Grosseltern lernen, schwer hörige Enkel zu verstehen

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Grosseltern lernen, schwer­
hörige Enkel zu verstehen
In unserer Gesellschaft, in der oft beide
Eltern berufstätig sind, nehmen Grosseltern bei der Erziehung und Betreuung von Kindern eine bedeutende Rolle ein. Gerade für Eltern von Kindern
mit einer Hörbeeinträchtigung sind sie
besonders wichtig. Das Zentrum für
Gehör und Sprache in Zürich lud
Ende August 2016 Grosseltern von
hörbeeinträchtigten Kindern zu einem
Informations- und Diskussionsanlass
ein. Rund 40 Grosseltern wollten mehr
über die Hörbehinderung ihrer Enkel,
über die medizinischen und technischen Aspekte der Schwerhörigkeit erfahren und sich austauschen.
«Für hörende junge Eltern ist die Geburt eines hörbeeinträchtigten Kindes
ein Schock», erläuterte Irene Eckerli,
die Kinderpsychologin des Zentrums
für Gehör und Sprache. «In dieser Ausnahmesituation ist die emotionale Belastung sehr hoch: Die Eltern sind
überwältigt und fragen sich, ob sie den
Herausforderungen gewachsen sind.»
Den grossen Ängsten und Unsicherheiten können die Gross­eltern mit viel Bestärkung, Lob und Ermutigungen entgegenwirken. Dabei sei es sehr wichtig,
eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen. «Fragen Sie direkt, was den Eltern
am meisten hilft.»
«Meine Tochter hat viel geweint», erzählte eine Grossmutter von ihren Erfahrungen nach der Geburt ihres hörbeeinträchtigten Enkelkindes. «Sie
Grosseltern können viel von ihren schwerhörigen Enkelkindern lernen und sie in ihrer
Entwicklung unterstützen. Fotos: Cochlear.
machte sich Sorgen, dass ihr Kind
nicht so glücklich sein wird wie ein
‹normales› Kind.» Die Zweifel und die
Überforderung, welche bei der Geburt
eines hörbeeinträchtigten Kindes eintreten können, haben auch andere der
anwesenden Grosseltern miterlebt.
Denn die Schwerhörigkeit hat nicht
nur Auswirkungen auf das Gehör der
Kinder – sie kann auch zu Sprach- und
Sprechproblemen führen. Auch wirkt
sie sich auf die Impulskontrolle, die
Verarbeitung von Informationen und
das Gefühl von (Selbst-)Sicherheit aus.
«Ich musste erst lernen, dass mein
Enkel genügend Vorbereitung braucht,
bevor wir etwas Neues tun – sonst bekommt er Angst, weil er nicht nachvollziehen kann, was passiert», äusserte sich eine anwesende Grossmutter.
Wie viel Kraft es denn kostet, Gross­
eltern zu sein, fragte Irene Eckerli die
Zuhörenden. Diese sind sich einig,
dass es eine Herausforderung ist.
«Aber man kann auch ganz viel von
schwerhörigen Kindern lernen. Für
mich hat sich eine ganz neue Welt aufgetan», so der Tenor.
Brigitte Baumgartner, die audiopädagogische Beraterin, liess die Anwesenden Hörgeräte und Ohrstöpsel ausprobieren, um den Grosseltern ein Gefühl
für die Erfahrungen ihrer Enkel zu vermitteln. Sie erklärte auch, wie eine
Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit
entstehen kann, welche Arten von
Schwerhörigkeit es gibt und wie die
Behandlungsmöglichkeiten aussehen.
Flurina Wäspi
dezibel 1/2017
Wenn Grosseltern erfahren, dass ihre Enkelkinder hörbeeinträchtigt sind,
dann wissen sie oft nicht, wie sie damit umgehen sollen. Das Zentrum
für Gehör und Sprache in Zürich hat Grosseltern eingeladen zu einem
Informationsaustausch.
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