Theorien der Persönlichkeit Sommersemester 2013 Gabriele Helga Franke Humanistische Persönlichkeitstheorien 1 Kapitel 4 10. Theorien der Persönlichkeit GHF im SoSe 13 an der HS MD-SDL im FBR Angewandte Humanwissenschaften Diese Vorlesung basiert auf • Salewski & Renner (2009). Differentielle und Persönlichkeitspsychologie. München: Ernst Reinhardt. Bibo-SDL: SP 54-153 • Pervin, L.A., Cervone, D. & John, O.P. (2005). Persönlichkeitstheorien (5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage).. München: Reinhardt. BiboSDL: SP 54-2 Anwendungen und Bewertungen der freudschen Theorie Humanistische Persönlichkeitstheorien Wiederholung 2 4. Anwendungen und Bewertungen der freudschen Theorie - Wiederholung 1. Die psychoanalytische Theorie der Psychopathologie betont die Bedeutung von Fixierungen oder von Fehlentwicklungen und Regression oder die Rückkehr zu früheren Formen der Befriedigung. Orale, anale und phallische Charaktertypen lassen Persönlichkeitsmuster erkennen, die das Ergebnis partieller Fixierungen auf frühere Entwicklungsphasen sind. Humanistische Persönlichkeitstheorien 3 4. Anwendungen und Bewertungen der freudschen Theorie - Wiederholung 2. Die psychoanalytische Theorie der Psychopathologie betont den Konflikt zwischen den triebhaften Wünschen nach Befriedigung und der Angst, die mit diesen Wünschen einhergeht. Abwehrmechanismen stellen eine Möglichkeit dar, diese Angst zu reduzieren, können aber zur Entwicklung von Symptomen führen. Humanistische Persönlichkeitstheorien 4 4. Anwendungen und Bewertungen der freudschen Theorie - Wiederholung 3. Die Psychoanalyse ist ein therapeutischer Prozess, bei dem das Individuum Einsicht in Konflikte erlangt, die in die Kindheit zurückreichen und jetzt gelöst werden können. Durch freie Assoziation und Traumdeutung werden unbewusste Konflikte ans Licht geholt. Bei der Übertragung entwickelt der Patient dem Therapeuten gegenüber Einstellungen und Gefühle aus früherer Zeit (Eltern). Humanistische Persönlichkeitstheorien 5 4. Anwendungen und Bewertungen der freudschen Theorie - Wiederholung 4. Eine Reihe von Psychoanalytikern der ersten Stunde brach mit Freud und entwickelte eigene Theorien. Alfred Adler betonte soziale Konzepte stärker als biologische. C.G. Jung räumte einer allgemeinen Lebensenergie größere Bedeutung ein als eine speziellen sexuellen Erregung. Humanistische Persönlichkeitstheorien 6 4. Anwendungen und Bewertungen der freudschen Theorie - Wiederholung 5. Analytiker wie Karen Horney und Harry Stack Sullivan betonen die Wichtigkeit kultureller Faktoren und zwischenmenschlicher Beziehungen und gehören zu einer Gruppe, die als Neofreudianer bekannt ist. Humanistische Persönlichkeitstheorien 7 4. Anwendungen und Bewertungen der freudschen Theorie - Wiederholung 6. Neuere klinische Entwicklungen auf dem Gebiet der Psychoanalyse haben sich auf die Probleme der Selbstdefinition und des Selbstwertgefühls konzentriert Theorie der Objektbeziehung Betonung der Wichtigkeit der Beziehungssuche Beachtung der Konzepte des Narzissmus und der narzisstischen Persönlichkeit Humanistische Persönlichkeitstheorien 8 4. Anwendungen und Bewertungen der freudschen Theorie - Wiederholung 6. Bindungstheorie, Bowlbys Bindungsmodell und folgende Forschungsergebnisse verdeutlichen die Bedeutung früher Erfahrungen für spätere persönliche Beziehungen wie auch für andere Aspekte des Funktionierens der Persönlichkeit Humanistische Persönlichkeitstheorien 9 4. Anwendungen und Bewertungen der freudschen Theorie - Wiederholung 7. Bei der Bewertung der Psychoanalyse ist ihr enormer Beitrag zu nennen, den sie dadurch geleistet hat, dass es ihr gelang, die Aufmerksamkeit auf viele wichtige Phänomene zu lenken und Techniken für Forschung und Therapie zu entwickeln. Die Theorie leidet darunter, dass Konzepte mehrdeutig und mangelhaft definiert sind und es problematisch ist, Hypothesen zu verifizieren! Humanistische Persönlichkeitstheorien 10 Kapitel 5 10. Theorien der Persönlichkeit GHF im SoSe 