLT2Inibitoren zu einer erhöhten Rate von Amputationen (meist Zehen) führt, nachdem in den beiden Canagliflozin-Outcome Studien CANVAS (7 in 1,000 Patientenjahren mit 100 mg Canagliflozin
und 5 in 1,000 Patientenjahren mit 300 mg Canagliflozin im Vergleich zu 3 in 1,000 Patientenjahren mit Plazebo) und CANVAS R
(7 in 1,000 Patientenjahren mit Cangliflozin und 5 in 1,000 Patientenjahren mit Placebo) nicht-signifikant erhöhte Amputationsraten dokumentiert wurden. Am 8. Juli 2016 hat das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der EMA den
Review auf Dapagliflozin und Empagliflozin erweitert. Alle bisherigen Recherchen ergaben keine erhöhte Inzidenz von Amputationen unter SGLT2- Inhibitoren: (www.ema.europa.eu/ema/
index.jsp?curl = pages/medicines/human/referrals/SGLT2_inhibitors/human_referral_prac_000 052.jsp&mid = WC0b01ac05805c
516f).
Die FDA hat eine Warnung zu Nierenversagen unter Dapagliflozin
und Canagliflozin publiziert (www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm
505 860.htm) mit der Information, dass sie auf Fallmeldungen beruht und in den Phase-3-Studien bislang nicht beobachtet wurde.
Prädisponierende Risikofaktoren könnten sein: Exsikkose, chronische Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz, Medikamente wie Diuretika, ACE-Hemmer, Angiotensin Rezeptorblocker, und nicht-steroidale Entzündungshemmer. Daher sollte vor Beginn und unter einer
Therapie mit Dapagliflozin oder Canagliflozin periodisch die eGFR
bestimmt werden. Bei akuter Niereninsuffizienz soll die Therapie
mit diesen Substanzen sofort abgebrochen werden.
Die FDA hat außerdem eine Warnung vor einem erhöhten Frakturrisiko durch reduzierte Knochendichte unter Canagliflozin herausgegeben: http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm461449.htm
Vor Beginn einer Therapie mit Canagliflozin soll mit dem Patienten über dieses Risiko gesprochen werden.
GLP-1-Rezeptoragonisten
Für den GLP–1-Rezeptoragonist (RA) Liraglutide wurde kürzlich
eine RCT (LEADER Studie) mit klinisch relevanten Endpunkten publiziert [Marso SP et al. Liraglutide and Cardiovascular Outcomes in
Type 2 Diabetes. N Engl J Med 2016; 375: 311 – 322]. Das Follow-up
der 9340 Patienten betrug im Median 3,8 Jahre. Der zusammengefasste primäre Endpunkt (Erstereignis für kardiovaskulären Tod,
nicht-tödlicher Myokardinfarkt, nicht tödlicher Schlaganfall) war
unter Liraglutid im Vergleich zu Placebo signifikant niedriger (13 %
vs 14,9 %; HR, 0.87; CI 0.78 – 0.97; p < 0.001 für Nichtunterlegenheit
und p = 0.01 für Überlegenheit). Weniger Patienten starben aus kardiovaskulären Gründen (4,7 % vs 6,0 %; HR, 0.78; CI, 0.66 – 0.93;
p = 0.007). Die Gesamtmortalität war unter Liraglutid ebenfalls geringer (8,2 % vs 9,6 %; HR, 0.85; CI, 0.74 – 0.97; p = 0.02). Damit
konnte erstmals auch für einen GLP-1-RA in einer RCT ein
positiver Effekt auf Patienten-relevante Endpunkte nachgewiesen
werden.
In Deutschland nicht zugelassene Wirkstoffe werden in den vorliegenden Praxisempfehlungen und in der NVL nicht diskutiert
" Abb. 5).
