Umweltfaktoren als wesentliche Ursache des Blasenkarzinoms und

Werbung
3
Umweltfaktoren als wesentliche Ursache
des Blasenkarzinoms und seiner Epidemiologie
– Ein historischer Überblick
T. Kälble
Einleitung
Die Geschichte des Harnblasenkarzinoms reicht
zurück bis in das alte Ägypten 1000 v. Chr., als
bereits auf Papyrusblättern klinische Symptome wie
Dysurie und Hämaturie beschrieben wurden. Die
Araber des Mittelalters sahen in der Hämaturie ein
böses Omen, das sich vermutlich aus der schlechten
Prognose der Blasentumoren zur damaligen Zeit
ableitete. Nachdem im Mittelalter Europas keine
Berichte über das Blasenkarzinom zu finden sind,
publizierte der Schweizer Chirurg Fabricius Hildinus 1628 die versehentliche Entfernung einer Blasengeschwulst und der Franzose Desault berichtete
1770 über die erste transurethrale Exzision eines
Blasentumors. Bardenheuer führte 1887 die erste
Zystektomie durch und beließ die Ureter dabei einfach im Becken, worauf der Patient 2 Wochen postoperativ verstarb (Badr 1983).
Percival Scott wies 1775 erstmals auf eine mögliche Ursache der Harnblasentumoren hin, indem
er eine häufige Assoziation von Blasensteinen und
chronischen Harnwegsinfekten mit Blasenkarzinomen beobachtete (Badr 1983). Der Frankfurter
Chirurg Ludwig Rehn schließlich publizierte 1895
seine bemerkenswerte Entdeckung der Häufung von
Blasenkarzinomen bei Arbeitern der Farbstoffindustrie. Er trug vor dem Kongress der Deutschen
Gesellschaft für Chirurgie eine Hypothese vor, deren
Gültigkeit selbst nach mehr als 100 Jahren noch Gültigkeit hat: Für die Mehrzahl der Blasengeschwülste
»kann man sich nur vorstellen, dass in dem von
den Nieren ausgeschiedenen Urin Stoffe in Lösungen vorhanden sind, welche durch chemischen
Reiz eine Geschwulstbildung hervorrufen« (Rehn
1895). 35 Jahre später gelangen Schär (1930) sowie
Perlmann u. Staehler (1933) die tierexperimentelle
Induktion von Blasenkarzinomen mittels Naphthylamin. 1954 und 1955 führten Case et al. und Melick
et al. den epidemiologischen Nachweis der Blasenkarzinogenität von aromatischen Aminen. Nach intensiven Forschungstätigkeiten, experimentell und
epidemiologisch, zählen seit 1967 auch die Nitrosamine zu den potentiellen Blasenkarzinogenen. Weitere Fortschritte auf dem Gebiet der Epidemiologie,
Biochemie und vor allem der Molekularbiologie
haben zahlreiche Risikofaktoren identifiziert und
einen Zusammenhang zwischen Blasenkarzinogenen, dem Metabolismus dieser Karzinogene und
mutagenem Potential dieser Substanzen hergestellt.
Im Folgenden sollen die wichtigsten als Blasenkarzinogen identifizierten Umweltfaktoren und Substanzen bzgl. der Geschichte ihrer Entdeckung und des
Wirkmechanismus beschrieben werden.
Nitrosamine
1956 wiesen Magee u. Barnes die Leberkarzinogenität von Dimethylnitrosamin nach. In grundlegenden
Experimenten mit 65 verschiedenen Nitrosaminen
an Ratten fanden Druckrey u. Preußmann 1967 eine
18
3
Kapitel 3 · Umweltfaktoren als wesentliche Ursache des Blasenkarzinoms und seiner Epidemiologie
organspezifische Karzinogenität verschiedenster
Nitrosamine, wobei Butyl-Nitrosamin (BBN) und
Butyl-Hydroxybutyl-Nitrosamin (BBNOH) rein
blasenkarzinogen waren. 1969 stellte sich heraus,
dass Nitrosamine nicht nur von Menschen aufgenommen, sondern auch eigenständig aus spezifischen Vorläufern im Magen bzw. in Gegenwart
einer Harnwegsinfektion auch in der Blase gebildet
werden können. So zeigte sich bei einer Infektion
der ableitenden Harnwege mit Proteus mirabilis
Dimethylnitrosamin im Urin (Brooks et al. 1972).
Diese Beobachtung konnte auch für andere Bakterien bestätigt werden, sodass die bakteriell induzierte
Synthese von Nitrosaminen als mitursächlich, eventuell sogar entscheidend für ein erhöhtes Blasenkrebsrisiko von Patienten mit chronisch rezidivierenden Harnwegsinfekten angesehen wird.
Ein Kausalzusammenhang zwischen der Exposition gegenüber Nitrosaminen und dem Auftreten
von Blasenkarzinomen ist jedoch bei Menschen bis
heute nicht definitiv belegt. Zwar lassen sich flüchtige Nitrosamine in Tabak, Kautabak, Zigaretten, in
der treibstoff- und metallverarbeitenden Industrie
etc. nachweisen. Sie müssten jedoch die ableitenden
Harnwege erreichen, um dort Mutationen zu bewirken. Vor allem die im Gastrointestinaltrakt resorbierten flüchtigen Nitrosamine unterliegen jedoch
aufgrund ihres Eintritts in den Pfortaderkreislauf
einer nahezu vollständigen Metabolisierung, sodass
sie im Urin nicht nachweisbar sind. Darüber hinaus
müssen flüchtige exogene Nitrosamine zunächst in
nichtflüchtige und damit wasserlösliche Nitrosamine metabolisiert werden, um in den Urin zu gelangen. Insofern können exogene Nitrosamine noch
nicht als gesicherte Blasenkarzinogene des Menschen angesehen werden. Es besteht jedoch kein
Zweifel, dass Nitrosamine im menschlichen Organismus maßgeblich an der Bildung maligner Entartungen beteiligt sind und aufgrund ihres Nachweises
im Urin bei Harnwegsinfektionen auch mit einem
erhöhten Blasenkrebsrisiko in Zusammenhang zu
sehen sind.
Aromatische Amine
1840 erhielt der deutsche Chemiker Fritzsche bei der
Ätzkalischmelze des Naturfarbstoffes Indigo eine
Verbindung, der er den spanischen Namen des Indigos, Anilin, gab (Fieser u. Fieser 1982b). 1856 gelang
Perkin auf der Basis von Anilin die erste Synthese
eines künstlichen Farbstoffes, worauf die Ära der
aromatischen Amine in der chemischen Industrie,
zunächst Farbstoffindustrie, begründet war (Fieser
u. Fieser 1982a). Die gesundheitlichen Auswirkungen des Kontaktes mit diesen Substanzen blieben
bis in das 19. Jahrhundert aufgrund der erst später festgestellten langen Latenzzeit unbekannt, bis
der Frankfurter Chirurg Ludwig Rehn 1895 bei drei
Patienten aus einer Gruppe von 45 Arbeitern, die in
einer Frankfurter Farbenfabrik Fuchsin herstellten,
Blasentumoren diagnostizierte. Ein weiterer Arbeiter dieser Gruppe, der ebenfalls unter Makrohämaturie litt, war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben.