13 an der HS MDSDL im FBR Angewandte Humanwissenschaften Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie von Carl Rogers (PhänomenologischHumanistisch – Human Potential Movement) Humanistische Persönlichkeitstheorien 11 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien 1. Wie wichtig ist das Selbstkonzept eines Menschen als Teil der Persönlichkeit? Wie kann das Selbstkonzept beurteilt werden? Humanistische Persönlichkeitstheorien 12 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien 2. Freud betonte die spannungsabbauenden, nach Lust strebenden Aspekte der menschlichen Motivation. Kann die menschliche Motivation auch in einem anderen Sinne, z.B. im Sinne eines Strebens nach Wachstum, Selbstwerterhöhung und Selbstaktualisierung, gesehen werden? Humanistische Persönlichkeitstheorien 13 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien 3. Wie wichtig ist es für uns, ein stabiles Selbstkonzept zu haben? Wie wichtig ist es für unsere inneren Gefühle, mit unserem Selbstkonzept in Einklang zu sein? Was tun wir, wenn unsere Gefühle sich im Widerspruch zu unseren Überzeugungen von uns selbst befinden? Humanistische Persönlichkeitstheorien 14 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien 4. Welche Bedingungen in der Kindheit bringen ein positives Selbstwertgefühl hervor? Humanistische Persönlichkeitstheorien 15 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Dritte Kraft Die humanistischen Persönlichkeitstheorien grenzen sich sowohl von der Psychoanalyse als auch von den frühen Lerntheorien ab: o Abgrenzung von der Psychoanalyse, die den Menschen als egozentrisches Wesen ansieht, das ganz auf die Befriedigung seiner Triebe konzentriert ist o Abgrenzung von den lerntheoretischen Persönlichkeitstheoretikern, die die Persönlichkeit als Ergebnis von Lern- und Verstärkungsprozessen versteht o Setzt die Dritte Kraft – die humanistische Persönlichkeitstheorie – ein anderes Menschenbild entgegen Humanistische Persönlichkeitstheorien 16 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Das Menschenbild o o o o Menschen sind in der Lage, sich und ihre Umgebung bewusst wahrzunehmen und zu reflektieren Menschen können ihre Fähigkeiten in den Dienst ihrer persönlichen Weiterentwicklung als auch in die Entwicklung von Beziehungen und der Gesellschaft stellen Jeder Mensch ist mit einer Aktualisierungstendenz ausgestattet: das ist eine Lebensmotivation, die auf ganzheitliches Wachstum, Selbstverwirklichung, geistige und körperliche Gesundheit und Entwicklung ausgerichtet ist Dies erfolgt nicht egoistisch, sondern im Einklang mit den Anforderungen der Umgebung und als abgewogenes Verhältnis zwischen Autonomie und Anpassung Humanistische Persönlichkeitstheorien 17 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers und Maslow o o o Carl Rogers und Abraham Maslow gingen davon aus, dass die Selbstaktualisierungstendenz nur dann wirksam werden kann, wenn sich der Mensch frei und ungestört entwickeln kann o Maslow (Bedürfnishierarchie – physisch, Sicherheit, Soziales, Wertschätzung, Selbstverwirklichung, Selbsttranszendenz) Beide waren durch ihre psychotherapeutische Tätigkeit zu ihren Aussagen über die menschliche Persönlichkeit gelangt Vor allem bei Rogers waren seine Vorstellungen über die Entwicklung psychischer Störungen und ihre Behandlung der Persönlichkeitstheorie vorgeordnet Humanistische Persönlichkeitstheorien 18 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien: Carl R. Rogers (1902-1987) Theorie der Veränderung o Sie erklärt, wie Menschen lernen, ihre Bedürfnisse und Wünsche (wieder) zu erfahren und als Teil ihrer Person zu akzeptieren o Seine Theorie wird phänomenologisch genannt, weil die Wahrnehmung des Menschen von sich und seiner Umwelt als wesentlich für seine Selbstdefinition angesehen wird o Zur Beschreibung der Strukturen der menschlichen Persönlichkeit und ihrer Prozesse hat Rogers eine Reihe von zentralen Begriffen geprägt Humanistische Persönlichkeitstheorien 19 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien: Carl R. Rogers (1902-1987) „Ich habe kein euphorisches Bild von der menschlichen Natur. Ich weiß, dass Individuen aus Abwehr und innerer Angst sich unglaublich grausam, destruktiv, unreif, regressiv, asozial und schädlich verhalten können. Es ist dennoch einer der erfrischendsten und belebendsten Aspekte meiner Erfahrung, mit solchen Individuen zu arbeiten und die starken positiven Richtungsneigungen zu entdecken, die sich auf den tiefsten Ebenen bei ihnen wie bei uns allen finden.