Die älteste Stadt der Niederlande Nijmegen ist die älteste Stadt unseres Landes. Forschungen nach den Bruchstücken des Götterpfeilers, gefunden auf dem Platz vor dem Museum Het Valkhof, haben klar gemacht, dass die Stadt bereits im Jahre 17 nach Christus ein wichtiger Ort gewesen sein muss. Frühere Forschungen hatten schon erwiesen, dass Nijmegen ca. im Jahr 100 Stadtrecht erhielt. Nijmegen hatte also schon ihre Gründe, vor zwei Jahren 2000 Jahre Leben, 1900 Jahre Stadt zu feiern. Wir wollen mal sehen, wie es der Stadt in diesen 2000 Jahren ergangen ist. Nijmegen in der römischen Zeit Am Anfang unserer Zeitrechnung wurde Nijmegen dank ihrer günstigen Lage eine nördliche Grenzstätte des römischen Reiches. Die Bataver, die hier schon früher wohnten, wurden Bundesgenossen der Römer. Als Verbündete genossen sie bestimmte Privilegien; so wurden sie von der Steuerzahlung befreit. Aus Grabungen ist hervorgegangen, dass die Römer kurz vor der Zeitwende auf dem Hunnerberg ein Heerlager aus holz einrichteten, groß genug für zwei Legionen (12.000 Männer). Auf dem noch höher gelegenen Kops Plateau bauten sie einen Kommandoposten. Auf dem heutigen Valkhof entstand eine römisch-batavische bürgerliche Siedlung: das Oppidum Batavorum (Stadt der Bataver). An dieser Stelle wurden 1980 Bruchstücke eines römischen Götterpfeilers gefunden. Diese stammen aus dem Jahr 17, und sind der Beweis dafür, dass Nijmegen die älteste Stadt der Niederlande ist. Im Jahr 69 kam es zur Revolution der Bataver, unter Anführung des Adligen Julius Civilis. Ihre alten Privilegien wurden immer mehr angegriffen. Anfangs war der Aufstand erfolgreich, doch schon bald wendete sich das Blatt zugunsten der Römer. Civilis wurde bij Xanten geschlagen. Er floh und zog zurück auf das Oppidum Batavorum, das er dann tauschte für das, was jetzt die Betuwe ist, allerdings nicht bevor er das Oppidum geplündert und niedergebrannt hatte. Nach dem Bataveraufstand errichteten die Römer im Jahr 71 ein neues Lager auf dem Hunnerberg, die Castra (Truppenlager) der Zehnten Legion Gemina. Zur gleichen Zeit legten sie an der Stelle des heutigen Waterkwartier eine komplett neue Stadt an: Ulpia Noviomagus Batavorum (Neuer Ulpischer Markt im Land der Bataver). Ulpia verweist auf den Familiennamen von Marcus Ulpius Trajanus, dem Kaiser, der ca. im Jahr 100 Nijmegen das Stadt- und Marktrecht verlieh. Vom römischen Namen Noviomagus wurde der heutige Name Nijmegen abgeleitet. Den Namen Noviomagus (Noviomagi) findet man wieder auf der sogenannten Peutinger Karte, einer mittelalterlichen Kopie von einer römischen Armeekarte. Um 270 herum verließen die Römer die Stadt im Westen. Es fiel ihnen immer schwerer, die Grenzen ihres Reiches zu verteidigen. Im 4. Jahrhundert konnte Konstantin der Große das Chaos an den Grenzen seines Reiches beenden. Im Rahmen dessen wurde das Gelände des heutigen Valkhof neu eingerichtet. Man baute ein Castellum (Fort), mit tiefen, breiten Gräben. Anfangs hielten sich dort vor allem die römischen Truppen auf, später aber immer mehr die fränkische Mannschaft, die bei der Verteidigung der Reichsgrenzen half. Das Castellum stand mit einem Wachposten in Heumensoord in Verbindung. Am östlichen Kai der Waal wurde eine verstärkte Siedlung gebaut. Auch im Waterkwartier, wo sich früher die 1 Stadt Ulpia Noviomagus befand, fand man Spuren von Bewohnug