Für die Synthese von Fuchsin wurde Anilin und
dessen methylierte Derivate o- und p-Toluidin verwendet. Aus diesem Grund ging Rehn von Anilin als
Auslöser der Blasenkarzinome aus, was den Begriff
des Anilinkrebses bis in das 20. Jahrhundert hinein
prägte. In den Jahren 1930 und 1933 gelangen Schär
sowie Perlmann u. Staehler mit Naphthylamin eine
Blasenkarzinominduktion bei Kaninchen. Case et
al. widerlegten 1954 Rehns Vermutung, dass Anilin
Blasenkarzinome induziere, worauf zahlreiche aromatische Amine wie Benzidin, 2-Naphthylamin und
4-Aminobiphenyl als menschliche Harnblasenkarzinogene identifiziert wurden. Unklar war zu diesem
Zeitpunkt, warum aromatische Amine ausschließlich Blasenkarzinome induzieren. Mittlerweile ist
bekannt, dass die Metabolisierung zu hochreaktiven
ultimaten Karzinogenen mit konsekutiver DNABindung für die Karzinogenität und Organotropie
der aromatischen Amine verantwortlich sind. Die
Initiation der Karzinogenese ist dabei die enzymatisch aktivierte Bildung von Arylnitrenium-Ionen,
die mit Nukleinsäuren sämtlicher Organe des Körpers reagieren. Die enzymatische Aktivierung der
aromatischen Amine kann sowohl in der Harnblase
als auch in der Leber erfolgen, wobei in der Leber
durch Konjugation vermutlich eine Detoxifikation
stattfindet, wohingegen in der Blase eine Karzinogenese induziert wird.
Nachdem weder bei Tieren noch bei Menschen
durch Anilin Harnblasenkarzinome induziert werden können, ist Anilin als Blasenkarzinogen auszuschließen. Noch 1981 waren jedoch ca. 28.500
Arbeitern in den USA gegenüber dem Anilin-Derivat o-Toluidin, das als Bestandteil von Farbstoffen
sowie als Antioxidans in der Kunststoffproduktion
eingesetzt wurde, exponiert. Mittlerweile ist der verbreitetste Kontakt gegenüber o-Toluidin der Zigarettenrauch, der hohe Konzentrationen dieses aromatischen Amins enthält. Experimentelle Studien
ergaben eine karzinogene Wirkung des o-Toluidins
in der Harnblase von Ratten (Russfield et al. 1973).
1982 wurde eine Studie veröffentlicht, in der Ar-
19
Berufliche Risiken
beiter in der Fuchsin- und Safranin-T-Produktion,
bei der o-Toluidin verwendet wird, eine statistisch
signifikant erhöhte Anzahl von Harnblasenkarzinomen aufwiesen (Rubino et al. 1982).
Nitrofurane
Verschiedene Derivate des Nitrofurans werden seit
Mitte der 40er-Jahre als bakterizide und fungizide
Chemotherapeutika in der Human- und Veterinärmedizin eingesetzt. Bei einigen nicht als Chemotherapeutikum eingesetzten Nitrofuran-Derivaten
konnte eine ausgeprägte Harnblasenkarzinogenität nachgewiesen werden. So kann N-[4-(5-nitro-2-furyl)-2-thiazolyl]-formamid (FANFT) im
Tiermodell eine 100%ige Blasenkarzinominzidenz
bei verschiedenen Tieren induzieren (Ertürk et al.
1967, 1970). Von dem seit Jahrzehnten eingesetzten
Nitrofurantoin jedoch ist weder eine karzinogene
noch eine kokarzinogene Wirkung auf das Urothel
bekannt, sodass der Mensch diesbezüglich nicht
gefährdet zu sein scheint.
Hydroxylierte Aromaten
Der hydroxylierte Aromat o-Phenylphenol und
sein Natriumsalz Na-o-Phenylphenolat werden in
Deutschland als technische Konservierungsmittel und Desinfektionsmittel für Seifen eingesetzt.
Zudem sind beide Substanzen für fungistatische
Oberflächenbehandlung von Zitrusfrüchten zugelassen (E 231, E 232). o-Phenylphenol kann vom
Menschen auch nach beruflicher Exposition im Urin
ausgeschieden werden (Dorgelo et al. 1985). Die
Karzinogenität des Na-o-Phenylphenolats wurde
1981 aufgedeckt, als 19 von 20 männlichen Ratten
nach mehrwöchiger oraler Applikation dieser Substanz Harnblasenkarzinome entwickelten, wohingegen weibliche Ratten wesentlich weniger betroffen waren (Hiraga u. Fujii 1981). Außer bei Ratten
erweisen sich o-Phenylphenol und sein Natriumsalz
jedoch bei keiner anderen Tierart als blasenkarzinogen (Hasegawa et al. 1990), sodass eine Blasenkarzinogenität beim Menschen fraglich erscheint.
Endogener Tryptophanstoffwechsel
Tryptophan ist eine essentielle Aminosäure, die
über die pflanzliche Nahrung aufgenommen und im
Darm beispielsweise von E. coli synthetisiert wird.
3
Tryptophan ist ein wichtiges Substrat für die Proteinbiosynthese z. B. für die Nicotinamidadenindinucleotid-(NAD+-)Synthese. Es wird in der Leber über
Zwischenprodukte Vitamin-B6-abhängig in Nikotinsäure umgesetzt. Von 1950 bis 1980 wurde angenommen, dass zwischen dem Abbau des Tryptophans zu
Nikotinsäure und der Bildung von Harnblasenkarzinomen ein Zusammenhang besteht, da Blasenkarzinompatienten im Vergleich zu gesunden Personen
erheblich größere Mengen an Zwischenprodukten
der Nikotinsäuresynthese im Urin ausscheiden und
bei 40–70% der Patienten mit Blasenkarzinomen
ein abnormer Tryptophanstoffwechsel nachgewiesen werden konnte. Die Ausscheidung von Tryptophanmetaboliten war um das 2- bis 20fache erhöht
(Boyland u. Williams 1956; Kochen u. Hochberg
1970). Nach heutigen Erkenntnissen muss jedoch
davon ausgegangen werden, dass die vermehrte Ausscheidung von Tryptophanmetaboliten bei
Blasenkarzinompatienten Folge und nicht Ursache
des Blasenkarzinoms ist. Die Exkretion von Tryptophanmetaboliten korrelierte mit Harnstauungsnieren und befallenen regionären Lymphknoten,
wohingegen Patienten mit lokal begrenztem Blasenkarzinom zu 84% einen normalen Tryptophanstoffwechsel aufwiesen (Wich et al. 1989). Wurden die
Blasenkarzinome entfernt, verminderte sich danach
die Ausscheidung der Tryptophanmetaboliten bei
der Mehrzahl der Patienten (Hochberg 1969).