(●
Begründung zu Therapiestufe 1
Die Basistherapie umfasst alle lebensstilmodifizierenden, nicht
medikamentösen Maßnahmen. Dazu zählen Schulung und Training des Patienten, Ernährungstherapie, Steigerung der körperlichen Aktivität und Nichtrauchen (NVL Typ-2-Diabetes mellitus)
Landgraf R et al. Praxisempfehlungen DDG/DGIM … Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117–S129
S125
S126
DGG Praxisempfehlung
Menschen mit Typ-2-Diabetes
Fettstoffwechselstörung
Hyperglykämie
Arterielle
Hypertonie
Rauchen
Adipositas
Maßnahmen auf Grundlage der vereinbarten individuellen Therapieziele (s. Tab. Therapieziele)
Erste Stufe: Basistherapie (gilt zusätzlich auch für alle weiteren Therapiestufen):
Schulung, Ernährungstherapie, Steigerung der körperlichen Aktivitäten, Raucher-Entwöhnung, Stressbewältigung
HbA1c-Zielkorridor:
6,5 % bis 7,5 %
Siehe Website DDG
Siehe NVL
Nierenerkrankungen +
Algorithmus
Seite xxx
Raucherentwöhnungsprogramm
S3-LL: Adipositas
Prävention und Therapie
S3-LL: Chirugie der
Adiposotas
Individuelles HbA1c-Ziel2 nach 3 bis 6 Monaten nicht erreicht
Zweite Stufe: Basistherapie plus Pharmaka-Monotherapie
1. Wahl
Metformin
Monotherapie bei Metformin-Unverträglichkeit/-Kontraindikationen3
– DPP-4-Inhibitor
– GLP-1-Rezeptoragonist
– Glukosidasehemmer**
– Insulin (häufig Verzögerungsinsulin)
– SGLT2-Inhibitor
– Sulfonylharnstoff4,5
Individuelles HbA1c-Ziel1
nach 3 bis 6 Monaten nicht erreicht
Dritte Stufe: Pharmaka-Zweifachkombination
Zweifachkombination (Substanzen in alphabetischer Reihenfolge6):
– DPP-4-Inhibitor
– GLP-1-Rezeptoragonist
– Glukosidasehemmer
– Insulin (häufig Verzögerungsinsulin)
– SGLT2-Inhibitor
– Sulfonylharnstoff3
– Ploglitazon**
Individuelles HbA1c-Ziel1
nach 3 bis 6 Monaten nicht erreicht
Vierte Stufe: Intensivierte(re) Insulin- und Kombinationstherapieformen7
Intensivierte- und Kombinations-Therapie
Zusätzlich zu oralen Antidiabetika (insbesondere Metformin, SGLT2- oder DPP-4-Inhibitor)
– Verzögerungsinsulin oder
– Verzögerungsinsulin + GLP-1-Rezeptoragonist (Zulassungsstatus beachten) oder
– Prandiales kurzwirkendes Insulin (SIT) oder
– Prandiales Insulin + Dulaglutid
– Konventionelle Insulintherapie (CT)
– Intensivierte Insulintherapie (ICT, CSII)7
sowie Stressbewältigungsstrategien. Ein wichtiges Ziel ist die
Stärkung des Willens zu einer gesunden Lebensweise (auf das
Rauchen verzichten, diabetesgerechte Ernährung, Bewegung,
" Abb. 5).
Einschränkung des Alkoholkonsums) (●
Da sehr viele Menschen mit Typ-2-Diabetes neben der chronischen Hyperglykämie eine Vielzahl von weiteren vaskulären Risikofaktoren aufweisen, ist die Behandlung dieser Menschen komplex und soll alle Risikofaktoren individuell berücksichtigen. Um
dies deutlicher hervorzuheben, wurde der bisherige Therapie-Algorithmus modifiziert und so wesentliche kardiovaskuläre Risiken detaillierter adressiert. Insbesondere die Lipidstoffwechselstörungen sollen in einem aktuellen Positionspapier der DDG
zur Lipidtherapie (in Vorbereitung und im Herbst auf www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de) veröffentlicht werden.
Die arterielle Hypertonie ist ebenfalls ein extrem wichtiges Behandlungsziel. Detaillierte Angaben zur Behandlung der Hypertonie wurden in der NVL Nierenerkrankungen bei Diabetes im
Abb. 5 Therapie-Algorithmus.