vor. Am Anfang des 5. Jahrhunderts erlagen die römischen Reichsgrenzen endgültig den germanischen Einfällen, und die Römer verschwanden lautlos von der Nijmegener Bildfläche. Nijmegen Karlsstadt Das Castellum auf dem Valkhof ging ca. 500 in fränkische Hände über. Aus Grabresten in der Umgebung der Mariënburg ist hervorgegangen, dass Nijmegen nach dem Abgang der Römer bewohnt geblieben ist. Es wurden Münzen vorgefunden, welche hier um 600 herum geprägt worden sind. Auch gibt es Beweise dafür, dass es in Ubbergen damals eine Töpferei gegeben hat. Aus dieser Zeit stammt wahrscheinlich die älteste Kirche von Nijmegen, auf dem Valkhofhügel, und dem ersten Märtyrer des Christentums, St. Stephan, gewidmet. Sankt Stephan wurde ab dieser Zeit der Schutzheilige von Nijmegen. Im 8. Jahrhundert gehörte Nijmegen wiederum zu einem großen Reich. Karl der Große machte Numaga, wie die Stadt damals hieß, zu seiner nördlichst gelegenen Residenz. An der Stelle des ehemaligen Castellum ließ er eine Pfalz errichten. Die karolingischen Fürsten kannten noch keine feste Residenz, aber ab 777 besuchte Karl öfters die Pfalz, um dort die Ostertage zu verbringen, Gesandte zu empfangen, Besprechungen zu führen oder Urkunden zu erlassen. Dank Karl dem Großen schmückt Nijmegen sich immer noch mit dem Namen Karlsstadt oder Kaiserstadt. Die Burg wurde mehrmals zerstört und wieder aufgebaut. Nach den jüngsten Ansichten wurde dort ca. 1050 im Auftrag des salischen Kaisers Heinrich III. die St. Nikolauskapelle gebaut. Die Kapelle ist erhalten geblieben und weist starke Parallele mit der Pfalzkapelle in Aachen auf, die im Auftrag von Karl dem Großen gebaut wurde. Die Verehrung von St. Nikolaus, von der die Kapelle ihren Namen herleitete, soll ein Jahrhundert früher in Nijmegen und Umgebung eingeführt worden sein von der byzantinischen Prinzessin Theophanu, die als Gattin des Kaisers Otto II. Nijmegen öfters besuchte. Die Legenden vom hl. Nikolaus, wie es die im byzantinischen Reich gab, sollen der örtlichen Bevölkerung von der Hofhaltung der Prinzessin überliefert worden sein. Im Jahr 1155 errichtete Friedrich Barbarossa, der Karl den Großen als sein großes Vorbild betrachtete, an der Stelle der karolingischen Pfalz eine neue Burg mit einem imposanten Riesenturm in der Mitte. Diese Burg, von der die Barbarossaruine oder St. Martinskapelle jetzt noch übrig geblieben ist, hat das Stadtbild bis Ende des 18. Jahrhunderts dominiert. Von Reichsstadt bis zur geldrischen Stadt Im späten Mittelalter entstanden die großen Flüssen entlang wohlhabende Handelsstädte. Auch Nijmegen entwickelte sich vom Waalufer aus von einer kleinen Handelssiedlung zu einer blühenden Stadt. Dass sie zu einem so wichtigen wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum wachsen konnte, verdankte sie hauptsächlich ihrer günstigen Lage an einer Kreuzung von Land- und Wasserstraßen. Außerdem war die Stadt von fruchtbarem Flußklei umgeben. Die örtliche Landwirtschaft lieferte genug Nahrung für die wachsende Bevölkerung. 