Qualitätskriterien Qualitätskriterien zum Qualitätssiegel SPORT PRO GESUNDHEIT SPORT PRO GESUNDHEIT Qualitätskriterien für Gesundheitsprogramme im Sportverein Der Deutsche Sportbund, seine 91 Ver- zu sichern. Für diese Angebote gelten bände und 86.236 Vereine bekennen folgende Kriterien: sich zu einer zukunftsorientierten Ge- 1. Ganzheitliche Zielsetzung sundheitsförderung und haben sich 2. Spezifizierte Maßnahmenplanung verpflichtet, die im Sport bestehenden 3. Qualifizierte Leiter/innen Strukturen für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu nutzen und auszubauen. Der organisierte Sport ist in besonderer Weise geeignet, dem Qua- 4. Einheitliche Organisationsstrukturen 5. Gesundheitsvorsorgeuntersuchung litätsanspruch einer ganzheitlichen Gesundheitsförderung gerecht zu werden, denn er ist besonders sozial- 6. Information und Rückmeldung 7. Qualitätssicherung und Evaluation integrativ und schafft langfristige Verhaltensbindungen. 8. Örtliche Vernetzung Den Zusammenhang zwischen Sport Die Kriterienbeschreibungen basieren und Gesundheit belegt eine Studie des auf einer wissenschaftlichen Expertise, Wissenschaftlichen Instituts der Ärzte die 1998 im Auftrag des Deutschen Deutschlands (WIAD-Studie „Sport Sportbundes erstellt wurde.* Die Kri- und Gesundheit“). Die Ergebnisse terien wurden mit den DSB- zeigen einen durchgängig günstigeren Mitgliedsorganisationen abgestimmt. Gesundheitsstatus der Sporttreibenden in der Bevölkerung – generell und Auf der Grundlage der Qualitätskrite- bezogen auf die Altersklassen – gegen- rien wurde vom Deutschen Sportbund über nicht sportlich Aktiven. in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer das Qualitätssiegel Neben dem traditionell gewachsenen SPORT PRO GESUNDHEIT ent- Breitensport haben sich in den vergan- wickelt. genen Jahren in der Sportlandschaft der Vereine und Verbände eine Reihe von speziellen Gesundheitsprogrammen herausgebildet, die besonders qualifiziert angelegt sind. Über gemeinsame verbindliche Grundsätze verpflichtet sich der organisierte Sport, die Qualität dieser Angebote vor Ort * Bös, K.; Brehm, W.; Opper, E.; Saam, J.: Gesundheitsorientierte Sportprogramme im Verein, Analysen und Hilfen zum Qualitätsmanagement; Deutscher Sportbund (Hrsg.), Frankfurt 1998 2 QUALITÄTSKRITERIEN zum Qualitätszirkel SPORT PRO GESUNDHEIT Qualitätskriterium Nr. 1: Ganzheitliche Zielsetzung Die Angebote des organisierten Sports Grundsätzlich müssen in jedem beruhen auf einer ganzheitlichen Ziel- Gesundheitsprogramm – sozusagen setzung vor dem Hintergrund eines als Kernziele zur Herausbildung eines entsprechend umfassenden Verständ- gesunden Lebensstils – die folgenden nisses von Gesundheit. Ihr Anliegen Problembereiche berücksichtigt wer- betrifft nicht nur die Primärprävention, den. Diese Kernziele müssen durch- d. h. die Verhinderung des Auftretens gängig durch Inhalte und Methoden von Erkrankungen oder Störungen, in den Programmen umgesetzt wer- sondern konzentriert sich darüber hin- den, wobei zu berücksichtigen ist, aus auf die Ausbildung und Stärkung dass die Gewichtung jeweils von der einer aktiv wahrgenommenen, dauer- konkreten Angebotsstruktur abhängig haften und individuellen Gesundheits ist. kompetenz