1
= Lebensstilmodifizierende, nicht medikamentöse Therapiemaßnahmen stellen auf jeder Therapiestufe die Basistherapie
dar, sind aber häufig allein nicht ausreichend. Bei Patienten, bei
denen mit lebensstilmodifizierenden Maßnahmen keine ausreichenden Erfolge abzusehen sind (aufgrund von Adhärenzproblemen, Schweregrad, Multimorbidität), können diese Maßnahmen sofort mit Metformin kombiniert werden, solange
keine Kontraindikationen bestehen (siehe Begründung Therapiestufe 2).
2
= HbA1c-Zielkorridor von 6,5 – 7,5 % (siehe Tabelle „Orientierungsgrößen der Therapieziele“).
Ein HbA1c-Zielwert < 6,5 soll nur dann angestrebt werden,
wenn:
– Hypoglykämien (insbesondere schwere) weitestgehend vermieden werden,
– der therapeutische Effekt nicht mit einer wesentlichen Gewichtszunahme einhergeht,
– bei Vorliegen der Indikation für eine Mehrfachkombination
von oralen Antidiabetika (d. h. in der Regel mehr als zwei)
nur solche ohne intrinsisches Hypoglykämiepotenzial verwendet werden,
– eine kürzere Diabetesdauer und keine klinisch relevanten
Komorbiditäten vorliegen.
3
= Zum therapeutischen Stellenwert der einzelnen Wirkstoffe/
Wirkstoffgruppensiehe Hintergrundinformationen in diesen
Praxisempfehlungen und auch in den entsprechenden Kapiteln
der NVL-Langfassung.
4
= Die Kombination von Metformin und Sulfonylharnstoffen
(Glibenclamid) kann möglicherweise die kardiovaskuläre Mortalität erhöhen. Eine Reihe von Meta-Analysen umfangreicher
retrospektiver Studien zu Sulfonylharnstoffen mit und ohne
Metformin zeigt signifikante Steigerungen kardiovaskulärer
Komplikationen und eine erhöhte Mortalität.
5
= Bei der Gruppe der Sulfonylharnstoffe ist davon auszugehen, dass nicht alle Wirksubstanzen gleichermaßen nützen.
Siehe Kapitel H 6 NVL Langfassung – Sulfonylharnstoffe.
6
= Zu Dreifachkombinationen mit oralen Antidiabetika liegen
keine Studien mit klinisch relevanten Endpunkten vor. Das Sicherheitsprofil kann einerseits durch steigende unerwünschte
Arzneimittelinteraktionen eingeschränkt sein, andrerseits
können aber orale Dreifachkombinationen ohne hypoglykämisierende Substanzen Vorteile gegenüber einer Therapieeskalation mit Insulin haben. Die Abnahme der Therapietreue bei
Polypharmazie sollte jedoch berücksichtigt werden. Infolge der
Erweiterung der Datenlage und mit der Einführung neuer Substanzgruppen ist eine neue Situation entstanden, die Dreifachkombinationen gegenüber der Therapieeskalation in Richtung einer Insulintherapie günstig erscheinen lassen.
7
= Bei Nichterreichen des individuellen Therapieziels unter ICT
stellt die Insulinpumpentherapie (CSII) eine Therapieoption
dar.
* = siehe kritische Wertung der Evidenz für die Therapie mit
Sulfonylharnstoffen in der NVL-Langfassung.
** = Diese beiden Substanzen spielen eine geringe Rolle in den
Verordnungszahlen. Pioglitazon wird über die GKV nicht mehr
erstattet.