2 Im 13. Jahrhundert fiel das Heilige Römische Reich immer mehr in Herzogtümer und Grafschaften auseinander. Der Einfluß des Kaisers nahm demzufolge ab. Nijmegen, inzwischen wichtiges Handelszentrum sowie kaiserliche Residenz, wurde 1230 vom römischen König Heinrich VII. das gleiche Stadtrecht verliehen wie Aachen: sie wurde eine freie Reichsstadt mit einer eigenen Verwaltung und einer eigenen Jurisdiktion, unmittelbar dem Kaiser untergeordnet. Kurz danach, im Jahre 1247, geriet die Stadt aber in geldrische Hände: Graf Otto II. von Geldern und Zutphen bekam sie als Pfand vom bedürftigen römischen König Wilhelm II. Da das Darlehen von 16.000 Marken nie bezahlt wurde, blieb Nijmegen geldrisch. Die Geschichte von Geldern hatte 878 mit der gleichnamigen Siedlung angefangen. Im 11. jahrhundert entstand um diese Siedlung die Grafschaft Geldern, die letztendlich aus vier Quartieren bestand, von denen Nijmegen eins war. Erste Stadt von Geldern Durch den Grafen Otto II. konnte Nijmegen sich weiter entwickeln. Unter seiner Herrschaft wurde die Stadt zum ersten Mal ummauert, und wurde die Burg verstärkt. Da die alte Pfarrkirche dem Ausbau der Burg im Wege stand, wurde sie abgerissen und es erschien eine neue Kirche auf dem noch fast unbebauten Hundisberg. Die Weihe der St. Stephanskirche im Jahre 1273, von Albertus dem Großen, ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Stadt. Nijmegen hatte nun eine starke Burg, Stadtmauern, eine große Pfarrkirche, verschiedene Klöster, einen Hafen mit Lagerhäusern und eine Zahl von sogenannten Stadtschlössern, bewohnt von reichen Handelsleuten und Notabeln. Die Kaufleute von Nijmegen unterhielten enge Beziehungen mit Paris und den flämischen Städten, den damaligen wirtschaftlichen Zentren der Welt. Im 14. Jahrhundert erreichte die Stadt einen vorläufigen Höhepunkt. Das Rathaus, das Fleischhaus und die Waage zogen vom Waalufer zum oberen Teil der Stadt. Die Stadtmitte bekam ihre endgültige Form, da sich die Macht nun auch in verwaltungsmäßiger und wirtschaftlicher Hinsicht auf dem Hundisberg und Umgebung konzentrierte. Die älteste Quelle, in der ein Rathaus an der Ecke Burchtstraat und Lange Nieuwstraat erwähnt wird, datiert von 1395. Der Platz zwischen Kirche und Rathaus wurde als Marktplatz eingerichtet: der heutige Grote Markt. Schon im Jahr 1310 gab es am St. Stevenskerkhof eine Lateinische Schule. Nijmegen war damals die wichtigste Stadt von Geldern. Sie mischte sich immer mehr in die interne geldrische Politik ein, in der sie schließlich eine führende Rolle eroberte. Im 15. Jahrhundert wuchs sie sogar zu einer der wichtigsten und dichtest bevölkerten Städte der Niederlande. Arnhem und andere geldrische Städte blieben weit hinter ihr zurück. Die Bevölkerungszunahme erforderte eine neue Ummauerung, deren Reste sich jetzt noch im Hunner- und Kronenburgerpark vorfinden. Auch der Stratenmakerstoren und die Lieve Vrouwenpoort an der Waalkade gehören zu dieser Ummauerung des 15. Jahrhunderts. 1402 trat Nijmegen dem mächtigen Hansebündnis bei, einem Netz von Städten, das vor allem den Handel mit den Ostseeländern förderte. Die Kaufleute und Schiffer von Nijmegen, wie die Handwerksleute, organisierten sich in Zünften, deren Handel und Wandel weitgehend von den Stadtbehörden bestimmt wurde. Das Verhältnis zwischen den Stadtbehörden und den Zünften änderte sich mit der Gründung der Sinterclaesgilde: einer Gemeinschaft der wichtigsten Zünfte, die ab ca. 1425 die Stadtbehörden wie eine Art von Rechnungsamt kontrollierte. Die Sinterclaesgilde 3 bekam immer mehr Einfluss auf die Behörden. Anfang des 16. Jahrhunderts bestimmten die Claesmeister sogar die Wahl der Ratsmitglieder. Die Zahl der Kirchen