Einführung in die Angewandte Informatik

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Einführung in die Angewandte Informatik
I: Kognitive Systeme und Kognitive Psychologie
Ute Schmid
Fakultät WIAI, Otto-Friedrich Universität Bamberg
Angewandte Informatik/Kognitive Systeme
WS 2006/2007
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Was sind Kognitive Systeme?
Intelligentes System: löst Probleme, die bislang nur von
Menschen lösbar waren
Kognitives System: intelligentes System, das kognitive
Funktionen so realisiert, dass sie auf ähnlichen Strukturen und
Prozessen basieren wie bei einem menschlichen
Informationsverarbeiter.
Beispiele für kognitive Funktionen
Wahrnehmung und Mustererkennung
Wissensrepräsentation und Schlussfolgern
Lernen aus Erfahrung
Problemlösen
Entscheiden
Verarbeitung natürlicher Sprache
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Kognitive Systeme als Interdisziplin
Informatik
Psychologie
Intelligente Systeme
Programmier−
konzepte
Neuro−
inf.
Wissensrepräsentation
Inferenz
Planen
Maschinelles Lernen
Robotik
Logik
Bildverarbeitung
Sprachverarbeitung
Expertensysteme
Kognitive Psychologie
Wahrnehmung Sensumotorik
Kognitive
Systeme
Motivation
Emotion
Denken
Problemlösen
Lernen
Gedächtnis
Sprache Entscheidung
Formale Sprachen
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
empirische
Methoden
Neuro−
psych.
Entwicklungs−
psych.
Zwei Perspektiven
Ingenieurswissenschaftlich: Nutzung von Erkenntnissen der
Psycholgie,
um effiziente intelligente Systeme zu realisieren (“Psychonik”)
zur Gestaltung von Mensch-Maschine-Interaktionen
(menschgerechte
Kommunikationsschnittstellen/Informationsdarbietung)
֒→ performanz-/erfolgsorientiert
Erkenntniswissenschaftlich: Als Werkzeug für die theoretische
Psychologie
Formale Modellierung zur Beschreibung und Erklärung
kognitiver Strukturen und Prozesse
Analyse genereller Beschränkungen
֒→ generative Theorien/“Baupläne”
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Beispiel “Virtuelle Entwurfsumgebung”
Projekt “VIENA”, Wachsmuth, Bielefeld, 1993-1997)
Beispiel Innenarchitektur
Entwurf via Avatar Hamilton
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Beispiel – Dialog mit Hamilton
“Move the bowl to the right.”
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Beispiel – Dialog mit Hamilton
I: intrinsische Sicht
(Schreibtisch mit
def. Vorderseite)
U: deiktische Sicht
(Nutzer-Sicht auf
Monitor)
H: deiktische Sicht
(Agent Hamilton)
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Verstehen räumlicher Beschreibungen
Technische Seite: Repräsentation von räumlichem Wissen,
Realisierung eines Layout-Algorithmus (Skalierung,
Transformation, ...)
Kognitive Seite:
Welches Referenzsystem wählen Nutzer?
KS/HCI: Annahme des “natürlichen”/präferierten
Referenzsystems im Dialog
KS/Modellierung: “Verstehen” räumlicher Beschreibungen als
Aufbau mentaler Modelle
Nutzung von kognitiven Theorien
Verständnis empirischer/experimenteller
Untersuchungsmethoden
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Was ist Kognitive Psychologie?
Psychologie: Wissenschaft vom menschlichen Erleben und
Verhalten unter Einschluß damit verbundener physiologischer
und neurologischer Vorgänge
Allgemeine Psychologie: Frage nach universalen
Gesetzmäßigkeiten im Bereich psychischer Grundfunktionen
wie Wahrnehmung, Motivation, Emotion, Gedächtnis, Denken,
Problemlösen, Lernen, Handeln, Entscheiden, Sensumotorik
֒→ Abstraktion von individuellen Unterschieden (Differentielle
Psychologie)
֒→ Entwicklung psychischer Funktionen im Lauf der
Lebensspanne durch innere und äußere Einflüsse
(Entwicklungspsychologie)
֒→ Erleben und Verhalten im sozialen Kontext
(Sozialpsychologie)
֒→ Anwendungsnahe Forschung: Klinische Psychologie,
Diagnostik, Pädagogische Psychologie, Arbeits-, Betriebs-,
Organisationspsychologie
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Was ist Kognitive Psychologie?
Alternative Bezeichnung für Allgemeine Psychologie
Einschränkung der Allgemeinen Psychologie auf reine
Erkennens- und Verstehensprozesse (Ausgrenzung von
Emotion, Motivation)
Abgrenzung von anderen theoretischen Sichtweisen auf den
Gegenstandsbereich der Allgemeinen Psychologie (z.B.:
Behaviorismus): Mentale Repräsentationen und Prozesse als
zentrale Grundlage für die Erklärung von Verhalten
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Methoden der Psychologie
Psychologie ist eine Erfahrungswissenschaft (vgl. Physik,
Biologie, ...)