Obwohl Tryptophan und seine Metabolite bei
Tieren einen eindeutig promovierenden Effekt auf
die Karzinogenese durch Steigerung der Karzinominduktion nach Applikation von aromatischen Aminen und FANFT zeigen, muss ein Zusammenhang
zwischen Blasenkarzinom und Tryptophanmetabolismus beim Menschen als unbegründet angesehen
werden. Es ist anzunehmen, dass die potentiell promovierende Wirkung der Tryptophanmetabolite in
der menschlichen Harnblase aufgrund der geringen
Menge im Vergleich zu den Tierexperimenten nicht
ausschlaggebend ist.
Berufliche Risiken
Seit Ende der 60er-Jahre konnten zahlreiche epidemiologische Studien ein erhöhtes Blasenkrebsrisiko
bei Arbeitern einzelner Industriezweige ermitteln.
Die Karzinome wurden zwischen 1970 und 1986
diagnostiziert, wobei einige Arbeiter bereits vor 1950
gegenüber dem potentiellen Blasenkarzinogenen
beruflich exponiert waren. Die Identifizierung der
verschiedenen Karzinogene führte zur Einführung
20
3
Kapitel 3 · Umweltfaktoren als wesentliche Ursache des Blasenkarzinoms und seiner Epidemiologie
gesetzlicher Bestimmungen, die eine Reduktion
krebserregender Stoffe in der Arbeitsumwelt auferlegten (MAK-Werte). Somit sind die damaligen
Arbeitsbedingungen mit den heutigen Verhältnissen in westlichen Industrienationen nicht mehr vergleichbar. In manchen Staaten der 3. Welt und des
ehemaligen Ostblocks dürften sich die Belastungen
der Arbeiter mit karzinogenen Substanzen seit 1950
jedoch nur geringfügig verändert haben.
Für folgende Berufszweige galt/gilt ein erhöhtes
Blasenkarzinomrisiko:
▬ Farbstoffindustrie bzw. Industriezweige mit
Verwendung von Farbstoffen wie Textilindustrie und Druckindustrie: 1,6- bis 5faches Risiko
durch Exposition gegenüber aromatischen Aminen,
▬ Gummiindustrie: 2,2- bis 3,3fach erhöhtes Risiko wegen Exposition gegenüber aromatischen
Aminen und Peroxyden,
▬ Plastikindustrie: 2,5- bis 3,4fach wegen aromatischer Amine,
▬ Mineralölindustrie: 2,4- bis 3,5fach wegen aromatischer Kohlenwasserstoffe,
▬ Leder- bzw. Schuhindustrie wegen Verwendung
von Azofarbstoffen (Yamaguchi et al. 1991),
▬ Aluminiumindustrie: 2,7fach wegen aromatischer Kohlenwasserstoffe (Theriault et al. 1984).
Maler haben durch Azofarbstoffe ein 1,8- bis 2,8fach
erhöhtes Blasenkarzinomrisiko, Bergarbeiter wegen
des Umgangs mit polyzyklischen aromatischen
Aminen und Arsen ein 2,9fach erhöhtes Risiko,
LKW-Mechaniker ein 10fach erhöhtes Blasenkarzinomrisiko wegen des Kontakts mit Nitroaromaten
im Dieseltreibstoff (Brownson et al. 1987; 69, 79).
Krankheitserreger
Bakterien
1963 wurden erstmals Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen chronisch rezidivierenden
Harnwegsinfekten und der Ausbildung von Blasenkarzinomen beschrieben (Wynder et al. 1963).
Eine weitere Studie bestätigte diese Vermutung und
ermittelte ein um das doppelt erhöhte Risiko für
Harnblasenkarzinome, sofern die Patienten in der
Vergangenheit von mehr als drei Harnwegsinfektionen betroffen waren (Kantor et al. 1984). Dieses
Risiko scheint bei Männern und Farbigen stärker
ausgeprägt zu sein (Dunham et al. 1968) und wird
durch regelmäßigen Zigarettenkonsum (La Vecchia
et al. 1991) und Exposition gegenüber weiteren Karzinogenen wie Phenacetin (Johansson u. Wahlqvist
1977) zusätzlich erhöht. In Screening-Programmen
wurde bei bis zu 10–20% von Paraplegikern mit
einer urethralen Selbstkatheterisierung über einen
Zeitraum von mehr als 10 Jahren Plattenepithelkarzinome entdeckt (Kaufman et al. 1977; Locke et
al. 1985). Die mit der chronischen Irritation durch
Katheter einhergehende Plattenepithelmetaplasie
des Urothels erklärt zwar das ansonsten äußerst
seltene Auftreten von Plattenepithelkarzinomen,
nicht jedoch die maligne Entartung. So konnte an
Ratten nachgewiesen werden, dass eine Irritation
des Blasenurothels die Bildung von makroskopisch
sichtbaren Papillomen im Rahmen von Harnwegsinfekten nicht steigern kann (Davies et al. 1984).
Vielmehr dürften die durch einige Bakterien gebildeten Nitrosamine eine Induktion der Karzinogenese bewirken, die in direktem Kontakt mit dem
metaplastischen Plattenepithel stehen.
Viren
Von den 60 Typen humaner Papillomaviren (HPV)
stehen HPV 16, 18 und 33 im Verdacht, maligne
Entartungen zu bewirken (zur Hausen 1989). 1988
wurde bei einer 40-jährigen Patientin mit einem
leichten Immundefekt, die vorher an Condylomata
acuminata und einem Zervixkarzinom erkrankt war,
ein Carcinoma in situ der Harnblase diagnostiziert,
in dem HPV 16 nachgewiesen wurde (Kitamura et al.
1988). Ob und in welchem Umfang Papillomaviren
eine Induktion der Blasenkarzinogenese bewirken,
ist umstritten. Zwar war in zwei Studien in 31%
und 62% HPV 16, 18 und 33 in Blasenkarzinomen
gegenüber nur 14% in nicht entartetem Blasenurothel nachzuweisen (Anwar et al. 1992; Furihata et al.
1993), in einer anderen Studien jedoch konnte kein
Papillomavirus in 100 Biopsaten von Harnblasenkarzinomen detektiert werden (Knowles 1992).
Dennoch liegt ein Zusammenhang zwischen
Harnblasenkarzinomen und Papillomaviren nahe.