Erwachsenenalter publiziert (www.leitlinien.de/nvl). Ein hilfreicher Therapie-Algorithmus zur Behandlung der Hypertonie aus
" Abb. 6 dargestellt.
dieser NVL ist in ●
Begründung zu Therapiestufe 2
Die Basistherapie spielt bei jeder weiteren Stufe der Therapiemodifikation eine wichtige Rolle. Falls diese vom Menschen mit Diabetes nicht oder unzureichend umsetzbaren lebensstilmodifizierenden Maßnahmen in absehbarer Zeit (3-max. 6 Monate)
nicht erfolgreich oder nicht sinnvoll sind, ist eine frühe Pharmakotherapie zur Erreichung des individuellen Therapieziels angezeigt. Wenn immer möglich, sollte wegen des patientenrelevanten Nutzens mit Metformin in langsam aufsteigender Dosierung
begonnen werden. Bei Kontraindikationen oder schlechter Verträglichkeit von Metformin stehen andere Optionen zur Monotherapie zur Verfügung, deren Einsatz nach patientenrelevantem
Nutzen (Einfluss auf Körpergewicht, Hypoglykämiegefahr, meta-
Landgraf R et al. Praxisempfehlungen DDG/DGIM … Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117–S129
DGG Praxisempfehlung
Blutdruckmessung
in der Praxis evtl. plus ambulantes Blutdruckmonitoring
(ABDN) und Selbstmessung
RR 140/90 mmHg
Ziel:
Diastolischer Zielblutdruck
80 mmHg (systolischer
Blutdruck < 140 mmHg),
außerdem ggf. Rückbildung
von Albuminurie und linksventrikulärer Hypertrophie
Abb. 6 Algorithmus zur Behandlung einer arteriellen Hypertonie (NVL Nierenerkrankungen bei
Diabetes im Erwachsenenalter, Seite 33;
www.leitlinien.de/nvlwww.leitlinien.de/nvl).
RR 130 – 139/80 – 89 mmHg
Nichtmedikamentöse
Maßnahmen
Ziel innerhalb 3 Monaten
nicht erreicht
Nichtmedikamentöse Maßnahmen
+
ACE-Hemmer*
oder
AT1-Rezeptorantagonist*
Ziel nicht erreicht, in Abhängigkeit
von Begleiterkrankungen, Verträglichkeit und Blutdruckmessung
+ Diur.
dann zusätzlich KA oder BB,
dann zusätzlich α-BI
+ KA,
dann zusätzlich Diur.
oder BB**,
dann zusätzlich α-BI
* Bei Vorliegen von Kontraindikationen alternativ Diuretikum, Kalziumantagonist oder Betablocker,
bei Frauen im gebärfähigen Alter ohne wirksame Kontrazeption Kalziumantagonist evtl.
auch Betablocker
** Keine Kombination von Betablocker mit Verapamil oder Diltiazem
Diur. = Diuretikum
KA = Kalziumantagonist
BB = Betablocker
α-BI = Alphablocker
bolische Effekte, Kontraindikationen (eGFR!), Nebenwirkungsprofil und klinischen Endpunkten) und entsprechender vollständiger Aufklärung des Patienten bezüglich Nutzen und Schaden
im Einvernehmen mit dem Patienten erfolgen soll.
Begründung zu Therapiestufe 3
Eine Zweifachkombination ist für viele Patienten aus metabolischen Gründen notwendig und günstiger im Hinblick auf Nebenwirkungen der Einzelsubstanzen, da in der Kombination häufig
niedriger dosiert werden kann. Für die Auswahl der Kombinationen gibt es wenig eindeutige Evidenz. Dabei spielen Patientenpräferenzen, individuelle Therapieziele, Einfachheit der Behandlung,
eventuelle Kontraindikationen und die in Stufe 2 genannten Überlegungen eine wichtige Rolle. Falls aufgrund der Komplexität der
Therapie der vaskulären Risikofaktoren oder von Komorbiditäten
(u. a. COPD, Depression, chronische Schmerzzustände etc.) die
Zahl oraler Antidiabetika zu komplex wird, können Kombinations-
präparate oder parenterale blutglukosesenkende Prinzipien sinnvoll und für den Patienten hilfreich sein. Je höher das HbA1c,
umso wahrscheinlicher ist ein früher Einsatz von Insulin notwendig, was jedoch nicht bedeutet, dass die initiale Insulintherapie
nach Stoffwechselrekompensation fortgesetzt werden muss.