im Sinne physischer, psychischer und sozialer Schutzfaktoren. Qualitäten der Gesundheitsprogramme im Sportverein Herausbildung eines gesunden Lebensstils, z.B. durch Motivation zum regelmäßigen Sporttreiben Stärkung von physischen Stärkung von psycho- Gesundheitsressourcen, sozialen Ressourcen und z.B. durch Verbesserung und Wohlbefinden, z.B. durch Erhalt der Fitness (Ausdauer, Schulung der Körperwahrnehmung, Kraft, Beweglichkeit, Koor- Entspannung, Erleben von sozialer Einbindung dinationsfähigkeit) Verminderung von Risiko- Bewältigung von faktoren, z.B. durch Ver- Beschwerden und Missbefinden, ringerung von Übergewicht, z.B. durch Minderung von Bluthochdruck Verspannungen, Rückenproblemen SPORT PRO GESUNDHEIT 3 Qualitätskriterium Nr. 2: Spezifizierte Maßnahmenplanung Es muss deutlich werden, dass die Gesundheitszustand: z.B. Risiko- Gesundheitsprogramme ein eigenstän- gruppen (inaktive Gesunde, Risiko- diger Angebotsbereich für bestimmte personen mit latenten Symptomati- Zielgruppen, Zielsetzungen und ken) Inhaltsbereiche sind. Ausschlusskriterien: Kontraindikationen, Nichtzugehörigkeit zur Definition der Zielsetzungen: umgrenzten Zielgruppe, gefährdet Was soll erreicht werden? erscheinende Patienten, denen keine Die Zielgruppen, Zielsetzungen und Unbedenklichkeitserklärung durch Inhaltsbereiche müssen vom Anbieter den Hausarzt vorliegt. für jedes Programm festgelegt und Für alle Angebote gilt, dass die Teil- begründet werden. nahme auch für Personen mit Behinderungen (z.B. altersbedingten Han- Definition der Zielgruppen: dikaps) möglich sein sollte. Wer soll erreicht werden? Qualitätskriterium Nr. 3: Qualifizierte Leiter/ Leiterinnen Alter: Kinder, Jugendliche, junge Definition der Inhaltsbereiche: Erwachsene, Erwachsene, alte Men- Was wird gemacht? schen Je genauer die Zielgruppen, Zielset- Geschlecht: Männer, Frauen zungen und Inhaltsbereiche beschrie- Bewegungsbiografie: Einsteiger, ben sind, desto zielgerichteter kann Wiedereinsteiger usw. der/die Teilnehmer/in das nach sei- Lebensumfeld: Familien, Berufstäti- nen/ihren Bedürfnissen, Interessen ge, sozial Benachteiligte, nicht/weni- und Notwendigkeiten ausgerichtete ger Gesundheitsmotivierte usw. Angebot heraussuchen. Die Ausbildungsrichtlinien des Deut- ner/innen-C-Ausbildung (120 Unter- schen Sportbundes bilden die erfor- richtseinheiten) der DSB-Rahmen- derliche Grundlage zur Qualifikation richtlinien vorausgesetzt. Der Ausbil- von Leiterinnen und Leitern gesund- dungsgang auf der 2. Lizenzstufe heitsorientierter Sportangebote. Ver- gliedert sich in eine Basisausbildung antwortlich umgesetzt werden die im Umfang von 30 Unterrichtsein- Aus- und Fortbildungen in den Lan- heiten und in darauf aufbauende dessportbünden und Sportverbänden. Profilbildungen (nach altersbezogenen Personengruppen, angebotsbezogenen Für die angestrebte fachliche und Programmen und gefährdungsbezoge- soziale Kompetenz des Übungslei- nen Risikofaktoren) im Umfang von ters/der Übungsleiterin „Sport in der je 30 Unterrichtseinheiten. Prävention“ wird in der Regel ein Für die spezifischen Angebotsprofile Abschluss auf der 2. Lizenzstufe, auf- sind auch spezifische Ausbildungs- bauend auf die Übungsleiter/innen-, profile notwendig. Fachübungsleiter/ innen- und Trai- 4 QUALITÄTSKRITERIEN zum Qualitätszirkel SPORT PRO GESUNDHEIT Die Übungsleiter/innen, die die Die Fortbildungsdauer beträgt in der Gesundheitsprogramme im Sportver- Regel 20–30 Unterrichtseinheiten ein in die Praxis umsetzen, sind die (UE), mindestens jedoch 15 UE. Garanten für die Qualität dieser Pro- Fachspezifische berufliche Qualifi- gramme. Von den Verbänden werden kationen werden z.T. anerkannt ihnen Unterlagen für die Umsetzung (Diplomsportlehrer/in, Sportlehrer/in, der Sportprogramme zur Verfügung Krankengymnasten, Gymnasial- gestellt (Programm-Manuals, Curricu- lehrer/in, Motopäden). Je nach Ange- la, Arbeits- und Infoblätter usw.). Mit botsprofil müssen jedoch auch Perso- dem Erwerb der Lizenz „Sport in der nen mit beruflicher Qualifikation Prävention“ ist der Ausbildungspro- noch spezifische Aufbau-Ausbil- zess nicht abgeschlossen. Die Fortbil- dungen nachweisen. Der Fortbil- dung erfolgt in der Regel nach 2 Jah- dungsmodus gilt entsprechend dem ren, spätestens nach 4 Jahren und der Übungsleiter. dient der Erreichung folgender Ziele: ■ Ergänzung und Vertiefung der bisher vermittelten Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten ■ Aktualisierung des Informationsstandes und der Qualifikation ■ Erkennen und Umsetzen von neuen Entwicklungen Qualitätskriterium Nr. 4: Einheitliche Organisationsstrukturen Dauer Ausstattung Konstante Verhaltensänderungen im Die Ausstattung der Räumlichkeiten Sinne einer lebensbegleitenden Stär- und die eingesetzten Geräte und kung der Gesundheit sind nur langfri- Materialien müssen in Bezug auf das stig zu erreichen, deshalb ist es beson- Angebot einem angemessenen Stan- ders wichtig, dass das entwickelte dard entsprechen. Bei der Integration Bedürfnis nach Bewegung „gepflegt“ Behinderter muss für eine behinder- wird. Ziel ist es, die Teilnehmerinnen tengerechte Ausstattung Sorge getra- und Teilnehmer möglichst dauerhaft gen werden. Von besonderem Vorteil an Bewegungsangebote zu binden. In ist, wenn Übungszeiten auf geeigneten der Regel sollte dies über ein Bauka- Anlagen auch ins Freie verlegt werden stensystem erfolgen: Einstiegs-, Auf- können. baukurs, Dauerangebot. Die Dauer der Kurse muss mindestens 12 Teilnehmerbegrenzung Übungseinheiten betragen. Um eine individuelle Betreuung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu gewährleisten, darf die Gruppengröße 20 Personen nicht überschreiten. SPORT PRO GESUNDHEIT 5 Qualitätskriterium Nr. 5: Gesundheitsvorsorgeuntersuchung Gesundheitsorientierte Sportprogram- Bei krankhaftem Befund sollten darü- me sollen vorrangig Menschen anspre- ber hinausgehende Untersuchungen in chen, die längere Zeit nicht oder nur Abstimmung mit dem Hausarzt emp- wenig aktiv waren. Eine Gesundheits- fohlen werden. untersuchung wird deshalb ab dem 35. Lebensjahr empfohlen; sie kann im Rahmen des „Check-up“ über § 25 SGB V oder entsprechende gesetzliche Möglichkeiten durchgeführt werden. Qualitätskriterium Nr. 6: Information und Rückmeldung Aus wissenschaftlichen Untersuchun- Ziel ist eine Motivationsverstärkung gen ist bekannt, dass für die überdau- durch das Verdeutlichen individueller ernde Teilnahme die Erfüllung der Entwicklungsschritte und Erfolge. individuellen