und Klöster nahm im späten Mittelalter stark zu, während sich die bestehenden Kirchen und Klöster vergrößerten. Auf dem Mariënburgplein steht noch die von 1431 datierende Kapelle der Schwestern der Kongregation von Windesheim, die das zur Kapelle gehörende Kloster bewohnten. An der Stelle des Nonnenklosters wurde 1823 ein (Waffen)arsenal gebaut, das bis vor sechs Jahren als Stadtarchiv eingerichtet war. Blühendes kulturelles Leben Der Reichtum der Stadt förderte die Kunst. Im 15. Jahrhundert gibt es davon zahlreiche Beispiele. So hat hier eine Künstlerfamilie Maelwael gewohnt, aus der die berühmten Brüder Van Limburg hervorgegangen sind. Obwohl sie ihre Kunstwerke in Frankreich herstellten, blieben sie mit ihrer Vaterstadt verbunden (Archivalien aus dem Regionaal Archief Nijmegen haben das nachgewiesen). Die Brüder Herman, Paul und Johan van Limburg wurden ca. 1400 von ihrem Onkel, dem Maler Johan Maelwael, nach Frankreich geholt. Sie traten dort die Stelle an beim burgundischen Herzog Philips de Stoute (der Kühne), der kurz danach starb. Sein Bruder, Herzog Jean de Berry, nahm die Brüder dann in seine Obhut, und für ihn machten sie ihre besten Werke: die Stundenbücher Les Belles Heures und Les Très Riches Heures. Nijmegen war damals kein wichtiges Zentrum der Wissenschaft. Dennoch haben einige Gelehrte Geschichte gemacht, wie z.B. Willem van Berchen. Er war der Verfasser der Gelderse kroniek, der ersten historischen Arbeit über das Herzogtum. Auf dem Gebiet der Buchdruckerkunst hatte Nijmegen auch etwas vorzuweisen, denn der erste niederländische Drucker stammte aus dieser Stadt. Sein Name war Gherard van Leempt. Im Jahr 1471 gründete er eine Druckerei in Utrecht, 1479 kehrte er in die Waalstadt zurück und in demselben Jahr gab er das erste Buch in Nijmegen heraus. Vom Anfang des 16. Jahrhunderts datiert der erste Druck des Mirakelspiels Mariken van Nieumeghen. Der Verfasser ist unbekannt. In dem Stück, in dem es sich handelt über im Mittelalter beliebte Themen wie Verführung, Sünde und Vergebung, wird auch die politische Streit in Geldern in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erwähnt. Ende der geldrischen Selbständigkeit Das Venloer Traktat von 1543 setzte der Selbständigkeit des Herzogtums Geldern ein Ende. Das Traktat, das von dem habsburgischen Kaiser Karl V., dem Herzog und den geldrischen Städten unterschrieben wurde, vereinigte das Herzogtum mit den übrigen niederländischen Provinzen. Für Nijmegen bedeutete das das definitive Ende ihrer führenden Rolle in der geldrischen Politik. Die zentralistische Politik der neuen Machthaber zerrüttete die jahrhundertealte Autonomie der Stadt, wenn sie auch versuchte, sich der Zentralgewalt in Brüssel zu entziehen, indem sie sich immer wieder auf ihren ehemaligen Status einer freien Reichsstadt berief. Karl V. verstärkte die Position von Arnhem als Regierungszentrum von Geldern. In dieser Stadt gründete er den Hof von Geldern und Zutphen, sowie das Rechnungsamt. Mitte des 15. Jahrhunderts hatte bereits Arnold von Geldern Arnhem 4 zum Verwaltungszentrum seines Herzogtums gemacht. Auch der spätere Herzog Karl von Geldern zog Arnhem vor Nijmegen, wahrscheinlich weil dort die Bevölkerung der herzoglichen Macht wohlwollender gegenüberstand als die eigensinnigen Einwohner von Nijmegen, mit ihrer Vergangenheit als freie Reichsstadt. Als