Die Gabe von mehr als 2 oralen Antidiabetika kann individuell
sinnvoll sein, wenn eine Insulintherapie noch nicht indiziert ist,
der Patient mit einer Insulintherapie (noch) nicht einverstanden
ist oder aus anderen Gründen diese Therapie hinausgezögert
kommen kann. Eine orale Dreifachkombinationstherapie ist in
der Kombination von Metformin, einem DPP-4-Inhibitor und
einem SGLT2-Hemmer eine sichere und effektive Kombination.
Klinische Endpunktstudien zu Dreifachkombinationen liegen
derzeit nicht vor. Zu beachten ist jedoch auch, dass es bei einer
oralen Dreifachkombination zu Pharmaka-Interaktionen und
vermehrten Nebenwirkungen kommen kann. Bei Nichtansprechen einer Therapie (sogenannte Non-Responder) ist immer die
Landgraf R et al. Praxisempfehlungen DDG/DGIM … Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117–S129
S127
S128
DGG Praxisempfehlung
Therapietreue mit dem Patienten zu besprechen, bevor eine Eskalation der Behandlung erfolgt.
Die Kombination eines oralen Antidiabetikums (meist Metformin) mit einem GLP-1-Rezeptoragonisten ist vorzugsweise günstig bei Patienten mit erheblichen Gewichtsproblemen, Neigung
zu Hypoglykämien und Komorbiditäten (klinisch manifeste kardiovaskuläre Erkrankungen), die den Einsatz von z. B. Sulfonylharnstoffen eher verbieten.
Begründung zu Therapiestufe 4
Eine Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes ist in jeder Stufe der Therapie zumindest initial angezeigt, wenn das HbA1c hoch ist und
eine rasche Stoffwechselverbesserung angestrebt werden soll.
Sobald eine Stoffwechselkompensation (Reduktion der Glukosetoxizität) erreicht ist, kann nicht selten, insbesondere bei kürzerer
Diabetesdauer, auf Insulin verzichtet werden. Flexibilität der Therapieentscheidungen aufgrund der Heterogenität des Typ-2-Diabetes und der individuellen Therapieziele ist in jeder Stufe der
Behandlung notwendig. Meist sind Überzeugungsarbeit zur Akzeptanz einer Injektionsbehandlung und ein(e) ausführliche(s)
Schulung/Training des Patienten notwendig.
Welche Form der Insulintherapie gewählt wird, richtet sich nach
den individuellen Voraussetzungen und Bedürfnissen des Patienten und den Blutglukoseprofilen im Alltag. Oberstes Gebot jeder
Insulintherapie ist die Vermeidung von schweren Unterzuckerungen und einer signifikanten Gewichtszunahme. Dies bedeutet
eine Strategie nach dem Motto „Start low“ (z. B. mit einer Insulindosierung von 0,1 – 0,2 Einheiten/kg Körpergewicht/Tag; Ausnahme erhebliche Stoffwechseldekompensation). Detaillierte
Dosierungsempfehlungen würden den Rahmen dieser Praxisempfehlungen sprengen. In Abhängigkeit von der mit dem Patienten vereinbarten Therapieform sollte ein relativ starres (BOT,
CT) oder flexibleres Insulinregime (prandiales Insulin, ICT) gewählt werden, wobei beim flexiblen Insulinregime der Patient
gelernt haben sollte, die Dosierung selbst an die Blutglukosewerte und die täglichen Notwendigkeiten anzupassen. In Einzelfällen
ist bei unzureichender Therapieziel-Erreichung unter ICT eine
CSII indiziert.
Schlusswort und Empfehlung
!