Zum einen beeinflussen die HPV-Typen beispielsweise P53. Zum anderen wird auch das vermehrte
Auftreten von Harnblasenkarzinomen bei Rindern,
die sich von Farnkraut ernähren, auf ein Papillomavirus BPV 2 zurückgeführt (Cmpo et al. 1992). Einen
weiteren Hinweis liefert eine epidemiologische Untersuchung, nach der in Ländern mit erhöhten Inzidenzen an Karzinomen der Vagina und Vulva auch
vermehrt Harnblasenkarzinome auftreten (Bosch u.
Cardis 1990).
21
Iatrogene Karzinogenese
Bilharziose
1911 beschieb Ferguson erstmalig einen Zusammenhang zwischen Schistosomainfektion und Blasenkarzinom. Insbesondere in Ägypten, wo die Prävalenz
der Bilharziose am höchsten ist, ist das Blasenkarzinom bei Männern der mit Abstand häufigste
Tumor, wobei 30% der bösartigen Tumoren ägyptischer Männer in der Harnblase gefunden werden
(Aboul Nasr et al. 1986). Ähnliche Zahlen gelten
für den Irak. 60–80% der mit Bilharziose assoziierten Harnblasenkarzinome sind Plattenepithelkarzinome. Der Grund ist primär eine aufgrund einer
mechanischen Irritation durch Schistosomaeier hervorgerufene Plattenepithelmetaplasie. Darüber hinaus sind bei 90% der Schistosomainfektionen das
flüchtige Nitrosamin Dimethylnitrosamin im Urin
nachweisbar sowie weitere flüchtige und nichtflüchtige Nitrosamine, möglicherweise als Folge der mit
der Bilharziose einhergehenden bakteriellen Infektion (Tricker et al. 1989). Experimentell konnte bei
Pavianen gezeigt werden, dass bei Applikation des
Nitrosamins Butyl-(4-Hydroxybutyl)nitrosamin in
geringer Dosierung nur dann Blasentumoren entstehen, wenn gleichzeitig eine Schistosoma-haematobium-Infektion vorliegt (Hicks et al. 1980). Der Einfluss der Nitrosamine wird auch dadurch deutlich,
dass bei 96% der Patienten mit einem Harnblasenkarzinom und Bilharziose durch Dimethylnitrosamin hervorgerufene Methyl-Addukte der Harnblasen-DNA nachgewiesen werden konnten (Badawi et
al. 1992). Insofern scheint der Entstehungsmechanismus geklärt als Kombination von mechanischer
Irritation und Karzinogenese durch Nitrosamine.
Pilze
Die vermutlich durch Mykotoxine hervorgerufene Balkannephropathie geht mit einem drastisch
erhöhten Risiko für Urothelneoplasien einher. Die
Balkannephropathie wurde zwischen 1955 und 1957
entdeckt und tritt in ländlichen Regionen des ehemaligen Jugoslawiens, Bulgariens und Rumäniens auf, die in feuchten, von Überschwemmungen
bedrohten Flachebenen an größeren Flüssen liegen.
Die Prävalenz der Balkannephropathie liegt in diesen Gegenden zwischen 2% und 10%, wobei Frauen
etwa 1,6-mal häufiger erkranken (Ceovic et al. 1992).
Bei Patienten mit Balkannephropathie ist das Risiko,
an einem Urothelkarzinom zu erkranken, 90fach
erhöht, wobei das Blasenkarzinomrisiko 12fach und
das Nierenbeckenkarzinomrisiko 60fach erhöht ist
3
(Chernozemsky 1991; Sostaric u. Vukelic 1991). Der
Zusammenhang zwischen Balkannephropathie und
Blasenkarzinom ist nicht ganz klar. Zur Diskussion
stehen anorganische Substanzen wie Silikate, Chrom
und Nickel, die in überdurchschnittlich hohen Konzentration in den Flüssen der endemischen Regionen nachgewiesen werden. Viel wahrscheinlicher
ist jedoch, dass Pilze eine ätiologische Komponente
haben. So enthält das Getreide in den endemischen
Gebieten jahresabhängig bis zu 40% das Mykotoxin
Ochratoxin A, das auch in Seren von Patienten in
den endemischen Gebieten in 3fach höherer Konzentration nachzuweisen ist (Pavlovic et al. 1979;
Petkova-Bocharova u. Castegnaro 1991). Auf der
anderen Seite beschränkt sich die Karzinogenität
von Ochratoxin A experimentell auf Niere und Leber
(Huff 1991), sodass die Ochratoxine die Urothelneoplasien bei den Patienten mit Balkannephropathien
nicht sicher erklären. So könnte auch bei der Balkannephropathie die meist vorhandene Sekundärerkrankung, die chronisch bakterielle Pyelonephritis,
über eine Nitrosamininduktion zu Urothelkarzinomen prädisponieren (Vukelic et al. 1992).
Iatrogene Karzinogenese
Alkylanzien
Eine Gruppe von alkylierenden Chemotherapeutika, die Oxazaphosphorine, gelten bei Menschen als
gesicherte Harnblasenkarzinogene, wobei auf dem
deutschen Markt die drei Derivate Cyclophosphamid, Ifosamid und Trofosfamid zugelassen sind.
Neben Knochenmarkdepression, Immunsuppression, Alopezie und gonadaler Dysfunktion bewirken
die Oxazaphosphorine eine hämorrhagische Zystitis mit interstieller Fibrose der Harnblase, wobei
seit 1970 zunehmend auch Harnblasenkarzinome
als Sekundärtumoren nach mehrjähriger zytostatischer Therapie beobachtet wurden. So bildeten
sich bei bis 5% der mit Cyclophosphamid behandelten Patienten Blasenkarzinome, was gegenüber der
Kontrollpopulation einem 9- bis 11fach erhöhten
Risiko entspricht (Fairchild et al. 1979). Insbesondere erkranken diejenigen Patienten an Harnblasenkarzinomen, denen Cyclophosphamid in hohen
Dosen über einen längeren Zeitraum verabreicht
wurde. Die kumulative Gesamtdosis beträgt durchschnittlich etwa 100 g und die Latenzzeit 7–8 Jahre.
Die Karzinome sind überwiegend niedrig differenziert mit einer entsprechend schlechten Prognose
(Pedersen-Bjergaard et al. 1988).
22
3
Kapitel 3 · Umweltfaktoren als wesentliche Ursache des Blasenkarzinoms und seiner Epidemiologie
Der Mechanismus für die Urotoxizität und Blasenkarzinogenität steht jedoch nicht in Verbindung
mit der alkylierenden Wirkung der Oxazaphosphorine, vielmehr konnte der Metabolit, das Acrolein,
als verantwortliches Agens identifiziert werden. Die
Freisetzung von Acrolein wird durch den Uroprotektor Mesna verhindert, wodurch die urotoxische
Wirkung des Cyclophosphamids sowohl beim Menschen als auch tierexperimentell deutlich reduziert
werden kann (Schubert 1988). Mittlerweile gilt die
Applikation der Oxazaphosphorinchemotherapeutika ohne Mesna als Kunstfehler.
