- Johanneskirche

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Johannesmesse 14.Februar 2016
Invocavit. Erster Sonntag der Passionszeit
Evangeletto zu Ex 14 Vers 16
Lesung aus 2.Mose 14 : 10-22
Spalte das Meer
Risse und Spalten, durch die Leben dringt
(10) Und als die Kinder Israel ans Meer
gekommen waren, das wie eine Barriere vor
ihnen lag, und sahen, dass hinter ihnen der
Pharao nahe heran kam, …fürchteten sie sich
sehr und schrien zu dem HERRN…(15) Und
der HERR sprach zu Mose…>Sage den
Kindern Israel, dass sie weiterziehen. (16) Du
aber hebe deinen Stab und recke deine Hand
über das Meer und spalte (reiß) es mitten
durch , so dass die Kinder Israel auf dem
Trockenen mitten durch das Meer gehen. …<
(21) Als nun Mose seine Hand über das Meer
reckte, ließ es der HERR zurückweichen
durch einen starken Ostwind die ganze Nacht,
und machte das Meer trocken, und die
Wasser spalteten (rissen) sich. (22) Und die
Kinder Israel gingen hinein mitten ins Meer
auf dem Trockenen, und das Wasser stand
ihnen wie eine Wand zur Rechten und zur
Linken.
…Du aber recke deine Hand über das Meer
und spalte es, reiß es mitten durch !
Passionszeit ist wie Pflaster abreißen. Es tut ein
bisschen weh, aber es muss sein. Es lässt Luft an
die Wunde, damit es besser heilt. Passionszeit wir lassen Luft an die Cuts des Lebens. Wir
schauen nach den undichten Stellen, durch die es
zieht, und auf die Spalten, die sich auftun.
Passionszeit
ist
die
Jahreszeit,
wo
Christenmenschen
schauen,
wo
Cracks
verlaufen, wo sich Risse durch unser Leben
ziehen,.…recke deine Hand über das Meer
und spalte es, reiß es mitten durch…
Wie gehen wir mit Rissen um ?
Es gibt es zwei Arten, mit Rissen / Fugen /
Spalten umzugehen. Die eine Art ist: Pflaster
drauf. Abdichten. Zu spachteln. Wir sind einer
Meinung. Wir schließen die Reihen. Wir treten
geschlossen auf. Wir verbeißen uns jeden
kritischen Kommentar. Wir nehmen unser Kreuz
auf uns. – Das sorgt dafür, dass die Wogen sich
glätten und das Meer wie unberührt da liegt, ein
sanft plätscherndes, blaues Band der Harmonie.
Alles bleibt an seinem Platz.
Die zweite Möglichkeit trägt sich am Schilfmeer
zu. Dem Volk Israel sitzt ein ernstes Problem
im Nacken. Eine Gefahr tobt heran und sie
wissen nicht, wohin sie ausweichen sollen. Denn
vor ihnen liegt das blaue Band des Schilfmeeres,
stellt sich quer und signalisiert: bis hierhin und
nicht weiter! Der Ausbruch aus der Sklaverei ist
gescheitert. Eure Flucht ist zu Ende. Nehmt euer
Kreuz auf euch, gebt auf und arrangiert euch mit
dem Pharao. – Nur, das tun die Kinder Israel
nicht. Es heißt: Sie schrien zu Gott dem
HERRN. Und der HERR sagt: Gebt nicht auf !
Geht weiter ! Der HERR sprach zu Mose:
>Sage den Kindern Israel, dass sie weiterziehen. Du aber hebe deinen Stab und recke
deine Hand und spalte das Meer, reiß es mitten
durch , so dass die Kinder Israel auf dem
Trockenen mitten durch das Meer gehen. …<
Bitte prägen wir uns dieses Bild gut ein. Es ist
eins der beiden großen Sinnbilder unseres
Glaubens: Das eine ist das Kreuz, und das andre
der Zug durchs Schilfmeer.1 Gott bahnt einen
Weg in die Freiheit. Wo sich alles querlegt, reißt
Gott eine Bresche, macht einen Riss. Gott spaltet
das Meer und es geht weiter. >Sage den
Kindern Israel, dass sie weiterziehen. Du
aber, Mose, recke deine Hand über das Meer
und spalte es, reiß es mitten durch , so dass die
Während sich bei uns die Bezeichnung „Rotes Meer“ durchgesetzt hat,
verwendet die hebräische Bibel den hintergründigen Ausdruck „Jam
Suf“, Schilfmeer. Ein verwandtes Wort bezeichnet den Geburtskanal,
durch den Kinder geboren werden. Die ersten Christen nutzten die
Doppelsymbolik in ihren Taufriten: wer durchs Wasser geht, betritt auf
der anderen Seite die Welt als freier Mensch, wie neugeboren. 1.Kor.10
Vers 1 spielt mit diesem Bild.