In der umfangreichen evidenzbasierten NVL „Therapie des Typ2-Diabetes“ werden neben den Themen, die in den Praxisempfehlungen weitgehend tabellarisch abgehandelt werden, zusätzliche Probleme diskutiert wie:
1. Besondere Situationen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes
▶ Hypoglykämie
▶ perioperatives Management
▶ diabetisches Koma
▶ Diabetes in der Arbeitswelt
▶ Diabetes und Kraftfahren
2. Versorgungskoordination und Nahtstellenmanagement
▶ Hausärzte: Bereich der Grundversorgung (Langzeitbetreuung)
▶ Diabetologisch qualifizierte Ärzte und diabetologische
Schwerpunktpraxen
▶ Versorgung zur Prävention und Behandlung von Folgeerkrankungen
▶ stationäre Versorgung
3. Rehabilitative Versorgung
Alle Inhalte und Aussagen der NVL sind nach der bestverfügbaren
Evidenz im Konsens verabschiedet, umfangreich begründet und
belegt worden. Details insbesondere auch zur Pharmakotherapie
werden in der Langfassung der NVL ausführlich diskutiert.
Literatur
!
www.versorgungsleitlinien.de:
▶ Asthma
▶ COPD
▶ Fußkomplikationen
▶ Herzinsuffizienz
▶ KHK
▶ Netzhautkomplikationen
▶ Neuropathie
▶ Nierenerkrankungen
▶ Strukturierte Schulungsprogramme
▶ Therapie des Typ-2-Diabetes
▶ Unipolare Depression
Interessenkonflikte
!
R. Landgraf erklärt als Erstautor folgende potenzielle Interessenkonflikte:
▶ Advisory Boards: Lilly Deutschland, Novo Nordisk Pharma
▶ Vortragshonorare: Lilly Deutschland, Novo Nordisk Pharma,
MSD, Roche Diagnostics
▶ Forschungsunterstützung für die Deutsche Diabetes Stiftung:
Alere, Bayer, Beurer, Daiichi Sankyo, GlaxoSmithKline, Industrie Forum Diabetes, Lilly Deutschland, Novo Nordisk Pharma,
Sanofi
M. Kellerer erklärt als Mitautorin folgende potenzielle Interessenkonflikte:
▶ Vortrags- und Beratungshonorare: BMS, AstraZeneca, UCBPharma, Boehringer Ingelheim, MSD, Lilly, Sanofi, Roche,
Novartis, Janssen-Cilag
▶ Aktien und Beteiligungen: keine
E. Fach erklärt als Mitautorin, dass sie keine wirtschaftlichen oder
persönlichen Verbindungen im genannten Sinne hat.
B. Gallwitz erklärt als Mitautor folgende potenzielle Interessenkonflikte:
▶ Advisory Boards/Beratertätigkeit: AstraZeneca & Bristol Myers
Squibb, Boehringer Ingelheim, Eli Lilly & Co., Hoffmann-La
Roche, Janssen, Merck Sharp & Dohme, Novartis, Novo Nordisk
▶ Forschungsunterstützung: AstraZeneca, Boehringer Ingelheim, Eli Lilly & Co., Novartis, Novo Nordisk (direkt an Eberhard-Karls-Universität Tübingen)
▶ Vortragstätigkeiten: Abbott, AstraZeneca & Bristol Myers
Squibb, Boehringer-Ingelheim, Menarini/Berlin-Chemie, Eli
Lilly & Co., Hoffmann-La Roche, Merck Sharp & Dohme, Novartis, Novo Nordisk, Sanofi, Takeda
▶ Firmenanteile/Aktien: keine
A. Hamann erklärt als Mitautor folgende potenzielle Interessenkonflikte:
▶ Forschungsunterstützung: Novo Nordisk, Lilly, MSD, AstraZeneca, Boehringer Ingelheim
▶ Vortragstätigkeit: AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb, MSD,
Boehringer Ingelheim, Berlin-Chemie, Lilly, Novo Nordisk,
Novartis, Sanofi-Aventis
▶ Beratertätigkeit: Lilly, GlaxoSmithKline, AstraZeneca, Boehringer Ingelheim, Bristol-Myers Squibb, Merz, MSD, Janssen-Cilag
H. G. Joost erklärt als Mitautor folgende potenzielle Interessenkonflikte:
Landgraf R et al. Praxisempfehlungen DDG/DGIM … Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117–S129