Erfahrungswissenschaftliche Methoden:
Beobachtung
Experiment
Komplexität/Natürlichkeit
Selektivität/Kausalerklärung
Ute Schmid
Beobachtung
+
-
Experiment
+
Einführung in die Angewandte Informatik
Beispiel – Mentale Modelle
Theorie der Mentalen Modelle von Johnson-Laird (1983, 1999)
Schlußfolgerndes Denken
Prämissen: (Voraussetzungen)
Der Löffel ist links vom Messer.
Das Teller ist rechts vom Messer.
Die Gabel ist vor dem Löffel.
Die Tasse ist vor dem Messer.
Abgleitete Schlussfolgerung(en):
Die Gabel ist links von der Tasse.
Annahme: Prämissenintegrarion
Löffel
Gabel
Messer
Tasse
Ute Schmid
Teller
Einführung in die Angewandte Informatik
Beispiel – Mentale Modelle
Verstehen der Prämissen meint Konstruktion einer integrierten
(räumlichen) Repräsentation
Alle Schlussfolgerungen sind enthalten,
können abgelesen werden
Problem: Unbestimmtheit (Anzahl alternativer Modelle)
Modifikation der zweiten Prämisse:
Das Teller ist rechts vom Löffel
Löffel
Gabel
Messer
Tasse
Teller
Löffel
Gabel
Teller
Messer
Tasse
Empirische Vorhersage: Je mehr alternative Modelle
existieren, desto länger sind die Antwortzeiten, desto mehr
Fehler werden gemacht
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Empirische Belege für Mentale Modelle
Experiment von Mani & Johnson-Laird (1982)
20 Probanden
50 % bestimmte und 50 % unbestimmte Beschreibungen (in
variierten Reihenfolgen, within subjects)
Aufgabe: Beurteilung, ob Diagramme konsistent oder
inkonsistent zu den Beschreibungen sind
Unangekündigter Gedächtnistest
Originalsätze
Im Mentalen Modell enthaltene Sätze (“Inferierbar”)
(Die Gabel ist links von der Tasse)
Füller-Items mit anderer Bedeutung
Ergebnis: Cross-Over-Effect
Original/Enthalten vor Füller Original vor Enthalten
bestimmt
88 %
68 %
unbestimmt 58 %
88 %
Bei eindeutigen Mentalen Modellen kann nicht mehr zwischen
originalen und inferierten Aussagen unterschieden werden.
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Psychologische Theoriebildung
Zweck einer psychologischen Theorie: Beschreibung, Erklärung
und Vorhersage von menschlichem Verhalten
Theoriebildung als Wechsel aus Top-down und Bottom-up
Prozessen
Beoachtungen: Hypothesengenerierung
Experiment: Hypothesentestung
Kognitive Theorien: Erklärung auf der Ebene von
Informationsverarbeitungsprozessen
Neuronale Korrelate können kognitive Annahmen stützen
Situative Aspekte haben Einfluss auf kognitive Prozesse
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
KogSys – Lerninhalte
Methoden, Techniken und Werkzeuge zum Entwurf, zur
Implementation, zur Analyse und Evaluation
intelligenter/kognitiver Systeme
Informatische Ansätze:
Anwendung formaler Methoden aus dem Bereich der
theoretischen Informatik zur Beschreibung und Analyse von
Problemen und Algorithmen (Komplexität, Lernbarkeit)
Beherrschung von Programmiersprachen und grundlegenden
Algorithmen zur Umsetzung von auf kognitiven Prinzipien
basierenden Algorithmen in lauffähige Systeme
Psychologische Theorien und empirische Methoden:
Formulierung und Überprüfung von Hypothesen über
spezifische Charakteristika menschlicher
Informationsverarbeitung
Evaluation implementierte Systeme auf ihre Nutzbarkeit hin
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Allgemeine Voraussetzungen
Gute Kenntnisse in und Freude an: theoretischer Informatik
und praktischer Informatik
Interesse an kognitiver Psychologie (Besuch von
Lehrveranstaltungen, siehe Studienempfehlungen für Bachelor
“Angewandte Informatik”)
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Lehrangebot
Vorlesungen
KogSysI: Intelligente Agenten (WS, ab 2008: SS)
KogSysII: Lernende Systeme (WS)
KogSysIII: Mensch-Computer-Interaktion (SS ab 2008: WS )
Praktikum Kognitive Systeme (WS/SS)
Seminar Kognitive Systeme (WS/SS)
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
KogSysI
Grundlagen intelligenten Handelns mit Bezügen zur
menschlichen Informationsverarbeitung
Themenfokus: Problemlösen und Planen, (heuristische Suche,
deduktives Planen, PL in Multi-Agentensystemen)
Übungen: Vertiefung von Methoden und Techniken, z.T
Programmieraufgaben in Prolog
Folienskript, Lehrbücher in englischer Sprache; Vorlesung und
Übung in deutscher Sprache
Voraussetzungen: Grundkenntnisse im Umgang mit Rechnern
(für die Bearbeitung einiger Übungsaufgaben), in Algorithmen
(Suchverfahren) und Logik
(“Mathematik für Informatiker”, “Algorithmen und
Datenstrukturen”.)