im 19. Jahrhundert der neue Einheitsstaat in Provinzen unterteilt wurde, wurde Arnhem denn auch die Hauptstadt der Provinz Gelderland. Garnisonsstadt: das 16. und 17. Jahrhundert Mit dem Aufstand von 1568 brachen unruhige Zeiten an für die Stadt, die abwechselnd spanisch uns ‘staats’ war, bis sie im Jahre 1591 vom Prinzen Mauritz endgültig den Spaniern abgenommen wurde. Diese sogenannte Reduktion von Nijmegen bedeutete eine grundsätzliche Änderung in den politischen und religiösen Verhältnissen in der Stadt. Die Reformierten sollten in den nächsten Jahrhunderten den Ton angeben. Allen anderen Glaubensgemeinschaften wurden Restriktionen auferlegt. Sie durften ihre Religion nicht öffentlich ausüben, und die meisten Berufe und öffentlichen Stellungen waren für sie gesperrt. Teils ging auch die städtische Autonomie verloren: die Stadtverwalter wurden meistens vom Statthalter ernannt. Dagegen wurde von der städtischen Elite dauernd Einspruch erhoben. In mancherlei Hinsicht aber blieb der Stadtstaat mit den meisten seiner Funktionen und Aufgaben bestehen. So behielt die Stadt ihr eigenes Steuersystem, und konnte sie nach wie vor ihre Einkünfte nach eigenem Willen verwenden. Die wirtschaftliche Position der Stadt änderte sich tiefgreifend. Nijmegen wurde eine Garnisonsstadt an der Ostgrenze der Republik, mit lediglich einer lokalen und regionalen Handelsfunktion. Ihre von jeher starke Position, vor allem im Durchfuhrhandel nach Osten, verschwand. Obwohl es für Nijmegen zur Zeit der Republik bessere und schlechtere Zeiten gab, sollte sie ihre alte Position nie wiedergewinnen. 1635 war ein ausgesprochen schwarzes Jahr. Es brach eine Pestepidemie aus, der nach der Überlieferung 6000 Einwohner erlagen, die Hälfte der totalen Stadtbevölkerung. Bei der Bekämpfung der Krankheit spielte der begabte Nijmegener Arzt IJsbrand van Diemerbroeck eine wichtige Rolle. Er schrieb seine Erfahrungen in einer wichtigen Publikation nieder, die mit Sicherheit zur Eindämmung der Seuche in Europa beigetragen hat. Siehe da die Grundlage der heutigen City of Health. Nicht alles war Kummer und Sorge. Die Stadt verfügte, sei es vorübergehend, sogar über eine eigene Universität, die Kwartierlijke Academie, untergebracht in der ehemaligen Commanderie van St. Jan am Korenmarkt. Nijmegen blieb ein verlockender Standort für Verleger, Buchhändler und Drucker. Erfolgreich war auch die Glasbläserei, die sich 1658 in der Kapelle des ehemaligen St. Jacobsgasthuis niederließ. Im Jahr 1678 war Nijmegen kurz das Zentrum Europas, als hier die Friedensbesprechungen stattfanden, die zum Frieden von Nijmegen geführt haben, einer Reihe von Verträgen zwischen verschiedenen europäischen Staaten, welche den fortwährenden Spannungen in Europa ein Ende setzen sollten. Die Stadt füllte sich mit ausländischen Gesandten, die Unterkunft suchten. Vor allem der gewerbliche Mittelstand von Nijmegen profitierte von ihrer Anwesenheit. Stille Zeugen der Verhandlungen waren die schönen Wandteppiche aus Antwerpen, die (zum Teil) noch immer das Rathaus schmücken. 