“ Rogers, 1961 Humanistische Persönlichkeitstheorien 20 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Das phänomenologische Feld/ das Selbstkonzept o o o Das phänomenologische Feld besteht aus allen Wahrnehmungen der Umwelt, denen eine Person Aufmerksamkeit schenkt und die sie mit Bedeutung versieht Das Selbst/ Selbstkonzept umfasst diejenigen Wahrnehmungen aus dem phänomenologischen Feld, die sich auf die eigene Person beziehen Die Wahrnehmungen, die das Selbst ausmachen, sind überwiegend bewusst und nicht zufällig, denn sie stellen ein überdauerndes Muster dar, auch wenn sie veränderbar sind Humanistische Persönlichkeitstheorien 21 Wahrnehmung und Selbst Das phänomenologische Feld besteht aus allen Wahrnehmungen der Umwelt, denen eine Person Aufmerksamkeit schenkt und die sie mit Bedeutung versieht Das Selbst/ Selbstkonzept umfasst diejenigen Wahrnehmungen aus dem phänomenologischen Feld, die sich auf die eigene Person beziehen Die Wahrnehmungen, die das Selbst ausmachen, sind überwiegend bewusst und nicht zufällig, denn sie stellen ein überdauerndes Muster dar, auch wenn sie veränderbar sind Humanistische Persönlichkeitstheorien 22 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Beispiel Selbstkonzept o o o Die Wahrnehmung „Ich bin eine gute Studentin“ kann ein wesentlicher Aspekt des Selbstkonzepts sein, das die Wahrnehmungen für die Zeit des Studiums entscheidend prägt Leistungssituationen und Bewertungen eigener Leistungen stellen dann besonders wichtige Rückmeldungen über das Selbst dar Das Selbstkonzept ist aber nicht statisch, sondern kann sich, im Sinne der Aktualisierungstendenz verändern, z.B. wenn das Studium zu Ende geht und der Teilaspekt „gute Studentin“ nicht länger wahrnehmungs- und handlungsbestimmend ist Humanistische Persönlichkeitstheorien 23 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Real-Selbst und Ideal-Selbst o o Das Real-Selbst ist die Selbstwahrnehmung eines Menschen über seine aktuellen Fähigkeiten, Eigenschaften und Verhaltensweisen Das Ideal-Selbst ist das Selbst, das sich der Mensch wünscht Humanistische Persönlichkeitstheorien 24 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Konsistenz und Kongruenz o o o Die Inhalte dieser Persönlichkeitsstruktur und die Erfahrungen, die Menschen in ihrer Umwelt machen, können gut oder schlecht übereinstimmen – 2 Aspekte sind von Belang Konsistenz: Für Rogers ist dies die Übereinstimmung zwischen den Selbstwahrnehmungen in verschiedenen Situationen Kongruenz: Die Übereinstimmung des Selbst mit den Erfahrungen, die der Mensch macht sowie die Übereinstimmung zwischen dem Ideal-Selbst und dem Real-Selbst. Inkongruenz: Erfahrungen, die nicht damit übereinstimmen, wie man sich selbst wahrnimmt Humanistische Persönlichkeitstheorien 25 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Beispiel Konsistenz o Wenn sich eine Person für eine gute Studentin hält, dann wird sie auch versuchen, sich damit übereinstimmend zu verhalten, um ihre innere Ordnung und inneren Maßstäbe zu erhalten Beispiel Inkongruenz o Die „gute Studentin“ erfährt, dass sie in einer Klausur eine schlechte Note erlangt hat Humanistische Persönlichkeitstheorien 26 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Subzeption, Verleugnung, Verzerrung o o o o o o Kann die inkongruente Erfahrung nicht in das Selbstkonzept integriert werden, dann entsteht Angst Das Selbstkonzept wird als gefährdet erlebt Der Gefährdung wird mit