Bedürfnisse und Interessen wichtig ist. Es ist von daher not- Die Rückmeldung kann z.B. erfolgen wendig, dass diese zu Beginn der über motivierende Ansprache, Frage- ersten Stunde erfragt werden. Gleich- bogen zu Befindlichkeitsveränderun- zeitig muss zu Beginn des Kurses gen, Tests zu konditionellen Leis- umfassend über das Kursprogramm tungsentwicklungen. informiert werden. So kann ggf. noch ein Wechsel zu anderen Kursen/Ange- Eine gesundheitliche Gefährdung darf boten erfolgen. damit nicht einhergehen. In begründeten Fällen ist vor der Teilnahme am Wichtig für die Teilnehmerinnen und Gesundheitsprogramm eine ärztliche Teilnehmer ist nicht nur zu Beginn, Bescheinigung vorzulegen, um mög- sondern auch während des Kurses eine liche Gefährdungen auszuschließen. Information und Rückmeldung. 6 QUALITÄTSKRITERIEN zum Qualitätszirkel SPORT PRO GESUNDHEIT Qualitätskriterium Nr. 7: Qualitätssicherung und Evaluation Die Sportorganisationen arbeiten auf Aufbauend darauf werden regionale der Grundlage empirisch abgesicherter Qualitätszirkel für die Übungsleiter/ Zusammenhänge zwischen Bewe- innen eingerichtet. Die Qualitätszirkel gungsaktivitäten und Gesundheitsbe- behandeln inhaltliche Fragestellungen, finden. Zahlreiche Evaluationsstudien Grundprobleme werden besprochen belegen die Wirksamkeit gesundheits- und beraten. orientierter Bewegungsprogramme hinsichtlich der Erreichung ihrer Die Qualitätssicherung erfolgt darüber Kernziele. hinaus über verbandsinterne Maßnah- Im Rahmen der Qualitätssicherung men, wie Seminarveranstaltungen, geht es darum, sicherzustellen, dass wissenschaftliche Begleituntersuchun- das Programm den formulierten gen usw. Zielen entspricht. Dazu müssen die Qualitätskriterien konsequent umgesetzt werden. Die Betreuung der Vereine in diesem Bereich erfolgt über die Verbände mit Unterstützung des Deutschen Sportbundes. Qualitätskriterium Nr. 8: Örtliche Vernetzung Eine Vernetzung der Gesundheitspro- Die Zusammenarbeit mit niedergelas- gramme auf allen Ebenen ist dringend senen Ärzten wird empfohlen. Die erforderlich. Auf Verbandsebene sind Angebote sollten entsprechend in der die Voraussetzungen geschaffen, z.B. Ärzteschaft bekannt gemacht werden. für Kooperationen mit den ärztlichen Weitere Kooperationspartner könnten Standesorganisationen – insbesondere sein: Schulen, Kindergärten, Gesund- der Bundes- und den Landesärztekam- heitsämter, Krankenkassen, Kranken- mern – sowie verschiedenen Versiche- häuser usw. rungsträgern. Auf der örtlichen Ebene Durch den Rat des Arztes hat der Ver- geht es vor allem darum, die entspre- ein die Möglichkeit, neue Zielgruppen chenden Zielgruppen zu erreichen zu gewinnen, und findet in ihm einen sowie über die Zusammenarbeit mit kompetenten Ansprechpartner für alle Partnern im Gesundheitsbereich Teil fachlichen Fragen – angefangen von eines Gesamtnetzwerkes „Gesund- der Gesundheitsvorsorgeuntersuchung heitsförderung“ zu werden. Das Vor- bis hin zur Teilnahme an Informations- gehen sollte zwischen Verbänden und veranstaltungen zum Thema „Sport Vereinen abgestimmt werden. und Gesundheit“. SPORT PRO GESUNDHEIT 7 ©12 DEUTSCHER SPORTBUND FRANKFURT AM MAIN, FEBRUAR 2001 QUALITÄTSZIRKEL. ZIELE, AUFGABEN UND HANDLUNGSFELDER.