5 Garnisonsstadt: das 18. Jahrhundert Das 18. Jahrhundert war eine Zeit der wiederkehrenden politischen Streitigkeiten. Regelmäßig trat der unterschwellige Widerstand gegen die herrschenden Regentenfamilien zutage. Im Anfang des Jahrhunderts ersetzte die neue Garde die alte, aber die neuen Verwalter unterschieden sich kaum von ihren Vorgängern. Mitte des 18. Jahrhunderts gingen der Erhebung Wilhelms IV. zum Erbstatthalter von Geldern heftige Aufregungen unter dem gemeinen Volke gegen die Behörden voraus. Auch diese führten nicht zu strukturellen Änderungen. In den 80er Jahren (während der Patriotenzeit) wurde die Stadtverwaltung abermals zum Ziel: die Bürger forderten mehr Einfluss in der lokalen Machtstruktur. Auch die hintangesetzten Katholiken fingen an, sich zu empören. Die etablierte Ordnung fühlte sich aber stark genug, nicht auf die Forderungen der unzufriedenen Bürger einzugehen. Es blieb relativ ruhig, auch als 1786/1787 die statthalterliche Familie sich auf dem Valkhof aufhielt. Das aristokratische System hielt Stand bis zur Batavischen Revolution von 1794/95. Trotz dieser Erregungen war im 18. Jahrhundert Behäbigkeit der vorherrschende Charakterzug von Nijmegen. In der örtlichen Wirtschaft wurde kaum investiert, und die Armut unter den Einwohnern nahm zu. Auf der anderen Seite legten reiche Patrizier in der Umgebung der Stadt Landsitze wie die Duckenburg an. Nijmegen in der batavisch-französischen Zeit Der Einzug der französischen Truppen und die darauf folgende batavische Freiheit brachten revolutionäre Änderungen mit sich. Die protestantische Alleinherrschaft nahm (zumindest formell) ein Ende: die städtischen Behörden sollten nunmehr eine Widerspiegelung der religiösen Verhältnisse in der Stadt sein. Zum ersten Mal seit der Reduktion von 1591 bekam Nijmegen wieder einen katholischen Bürgermeister, und nicht länger gehörten nur Protestanten zum Stadtrat. Sämtliche Bevölkerungsgruppen hatten nunmehr dieselben Rechte, aber vor allem die katholischen und jüdischen Einwohner hatten noch einen langen Weg zu gehen, bevor sie ihren Rückstand aufgeholt hatten. Trotz Proteste aus Nijmegen beschloss die Provinz, kurz nachdem die Franzosen eingezogen waren, die Valkhofburg zu verkaufen und abzureißen. Die Erhaltungskosten waren hoch, und die Zermahlung zu Traß würde der Burg, die hauptsächlich aus Tuffstein gebaut war, viel Geld einbringen. Die Stadt wusste nur die St. Martinskapelle und die St. Nikolauskapelle zu erhalten. Für 10.000 Gulden kaufte sie die beiden Kapellen, mit dem Grundstück, auf dem sie stehen. Dort wurde in den Jahren danach der Valkhofpark angelegt. Eingeklemmt zwischen den Mauern Viele Erneuerungen blieben nach dem Abgang der Franzosen erhalten. Die lokale Verwaltung wurde immer mehr von den höheren Verwaltungsschichten, Reich und Provinz, bestimmt. Die lokalen Verwalter verhielten sich bis tief in das 19. Jahrhundert zurückhaltend. Sie beschränkten sich so viel wie möglich auf das, was sie als ihre Kernaufgaben betrachteten: die Steuereinnahme und die Wahrung der Ordnung. Inzwischen wuchs bei den Bürgern von Nijmegen das Bedürfnis, neue 6 Ideen, vor allem auf dem Gebiet des Unterrichts, in die Praxis umzusetzen. Die gemeinnützige Körperschaft eröffnete in der Waalstadt eine (konfessionslose) Grundschule. Die erste evangelische Schule der Niederlande (De Klokkenberg) wurde in Nijmegen gegründet. Der katholische Unterricht nahm seinen Anfang mit der ersten Kongregation für den Unterricht. Dank den vielen Klöstern in der Stadt, kam der katholische Unterricht zur vollen Blüte. Die vielen Bildungsanstalten machten aus Nijmegen eine richtige Unterrichtsstadt. Ausbreitung