407 Johannesmesse 14.Februar 2016 Invocavit. Erster Sonntag der Passionszeit Evangeletto zu Ex 14 Vers 16 Lesung aus 2.Mose 14 : 10-22 Spalte das Meer Risse und Spalten, durch die Leben dringt (10) Und als die Kinder Israel ans Meer gekommen waren, das wie eine Barriere vor ihnen lag, und sahen, dass hinter ihnen der Pharao nahe heran kam, …fürchteten sie sich sehr und schrien zu dem HERRN…(15) Und der HERR sprach zu Mose…>Sage den Kindern Israel, dass sie weiterziehen. (16) Du aber hebe deinen Stab und recke deine Hand über das Meer und spalte (reiß) es mitten durch , so dass die Kinder Israel auf dem Trockenen mitten durch das Meer gehen. …< (21) Als nun Mose seine Hand über das Meer reckte, ließ es der HERR zurückweichen durch einen starken Ostwind die ganze Nacht, und machte das Meer trocken, und die Wasser spalteten (rissen) sich. (22) Und die Kinder Israel gingen hinein mitten ins Meer auf dem Trockenen, und das Wasser stand ihnen wie eine Wand zur Rechten und zur Linken. …Du aber recke deine Hand über das Meer und spalte es, reiß es mitten durch ! Passionszeit ist wie Pflaster abreißen. Es tut ein bisschen weh, aber es muss sein. Es lässt Luft an die Wunde, damit es besser heilt. Passionszeit wir lassen Luft an die Cuts des Lebens. Wir schauen nach den undichten Stellen, durch die es zieht, und auf die Spalten, die sich auftun. Passionszeit ist die Jahreszeit, wo Christenmenschen schauen, wo Cracks verlaufen, wo sich Risse durch unser Leben ziehen,.…recke deine Hand über das Meer und spalte es, reiß es mitten durch… Wie gehen wir mit Rissen um ? Es gibt es zwei Arten, mit Rissen / Fugen / Spalten umzugehen. Die eine Art ist: Pflaster drauf. Abdichten. Zu spachteln. Wir sind einer Meinung. Wir schließen die Reihen. Wir treten geschlossen auf. Wir verbeißen uns jeden kritischen Kommentar. Wir nehmen unser Kreuz auf uns. – Das sorgt dafür, dass die Wogen sich glätten und das Meer wie unberührt da liegt, ein sanft plätscherndes, blaues Band der Harmonie. Alles bleibt an seinem Platz. Die zweite Möglichkeit trägt sich am Schilfmeer zu. Dem Volk Israel sitzt ein ernstes Problem im Nacken. Eine Gefahr tobt heran und sie wissen nicht, wohin sie ausweichen sollen. Denn vor ihnen liegt das blaue Band des Schilfmeeres, stellt sich quer und signalisiert: bis hierhin und nicht weiter! Der Ausbruch aus der Sklaverei ist gescheitert. Eure Flucht ist zu Ende. Nehmt euer Kreuz auf euch, gebt auf und arrangiert euch mit dem Pharao. – Nur, das tun die Kinder Israel nicht. Es heißt: Sie schrien zu Gott dem HERRN. Und der HERR sagt: Gebt nicht auf ! Geht weiter ! Der HERR sprach zu Mose: >Sage den Kindern Israel, dass sie weiterziehen. Du aber hebe deinen Stab und recke deine Hand und spalte das Meer, reiß es mitten durch , so dass die Kinder Israel auf dem Trockenen mitten durch das Meer gehen. …< Bitte prägen wir uns dieses Bild gut ein. Es ist eins der beiden großen Sinnbilder unseres Glaubens: Das eine ist das Kreuz, und das andre der Zug durchs Schilfmeer.1 Gott bahnt einen Weg in die Freiheit. Wo sich alles querlegt, reißt Gott eine Bresche, macht einen Riss. Gott spaltet das Meer und es geht weiter. >Sage den Kindern Israel, dass sie weiterziehen. Du aber, Mose, recke deine Hand über das Meer und spalte es, reiß es mitten durch , so dass die Während sich bei uns die Bezeichnung „Rotes Meer“ durchgesetzt hat, verwendet die hebräische Bibel den hintergründigen Ausdruck „Jam Suf“, Schilfmeer. Ein verwandtes Wort bezeichnet den Geburtskanal, durch den Kinder geboren werden. Die ersten Christen nutzten die Doppelsymbolik in ihren Taufriten: wer durchs Wasser geht, betritt auf der anderen Seite die Welt als freier Mensch, wie neugeboren. 