Schutzmechanismen begegnet Subzeption: der Ausschluss einer mit dem Selbstkonzept nicht vereinbaren Erfahrung von der bewussten Wahrnehmung Weiterhin können Erfahrungen wahrgenommen, aber verleugnet werden Wahrgenommene Erfahrungen können auch verzerrt werden Humanistische Persönlichkeitstheorien 27 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Drei Arten von Erfahrung Humanistische Persönlichkeitstheorien 28 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Beispiel o o o Die Studentin mit der schlechten Note könnte diese Erfahrung durch Interpretationen verzerren: „Die Note war ganz unwichtig“ „Die Professorin war unfair“ Gesunde Entwicklungen, Selbstaktualisierungen und Wachstum sind nur dann möglich, wenn ein Mensch Erfahrungen jeder Art zulassen und als Teil der Definition der eigenen Person nutzen kann Humanistische Persönlichkeitstheorien 29 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Beispiel Die Selbstdefinition „Ich bin eine gute Studentin“ kann erweitert und differenziert werden, indem die neue Erfahrung in das Selbst integriert wird: o „Ich bin in fast allen Fächern eine gute Studentin, aber Persönlichkeitspsychologie liegt mir nicht so und daher habe ich dort schlechtere Noten.“ Humanistische Persönlichkeitstheorien 30 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Selbst und unbedingte Wertschätzung o o o o Rogers erlebte, dass Menschen mit psychischen Störungen viele Aspekte des eigenen Selbst (negative Gefühle wie Ärger oder Hass) sowie Erfahrungen abwehrten, weil sie das Selbstsystem bedrohten Rogers sah die Ursachen dafür zumeist in der frühen Kindheit Kleinkinder haben ein Bedürfnis nach positiver Beachtung und unbedingter – also an keine Bedingungen geknüpfte – Wertschätzung Erhalten sie diese, dann können sie sich selbst wertschätzen und als ganze Person akzeptieren – schwierige und unangenehme Anteile (Wut, Aggressionen) können sie an sich selbst wahrnehmen und annehmen Humanistische Persönlichkeitstheorien 31 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Folgen bedingter Wertschätzung o o o Lehnen Eltern Eigenschaften des Kindes ab oder machen sie dem Kind deutlich, dass es für sie nur ohne diese Eigenschaften liebenswert ist, dann muss das Kind entsprechende Wahrnehmungen („Ich fühle Wut“) ausblenden und verleugnen, weil sie die Liebe der Eltern gefährden Diese Erfahrung kann die Tendenz zur Selbstaktualisierung und zu Wachstum blockieren Das Selbstkonzept wird starr, da Selbstwahrnehmungen und Erfahrungen aus der Umwelt nicht mehr zugelassen werden können Humanistische Persönlichkeitstheorien 32 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: Folgen bedingter Wertschätzung o o o o Dies bedeutet aber nicht, dass Eltern nun ihren Kindern keine Rückmeldungen über schädigende und dysfunktionale Verhaltensweisen geben dürfen Die Rückmeldungen müssen auf konkretes Verhalten bezogen sein und dürfen den grundlegenden Wert des Kindes nicht in frage stellen: „Ich sehe, dass du wütend bist, aber ich akzeptiere nicht, dass du deine kleine Schwester schlägst.“ Auch im späteren Lebensalter können Erfahrungen von bedingter Wertschätzung zu Fehlentwicklungen führen Die positive Wertschätzung von wichtigen Bezugspersonen ist für die Weiterentwicklung und Entfaltung der eigenen Möglichkeiten und damit für das Wohlbefinden der Person sehr bedeutsam Humanistische Persönlichkeitstheorien 33 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: klientenzentrierte Psychotherapie o o o Einschränkungen in der Entwicklung – und dies wird als lebenslanger Prozess betrachtet – lassen sich durch therapeutische Maßnahmen bearbeiten Rogers hat die klientenzentrierte Psychotherapie begründet, deren wesentlicher Bestandteil die therapeutische Beziehung ist Die TherapeutIn soll durch kongruentes, akzeptierendes und positiv wertschätzendes Verhalten der hilfesuchenden Person ermöglichen, wieder Zugang zu ihren eigenen Gefühlen und Wahrnehmungen zu erlangen und diese als Teil der eigenen