Strömungswiderstand und Auftrieb

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INSTITUT FÜR ANGEWANDTE PHYSIK
Physikalisches Praktikum für Studierende der Ingenieurswissenschaften
Universität Hamburg, Jungiusstraße 11
Strömungswiderstand und Auftrieb
1 Ziel des Versuchs
Ziel des Versuchs ist es, den Strömungswiderstand verschiedener Körper in Abhängigkeit von
ihrer Form zu messen.
2 Motivation
Luftwiderstand ist ein sehr bekanntes und dennoch nicht vollständig erforschtes Phänomen,
das zudem eine große Bedeutung für die Technik hat. Obwohl auf ein Flugzeug im Fluge eine
Vielzahl von Kräften wirken, wird eine Minimierung des Luftwiderstandes momentan als
Schlüssel zu einer Steigerung der Effizienz moderner Flugzeuge gesehen. Um die aerodynamische Effizienz eines Körpers, auch „Windschnittigkeit“ genannt, experimentell zu untersuchen, nutzt der Aerodynamiker unter anderem sein klassisches Werkzeug, den Windkanal.
3 Physikalische Grundlagen
Aus der Energieerhaltung für ein ideales (d.h. reibungsfreies und inkompressibles) Fluid in
einer Stromröhre (vorstellbar als Rohr mit variablem Durchmesser) folgt die BernoulliGleichung. Sie lautet:
1
p stat + ρ ⋅ v 2 + ρ ⋅ g ⋅ h = p ges = const
(1)
2
wobei man pstat als hydrostatischen Druck, 1/2⋅ρ⋅v2 als dynamischen oder Staudruck
(ρ: Dichte des Fluids, v: Fließgeschwindigkeit) sowie ρ⋅g⋅h (g: Erdbeschleunigung, h: Höhe)
als geodätischen oder Schweredruck bezeichnet. Für dünne Stromröhren auf konstanter Höhe
ist der Schweredruck konstant und kann vernachlässigt werden: dies ist beispielsweise in
Windkanälen (und beim vorliegenden Versuch) der Fall.
Anwendung findet die Bernoulli-Gleichung z.B. im Prandtlschen Staurohr, welches die Differenz zwischen Gesamtdruck und statischem Druck, also den dynamischen Druck, misst
(siehe Abbildung 1). Auf diese Weise kann lokal die Strömungsgeschwindigkeit von Fluiden
bestimmt werden.
Das Prandtl'sche Staurohr kombiniert die Messungen des statischen und des Gesamtdrucks.
Es besteht aus zwei getrennten Rohren, wobei das eine den Druck, der auf die seitlichen Öffnungen wirkt, wiedergibt, dass andere den Druck der an der Vorderseite des Rohres herrscht.
Schließt man beide Rohre an die verschiedenen Seiten eines Manometers, so kann man die
Druckdifferenz von Gesamt- und statischem Druck messen, was dann dem dynamischen
Druck entspricht. Eine andere Skalierung ermöglicht das direkte Ablesen der Geschwindigkeit der Strömung (pst = ½v2/2), wobei bei diesem Aufbau die Dichte der Luft als Konstante
angenommen wird.
Die auf einen umströmten Körper wirkende resultierende Kraft kann in zwei Komponenten
aufgespaltet werden: ein Anteil liegt parallel zur Anströmrichtung (Widerstandskraft), der
zweite Anteil liegt senkrecht zur Anströmrichtung (Auftriebs-Kraft). Beide Kräfte sind proportional zum dynamischen Druck des anströmenden Fluids.
1
(2)
Widerstandskraft:
FW = cW ⋅ Asenkr ⋅ ρ ⋅ v 2
2
1
Auftriebskraft:
FA = c A ⋅ A par ⋅ ρ ⋅ v 2
(3)
2
Asenkr bezeichnet die Fläche des Körpers senkrecht zur Anströmrichtung, Apar die Fläche des
Körpers parallel zur Anströmrichtung (und senkrecht zur Auftriebskraft); cW und cA werden
als Widerstands- bzw. Auftriebsbeiwert bezeichnet und experimentell im Windkanal bestimmt. Ihre Größe hängt unter anderem von der Geometrie des umströmten Körpers sowie
von dessen Orientierung in der Strömung und seiner Oberflächenbeschaffenheit ab.
Für das Auftreten von Auftriebskräften an einem Probekörper mit asymmetrischem Profil, etwa einer Tragfläche, ist eine Kreisströmung (Zirkulation) entscheidend, die sich oberhalb des
Körpers mit der anströmenden Luft überlagert und und dieser auf der Unterseite gleichzeitig
entgegenwirkt. Die Folge ist eine höhere Strömungsgeschwindigkeit über dem Körper als unterhalb. Aus der Bernoulli-Gleichung ergibt sich damit, dass der statische Druck oberhalb der
Tragfläche kleiner ist als unterhalb: Es wirkt also netto eine Kraft nach oben, eben die Auftriebskraft.
