Belasteter Stahlbetonbalken ( Versuch Nr.4 ) 1. Grundlagen Ein Stahlbetonbalken mit Rechteckquerschnitt der Abmessungen B = 220 mm und H = 400 mm wird mittels eines Prüfzylinders, dessen Einzelkraft F durch eine I-Träger-Traverse in zwei gleichgroße Lasten F/2 verteilt wird, auf Biegung beansprucht ( Abb.1 ). Die Zugzone sei auf der Unterseite des Balkens. Abb. 1 Mit Hilfe eines Kraftaufnehmers mit DMS-Messsystem kann die Kraft gemessen werden. Angaben zur Bewehrung: Hauptbewehrung: BSt 420/500 4 ∅ 14 Zusatzbewehrung: BSt 220/340 2 ∅ 6,5 Bügel ( zweischnittig ) : BSt 220/340 ∅ 6 ; s = 10 cm Die Zusatzbewehrung wurde nicht über die gesamte Länge der Betondruckzone eingebaut, um die „Arbeit“ des Betons nicht zu stören. Folgende Messgrößen werden erfasst: Messgröße Sensor Kanal- Nr. im Messfile Gesamtkraft in kN Betondehnung an Balkenoberseite Betondehnung: 2,5 cm von Balkenoberseite 5,0 cm von Balkenoberseite 7,5 cm von Balkenoberseite 10,0 cm von Balkenoberseite Stahldehnung Kraftmessdose DMS DMS 2 3,4 5 6 7 8 9, 10 DMS 1 Trägt man die bei der entsprechenden Laststufe ermittelten Dehnungswerte über der Höhe ab, so lassen sich diese experimentell ermittelten Werte sehr gut durch eine Gerade darstellen (Trendlinie). Die Höhe dieser theoretischen Funktion, bezogen auf die Nulllinie, stellt die Druckzonenhöhe x dar (Abb. 2). 25 25 25 25 ε bd1 εbd2 εbd3 εbd4 εbd5 X X X X x X Nulllinie εs ε X Abb. 2 Der Spannungs - Dehnungsverlauf beim Stahl ist linear, d.h. es gilt das Hookesche Gesetz. Die Stahlzugkraft Ns der Hauptbewehrung lässt sich mit A s = 4·πd s 2 /4 wie folgt berechnen: Ns = ε s ⋅ E s ⋅ A s . (1) Würde beim Experiment die Hypothese von Bernoulli vom Ebenbleiben der Querschnitte gelten, so könnte man die experimentell bestimmte Stahldehnung mit der Betondehnung auf der Balkenoberseite geradlinig verbinden und die Trendlinie müsste ebenfalls auf dieser Geraden liegen. Die Spannungs-Dehnungs-Linie des Betons (z.B. CEM I 32,5) zeigt Abb. 3. Die Größe βR ist der Rechenwert der Betondruckfestigkeit und wird aus der Nennfestigkeit βWN einer Würfelserie ermittelt, indem βWN mit dem Faktor 0,6 multipliziert wird. Die in Abb.3 dargestellte Kurve σbd = f(ε) hat bis zur Betonstauchung εbd = -2 0 /00 einen parabolischen Verlauf. Es gilt: σ = 1 β R (4 − ε )ε ; 4 ε in 10 − 3. (2) Sowohl in der Beziehung (2) als auch in den weiteren Berechnungen werden die Dehnungen ε positiv angenommen. σbd [N/mm2 ] 40 β WN 30 βR Spannung 20 10 0 0 1 2 3 - ε bd Dehnung Abb. 3 2 3,5 Nach Abb.2 ist die Dehnung linear von der Höhe abhängig, der Spannungsverlauf dagegen eine Parabel. Um die Gesamtdruckkraft berechnen zu können, muss man demzufolge eine Integration über die gesamte Druckzone ausführen. Es gilt für die Betondruckkraft