Günstig: “Semantische Informationsverarbeitung” im 3. Sem,
danach KogSysI
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
KogSysII
Primär: Master-Veranstaltung
Voraussetzung: erfolgreiche Teilnahme an KogSysI (bzw.
Semantische Informationsverarbeitung – kann parallel gehört
werden) oder einer einführenden LV in Künstliche Intelligenz)
Wesentliche symbolische, statistische und neuronale Ansätze
des maschinellen Lernens mit Bezügen zum menschlichen
Lernen
Übungen: Vertiefung von Methoden und Techniken, z.T
Programmieraufgaben in Java und Prolog
Folienskript, Lehrbücher in englischer Sprache; Vorlesung und
Übung in deutscher Sprache
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
KogSysIII
Voraussetzung: erfolgreiche Teilnahme an KogSysI oder
Semantischer Informationsverarbeitung (auch parallel dazu)
oder einer einführenden LV in Künstliche Intelligenz
Techniken zum Entwurf, zur Implementierung und zur
Evaluation interaktiver Computersysteme unter besonderer
Berücksichtigung der Eigenschaften menschlicher
Informationsverarbeitung
Übungen: Vertiefung von Methoden und Techniken, z.T
Aufgaben am Rechner (Nutzung von Simulationsumgebungen)
Folienskript, Lehrbücher in englischer Sprache; Vorlesung und
Übung in deutscher Sprache
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Praktikum
Einübung des Entwurfs und der Analyse kognitiver Systeme an
beispielhaften Themen in Gruppenarbeit
Themen orientieren sich an den aktuellen Forschungsarbeiten
der Gruppe ”Kognitive Systeme”
“Forschung im Kleinen”: Vorbereitung auf die Erstellung von
Qualifikationsarbeiten (Bachelorarbeit, Masterarbeit oder
Diplomarbeit)
Voraussetzung: erfolgreiche Teilnahme an KogSysI (bzw.
Semantischer Informationsverarbeitung oder einer
einführenden LV in Künstliche Intelligenz).
Erwünscht ist der Besuch weiterer Veranstaltungen im Bereich
Kognitive Systeme sowie Interesse am Abfassen einer
Qualifikationsarbeit in diesem Bereich.
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Anforderungen im Praktikum
Praktikumsarbeit umfasst:
Einarbeiten in ein Themengebiet durch Finden und Rezipieren
der relevanten wissenschaftlichen Literatur
Einordnung des eigenen Themas in den Stand der Forschung
und Vortrag vor den Praktikumsteilnehmern
Strukturierung der konkreten Arbeit durch Entwicklung eines
Arbeits- und Zeitplans
Bearbeitung des Themas durch Entwurf und/oder
Implementierung von Algorithmen, theoretische Analysen
und/oder empirische Evaluation der Algorithmen
schriftliche Darstellung (in Form eines wissenschaftlichen
Aufsatzes) und mündliche Präsentation der Ergebnisse
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Seminar
Thema I: Problemlösen und Planen (WS)
Thema II: Reading Club zu aktuellen Themen (Master-Level,
SS)
Philosophische Grundlagen Kognitiver Systeme (SS)
Erarbeiten eines Themenbereichs durch Lesen
englischsprachiger Originalarbeiten (sowie evtl. Aneignung
zum Verständnis notwendiger Grundlagen über
Einführungsliteratur)
Illustrieren oder Testen der beschriebenen
Ansätze/Algorithmen/Systeme
Vorbesprechung, Seminarvortrag (max. 45 min), Ausarbeitung
in LaTeX (max. 12 Seiten)
Erwünscht: erfolgreiche Teilnahme an KogSysI (bzw.
Semantischer Informationsverarbeitung oder einer
einführenden LV in Künstliche Intelligenz) sowie weiterer
Veranstaltungen im Bereich Kognitive Systeme
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Studienempfehlungen
Erst eine oder mehr Vorlesungen
dann Projekt, Seminar
Besuch von LVs in der Psychologie
Berührungen zu anderen Fächern: Kulturinformatik, SEDA
Gut kombinierbar mit: Theoretische Informatik, Praktische
Informatik
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
Themen in EIDAI
Kognitive Systeme und Kognitive Psychologie
Problemlösen und Planen
Empirische Forschungsmethoden
Gedächtnis und Lernen
Analoges und Fallbasiertes Schließen
Ute Schmid
Einführung in die Angewandte Informatik
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