Dieser Mechanismus allein reicht allerdings nicht aus, um die Flugeigenschaften von Flugzeugen zu erklären, die im Prinzip z.B. auch beim Flug kopfüber ihre Höhe halten können. An
einer Tragfläche wird die strömende Luft schräg nach unten beschleunigt, was ebenfalls eine
Auftriebskraft zur Folge hat. Diese Form des Auftriebs ist auch dann wirksam, wenn das
Tragflächenprofil völlig symmetrisch ist.
Näheres zur Entstehung des dynamischen Auftriebs an Tragflächen ist den Ergänzungen zu
diesem Versuch zu entnehmen.
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4
Versuchsaufbau
Der Versuchsaufbau (Abb. 2) besteht im Wesentlichen aus einer Turbine zur Erzeugung des
Luftstroms, zwei Multimetern und verschiedenen Proben. Die Strömungsgeschwindigkeit
kann an der Turbine eingestellt werden. Die Messung des Staudrucks erfolgt mit dem
prandtlschen Staurohr. Unter Verwendung der Bernoulli-Gleichung können daraus die Strömungsgeschwindigkeiten berechnet werden. Zur Halterung der Probenkörper, die in den Luftstrom eingebracht werden, dient ein Zweiachsenhalter.
Mit den Multimetern wird bei eingeschalteter Turbine die Auftriebskraft sowie die Widerstandskraft kompensiert und gemessen. Nach den Messungen muss man die Spannungen (in
Volt) in die ihren entsprechende Kräfte (in Newton) umrechnen. Hierzu ist eine zusätzliche
Messung notwendig. Mit Hilfe des 10 g Gewichts werden die Kraftmesser geeicht. Die Nullpunkte des Kraftmessers (Turbine aus) sind für jeden neu eingespannten Körper drei mal zu
notieren, und es sollte jedes Mal sichergestellt werden, dass der Probenkörper bei manueller
Auslenkung in die Gleichgewichtslage zurückkehrt (d.h. die Federn sollten bereits bei kleinen
Auslenkungen aus der Gleichgewichtslage anfangen, sich zu spannen). Für jedes Messergebnis soll man die Nullpunkte abziehen
Abbildung 2: Versuchsaufbau zur Messung des Luftwiderstandes
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Aufgabenstellung
1) Bestimmung des Staudrucks bzw. der Strömungsgeschwindigkeit für die verschiedenen
Einstellungen mit Hilfe des Prandtl’schen Staurohrs.
2) Bestimmung der Widerstandskraft für drei rechteckige und drei runde Ebenen abhängig
vom Querschnitts für eine Windgeschwindigkeit (Tabelle, Diagramm).
3) Bestimmung des Widerstandsbeiwertes und Auftriebbeiwerte für drei Körperformen für
eine Windgeschwindigkeit (Tabelle Darstellung)
• Angabe der Widerstandsbeiwerte und Auftriebsbeiwerte
• Vergleich mit Literaturwerten und Diskussion der Abweichungen
4) Bestimmung von Widerstandskraft und Auftriebskraft einer ebenen Platte als Funktion
des Anstellwinkels im Bereich von 0° bis 90° (bei zwei konstanten Strömungsgeschwindigkeiten in 5er Grad Schritten)
3
•
Warum tritt bei einer ebenen Platte überhaupt eine Auftriebskraft in Erscheinung?
•
Graphische Darstellung beider Kräfte als Funktion des Anstellwinkels
•
Berechnung von cW und cA als Funktion des Anstellwinkels
•
Graphische Darstellung der Auftriebskraft als Funktion der Widerstandskraft (Polardiagramm; Angabe des Anstellwinkels an den Messpunkten)
•
Bei welchem Winkel wird FA/FR maximal und wie groß ist der Wert?
5) Bestimmung von Widerstandskraft, Auftriebskraft, Widerstandsbeiwertes und Auftriebsbeiwerte eines Tragflügels als Funktion des Anstellwinkels im Bereich von 0° bis 90° (bei
zwei konstanten Strömungsgeschwindigkeiten in 5er Grad Schritten)
• Graphische Darstellung beider Kräfte als Funktion des Anstellwinkels
•
Graphische Darstellung beider Widerstandsbeiwerte und Auftriebsbeiwerte als Funktion des Anstellwinkels
•
Graphische Darstellung der Auftriebskraft als Funktion der Widerstandskraft (Polardiagramm)
• Bei welchem Winkel wird FA/FR maximal und wie groß ist der Wert?
• Worin besteht der Vorteil des Tragflügels gegenüber der ebenen Platte?
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Literatur
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Hering, Martin, Stohrer: Physik für Ingenieure, VDI-Verlag, Düsseldorf, 1988
Lindström, Langkau, Scobel: Physik kompakt, Band 2 (Fluiddynamik und Wärmelehre), Vieweg-Verlag, Braunschweig, 1996
Gerthsen, Kneser, Vogel: Physik, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, Tokyo, div.
Auflagen seit 1948
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