Nb : A N b = σ bd (x ′) da ; ∫ da = B⋅dx´, A=B·x , (3) 0 x N b = B ⋅ σ bd (x ′) dx ′. ∫ (4 ) 0 Für die lineare Abhängigkeit ε (x) gilt: ε= ε bd1 ⋅ x′. x (5 ) Setzt man Gleichung ( 5 ) in ( 2 ) ein, so lässt sich das Integral ( 4 ) lösen. Eine hinreichende Näherung erhält man auch durch Anwendung der numerischen Integration (z.B. Simpsonsche Regel (6)), wobei mindestens vier Stützstellen y 1 ...y 4 benutzt werden sollen (Abb.4) b ∫ f (x )dx ≈ a b−a ( y a + 4 y 1 + 2 y 2 + 4 y 3 + 2 y 4 + ... + 2 y n − 2 + 4 y n −1 + y b ). . 3n ∆ 1 σ bd1 ∆ 2 σ bd2 ∆ x 3 4 (6) σbd3 ∆ σbd4 0 Abb. 4 Für die Betondruckkraft folgt demzufolge mit Gleichung Nb = b-a = 4·∆ und einer Stützstellenanzahl n=4 aus (6) die B⋅∆ (σ bd1 + 4σ bd2 + 2σ bd3 + 4σ bd 4 ). 3 (7) Um das innere Moment M s berechnen zu können, benötigt man zusätzlich zur Betondruckkraft Nb auch deren effektiven Angriffspunkt xs . Man berechnet xS nach: xS = 1 Nb 3 x ∫ Bx ′σ 0 bd ( x′ ) dx ′ . (8 ) Die bereits gefundene Funktion σbd (x´) muss nur noch mit x´ multipliziert und integriert werden. Eine alternative näherungsweise Berechnung des Integrals (8) kann wie folgt durchgeführt werden. An den Stellen x1 = ∆/4 und x5 = 15∆/4 (Abb.5) werden zusätzlich die Dehnungen εbd1´ = 15 /16·εbd1 und εbd4´ = 1/16·εbd1 ermittelt. Setzt man diese Werte mit dem Betrag in (2) ein, so erhält man die dazugehörenden Betondruckspannungen σbd1´ und σbd4´. Das Integral ( 8 ) lässt sich dann in der Form x ∫ Bx′σ (x ′) dx ′ ≈ ∑ bd 5 i=1 x i ∆Nbi (9) 0 auswerten. Dabei ist ∆ , 2 = σ bd 2 , 3, 4 B∆ . ∆ N b1,5 = σ bd1′, 4′ B ∆ N b 2 , 3, 4 0 x1 x2 x3 x4 x5 x ( 10 ) σ bd1 σ bd1 ´ ∆/2 ∆ σ bd2 ∆ σ bd3 ∆ σ bd4 σbd4´ ∆/2 Abb. 5 Das innere Moment MS bezogen auf die Stahlachse lässt sich mit xs aus (8) nach der Beziehung (11) wie folgt berechnen (Abb.6) M S = N b (h S − x S ). Nb 362 x ∆ Nb3 ∆ N b4 S hS - x 400 - x ∆ N b5 38 xS ∆ Nb1 ∆ Nb2 ( 11 ) NS Abb. 6 4 2. Aufgaben 2.1. Stellen Sie die experimentell gefundenen Größen εbd1..5 und εS grafisch über der Höhe dar. 2.2. Ermitteln Sie die Druckzonenhöhe x aus den Dehnungswerten der Betondruckzone. 2.3. Überprüfen Sie mit den Dehnungswerten inwieweit die Hypothese von Bernoulli vom Ebenbleiben der Querschnitte gilt. 2.4. Berechnen Sie nach (1) die Stahlzugkraft NS mit E = 210000 N/mm2 . 2.5. Berechnen Sie die Betondruckkraft Nb nach (4) und überprüfen Sie, ob NS = Nb ist. 2.6. Berechnen Sie das äußere Moment M U . 2.7. Berechnen Sie den Angriffspunkt xS der Betondruckkraft Nb unter Verwendung von (8) oder (9) und (10). 2.8. Berechnen Sie das innere Moment M S nach (11) und überprüfen Sie, ob M U = M S ist. 2.9. Die Risse sind anhand eines Rasternetzes aufzunehmen. Einer der Risse ist mit Hilfe der Risslupe an verschiedenen Stellen zu vermessen. 5