der Stadt Mitte des 19. Jahrhunderts geriet die Stadt aus den Fugen. Es gab keinen Platz zur Ausbreitung, es waren nur wenig Erwerbsmöglichkeiten vorhanden und die Einwohnerzahl stieg immer weiter. Die Bevölkerung bemühte sich, die Stadt weiterzuentwickeln. Der Ruf nach dem Abriss der Mauern und dem Anschluss an das ländliche Eisenbahnnetz wurde immer lauter. Auf Anregung der Bürger kam 1865 die Bahnverbindung Nijmegen-Kleve zustande, zu deren Ehren das Eisenbahndenkmal errichtet wurde. Erst 1879 fand der Anschluss an das ländliche Eisenbahnnetz statt, und noch später wurde der monumentale Bahnhof des Staatsbaumeisters Peters gebaut. Als der Staat im Jahr 1874 endlich dem Abriss der Mauern grünes Licht gab, wurde aus Stagnation Dynamik. Die lokalen Behörden machten sich ganz energisch an die Arbeit. Der Abriss wurde rigoros durchgeführt. Von den mittelalterlichen Mauern blieben nur einige Reststücke, zwei Bastionen und der Kruittoren erhalten. Dank der aktiven Rolle der Nijmegener Behörden wurden die Stadtausbreitung planmäßig in Angriff genommen. Die vornehmen Ringstraßen, die Stadtparks, die größeren und kleineren Plätze, sowie die breiten Ausfallstraßen erinnern jetzt, mehr als 100 Jahre später, noch immer daran. Es fand eine Bauexplosion von nie gekanntem Umfang statt: öffentliche Gebäude, Privatwohnungen, Läden und Kirchen. Die wachsende Zahl von katholischen Kirchen (und Institutionen) war kennzeichnend für die immer dominantere Position, die die Katholiken in der Stadt einnahmen. Ein Beispiel ist das imposante Canisiuscollege an der Berg en Dalseweg. Trotz der vielen Neubauaktivitäten wurde das Alte nicht vergessen: die Belvédère, die Waage, das Rathaus und die St. Stephanskirche wurden alle in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts gründlich restauriert. Das neue Nijmegen ging schon auf Kosten des unteren Stadtteils. Der Akzent wurde auf die Landseite gelegt, während die Waalseite allmählich verfiel. Die Eröffnung der Waalbrücke im Jahr 1936 besiegelte diese Entwicklung. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch als Wohngebiet verringerte die Bedeutung der Altstadt. Diejenigen, die es sich leisten konnten, zogen in die Herrenhäuser und Villen an den neuen Ringstraßen und Ausfallstraßen. Es sollte bis 1978 dauern, bis der untere Teil der Stadt gründlich in Angriff genommen wurde. Die Entfestigung führte zu einer Periode von großen Investierungen. Die Zahl der Arbeitsplätze stieg, und somit der Wohlstand. Dennoch wurde Nijmegen keine Industriestadt. Ein Unternehmen wie die Seifefabrik von Dobbelman war eine Ausnahme. Nijmegen blieb nach wie vor auf Dienstleistungen und auf den Unterricht gerichtet. Die Gründung der Katholischen Universität im Jahr 1923 stimulierte diese Entwicklung. Die Universität, Krone der Emanzipation der Katholiken, sollte später eine Rolle in umgekehrter Richtung spielen, als die Stadt sich zum ‘Havana an der Waal’ entwickelte. 