Immunsuppression
Bei Patienten nach Organtransplantationen mit konsekutiver medikamentöser Immunsuppression wird
eine erhöhte Tumorinzidenz beobachtet, die zwischen 1,3% in Deutschland und 19% in Australien und
Neuseeland liegt. Werden die überwiegenden Hauttumoren in Australien von der Untersuchung ausgenommen, so erkranken in Australien und Neuseeland etwa 4,3% gegenüber etwa 1% der Nierentransplantierten in Deutschland an malignen Neoplasien
(Kälble et al. 1988; Sheil et al. 1987). Unter anderem
wird in dieser Personengruppe auch vermehrt das
Auftreten von Harnblasen- und Urothelkarzinomen
des oberen Harntraktes beobachtet, wobei die Risiken gegenüber der Normalbevölkerung für Harnblasenkarzinome 4fach und Urterkarzinome 500fach
erhöht sind (Kälble et al. 1988; Sheil et al. 1987).
Wenngleich eine direkte Karzinogenität immunsuppressiver Substanzen wie Azathioprin, Ciclosporin,
die sich in einigen Studien als mutagen erwiesen
und Chromosomenschäden bei menschlichen Lymphozyten hervorrufen können, nicht ausgeschlossen
werden kann, deuten die bisherigen Erkenntnisse
darauf hin, dass die Immunsuppression per se die
Bildung der Tumoren begünstigt. So besitzen auch
Dialysepatienten ein erhöhtes Karzinomrisiko, das
durch die terminale Niereninsuffizienz mit konsekutivem Immundefizit erklärt ist (Matas et al. 1977).
Phenacetinabusus
1950 fiel den Züricher Ärzten Zollinger und Spühler ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten
der chronischen interstitiellen Nephritis und dem
langjährigen Konsum von Analgetika auf (Spühler u. Zollinger 1953). Später stellte sich heraus,
dass vor allem phenacetinhaltige Mischpräparate
für die Nierenveränderungen verantwortlich waren.
Obwohl diese Vermutungen seit Ende der 50er-Jahre
ausgiebig diskutiert wurden, stieg der Verbrauch
an phenacetinhaltigen Schmerzmitteln bis Anfang
der 70er-Jahre drastisch an. Beispielsweise wurden
allein in Wien im Jahre 1965 schätzungsweise 40
Millionen phenacetinhaltige Tabletten verkauft. Die
Ausprägung der sog. Phenacetinnieren ist zeit- und
dosisabhängig. Sie werden bei Patienten beobachtet,
die in ihrem Leben zwischen 1 kg und mehr als 20 kg
dieses Schmerzmittels eingenommen haben. Neben
der interstitiellen Nephritis mit entzündlichen Infiltraten und Fibrosierung der Nierenrinde induziert
Phenacetin sowohl im Tierversuch als auch beim
Menschen Karzinome der ableitenden Harnwege.
8–10% der Patienten mit Phenacetinnieren entwickeln Entartungen des Urothels, die zu über 50% in
der Harnblase, zu 25–40% im Nierenbecken und zu
6–20% in den Ureteren lokalisiert sind (McCredie u.
Stewart 1988, Mihatsch u. Knusli 1982). Im Gegensatz
zur Analgetikanephropathie werden die Malignome
des Urothels vermutlich nicht allein durch Phenacetin verursacht. So ist der ungewöhnlich hohe
Anteil an Nierenbeckentumoren durch die reine
Phenacetinexposition nur schwer zu erklären, da
die Kontaktzeit zwischen den renal ausgeschiedenen
Karzinogenen und dem Nierenbeckurothel nur sehr
kurz ist. So wird auch in diesem Zusammenhang diskutiert, ob die auf dem Boden der durch Phenacetin
verursachten Papillennekrosen häufig vorhandenen
bakteriellen Superinfektionen über Nitrosaminentstehung karzinogen wirken (Porpaczy 1979). Die bei
Phenacetinmissbrauch auftretenden Harnblasenkarzinome wiederum können durchaus durch die
Phenacetinmetabolite direkt erklärt werden, da dort
eine wesentlich längere Expositionszeit besteht. Dennoch könnte auch hier die Interaktion der bakteriell
synthetisierten Nitrosamine mit den Phenacetinmetaboliten das hohe Blasenkarzinomrisiko erklären.
Strahlentherapie
Das durchschnittliche Risiko von Patientinnen nach
Strahlentherapie beispielsweise wegen invasiver Zervixkarzinome, im Laufe ihres Lebens an Blasenkarzinomen zu erkranken, ist gegenüber nicht betroffenen
Frauen um das 2- bis 4fache erhöht. Die Strahlenkarzinome haben eine lange Latenzzeit, Patientinnen mit einer Überlebensrate von 20 bis 30 Jahren
erkranken 8-mal häufiger an einem Blasenkarzinom
(Boice et al. 1985, 1988). Zudem ist eine eindeutige
Dosis-Wirkungs-Beziehung zu verzeichnen. Werden
23
Süßstoffe
die Patientinnen mit über 60 Gy behandelt, ist das
Blasenkarzinomrisiko 7fach erhöht. Auch ist das Blasenkrebsrisiko altersabhängig. Es ist 16fach erhöht,
wenn die Patientin zu Zeitpunkt der Strahlentherapie
55 Jahre und jünger waren (Boice et al. 1988).
Rauchen
Epidemiologische Daten lassen vermuten, dass ca.
50% der mittlerweile auftretenden Blasenkarzinome
mit durch Rauchen ausgelöst werden (Harris et al.
1990). In einer Matched-Pairs-Analyse, bei der die
Paarung anhand der Lebensgewohnheiten erfolgte,
ließ sich für Raucher ein durchschnittlich 2- bis
4fach erhöhtes relatives Risiko nachweisen, wobei
das Risiko mit der Zeitdauer des Rauchens, dem
Zigarettenkonsum pro Tag und der Zahl der insgesamt gerauchten Zigaretten korrelierte. Umgekehrt
nimmt das Risiko mit der Zeit seit Beendigung des
Rauchens ab. Je später das Rauchen begonnen wurde, desto geringer ist das Karzinomrisiko (LopezAbente et al. 1991; Slattery et al. 1988). Schwarzer
Tabak scheint blasenkarzinogener als blonder Tabak
(75), filterlose Zigaretten scheinen gefährlicher als
Zigaretten mit Filter (Wydner et al. 1988) zu sein.