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1
Kinder Israel auf dem Trockenen mitten
durch das Meer gehen. …< …und die Wasser
(rissen) spalteten sich. Und die Kinder Israel
gingen hinein mitten ins Meer auf dem
Trockenen, und das Wasser stand ihnen wie
eine Wand zur Rechten und zur Linken. Egal,
ob es genauso war, oder ob das ein bisschen
überzeichnet ist - dies ist das eine große Bild des
biblischen Glaubens, das wir zu Ostern feiern.
Ostern, Pascha, Pessach – der Auszug aus
Ägypten, aus dem Hause der Knechtschaft. Gott
spaltet das Meer und durch diesen Spalt geht’s in
die Freiheit.
Der jüdische Sänger Leonard Cohen hat in den
achtziger Jahren einen Song dazu geschrieben :
„Anthem“ heißt er, im Refrain heißt es : Da ist
ein Riss, ein Riss in allem / Das ist der Weg, wie
das Licht einfällt / There´s a crack, a crack in
everything / That´s how the light gets in. - Es
gibt Risse, die öffnen Auswege. Es gibt Fugen,
die lassen Leben durch. Es gibt Spalten im
Leben, die sind von Gott.2 Damit ER einen Spalt
hat, um in unser Leben hinein zu leuchten.
Damit es weiter geht.
Und so drückt uns dieser erste Sonntag der
Fastenzeit zwei Bilder des Glaubens in die Hand.
Das eine ist das Exodus-Bild; es zeigt das
gespaltene Rote Meer, durch das die Kinder
Israel ziehen. Weil sie sich nicht aufgeben. Das
Bild handelt vom Widerstand, den Gott von
Seinen Kindern erwartet. Und in die andre Hand
drückt ER uns ein Kreuz. Das Kreuz, das man
auf sich nehmen soll, wo man sich schicken,
ergeben und einfach tragen muss, was nicht zu
ändern ist. Hier das Kreuz der Ergebung und
dort der Widerstand, der das Meer spaltet –
beides geschieht auf Gottes Geheiß, beides sind
Formen der Nachfolge. Beides kommt
zusammen, jedes Mal wenn wir Abendmahl
2
Gott, der das Meer spaltet, dass die Kinder entkommen (Psalm 74:13).
Gott, der den Felsen spaltet, dass lebensrettendes Wasser heraus sprudelt
(Psalm 78:15). Gott, der das Land spaltet, auf dass Ströme quellen und
fließen (Habakuk 3:9), der könnte an den Risskanten unseres Lebens
warten..
feiern.3 Dann fragt uns der Himmel: Widerstand
oder Ergebung – was, glaubst du, ist jetzt dran ?
Das Kreuz auf dich nehmen oder das Meer
spalten und durch ?
Eine Antwort muss gut überlegt sein. Aber
deswegen gibt es ja sieben Fastenwochen vor
Ostern. Wir fahren die Risse unseres Lebens
entlang, spüren, wo etwas schmerzt und nicht
aufeinander passt und wir fragen: Wo braucht es
Mut, den ersten Schritt zu machen Richtung
Wasser (denn erst dann spaltet es sich)? Es ist
Zeit bis Ostern sich klarzuwerden, wo man sein
Kreuz tragen muss und wo eine Kerbe zu
schlagen lohnt.
° Vielleicht gibt es eine Rolle, die man spielt,
und die sich überlebt hat, und es ist an der Zeit
sich herauswinden und zu sagen: Ich bin das
nicht. Ich füge mich nicht.
° Oder es braucht einen sauberen Cut mit
schlechten Gewohnheiten: Also so geht’s nicht
weiter. Es braucht einen sauberen Schnitt. Da
geht’s durch und es gibt kein Zurück.
° Manchmal muss man aus einer Meinung
ausbrechen, einer Meinung, der man immer
schon war, und die dringend einen Faktencheck
braucht. Dass man einsieht: Ich muss dazu
lernen.
Der HERR sprach zu Mose…>Sage den
Kindern Israel, dass sie weiterziehen. Du
aber spalte das Meer, reiß es mitten durch. Ich
will, dass sie mitten durchs Meer ziehen,
trockenen Fußes, und die Wasser sollen ihnen
wie Wände zur Rechten und zur Linken
stehen. - Cuts tun weh. Aber manchmal sind sie
doch zu was gut.4
3
Denn das letzte Abendmahl Jesu ist ja das alljährliche Pessachmahl der
frommen Juden, wenn sie im Kreise der Familie die Nacht vom Auszug
aus Ägypten nachvollziehen, den Auszug ins Gel9bte Land und in die
Freiheit der Gotteskinder. Zugleich ist das letzte Abendmahl Jesu im
Kreise seiner Jünger der Moment gewesen, in dem er seinen Gang ans
Kreuz ankündigt: „Mein Leib hingegeben, mein Blut vergossen“. In jeder
Abendmahlsfeier treffen Widerstand und Ergebung zusammen.
4
„Denn Gott, der da hieß das Licht aus der Finsternis hervorleuchten, hat
einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, dass durch uns
Erleuchtung entstünde, zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes, im
Angesicht Jesu Christi“ (2.Kor 4,6) .
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