Person annehmen Kongruenz Akzeptanz Positive Wertschätzung Humanistische Persönlichkeitstheorien 34 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: klientenzentrierte Psychotherapie Rogers, 1961 o In meinen Beziehungen zu Menschen habe ich herausgefunden, dass es auf lange Sicht nicht hilft, so zu tun, als wäre ich jemand, der ich nicht bin o Ich habe es als äußerst wertvoll empfunden, wenn ich es mir erlauben kann, einen anderen Menschen zu verstehen o Erfahrung ist für mich die höchste Autorität – ich muss immer wieder zur Erfahrung zurückkehren, um der Wahrheit, wie sie sich in mir als Prozess des Werdens darstellt, ein Stück näher zu kommen Humanistische Persönlichkeitstheorien 35 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Rogers: klientenzentrierte Psychotherapie Rogers, 1961 o - dass, was am persönlichsten und einzigartig in jedem von uns ist, wahrscheinlich gerade das Element ist, das in seiner Mitteilung andere am tiefsten ansprechen wird o Es ist meine Erfahrung gewesen, dass Menschen eine im Grunde positive Entwicklungsrichtung haben o Das Leben ist im besten Fall ein fließender, sich wandelnder Prozess, in dem nichts starr ist o Rogers, C.R. (2009). Entwicklung der Persönlichkeit (17. Aufl.). Stuttgart: Klett. SDL-BIBO: SP 54-57 Humanistische Persönlichkeitstheorien 36 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Beispiel: Kreativität Kreativitätsförderndes Umfeld o Eltern respektieren die Meinung des Kindes und ermutigen es, seine Meinung zu äußern o Eltern und Kind verbringen herzliche und innige Zeit miteinander o Kinder dürfen mit anderen Kindern oder Familien Zeit verbringen, die andere Vorstellungen oder Werte haben o Eltern ermutigen und unterstützen das Kind o Eltern ermuntern das Kind zu Selbständigkeit Humanistische Persönlichkeitstheorien 37 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Beispiel: Kreativität Die kreative Persönlichkeit o Neigt dazu, stolz auf Leistungen zu sein o Ist einfallsreich, was Aktivitäten angeht o Engagiert sich stark bei Aktivitäten o Hat vielseitige Interessen o Kommt mit Ungewissheiten und Komplexitäten gut zurecht o Beweist Durchhaltevermögen angesichts von Widrigkeiten Humanistische Persönlichkeitstheorien 38 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Schlussfolgerungen zu Rogers o o Rogers Ansichten über die Merkmale und Praktiken von Eltern, die die Entwicklung des Selbstwertgefühls beeinflussen, haben das Denken der Forscher und der Experten im Bereich der Kindererziehung beeinflusst Auch wenn sie sich nicht immer auf Rogers beziehen, spricht die Betonung, die sie dem Respekt gegenüber Kindern und dem Schutz des kindlichen Selbstwertgefühls beimessen, für den Einfluss von Rogers Humanistische Persönlichkeitstheorien 39 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung Was sind wesentliche Unterschiede zwischen dem psychoanalytischen und dem humanistischen Persönlichkeitsverständnis? Die humanistischen Persönlichkeitstheorien vertreten ein positives Menschenbild und gehen von einer grundlegenden Motivation zu Wachstum und Ausschöpfung des eigenen Potenzials aus. Abwehrprozesse treten nur dann auf, wenn diese Entwicklungsrichtung durch ungünstige Bedingungen blockiert wird. Humanistische Persönlichkeitstheorien 40 5. Humanistische Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung Warum wurde die Humanistische Psychologie auch als „Dritte Kraft“ der Psychologie bezeichnet? Die Humanistische Psychologie entstand in der Auseinandersetzung und Kritik an den Menschenbildern sowohl der Psychoanalyse als auch der frühen Lerntheorien und verstand ihr Menschenbild als Alternative zu diesen Ansätzen. Welche Bedingungen können dazu führen, dass ein Mensch ein starres Selbstkonzept hat? Die Erfahrung bedingter Wertschätzung, vor allem in der Kindheit, führt dazu, dass ein Mensch diejenigen Anteile des Selbst, die von wichtigen Bezugspersonen (vor allem den Eltern) nicht akzeptiert werden, ebenfalls ablehnen muss und daher alle