Der Grund für die Blasenkarzinogenität des Zigarettenrauches ist dessen mutagener Inhalt. So lassen
sich bei Rauchern 4-mal häufiger DNA-Addukte im
Harnblasenurothel im Vergleich zur Normalpopulation nachweisen. Ferner finden sich Nitrosamine,
aromatische Amine, aromatische Kohlenwasserstoffe, heterozyklische Amine und Aldehyde im Zigarettenrauch (Cuzick et al. 1990; Garner et al. 1990). Die
Ursachen dürften nicht monokausal sein, wobei den
aromatischen Aminen eine zentrale Rolle zugesprochen wird. Das aromatische Amin 4-Aminobiphenyl
ist wahrscheinlich das relevante Substrat für die
DNA-Addukte, der karzinogenere schwarze Tabak
enthält aromatische Amine in größerer Konzentration. Es ist zu vermuten, dass die Induktion von
Blasenkarzinomen bei Rauchern durch eine Summierung der Effekte einzelner bekannter und nicht
bekannter Karzinogene verursacht wird.
Süßstoffe
Cyclamat
Ab 1953 etablierte sich eine Mischung von Cyclamat
und Saccharin im Verhältnis 10:1 als synthetischer
Süßstoff (Ahmed u. Thomas 1992), wobei 1970 Cyc-
3
lamat auf dem amerikanischen Markt verboten wurde. Ursache für dieses Verbot war die Beobachtung
der Blasenkarzinominduktion durch ein CyclamatSaccharin-Gemisch bei Ratten (Oser et al. 1975). In
den vergangenen 30 Jahren wurde mehrfach tierexperimentell und epidemiologisch versucht, die Karzinogenität von Cyclamat zu bestätigen, was keiner
weiteren Studie mehr gelang (Ahmed u. Thomas
1992; Schmähl u. Habs 1984). Lediglich bei Mäusen induzieren Cyclamate Blasenkarzinome, wenn
es in Cholesterinkugeln direkt in die Blasenwand
implantiert wird (Bryan u. Ertürk 1970). Insofern
scheint Cyclamat prinzipiell in der Lage zu sein,
Urothelkarzinome zu promovieren, wobei es bei
Menschen nicht als blasenkarzinogen bewiesen ist
und allenfalls von einer schwacher Kokarzinogenität des Cyclamats ausgegangen werden kann.
Saccharin
Die erste Synthese von Saccharin, das 400-mal süßer
als Zucker ist, gelang bereits 1879. In großem Umfang
wurde es nach dem Ende des 2. Weltkriegs produziert. Wegen des bitteren Nachgeschmackes erfolgte
1953 die Einführung einer Mischung aus Cyclamat
und Saccharin im Verhältnis 10:1 als Zuckeraustauschstoff bis zum oben erwähnten Verbot von
Cyclamat im Jahr 1970 (Ahmed u. Thomas 1992). Es
scheint stärker karzinogen zu sein als Cyclamat. Bei
Applikation von Saccharin bei einer trächtigen Ratte
und fortgesetzter 2-jähriger Applikation induziert
Saccharin bei über 30% des Wurfes Blasenkarzinome
und Papillome (Schoenig et al. 1985). Bei Applikation über eine Generation hingegen bewirkt Saccharin
keine Blasenkarzinome (Ellwein u. Cohen 1990). In
der Kombination von FANFT oder Dibutylnitrosamin mit Saccharin entstehen mehr Blasenkarzinome
bei Ratten als bei Applikation der Karzinogene allein
(Nakanishi et al. 1980; Sakata et al. 1986). Diese Blasenkarzinogenese wird durch einen basischen UrinpH wie bei Ratten gefördert. Da der Mensch keinen
basischen Urin-pH hat, fehlen ihm die Voraussetzungen für eine nennenswerte Blasenkarzinogenese.
Dennoch kann ein indirekter Einfluss des Saccharins
auf eine Blasenkarzinogenese auch beim Menschen
nicht definitiv ausgeschlossen werden.
Die zur Verfügung stehenden epidemiologischen Daten wiederum schließen ein Blasenkarzinomrisiko durch Süßstoffe weitgehend aus. Die
umfangreichste epidemiologische Studie mit 9000
Probanden konnte keinerlei Risikoerhöhung für die
Bildung von Blasenkarzinomen bei einer Exposition
24
Kapitel 3 · Umweltfaktoren als wesentliche Ursache des Blasenkarzinoms und seiner Epidemiologie
gegenüber Süßstoffen finden (Hoover u. Strasser
1980). Wahrscheinlich ist der Konsum von Saccharin und Cyclamat beim Menschen zu gering, um
eine epidemiologisch fassbare Blasenkarzinominduktion hervorzurufen.
3
Literatur
Aboul Nasr AL, Boutros SG, Hussein MH (1986) Cancer occurence
in developing countries: Egypt. IARC Sci Publ 75: 37–41
Ahmed FE, Thomas DB (1992) Assessment of the carcinogenicity of the non-nutritive sweetener cyclamate. Crit Rev
Toxicol 22: 81–118
Anwar K, Naiki H, Nakakuki K, Inuzuka M (1992) High frequency of human papillomavirus infection in carcinoma of the
urinary bladder. Cancer 70: 1967–1973
Badawi AF, Mostafa MH, Aboul-Azm T, Haboubi NY, O`Connor
DP (1992) Promutagenic methylation damage in bladder
DNA from patients with bladder cancer associated with
schistosomiasis and from normal individuals. Carcinogenesis 13: 877–881
Badr MM (1983) The history of tumors of the urinary bladder.
In: Bladder Cancer, vol I. CRC-Press, Boca Raton, pp 1–16
Boice JD, Day NE, Andersen A et al. (1985) Second cancers
following radiation treatment for cervical cancer. An
international collaboration among cancer registries. J Natl
Cancer Inst 74: 955–975
Boice JD, Engholm G, Kleinerman RA et al. (1988) Radiation
dose and second cancer risk in patients treated for cancer
of the cervix. Radiat Res 116: 3–55
Bosch FX, Cardis E (1990) Cancer incidence correlations: genital, urinary and some tobacco-related cancers. Int J Cancer 46: 178–184
Boyland E, Williams DC (1956) The metabolism of tryptophan.
Biochem J 64: 578–582
Brooks JB, Cherry WB, Thacker L, Alley CC (1972) Analysis by
gas chromatography of amines and nitrosamines produced in vivo and in vitro by Proteus mirabilis. J Infect Dis
126: 143–153
Brownson RC, Chang JC, Davis JR (1987) Occupation, smoking,
and alcohol in the epidemiology of bladder cancer. Am J
Public Health 77: 1298–1300
Bryan GT, Ertürk E (1970) Production of mouse urinary bladder
carcinomas by sodium cyclamate. Science 167: 996
Campo MS, Jarrett WF, Barron R, O´Neil BW, Smith KT (1992)
Association of bovine papillomavirus type 2 and bracken
fern with bladder cancer in cattle. Cancer Res 52: 6898–
6904
Case RAM, Hosker ME, McDonald DB, Pearson JT (1954) Tumors
of the urinary bladder in workmen engaged in the manufacture and use of certain dystuff intermediates in the
British chemical industry. Br J Ind Med 11: 75–109
Ceovic S, Hrabar A, Saric M (1992) Epidemiology of Balkan
endemic nephropathy. Food Chem Toxicol 30: 183–188
Chernozemsky IN (1991) Balkan endemic nephropathy and
the associated tumors of the urinary system: A summary
of epidemiological features in Bulgaria. IARC Sci Publ
115: 3–4
Cuzick J, Routledge MN, Jenkins D, Garner RC (1990) DNA
adducts in different tissues of smokers and non-smokers.