1.Kor.10 Vers 1 spielt mit diesem Bild. 1 1 Kinder Israel auf dem Trockenen mitten durch das Meer gehen. …< …und die Wasser (rissen) spalteten sich. Und die Kinder Israel gingen hinein mitten ins Meer auf dem Trockenen, und das Wasser stand ihnen wie eine Wand zur Rechten und zur Linken. Egal, ob es genauso war, oder ob das ein bisschen überzeichnet ist - dies ist das eine große Bild des biblischen Glaubens, das wir zu Ostern feiern. Ostern, Pascha, Pessach – der Auszug aus Ägypten, aus dem Hause der Knechtschaft. Gott spaltet das Meer und durch diesen Spalt geht’s in die Freiheit. Der jüdische Sänger Leonard Cohen hat in den achtziger Jahren einen Song dazu geschrieben : „Anthem“ heißt er, im Refrain heißt es : Da ist ein Riss, ein Riss in allem / Das ist der Weg, wie das Licht einfällt / There´s a crack, a crack in everything / That´s how the light gets in. - Es gibt Risse, die öffnen Auswege. Es gibt Fugen, die lassen Leben durch. Es gibt Spalten im Leben, die sind von Gott.2 Damit ER einen Spalt hat, um in unser Leben hinein zu leuchten. Damit es weiter geht. Und so drückt uns dieser erste Sonntag der Fastenzeit zwei Bilder des Glaubens in die Hand. Das eine ist das Exodus-Bild; es zeigt das gespaltene Rote Meer, durch das die Kinder Israel ziehen. Weil sie sich nicht aufgeben. Das Bild handelt vom Widerstand, den Gott von Seinen Kindern erwartet. Und in die andre Hand drückt ER uns ein Kreuz. Das Kreuz, das man auf sich nehmen soll, wo man sich schicken, ergeben und einfach tragen muss, was nicht zu ändern ist. Hier das Kreuz der Ergebung und dort der Widerstand, der das Meer spaltet – beides geschieht auf Gottes Geheiß, beides sind Formen der Nachfolge. Beides kommt zusammen, jedes Mal wenn wir Abendmahl 2 Gott, der das Meer spaltet, dass die Kinder entkommen (Psalm 74:13). Gott, der den Felsen spaltet, dass lebensrettendes Wasser heraus sprudelt (Psalm 78:15). Gott, der das Land spaltet, auf dass Ströme quellen und fließen (Habakuk 3:9), der könnte an den Risskanten unseres Lebens warten.. feiern.3 Dann fragt uns der Himmel: Widerstand oder Ergebung – was, glaubst du, ist jetzt dran ? Das Kreuz auf dich nehmen oder das Meer spalten und durch ? Eine Antwort muss gut überlegt sein. Aber deswegen gibt es ja sieben Fastenwochen vor Ostern. Wir fahren die Risse unseres Lebens entlang, spüren, wo etwas schmerzt und nicht aufeinander passt und wir fragen: Wo braucht es Mut, den ersten Schritt zu machen Richtung Wasser (denn erst dann spaltet es sich)? Es ist Zeit bis Ostern sich klarzuwerden, wo man sein Kreuz tragen muss und wo eine Kerbe zu schlagen lohnt. ° Vielleicht gibt es eine Rolle, die man spielt, und die sich überlebt hat, und es ist an der Zeit sich herauswinden und zu sagen: Ich bin das nicht. Ich füge mich nicht. ° Oder es braucht einen sauberen Cut mit schlechten Gewohnheiten: Also so geht’s nicht weiter. Es braucht einen sauberen Schnitt. Da geht’s durch und es gibt kein Zurück. ° Manchmal muss man aus einer Meinung ausbrechen, einer Meinung, der man immer schon war, und die dringend einen Faktencheck braucht. Dass man einsieht: Ich muss dazu lernen. Der HERR sprach zu Mose…>Sage den Kindern Israel, dass sie weiterziehen. Du aber spalte das Meer, reiß es mitten durch. Ich will, dass sie mitten durchs Meer ziehen, trockenen Fußes, und die Wasser sollen ihnen wie Wände zur Rechten und zur Linken stehen. - Cuts tun weh. Aber manchmal sind sie doch zu was gut.4 3 Denn das letzte Abendmahl Jesu ist ja das alljährliche Pessachmahl der frommen Juden, wenn sie im Kreise der Familie die Nacht vom Auszug aus Ägypten nachvollziehen, den Auszug ins Gel9bte Land und in die Freiheit der Gotteskinder. Zugleich ist das letzte Abendmahl Jesu im Kreise seiner Jünger der Moment gewesen, in dem er seinen Gang ans Kreuz ankündigt: „Mein Leib hingegeben, mein Blut vergossen“. In jeder Abendmahlsfeier treffen Widerstand und Ergebung zusammen. 4 „Denn Gott, der da hieß das Licht aus der Finsternis hervorleuchten, hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, dass durch uns Erleuchtung entstünde, zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes, im Angesicht Jesu Christi“ (2.Kor 4,6) . 2