7 Die schwache wirtschaftliche Position der Stadt machte sie extra empfindlich, als 1929 weltweit eine Krise ausbrach. Krieg und Wiederaufbau Für die meisten Einwohner von Nijmegen verlief der Krieg relativ ruhig, bis am 22. Februar 1944 alliierte Bombenflugzeuge einen großen Teil der Stadt zerstörten. Dabei kamen fast 800 Menschen ums Leben und viele Tausende wurden verletzt. Im September dieses Jahres wurde Nijmegen befreit, aber die Stadt sollte noch ein halbes Jahr in der Frontlinie liegen. Auch dabei gab es Hunderte von Toten, sowie erheblichen Sachschaden. Die relative Ruhe während der ersten Kriegsjahren galt allerdings nicht den jüdischen Einwohnern, von denen nur einige die Deportationen von 1942-1943 überlebten. Der Wiederaufbau, der nur langsam in Gang kam, fing mit dem Bau von Notwohnungen und Behelfsverkaufsstellen an. Dann wurde der zerstörte obere Teil der Stadt planmäßig in Angriff genommen. Straßen wurden breiter gemacht oder neu gebaut, ein neuer Platz wurde angelegt: Plein 1944. 1956 war die erste Phase des Wiederaufbaus vollendet. Die Türme der St. Stephanskirche und des Rathauses standen wieder in voller Pracht da. Die älteste Stadt der Niederlande hatte nun eins der modernsten Einkaufszentren des Landes. Insbesondere die neuen Geschäftshäuser an der Burchtstraat sind treffende Beispiele der Wiederaufbauarchitektur, wie auch die Molenstraatkirche, der Bahnhof und das Stadttheater, das inzwischen zu den städtischen Monumenten gehört. Das moderne Nijmegen Um die vorkriegszeitliche Stadt herum wurden neue Viertel gebaut, die die große Wohnungsnot ausgleichen mussten. Während der 50er und 60er Jahren kannte Nijmegen einen starken Expansionsdrang. Vor allem am südlichen und westlichen Stadtrand schossen die Neubauviertel wie Hatert und Neerbosch-Oost, wie Pilze aus der Erde. Es wurden noch mehr Wohnungen verlangt; nach Dukenburg und Lindenholt folgte der Waalsprong. Ende der 90er Jahre wurde die Innenstadt im Projekt ‘Nijmegen wordt zó mooi’ (Nijmegen wird só schön) umgeändert. Schöne Beispiele vom Ergebnis dieses Projekts sind die Marikenstraat und die neue Mariënburg, mit u.a. dem Regionaal Archief (Stadtarchiv). Die Stadtbehörden führten nach dem Krieg eine aktive Industrialisierungspolitik. Es wurden neue Hafen- und Industriegelände angelegt, und Betriebe wurden überredet, sich in Nijmegen niederzulassen. Wenn die Nijmegener Industrie während der ersten Nachkriegsjahren auch eine Blütezeit erlebte, auch jetzt wurde Nijmegen keine Industriestadt. Es war vor allem der Erweiterungsbau der Universität der in den 50er Jahren anfing, die der Stadt die meisten Arbeitsplätze einbrachten. Nijmegen steht nach wie vor für Unterricht und, in zunehmendem Maße, auch für Gesundheitspflege. An den Einfallstraßen sind seit einigen Monaten Schilder wahrnehmbar mit dem Text Nijmegen City of Health. Als Gesunde Stadt versucht Nijmegen Kenntnisentwicklungen und Innovationen auf diesem Gebiet zu fördern. Gesundes Leben ist ein wichtiges Thema für die Stadt, was auch hervorgeht aus einer großen Zahl von sportlichen Ereignissen. Zu nennen sind der Zevenheuvelenloop, der Marikenloop und natürlich die internationale ‘Vierdaagse’. 8 In den vergangenen Jahren gab es neben den Neubauaktivitäten auch viel Interesse für die Vergangenheit, was 2005 in der groß veranstalteten Jubiläumsfeier 2000 Jahre Leben, 1900 Jahre Stadt zum Ausdruck kam. Auf vielerlei Weise versuchte man, die Geschichte fühlbar zu machen. So wurde im Valkhofpark der alte Donjon rekonstruiert, und auf dem Kelfkensbos wurde ein Kunstwerk errichtet, in dem Repliken der hier vorgefundenen Reststücke des Götterpfeilers verarbeitet worden sind. Damit schließt sich der Kreis, und endet unsere Reise durch zwanzig Jahrhunderte Geschichte. 9