Int J Cancer 45: 673–678
Davies CP, Cohen SM, Groeber MB, Andersson MD, Warren MM
(1984) Urothelial hyperplasia and neoplasia: response
to chronic urinary tract infections in rats. J Urol 132:
1025–1031
Dorgelo FO, Verver G, Wieling G, Topp RJ, Boleij JS, Pal TM
(1985) Urinary hydroxydiphenyl excretion of workers
occupationally exposed to a mixture of diphenyl and
diphenylether (Dowtherm A). Int Arch Occup Environ
Health 56: 129–134
Druckrey H, Preussmann R, Ivankovic S, Schmähl D (1967)
Organotrope carcinogene Wirkungen bei 65 verschiedenen N-Nitroso-Verbindungen an BD-Ratten. Z
Krebsforschung 69: 103–201
Dunham LJ, Rabson AS, Stewart HL, Frank AS, Young JL (1968)
Rates, interview, and pathology study of cancer of the
urinary bladder in New Orleans, Lousiana. J Natl Cancer
Inst 41: 683–709
Ellwein LB, Cohen SM (1990) The health risks of saccharin revisited. Crit Rev Toxicol 20: 311–326
Ertürk E, Atassi SA, Yoshida O, Cohen SM, Price JM, Bryan GT
(1970) Comparative urinary and gallbladder carcinogenicity of N-[4-(5-nitro-2-furyl)-2-thiazolyl]formamide and
N-[4-(5-nitro-2-furyl)-2thiazolyl]acetamide in the dog. J
Natl Cancer Inst 45: 535–542
Ertürk E, Price JM, Morris JE, Cohen S, Leith RS, von Esch AM,
Crovetti AJ (1967) The production of carcinoma of the
urinary bladder in rats by feeding N-[4-(5-nitro-2-furyl)-2thiazolyl]formamide. Cancer Res 27: 1998–2002
Fairchild WV, Spence CR, Solomon HD, Gangai MP (1979) The
incidence of bladder cancer after cyclophosphamide
therapy. J Urol 122: 163–164
Fieser LF, Fieser M (1982) Basische Farbstoffe der Triarylamin-,
Triarylmethan- und Methinreihe. In: Organische Chemie,
2. Aufl. VCH, Weinheim, S 1767–1769
Fieser LF, Fieser M (1982) Geschichte des Benzols. In: Organische Chemie 2. Aufl. VCH, Weinheim, S 735–737
Furihata M, Inoue K, Ohtsuki Y, Hashimoto H, Terao N, Fujita
Y (1993) High-risk human papillomavirus infections and
overexpression of p53 protein as prognostic indicators in
transitional cell carcinoma of the urinary bladder. Cancer
Res 53: 4823–4827
Garner RC, Cuzick J, Jenkins D, Phillips DH, Hewer A, King MM,
Routledge MN (1990) Linear relationship between DNA
adducts in human lung and cigarette smoking. IARC Sci
Publ 104: 421–426
Harris RE, Chen-Backlund JY, Wynder EL (1990) Cancer of the urinary bladder in Blacks and Whites. Cancer 66: 2673–2680
Hasegawa R, Takahashi S, Asamoto M, Shirai T, Fukushima S
(1990) Species differences in sodium o-phenylphenate
induction of urinary bladder lesions. Cancer Lett 50: 87–91
Hausen zur H (1989) Papillomaviruses in anogenital cancer
as a model to understand the role of viruses in human
cancers. Cancer Res 49: 4677–4681
25
Literatur
Hicks RM, James C, Webbe G (1980) Effect of schistosomahaematobium and N-butyl-N-(4-hydroxybutyl)nitrosamine on
the development of urothelial neoplasia in the baboon. Br
J Cancer 42: 730–755
Hiraga K, Fujii T (1981) Induction of tumors of the urinary
system in F344 rats by dietary administration of sodium
o-phenylphenate. Food Cosmet Toxicol 19: 303–310
Hochberg KH (1969) Autoradiographische, biochemische und
in vitro Untersuchungen zur Bedeutung es Tryptophanmetabolismus beim Harnblasenkarzinom. Habilitationsschrift, Universität Heidelberg
Hoover RN, Strasser PH (1980) Artificial sweeteners and human
bladder cancer. Preliminary results. Lancet 1: 837–840
Huff JE (1991) Carcinogenicity of ochratoxin A in experimental
animals. IARC Sci Publ 115: 229–244
Johansson SL, Wahlqvist L (1977) Tumours of urinary bladder
and ureter associated with abuse of phenacetin-containing analgesics. Acta Pathol Microbiol Scand A 85: 768–774
Kälble T, Riedasch G, Pomer S, Möhring K (1988) Harnblasentumoren unter Immunsuppression nach Nierentransplantation. Akt Urol 19: 304–309
Kantor AF, Hartge P, Hoover RN, Naragana AS, Sullivan JW,
Fraumeni JF (1984) Urinary tract infection and risk of bladder cancer. Am J Epidemiol 119: 510–515
Kaufman JM, Fam B, Jacobs SC, Gabilondo F, Yalla Y, Kane JP,
Rossier AB (1977) Bladder cancer and squamous metaplasia in spinal cord injury patients. J Urol 118: 967–971
Kitamura T, Yogo Y, Ueki T, Murakami S, Aso Y (1988) Presence
of human papillomavirus type 16 genome in bladder carcinoma in situ of a patient with mild immunodeficiency.
Cancer Res 48: 7207–7211
Knowles MA (1992) Human papillomavirus sequences are
not detectable by Southern blotting or general primermediated polymerase chain reaction in transitional cell
tumours of the bladder. Urol Res 20: 297–301
Kochen W, Hochberg KH (1970) Untersuchungen über den
Tryptophan-Stoffwechsel beim Blasenkarzinom. Z Krebsforsch 73: 251–264
La Vecchia C, Negri E, D’Avanzo B, Savoldelli R, Franceschi S
(1991) Genital and urinary tract diseases and bladder
cancer. Cancer Res 51: 629–631
Locke JR, Hill DE, Walzer Y (1985) Incidence of squamous cell
carcinoma in patients with long-term catheter drainage. J
Urol 133: 1034–1035
Lopez-Abente G, Gonzalez CA, Errezola M, Escolar A, Izarzugaza I, Nebot M, Riboli E (1991) Tobacco smoke inhalation
pattern, tobacco type, and bladder cancer in Spain. Am J
Epidemiol 134: 830–839
Magee PH, Barnes JM (1956)) The production of malignant
primary hepatic tumors in the rat by feeding dimethylnitrosamine. Br J Cancer 10: 114–122
Matas AJ, Simmons RC, Kjellstrand CM, Buselmeier TJ, Johnson
TL, Najarian JS (1977) Increased incidence of malignancy
in uremic patients and its significance to transplantation.