DGG Praxisempfehlung
▶ Beratertätigkeit:
AstraZeneca, Boehringer Ingelheim, MSD,
Novartis
▶ Vortragshonorare: AstraZeneca, Berlin-Chemie, Eli Lilly, Novartis, Novo Nordisk
▶ Aktienbesitz der Fa. Bayer
H. H. Klein erklärt als Mitautor folgende potenzielle Interessenkonflikte:
▶ Beratungsgremium: AstraZeneca, Janssen Cilag, GlaxoSmithKline
▶ Vortragshonorar: Berlin-Chemie
D. Müller-Wieland erklärt als Mitautor folgende potenzielle Interessenkonflikte:
▶ Mitglied im Advisory Board und Vortragshonorare in den letzten 3 Jahren von folgenden Firmen: MSD, BMS, AstraZeneca,
Daiichi Sankyo, Novartis, Boehringer Ingelheim, Roche Pharma, Sanofi
M. A. Nauck erklärt als Mitautor folgende potenzielle Interessenkonflikte:
▶ Mitgliedschaft bei Beratungsgremien: Berlin Chemie, Amylin
Pharmaceuticals, Boehringer Ingelheim, Fractyl, Eli Lilly & Co.,
GlaxoSmithKline, MSD, Novo Nordisk, Sanofi, Intarcia Therapeutics mitgewirkt; er hat Berater-Honorare von Amylin Pharmaceuticals, AstraZeneca, Berlin Chemie, Boehringer Ingelheim, Eli Lilly & Co., GlaxoSmithKline, Hoffman La Roche,
Intarcia Therapeutics, Janssen, MSD, Novartis, Novo Nordisk,
Sanofi
▶ Honorare: AstraZeneca, Berlin Chemie, Boehringer Ingelheim,
Diabate, Eli Lilly & Co., Incretin Expert Program, Medscape,
MSD, Novartis, Novo Nordisk
▶ Forschungsunterstützung: Novo Nordisk, MSD, Sanofi-Aventis,
Eli Lilly & Co., Novartis
H.-M. Reuter erklärt als Mitautor, dass er in den letzten 3 Jahren in
Beratungsgremien für Lilly Deutschland, Berlin-Chemie, MSD, Novo
Nordisk, BMS und AstraZeneca tätig war und Vortragshonorare von
Lilly, MSD, Berlin-Chemie, BMS und AstraZeneca erhalten hat.
S. Schreiber erklärt als Mitautor, dass er während der letzten
3 Jahre keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen
in Bezug auf das Manuskript hatte.
E. Siegel erklärt als Mitautor, dass er während der letzten 3 Jahre
keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen in Bezug
auf das Manuskript hatte.
Institute
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Deutsche Diabetes Stiftung, München
Innere Medizin I, Marienhospital Stuttgart
Studienzentrum Stephanskirchen
Medizinische Klinik IV, Universitätsklinikum Tübingen
Medizinische Klinik IV, Hochtaunuskliniken gGmbH, Bad Homburg v.d.H.
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE),
Nuthetal
Medizinische Klinik I, Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum
Bergmannsheil, Bochum
Abt. für Innere Medizin I, Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
St. Josef-Hospital, Klinikum der Ruhr-Universität, Bochum
Innere Medizin/Diabetologie, GP Ambulantes Medizinisches Zentrum, Jena
Diabeteszentrum Schreiber, Quickborn
Abteilung für Innere Medizin – Gastroenterologie, Diabetologie/Endokrinologie und Ernährungsmedizin, St. Josefskrankenhaus Heidelberg GmbH
Details und weiterführende Informationen wie Literatur, Evidenzbewertungen, Interessenkonflikte finden sich in der Langfassung/S3-Leitlinie/
NVL: http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/
Redakteur/Leitlinien/Evidenzbasierte_Leitlinien/NVL-Therapie_DM2_
lang_Aug_13_geae_Nov_2014.pdf
Landgraf R et al. Praxisempfehlungen DDG/DGIM … Diabetologie 2016; 11 (Suppl 2): S117–S129
S129
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