entsprechenden Erfahrungen abwehrt. Humanistische Persönlichkeitstheorien 41 Kapitel 4 10. Theorien der Persönlichkeit GHF im SoSe 13 an der HS MDSDL im FBR Angewandte Humanwissenschaften Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie von Carl Rogers (PhänomenologischHumanistisch – Human Potential Movement) Zusammenfassung Humanistische Persönlichkeitstheorien 42 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 1. Der phänomenologische Ansatz legt Wert darauf zu verstehen, wie die Menschen sich selbst und die Welt um sie herum erfahren. Die personenzentrierte Theorie von Carl Rogers veranschaulicht diesen Ansatz. Humanistische Persönlichkeitstheorien 43 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 2. Zeit seines Lebens versuchte Rogers, das Intuitive mit dem Objektiven zu integrieren, einen Sensibilität für die Nuancen der Erfahrung mit einer Würdigung der Strenge der Wissenschaft zu kombinieren. Humanistische Persönlichkeitstheorien 44 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 3. Rogers hob die positiven, selbstaktualisierenden Eigenschaften des Menschen hervor. In seiner Forschungsarbeit betonte er das disziplinierte Bemühen, die subjektiven Erfahrungen oder das phänomenale Feld des Menschen zu verstehen. Humanistische Persönlichkeitstheorien 45 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 4. Das strukturelle Schlüsselkonzept für Rogers war das Selbst – die Organisation der Wahrnehmungen und Erfahrungen, die mit dem „Selbst“, „Mir“ oder „Ich“ verbunden sind. Ebenso wichtig ist das Konzept des Ideal-Selbst oder das Selbstkonzept, das die Person am liebsten hätte. Humanistische Persönlichkeitstheorien 46 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 5. Rogers legte weniger Gewicht auf die spannungsabbauenden Aspekte des Verhaltens und betonte stattdessen die Selbstaktualisierung als das zentrale menschliche Motiv. Zur Selbstaktualisierung gehört eine beständige Offenheit gegenüber Erfahrungen und die Fähigkeit, diese Erfahrungen in ein erweitertes, differenziertes Selbstgefühl zu integrieren. Humanistische Persönlichkeitstheorien 47 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 6. Rogers ging davon aus, dass Menschen so funktionieren, dass sie eine Konsistenz des Selbst wahrnehmen und eine Kongruenz zwischen der Wahrnehmung des Selbst und der Erfahrung aufrechterhalten. Humanistische Persönlichkeitstheorien 48 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 7. Sofern Erfahrung jedoch als bedrohlich für das Selbstkonzept wahrgenommen werden, kann durch Abwehrprozesse wie Verzerrung und Verleugnung verhindert werden, dass diese ins Bewusstsein gelangen. Eine Vielzahl von Studien unterstützt die Ansicht, dass Menschen sich so verhalten, dass die Wahrnehmung, die sie von sich selbst haben, aufrechterhalten und bestätigt wird. Humanistische Persönlichkeitstheorien 49 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 8. Menschen haben ein Bedürfnis nach positiver Beachtung. Herrscht eine bedingungslose positive Beachtung vor, können Kinder und Erwachsene in einem Zustand der Kongruenz wachsen und sich selbst verwirklichen. Humanistische Persönlichkeitstheorien 50 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 9. Wo eine positive Beachtung demgegenüber jedoch an Bedingungen geknüpft wird, werden Erfahrungen möglicherweise einfach aus dem Bewusstsein ausgeblendet und das Potenzial zur Selbstaktualisierung wird eingeschränkt. Humanistische Persönlichkeitstheorien 51 5. Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorien Zusammenfassung 10. Kinder werden bei ihrer Selbstbeurteilung durch den Prozess einer reflektierten Beurteilung beeinflusst. Eltern von Kindern mit hohem Selbstwertgefühl sind warmherzig und akzeptieren die Kinder, sind gleichzeitig jedoch klar und konsequent bei der Durchsetzung ihrer Forderungen und Maßstäbe. Humanistische Persönlichkeitstheorien 52 VIELEN LIEBEN DANK FÜR IHR INTERESSE! Humanistische Persönlichkeitstheorien 53