Transpl Proc 9: 1137–1140
McCredie M, Stewart JH (1988) Does paracetamol cause urothelial cancer or renal papillary necrosis? Nephron 49:
296–300
3
Melick WF, Escue HM, Naryke JJ, Mezera RA, Wheeler ER (1955)
The first reported cases of human bladder tumors due to
a new carcinogen – xenylamine. J Urol 74: 760–766
Mihatsch MJ, Knusli C (1982) Phenacetin abuse and malignant
tumors. An autopsy study covering 25 years (1953–1977).
Klin Wochenschr 60: 1339–1349
Nakanishi K, Hirose M, Ogiso T, Hasegawa R, Arai M, Ito N
(1980) Effects of sodium saccharin and caffeine on the
urinary bladder of rats treated with n-butyl-n-(4-hydroxy
butyl)nitrosamine. Gann 71: 490–500
Oser BL, Carson S, Cox GE, Vogin EE, Sternberg SS (1975)
Chronic toxicity study of cyclamate: saccharin (10:1) in
rats. Toxicology 4: 315–330
Pavlovic M, Plestina R, Krogh P (1979) Ochratoxin A contamination of foodstuffs in an area with Balkan (endemic) nephropathy. Acta Pathol Microbiol Scand B 87:
243–246
Pedersen-Bjergaard J, Ersboll J, Hansen VL et al. (1988) Carcinoma of the urinary bladder after treatment with cyclophosphamide for non-Hodgkin’s lymphoma. N Engl J Med
318: 1028–1032
Perlmann S, Staehler W (1933) Untersuchungen über die Ätiologie der Blasengewächse. (Experimentelle Erzeugung
von Blasengeschwülsten.) Z Urolog Chir 139–164
Petkova-Bocharova T, Castegnaro M (1991) Ochratoxin A in
human blood in relation to Balkan endemic nephropathy
and urinary tract tumors in Bulgaria. IARC Sci Publ 115:
135–137
Porpaczy P (1979) Ursachen und Folgen langjähriger Einnahme phenacetinhaltiger Analgetika aus der Sicht des
Urologen. Wien Klin Wschr [Suppl] 104: 1–21
Rehn L (1895) Blasengeschwülste bei Fuchsinarbeitern. Arch
Klin Chir 50: 588–600
Rubino GF, Scansetti G, Piolatto G, Pira E (1982) The carcinogenic effect of aromatic amines: An epidemiological
study on the role of o-toluidine and 4,4-methylene bis (2methylaniline) inducing bladder cancer in man. Environ
Res 27: 241–254
Russfield AB, Homburger F, Weisburger EK, Weisburger JH
(1973) Further studies on carcinogenicity of environmental chemicals including simple aromatic amines. Toxicol.
Appl Pharmacol 25: 446–447
Sakata T, Hasegawa R, Johansson SL, Zenser TV, Cohen SM
(1986) Inhibition by aspirin of N-[4-(5-nitro-2-furyl)-2thiazolyl]formamide initiation and sodium saccharin promotion of urinary bladder carcinogenesis in male F344
rats. Cancer Res 46: 3903–3906
Schär W (1930) Experimentelle Erzeugung von Blasentumoren.
(Die Wirkung langdauernder Inhalation von aromatischen
Amidoverbindungen). Dtsch Z Chir 226: 81–97
Schmähl D, Habs M (1984) Investigations on the carcinogenicity of the artificial sweeteners sodium cyclamate and
sodium saccharin in rats in a two-generation experiment.
Arzneimittelforschung 34: 604–606
Schoenig GP, Goldenthal EI, Geil RG, Frith CH, Richter WR, Carlborg FW (1985) Evaluation of the dose response and in
utero exposure to saccharin in the rat. Food Chem Toxicol
23: 475–490
26
3
Kapitel 3 · Umweltfaktoren als wesentliche Ursache des Blasenkarzinoms und seiner Epidemiologie
Schubert GE (1988) Die Pathologie des fortgeschrittenen
Harnblasenkarzinoms. Akt Urol 19: 78–82
Sheil AGR, Flavel S, Disney APS, Mathew TH, Hall BM (1987) Cancer incidence in renal transplant patients treated with Azathioprine or Cyclosporine. Transpl Proc 19: 2214–2216
Silverman DT, Levin LI, Hoover RN, Hartge P (1989) Occupational risks of bladder cancer in the United States: I. White
men. J Natl Cancer Inst 81: 1472–1480
Slattery ML, Schumacher MC, West DW, Robinson LM (1988)
Smoking and bladder cancer. Cancer 61: 402–408
Sostaric B, Vukelic M (1991) Characteristics of urinary tract
tumours in the area of Balkan endemic nephropathy in
Croatia. IARC Sci Publ 115: 29–35
Spühler O, Zollinger HU (1953) Die chronisch interstitielle
Nephritis. Z Klin Med 151: 1–50
Theriault G, Tremblay C, Cordier S, Gingras S (1984) Bladder
cancer in the aluminium industry. Lancet 1: 947–950
Tricker AR, Mostafa MH, Spiegelhalder B, Preussmann R (1989)
Urinary excretion of nitrate, nitrite and N-nitroso compounds in Schistosomiasis and bilharzia bladder cancer
patients. Carcinogenesis 10: 547–552
Vineis P (1991) Black (air-cured) and blond (flue-cured) tobacco and cancer risk. I: Bladder cancer. Eur J Cancer 27:
1491–1493
Vukelic M, Sostaric B, Belicza M (1992) Pathomorphology of
Balkan endemic nephropathy. Food Chem Toxicol 30:
193–200
Wich H, Grimm U, Knapp A (1989) Tryptophanstoffwechseluntersuchungen beim Harnblasenkarzinom. Z Urol Nephrol
82: 593–596
Wynder EL, Onderdonk J, Mantel N (1963) An epidemiological investigation of cancer of the bladder. Cancer 16:
1388–1407
Wydner EL, Augustine A, Kabat GC, Herbert JR (1988) Effect
of the type of cigarette smoked on bladder cancer risk.
Cancer 61: 622–627
Yamaguchi N, Watanabe S, Okubo T, Takahashi K (1991) Workrelated bladder cancer risks in male Japanese workers:
estimation of attributable fraction and geographical correlation analysis. Jpn J Cancer Res 82: 624–631
Herunterladen